Sonntag, 13. Januar 2019

469 »Der Kaiser, Kelten und Gott Krodo«

Teil 469 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Tikal, Guatemala – Steile Stufenpyramiden

In den 1980-ern und 1990-ern war ein schweißtreibendes Abenteuer noch gestattet, das heute weitestgehend verboten ist. In Guatemala (Tikal) wie in Mexiko (Palenque) durfte man die eine oder die andere Pyramide besteigen. Die Stufen waren schmal, Treppen steil und der Weg nach oben höchst anstrengend. Und es war nicht ungefährlich. Ein Fehltritt hätte genügt, schon wäre man im wahrsten Sinne des Wortes abgestürzt. Die fantastischen Denkmäler überstanden die Jahrhunderte. Tikal entstand vom dritten bis ins 9. Jahrhundert. Als Karl der Große in Europa Heidentempel zerstören ließ, entstanden in Zentralamerika einige der schönsten Pyramiden: vergleichbar mit Treppen in den Himmel.

Treppen in den Himmel gibt es auch in zahllosen christlichen Gotteshäusern. In den 1980-ern und 1990-ern war ein schweißtreibendes Abenteuer noch gestattet, das heute weitestgehend verboten ist. In Guatemala (Tikal) wie in Mexiko (Palenque) durfte man die eine oder die andere Pyramide besteigen. Die Stufen waren schmal, Treppen steil und der Weg nach oben höchst anstrengend. Und es war nicht ungefährlich. Ein Fehltritt hätte genügt, schon wäre man im wahrsten Sinne des Wortes abgestürzt. Die fantastischen Denkmäler überstanden die Jahrhunderte. Tikal entstand vom dritten bis ins 9. Jahrhundert. Als Karl der Große in Europa Heidentempel zerstören ließ, entstanden in Zentralamerika einige der schönsten Pyramiden: vergleichbar mit Treppen in den Himmel.

Treppen in den Himmel gibt es auch in zahlrlosen christlichen Grotteshäusern, deren Türme den steilen Pyramiden von Mexiko und Guatemala nicht unähnlich in den Himmel ragen. Das Münster zu Hameln bietet einen wahrlich »himmlichen Blick«.

Foto 2: Blick vom Turm des Hamelner Münsters.

Wir schreiben das Jahr 780 n. Chr. Kaiser Karl der Große betreibt mit harter Hand die Christianisierung der Sachsen. Besonders verhasst sind ihm Denkmäler, die die alten heidnischen Götter zeigen und die offenbar immer noch von Gläubigen aufgesucht und verehrt werden. Anscheinend sah es der missionierende Kaiser als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, die Statuen der alten Götter zerstören zu lassen.

Folgt man Forstsekretär Julius Gottfried Eberhardt Leonhard, dann gab es für den frommen Kaiser allein auf diesem Gebiet viel zu tun. Vermeldet doch Leonhard anno 1825 in seinem Werk »Die Harzburg und ihre Geschichte« (1) eine Vielzahl von heidnischen Gottheiten, deren Heiligtümer Karl der Große zerstören lassen wollte. »Irmen«, nach Leonhard »Gott des Krieges und der Gerechtigkeitspflege«, muss dem mächtigen Herrscher ein Dorn im Auge gewesen sein. Ein Götze namens »Irmen« erfreute sich offenbar bei den »Heiden« großer Beliebtheit. Er wurde, so Leonhard (2) »zu Ehrensburg, jetzt Stadt Berge an der Lippe«, verehrt. Ein »Ehrensburg, jetzt Stadt Berge an der Lippe«, freilich kann ich nicht ausfindig machen. Wurde die Schreibweise ihres Namens neuerlich geändert?

Von »wikipedia« (3) erfahre ich, dass es im 8. Jahrhundert »in einiger Entfernung von der Eresburg, dem heutigen Obermarsberg« eine Irminsul gab. Sollte das die Stätte gewesen sein, an der laut Leonhard »Irmen« verehrt wurde? Wurde aus der »Ehrensburg« (Leonhard!) »Eresburg«? Das liegt, meine ich, nahe.

Fakt ist, dass Karl der Große just dort ein Kloster gründete. Es war weit verbreitet, einstmals heidnische heilige Plätze in christliche zu verwandeln. Wo zu heidnischen Zeiten ein Tempel stand, wurde von christlichen Missionaren so manches christliche Gotteshaus errichtet. Überliefert ist weiter, dass Karl der Große anno 772  eine Irminsul zerstören ließ. Umstritten ist allerdings bis heute, wo diese Säule zu Ehren des Irmen stand. Anno 863 vermeldete der Mönch Rudolf von Fulda in »De miraculis sancti Alexandri« (»Von den Wundern des heiligen Alexanders«):»

Foto 3: Der Ceibabaum
Sie verehrten auch unter freiem Himmel einen senkrecht aufgerichteten Baumstamm von nicht geringer Größe, den sie in ihrer Muttersprache ›Irminsul‹ nannten, was auf Lateinisch ›columna universalis‹ bedeutet, welche gewissermaßen das All trägt.« Die Legende von den Wundern des heiligen Alexanders wurde anno 863 im Kloster Fulda von Rdulf von Fulda begonnen und noch im 9. Jahrhundert von Meginhard niedergeschrieben.

Eine Säule die das All trägt? Diese Vorstellung war einst weit verbreitet. So stand bei den Mayas der Ceiba-Baum im Zentrum ihres Kosmos.

Einen Ceibabaum habe ich nie erklommen, wohl aber die eine oder andere Mayapyramide in Guatemala und Mexiko. Und wenn ich auf der obersten Plattform ankam, dann war ich erschöpft und verschwitzt wie in einer Sauna. In der Tat: Ich fühlte mich dort oben dem himmlischen Elysium bedeutend näher als unten bei den Pyramidenwächtern. Ganz ähnlich erging es mir, als ich bei sommerlicher Hitze den Turm des Münsters zu Hameln erstieg und schließlich die hölzerne Tür hochgewuchtet und ins Freie geklettert war. Der Blick auf das scheinbar sehr tief unter mir liegende Hameln war himmlisch. Die Weser war zu einem kleinen Rinnsal geschrumpft. Das nordeuropäische Pendant zum Weltenbaum der Mayas war Yggdrasil, die Weltesche, die ebenso den Kosmos verkörpert wie der Ceiba-Baum.

Solche Weltenbäume wurzelten in der Unterwelt und stützten den Himmel. Im Mithraskult gab es statt eines Baums eine achtteilige Leiter zwischen Erde und Himmel. Offensichtlich gab es unterschiedliche Variationen von Bildern, die alle einander ähnelten und für die Verbindung zwischen Erde und Himmel standen. Ob Weltesche Yggdrasil der Germanen, ob steile Stufenpyramide der Mayas oder der biblische »Turm zu Babel«, immer geht es um eine Verbindung zwischen Erde und Himmel. Und häufig geht es darum, dass man über diese Verbindung aus dem Himmel zur Erde und auch wieder von der Erde zurück in den Himmel gelangen kann. Ich darf an Jakobs Himmelsleiter erinnern (4): »Da hatte er einen Traum: Siehe, eine Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Und siehe: Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder.«

Die »Royal Society Open Science« untersuchte Märchen und kam zu erstaunlichen Ergebnissen (5). Im Märchen »Jack und die Bohnenstange« klettert ein Junge eine wundersame Bohnenranke empor und gelangt schließlich in den Himmel. Dort hausen Riesen, denen Jack nur mit Mühe entkommt. Das  angesehene »Smithsonian Institute« (6) berichtete über die Forschungsergebnisse der »Royal Society Open Science«. Demnach wurzeln die Ursprünge vom Bohnenstangenmärchen weit in der grauen Vergangenheit, sind wohl 5.000 Jahre alt.

Manche unserer Märchen, so fasste »Science News« sind sehr viel älter als man gewöhnlich annimmt. Titel der »Science News«-Meldung (7): »Kein Ammenmärchen: Ursprünge einiger Geschichten reichen Jahrtausende zurück«. Untertitel (8): »Statistische Analyse von Sprachevolution hilft das Alter von erzählten Geschichten zu datieren«. Mit anderen Worten: Schon vor Jahrtausenden gab es Geschichten über Menschen, die von der Erde in den Himmel kletterten. Die »Irminsul« ist lediglich eine nur gut ein Jahrtausend altes Pendant zu sehr viel älteren »Säulen«, »Bäumen« oder »Leitern«.

Foto 4: Stand hier einst in luftiger Höhe die Irminsul?

Wo aber stand die letzte »Irminsul«? Bei der Eresburg? Oder auf einem der Externsteine? Standort Externsteine für die Irminsul ist durchaus denkbar. Weile doch Karl der Große anno 784 im Lipperland, um in der Stadt der Osterräder Weihnachten zu feiern. Von hier aus konnte der Herrscher bequem die Externsteine erreichen und die Irminsul zerstören lassen. Einer von der Wissenschaft stark angezweifelten Überlieferung zufolge soll Karl der Große damals versucht haben, den Brauch des Laufs der Feuerräder in Lügde abzuschaffen. Ihm sei der heute noch zelebrierte Brauch zu heidnisch gewesen. Da die Bevölkerung angeblich das Verbot des Kaisers nicht akzeptierte und die brennenden Räder von Anhöhen weiter ins Tal bis an die Emmer rollen ließen, sei aus dem heidnischen Feuerräderlauf der christliche Osterräderlauf geworden. Allerdings ist der Brauch für die Zeit Karls des Großen nicht nachweisbar.

Foto 5: Ein brennendes Rad rollt zu Tal (Osterräderlauf Lügde).

Heute findet der Osterräderlauf am Abend des Ostersonntag statt, gewöhnlich gegen 21 Uhr. Vielsagend war der Spruch, den anno 1985 eines der hölzernen Räder zierte: »Meine Ahnen sind die Kelten und Germanen, jetzt lauf ich in Christi Namen.«


Foto 6: Eines der Lügder Osterräder.

Schon im Jahre 780 soll Karl der Große im Harz von einem Gott namens Krodo alias Crodo erfahren haben. Zu seiner Empörung verehrten die Menschen diesen seltsamen Gott zutiefst und beteten sein Standbild an. Arglos die Heiden dem christlichen Herrscher mit, ihr Gott sei Krodo. Und ihr Denkmal stelle eben diesen Crodo dar. Empört soll Karl der Große ausgerufen haben: »Krodo ist euer Gott, der Krodo-Teufel!«

Foto 7: Krodo wird zerstört.

Eine Lithographie, etwa 1840 entstanden, zeigt wie Kaiser Karl »Die Zerstörung des Götzenbildes Crodo« beaufsichtigt. Mehrere recht muskulöse und spärlich bekleidete Männer rücken dem Krodo-Denkmal zuleibe. Die einen wollen ihn mit einem Seil vom Podest zerren, andere schwingen gleichzeitig schwere Hämmer, um die von den sächsischen Heiden verehrte Figur zu zertrümmern.


Zur Lektüre empfohlen:

Foto 8: Sehr lesenswert!

Vogler, Mike: »Rätsel der Geschichte«, eBook, Dresden 2014
Voglers Buch ist Teil 1 einer inzwischen auf 5 Bände angewachsenen Reihe. Das Werk ist sowohl als Taschenbuch als auch als eBook erhältlich!

Fußnoten
(1) Leonhard, Julius Gottfried Eberhardt: »Die Harzburg und ihre Geschichte«, Fleckeisensche Buchhandlung, Helmstedt 1825
(2) ebenda, Seite 23,Zeilen 11-13
(3) wikipedia, Stichwort »Irminsul«, Stand 05.12.2018
(4) 1. Buch Mose Kapitel 28, Vers 12
(5) https://www.smithsonianmag.com/smithsonianmag/fairy-tales-could-be-older-ever-imagined-180957882/
(6) https://www.sciencenews.org/article/no-fairy-tale-origins-some-famous-stories-go-back-thousands-years
(7) »No fairy tale: Origins of some famous stories go back thousands of years«
(8) »Statistical analysis of language evolution helps estimate storytelling dates«

Zu den Fotos
Foto 1: Tikal, Guatemala – Steile Stufenpyramiden, Treppen in den Himmel. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Blick vom Turm des Hamelner Münsters. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 3: Der Ceibabaum, kosmischer Baum der Mayas. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 4: Stand hier einst in luftiger Höhe die Irminsul? Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 5: Ein brennendes Rad rollt zu Tal (Osterräderlauf Lügde). Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 6: Eines der Lügder Osterräder. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 7: Krodo wird zerstört. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein.
Foto 8: Sehr lesenswert und zur Lektüre empfohlen! Foto Verlag.


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Sonntag, 6. Januar 2019

468 »Der Gott mit dem Fisch«

Teil 468 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Krodo auf dem Großen Burgberg
Der Mann – der Überlieferung nach ein Gott – ist nicht mehr der Jüngste. Seine Haare sind lang, der Bart wirkt fast verwegen. Haartracht und Gewand deuten darauf hin, dass es sich um einen alten Germanen handeln könnte. In seiner Rechten hält der schlanke Mann so etwas wie einen Eimer, mit der Linken hebt er ein Rad mit sechs Speichen gen Himmel. Er steht auf einer Säule, genauer gesagt auf einem großen Fisch auf einer Säule. Das mysteriöse Bild findet sich in der »Sachsenchronik« von Conrad Bothe, erschienen anno 1492. Conrad Bothe beschreibt den Mann als den Sachsengott Krodo (andere Schreibweise: Crodo).

Detailgetreu wurde die Zeichnung aus der Sachsenchronik in eine Statuette. Sie lockt bis heute Touristen und Heimatforscher nach Bad Harzburg. Das Krodo-Denkmal steht bei der Ruine der einstigen Kaiserburg »Harzburg«, von der nur noch Reste der einst mächtigen Grundmauern und der  stolzen Türme erhalten sind.

Auch der Brunnen der Burg ist noch vorhanden. Wen oder was stellt die Zeichnung aus der »Sachsenchronik« dar? Ist es wirklich Gott Krodo? Darüber werden auch heute noch zum Teil heftige Kontroversen geführt.

Jacob Grimm, Germanist und Mythenforscher, schreibt zum Thema Gott in seinem dreibändigen Standardwerk »Deutsche Mythologie«(1): »In allen deutschen zungen von jeher ist das höchste wesen einstimmig mit dem allgemeinen namen Gott benannt worden.« In allen deutschen Dialekten wurde, so Historiker und Volkskundler Grimm, das höchste Wesen Gott genannt. Bitter beklagt Jacob Grimm, dass kein einziger Schriftsteller den Versuch unternommen hat (2) »die überreste des heidnischen glaubens zu sammeln«. Vielmehr habe man danach getrachtet (3) »die letzten eindrücke des verhaßten heidentums zu tilgen statt zu bewahren«. Es sei viel von  (4) »unserer mythologie unwiderbringlich entzogen«. Gerade deshalb ist es Jacob Grimm hoch anzurechnen, dass er mit unglaublichem Fleiß eine erstaunliche Fülle an Informationen über die alten vorchristlichen Götter zusammengetragen hat.

Foto 2: Wichtiges Standardwerk!
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Studiert man sein auch heute noch beeindruckendes Werk »Deutsche Mythologie« so erkennt man schnell, dass da zwischen dem christlichen Gott einerseits und den heidnischen Göttern andererseits unterschieden wird. Das Heidentum freilich verschwand nicht spurlos von heute auf morgen. So wurden die heidnischen Götter nicht einfach von den Missionaren des Christentums ausgetilgt. Aber Christus wurde ähnlich wie zuvor die heidnischen Götter umschrieben (5). Diese Strategie führte zu einem Teilerfolg der christlichen Missionierung: Christus und die heidnischen Götter wurden gleichzeitig verehrt. Ethelbert von Kent (um*552;†616) regierte über drei Jahrzehnte seine Grafschaft im Südosten von London. Ethelbert ließ sich taufen und erlaubte den christlichen Missionaren, nach eigenem Gutdünken christliche Gotteshäuser zu errichten. Freilich wollte er keinen übergroßen Zwang ausüben. Vermutlich befürchtete Ethelbert von Kent, Zwangsmissionierung könnte dazu führen, dass sich die Heiden gegen den König erhoben. Und deshalb durften neben christlichen Altären heidnische »Götzenbilder« stehen. Es wurden also in christlichen Gotteshäusern auch noch »heidnische Idole« verehrt und angebetet. Offenbar waren den Missionaren »halbe Christen« lieber als »ganze Heiden« (6). Die Existenz heidnischer Götter wurde nicht bestritten (7): »Auch in christlicher zeit traut man den heidnischen göttern manche fähigkeit zu.«

Foto 3: Krodo, älteste Darstellung, 1492
So war das auch im Alten Israel, als ganz offiziell längst der Monotheismus eingeführt worden war. Mit der Einführung des Jahwe-Kults verschwanden nicht plötzlich die alten Göttinnen und Götter ins Nichts. Konkreter: Falsch ist die Vermutung, dass Salomons Tempel (Hauptheiligtum des jüdischen Monotheismus!) ausschließlich der Verehrung Jahwes diente. Der salomonische Tempel bestand 370 Jahre. Immerhin 236 Jahre davon, also fast zwei Drittel der Zeit, beherbergte er eine Ascherah-Statue. Wie war das möglich? Hatte doch Jahwe angeblich selbst nicht nur das Anbeten fremder Götter im Allgemeinen verboten, sondern ganz konkret gefordert (8): »Du sollst dir keinen Holzpfahl als Ascherahbild errichten bei dem Altar Jahwes!« Genau das aber geschah immer wieder! Jahrhunderte lang war Ascherah fester Bestandteil im religiösen Leben der jüdischen Stämme. Konkretem göttlichem Gebot zum Trotz stand ihre Statue im Allerheiligsten im Salomonischen Tempel neben  Jahwes Altar.

Zurück zum mysteriösen Gott Krodo. Betrachten wir uns die Zeichnung aus der Sachsenchronik und das geheimnisvolle Denkmal bei der Harzburg näher. Wir erkennen gleich drei uralte »Symbole« (9)!

Foto 4: Krodo steht auf einem Fisch.

Der Fisch, auf dem Gott Krodo steht, ist eines der ältesten Symbole überhaupt. Ausführlich äußert sich Professor Hans Biedermann (*1930; †1989/1990) in seinem »Lexikon der Symbole«. (10). Er sieht den Fisch als Zeichen für Fruchtbarkeit, für die Kraft die das Leben erhält (11): »Fische bevölkern die Wasserflut …, die mit Fruchtbarkeit und den lebenspendenden Kräften der inneren ›Mütterwelten‹ zu tun haben.« In diesem Zusammenhang muss ein ganz besonderer Fisch aus uralter Mythologie erwähnt werden: Der Sage nach haust er im oberfränkischen Staffelberg. Damit er in den Berg passt, muss er sich in den eigenen Schwanz beißen. Der namenlose Staffelbergfisch, der auch in einigen südamerikanischen Pyramiden hausen soll, hat ein Pendent, nämlich »Uroboros« (Foto 7). Uroboros, eine mythologische Schlange, beißt sich ebenfalls in den eigenen Schwanz.

Foto 5: Krodos Rad
Dieses Motiv ist uralt und stellt, so Biedermann (12), »den Kreis in seiner Verkörperung der ›ewigen Wiederkehr‹ tiergestaltig dar und deutet an, dass dem Ende ein neuer Anfang in ständiger Wiederholung entspricht.« Diesen ewigen Kreislauf des Lebens symbolisiert natürlich auch das Rad, das Gott Krodo empor hält. Denken wir an das zyklische Weltbild der Mayas, die den Ablauf der Zeit als ein sich ständiges Drehen von »Rädern« sahen und in Milliarden und Abermilliarden von Jahren rechneten!


Das »ewige Leben« der Mayas bestand in der ewigen Wiederholung von zyklischen Zeitabschnitten. Vielen heutigen Christen ist nicht bekannt, dass der Fisch das älteste Symbol für den Messias Jesus und somit auch für Auferstehung und ewiges Leben ist. 

Es gibt recht unterschiedliche Symbole für den ewigen Kreislauf des Lebens. Eines findet sich im Paderborner Dom: Im berühmten »Dreihasenfenster« (Foto 8) bilden drei Hasen, die sich drei Ohren teilen, auch so etwas wie ein sich ewig drehendes Rad. Wobei der Hase wiederum ein uraltes Symbol der Fruchtbarkeit ist.

Als nach christlichem Verständnis das sündige Leben auf der Erde durch eine »Sintflut« ausgetilgt wurde, überlebten die Fische. So würden auch die Christen einst überleben und nicht dem ewigen Tod anheimfallen. In zunehmendem Maße bekennen sich heutige Christen mit einem Fischsymbol an ihrem PKW zum christlichen Glauben. Noch einmal Prof. Biedermann, der reale »Symbologe«, echtes Pendant zum fiktiven Professor Langdon (13): »In vielen alten Religionen werden Fische mit den Göttinnen der Liebe und der fruchtbaren Natur in Verbindung gebracht.«

Foto 6: Krodos Rosen
Krodo alias Crodo hält mit der rechten Hand so etwas wie einen Eimer. Darin befinden sich Rosen. Seit ewigen Zeiten sind Rosen das Symbol der Liebe, die den Tod überdauert. Mike Vogler fasst in seinem sehr empfehlenswerten Werk »Rätsel der Geschichte« (14) sachkundig zusammen (15):

»Die dargestellte Symbolik verweist auf Krodos Bedeutung als Fruchtbarkeitsgott. Der Fisch versinnbildlicht das Element Wasser sowie Nahrung, unverzichtbare Bestandteile des Lebens Auf Erden. Das Rad erinnert an das Verrinnen der Zeit, dem Werden und Vergehen alles Lebens. Die Rosen stehen für die Fruchtbarkeit sowie der Menschen als auch der Natur. Zusammenfassend kann man sagen, dass Krodo das Leben als solches symbolisiert.«

Zur Lektüre empfohlen:
Garbe, Burckhard: »Die schönsten Sagen zwischen Harz und Weser«, Kassel 2002 (Der Götze Krodo in Harzburg, S.91-95)
Vogler, Mike: »Hexen, Teufel und Germanen/ Teufelsglaube und Hexenwahn als Folge der Christianisierung/ Beispielhaft verdeutlicht am altsächsischen Gott Krodo«, Leipzig 2012

Fußnoten
(1) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage,
Berlin 1875-78, Band 1, Seite 11 ganz oben, Rechtschreibung unverändert übernommen.
(2) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage,
Berlin 1875-78, Band 1, Seite VIII, Zeilen 15 und 16 von oben. V Rechtschreibung unverändert übernommen.
(3) ebenda, Zeilen 18 und 19 von oben
(4) ebenda, Seite IX, Zeile 8 von unten
(5) Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage,
Berlin 1875-78, Band 1, Einleitung S. 7 oben

Foto 7: Uroboros, 17. Jahrhundert.


(6) Siehe hierzu Grimm, Jacob: »Deutsche Mythologie«, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz 1968, dreibändige Faksimile-Ausgabe der 4. Auflage,
Berlin 1875-78, Band III, Einleitung, Seite 7 oben!
(7) ebenda, Seite 4 Mitte
(8) Das 5. Buch Mose Kapitel 16, Vers 21
(9) Ich fasse den Begriff »Symbol« bewusst sehr weit. So zähle ich die »Elemente« aus verschiedenen Weisheits-und Geheimlehren auch zu den Symbolen!
(10) Biedermann, Hans: »Knaurs Lexikon der Symbole«, München 1989, Seiten 142-145
(11) ebenda Seite 142, rechte Spalte unten und Seite 143, linke Spalte oben.
(12) ebenda, Seite 455, linke Spalte unten, Stichwort  »Uroboros«
(13) ebenda, Seite 143, linke Spalte Mitte
(14) Vogler, Mike: »Rätsel der Geschichte«, eBook, Dresden 2014
Voglers Buch ist Teil 1 einer inzwischen auf 5 Bände angewachsenen Reihe. Es ist sowohl als Taschenbuch als auch als eBook erhältlich!
(15) ebenda,  Seite 4, Pos. 31

Foto 8: Drei Hasen bilden ein Rad


Zu den Fotos:
Foto 1: Krodo-Statue auf dem Großen Burgberg bei Bad Harzburg. Foto wiki commons/ Kassandro 
Foto 2: Wichtiges Standardwerk! FotoVerlag
Foto 3: Krodo, älteste Darstellung, 1492.
Foto 4: Krodo steht auf einem Fisch. Foto wiki commons/ Kassandro 
Foto 5: Krodos Rad. Foto wiki commons/ Kassandro 
Foto 6: Krodos Rosen. Foto wiki commons/ Kassandro
Foto 7: Uroboros, 17. Jahrhundert. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Drei Hasen bilden ein Rad, Dom zu Paderborn. Foto Walter-Jörg Langbein 

469 »Der Kaiser, Kelten und Gott Krodo«,
Teil 469 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 13. Januar 2019


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