Teil 98 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
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Abstieg in die Unterwelt
Foto W-J.Langbein |
Vom »Hotel Mision Palenque« sind es nur wenige Schritte zum »archäologischen Park«. Es ist ein Hotel der Spitzenklasse und bietet Luxus pur ... vor allem aber die Möglichkeit, sehr früh morgens oder noch abends die Urwaldruinen von Palenque zu erleben.
Weil in den Nachrichten von »terroristischer Gefahr« gewarnt wurde ... sind Touristen ausgeblieben. Gerüchte kursieren, dass Gewalttäter aus Peru nach Mexiko geflogen seien. Die kurzfristig aufwabernden Gerüchte würden sich rasch als natürlich vollkommen frei erfunden erweisen ... Aber zunächst profitiere ich davon. Denn ich bin am frühen Abend ganz allein, als ich über die verwinkelte und glitschige Treppe in die »Unterwelt« von Palenque klettere. Die schmalen Stufen im Tempel der Inschriften sind ebenso triefend nass wie die Wände, von denen Wasser fließt.
Der Weg in die Tiefe ist weit anstrengender als die Klettertour in die Unterwelt von Dendera. Aber Dendera und der Tempel der Inschriften ähneln sich strukturell! In Dendera bergen unterirdische Räume Abbildungen mysteriöser »Wunderlampen«, in Palenque fasziniert uns Besucher aus aller Welt ein Sarkophagdeckel mit einem »Astronauten«.
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Das mysteriöse Relief von
Palenque - Foto: W-J.Langbein |
Heute aber bin ich allein. So kann ich mir Zeit nehmen, um das geheimnisvolle Relief zu bestaunen. Sonst quälen sich – so der Tempel der Inschriften überhaupt noch geöffnet ist – tagtäglich Tausende ungeduldiger Touristen wie eine vielleibige Schlange die schmale Treppe hinab, während sich ein gleich starker Strom von Menschen schwitzend und vor Anstrengung keuchend wieder nach oben kämpft. Jeder möchte so lang wie möglich in der Gruft verharren, aber niemand gönnt seinem Vordermann auch nur einen noch so kurzen Augenblick der Ruhe. Kaum steht man selbst vor der Tür in die eigentliche Gruft, schon wird man wieder von hinten angestoßen, zur Rückkehr nach oben gedrängt. Und die Drängler, die einen eben vorwärts schoben ... werden kurz darauf selbst zur Eile genötigt.
Ich bin davon überzeugt, dass der Abstieg in die unterirdische Kammer von Palenque bald nur noch wenigen auserwählten Besuchern gestattet sein wird. Die Treppe ist auch nicht für Massenansturm gebaut. Die gewaltigen Schweißmengen der Besucherheere fügen dem uralten Gemäuer erheblichen Schaden zu. Eine technisch perfekte 3D-Filmdokumentation kann den Besuch in der Unterwelt von Palenque ersetzen und das uralte Gemäuer vor dem Verfall bewahren. Und so gern ich so manches Mal diesen Weg unter die Pyramide gemeistert habe, so unterstütze ich auch den Schutz der altehrwürdigen Anlage vor dem Massentourismus.
Keinem christlichen Gotteshaus würde man eine so massive Belastung durch so viele Menschen zumuten. In keinem christlichen Dom dürften so viele Menschen in eine uralte Krypta tief in der Erde hinabsteigen wie in Palenque.
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Innenhof der Universität
Foto: W-J.Langbein |
Wer sich mit der Welt der Mayas beschäftigt, kann nur staunen. Die Mayas verfügten über einen Kalender, der genauer war als der unsere. Sie rechneten mit wahrlich gigantischen Zeiteinheiten ... vom Tag bis zu Jahrmilliarden! Die Mayas waren kein »primitives« Urwaldvolk, sondern Zahlenakrobaten und Meister der Astronomie! Ihr Kalender basiert auf ins Unendliche wachsenden Einheiten (1):
1 »Kin« = 1 Tag
1 »Uinal« = 20 »Kin« = 20 Tage
1 »Tun« = 18 »Uinal« = 360 Tage
1 »Katun« = vierst20 »Tun« = 7200 Tage
1 »Baktun« = 20 »Katun« = 144.000 Tage (oder 394,5 Jahre)
1 »Pictun« = 20 »Baktun« = 2.880.000 Tage (oder 7.885,2 Jahre)
1 »Calabtun« = 20 »Pictun« = 57.600.000 Tage (oder 157.704 Jahre)
1 »Kinchiltun« = 20 »Calabtun« = 1.152.000.000 Tage
(oder 3.154.072 Jahre)
1 »Alautun« = 20 »Kinchiltun« = 23.040.000.000 Tage
(oder 63.081.431.Jahre)
1 »Hablatun« = 20 »Alautun« = 460.000.000.000 Tage
(oder 1.261.628.620 Jahre)
Nach alten Überlieferungen der Hopi-Indianer Arizonas, hatten Hopi wie Mayas himmlische Lehrmeister. Diese Wissenden pendelten einst zwischen Himmel und Erde, so wie die Engel der verbotenen biblischen Apokryphen (zum Beispiel: Buch Henoch). Sie unterrichteten die Menschen in den himmlischen Lehrfächern. Eine Universität der Lehrmeister gab es, so berichten es Hopi-Überlieferungen, in Palenque, Mexiko.
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Blick auf die Universität
Foto: W-J.Langbein |
Die Hopi nannten diese Lehrmeister Kachinas. Das Wissen, das sie in Palenque vermittelten, war sehr komplex. Im untersten Stock wurde die Geschichte des eigenen Volkes gelehrt, im ersten Stockwerk standen die unterschiedlichsten Disziplinen der Naturkunde auf dem Lehrplan. Im höchsten Stock ging es um komplizierte mathematische Berechnungen und um den Fachbereich Astronomie. Nur wer sich ein umfangreiches und solides Grundwissen angeeignet hatte, war zum Studium für Fortgeschrittene in dieser höchsten Etage zugelassen. Nur wer wusste, wie sich die Welt der Pflanzen, Tiere und Menschen zusammensetzt, war für das höhere, geheimere Wissen reif. Erst dann durften die eigentlichen Geheimnisse des Lebens studiert werden.
Ob es Prüfungen gab, denen sich die Studenten unterziehen mussten? Wurden sie von den Kachinas kontrolliert? Am Rande mehrerer Kongresse habe ich intensiv mit dem NASA-Ingenieur Josef Blumrich gesprochen, der mit Hilfe des Hopi White Bear Fredericks das Buch »Kasskara und die sieben Welten« schrieb. Wie kein zweiter Wissenschaftler hat sich Josef Blumrich (1913-2002) mit den uralten Überlieferungen der Hopi auseinander gesetzt ... und ihre Geschichte geschrieben. White Bear Fredericks (1905- 1996) war wohl einer der letzten Eingeweihten, die die rätselhafte Geschichte der Hopi kannten. Josef Blumrich zeichnete sie auf. (2)
Von zentraler Bedeutung sind die Kachinas in dieser Geschichte. Wer aber waren diese Kachinas? NASA-Ingenieur Josef Blumrich, dem ich diese Frage wiederholt stellte, antwortete mir: »Wenn Sie alles nur geistig-spirituell sehen wollen, können Sie die Kachinas als ›Engel‹ verklären. Kachinas waren aber reale Wesen, die vom Himmel herab zur Erde kamen und wieder im Himmel entschwanden!« antwortete mir der Wissenschaftler. »Engel oder Astronauten?« bohrte ich nach. Josef Blumrich lachte: »Vielleicht waren es Astronauten, die von Christen gern als Engel gesehen würden?«
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So sahen die Kachinas aus
Foto: W-J.Langbein |
Aus der Krypta von Palenque kommend ... bin ich die Haupttreppe empor gestiegen: zum Tempel hoch oben auf der Pyramide. Es wird Abend, die Brüllaffen beginnen ihre lautstarken Diskussionen. Friedvolle Stille breitet sich aus, die Hitze des Nachmittags weicht. Ich erinnere mich an eine der zentralen Lehrsätze der Kachina-Theologie (3):
»Der göttliche Schöpfer hat uns gesagt: Wenn ihr meine Kinder sein wollt, dürft ihr euer Wissen nicht benutzen, um zu unterwerfen, zu zerstören, zu töten oder bösen Gebrauch von irgend etwas machen, was ich euch gegeben habe. Wenn ihr dieses Gesetz nicht befolgt, seid ihr nicht meine Kinder.«
Die Geschichte des Abendlands, ja der Welt wäre wohl sehr viel friedlicher verlaufen, wenn sich Christentum und Islam etwas mehr an diese Lebensmaxime gehalten hätten! Die Kachinas sollen über gewaltige Kräfte verfügt haben, dabei aber stets friedlich geblieben sein. Sie missionierten nicht in negativem Sinne, sie lehrten Wissen und Philosophie ... und keine wie auch immer geartete Religion!
Fußnoten
2 Blumrich, Josef: »Kasskara und die sieben Welten«, Wien und Düsseldorf 1979
3 Blumrich, Josef: »Kasskara und die sieben Welten«, Wien und Düsseldorf 1979, S.22
»Engel aus dem All?«,
Teil 99 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 11.12.2011