Freitag, 4. Juni 2010

Freitagskolumne - »Post an Wagner«: Das Sparschwein

Eine Antwort auf Franz Josef Wagners Kolumne
»Liebe Sparer«, BILD, 07. 10. 2008

Lieber Franz Josef Wagner,

im Jahre 2008 schrieben Sie der Nation einen Brief, den auf seinen Nutzen hin abzuklopfen sich gerade in der aktuellen Situation lohnt: Sie sangen damals ein Loblied auf das Sparschwein. Priesen es als pädagogisches Instrument. Und natürlich ist es richtig: Ein paar Kröten zusammenzuhalten, das schenkt dem Sparer einen rosaroten Blick auf die Zukunft. Alles in Ordnung, so lange der Notgroschen unangetastet bleibt. So weit, so gut.

Doch die Medaille des Sparens ist ein trügerisches Ding: Sie hat gleich mehrere Kehrseiten, die Sie in Ihrem Brief schamhaft verschwiegen haben.

Sollen wir die Kinder wirklich noch dazu anhalten, jeden brav gesparten Euro zur Bank zu tragen? Angesichts einer wohl kaum noch abwendbaren Staatspleite, die, das liegt in der Natur der Sache, zu Enteignungen, Inflation und Zwangsanleihen führen wird? Wollen wir, dass sie sich irgendwann in ihrem Leben in die Schlange derer einreihen, die vor der verschlossenen Banktür stehen und um Rückgabe ihres Eigentums betteln? Die zu der Generation 2.0 der kleinen Verlierer des großen Spiels gehören? Nein, größere Summen bei einer Bank zu horten, dürfte sich nicht mehr wirklich auszahlen, zumal auch noch die Zinsen in den Keller gegangen sind.

Sie fragen sich, was man den Kindern anderes raten soll, wenn sie sich nicht zu hemmungslosen Verschwendern und Pleitegeiern entwickeln sollen?

Raten wir ihnen doch das, was ihnen nicht schadet, der Gesamtheit zudem nützt: Wie wäre es mit einigen klugen Investitionen in die eigene Zukunft? Dem Kauf guter Bücher zum Beispiel, die den Geist mit nützlichem Wissen abseits des Schulalltags anregen und fruchtbaren Ideen den Boden bereiten? Ja, ein Buch lesen, das kann ein ganzes Leben verändern, für Kinder, wie für Erwachsene.

Zeigt ein Kind bereits ein bestimmtes Talent, könnte man es auch dazu anleiten, es auszuleben. Es ist ein begabter Bastler? Dann werden einige gute Werkzeuge vielleicht den Grundstein legen für eine künftige erfolgreiche Tätigkeit. Ein kleiner genialer Maler? Dann sollte es sich die besten Stifte gönnen, die es für sein Geld kriegen kann und einfach loslegen!

Nein, Sparen als Selbstzweck, das ist so ziemlich das phantasieloseste Unterfangen, das man sich vorstellen kann. Es ist das passende Gegenstück zur Verschwendungssucht und Schuldenmentalität: Beides ist Ausdruck derselben Krankheit, nämlich dem Geld mehr zu vertrauen als sich selbst. Wird das Sparen übertrieben, dann ist es nichts als eine Affirmation der Angst, morgen vielleicht nicht mehr genug zu haben. Entsteht so ein Klima des Wachstums? Ein Feld der Phantasie, auf dem eines Tages etwas gedeihen kann?

Ganz anders verhält es sich mit dem Thema Sparen, wenn es um treuhänderisch verwaltete Fremdgelder geht: Stichwort Steuergelder. Hierzu schreiben Sie in Ihrer Kolumne leider nichts. Dabei ist es ja so läppisch einfach, sich zu entfalten und zu verewigen, wenn die notwendigen Investitionen aus einem »Etat« kommen, aus der großen Kasse, die sich aus mannigfaltigen Quellen stets wie durch Zauberhand neu füllt. Riesters Rente? Trittins Dosenpfand? Zahlen tun für diesen bürokratischen Wahnsinn nicht die Namensgeber.

Effizienter Einsatz kleinstmöglicher Mittel und Rückführung der Staatsverschuldung, dann massive Steuersenkung. So würde die Zauberformel lauten, wenn es um staatliches Handeln geht. Doch das schreiben Sie nicht. Stattdessen raten Sie Kindern, ihre Sparschweine zu füllen. Da frag ich doch mal ganz direkt: Geht's noch, Herr Wagner?
.

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