Sonntag, 28. Juli 2019

497. »Geheime Dinge hat er gesehen.«


Teil 497 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Gilgamesch
»Geheime Dinge hat er gesehen. Was verborgen dem Menschen ist, kennt er. Er hat Nachrichten gebracht von den Zeiten der Sintflut.«, heißt es in einem der geheimnisvollsten Texte der Menschheitsgeschichte, im Gilgamesch-Epos (1). Es ist Jahrtausende älter als die Bibel und enthält die älteste Beschreibung überhaupt der wohl ältesten Sehnsucht des Menschen. Es geht um Gilgameschs Suche nach dem ewigen Leben. Auch Alexander der Große soll in Indien versucht haben, das Geheimnis der Unsterblichkeit zu ergründen. Kolumbus suchte womöglich deshalb den Seeweg in jenes Land. Der Spanier Ponce de León vermutete Wunderquellen auf Bimini. Jahrhunderte später wurde er vom berühmten amerikanischen Seher Edgar Cayce bestätigt.

Für Sir Austen Henry Layard wurde anno 1849 der Traum aller Forscher wahr: Auf dem linken Ufer des Tigris, unweit der irakischen Stadt Mosul, entdeckte er die Ruinen einer uralten Stadt. Er machte sich sofort ans Werk grub das legendäre Ninive, die Hauptstadt des Assyrerreiches, aus. Deutlich zu erkennen waren die Überreste einer einst uneinnehmbaren doppelten Festungsmauer. Unter dem Hügel Kujundschik wartete eine Sensation auf ihn: die Bibliothek Assurbanipals, bestehend aus 5.000 Keilschrifttafeln. Im Südwestpalast schien die Zeit stehengeblieben zu sein. In zwei kleineren Räumen waren, als Babylonier und Meder 612 v. Chr. die einst so stolze Stadt verwüstet hatten, Tontafeln zu Boden gefallen. Rund zweieinhalb Jahrtausende waren sie liegengeblieben. Anno 1853 fand Hormuzd Rassam 20.000 weitere Tontafeln und Fragmente. Die wertvollen Dokumente wurden nach London, in das »British Museum«, geschafft, in mühseliger Arbeit zusammengesetzt und nach und nach übersetzt.

Foto 2: Der »Sintflutbericht« aus der Bibliothek Asurbarnipals

1872 machte George Smith vom Museum weltweit Schlagzeilen: Ein Fragment enthielt Verse des ältesten Epos der Menschheitsgeschichte, einen Bericht von der Sintflut, nur vermutlich Tausende Jahre älter als die Bibel. Die britische Tageszeitung »Daily Telegraph« zahlte Smith tausend Guineas,   der Forscher konnte nach Ninive reisen. Wenig später fand er auf weiteren Tafeln den kompletten Text der ersten Sintflutgeschichte. Sie gehörte zum Gilgamesch-Epos, das einst im Alten Vorderen Orient so populär wie die Bibel gewesen sein muss. Es kursierte in zahlreichen Abschriften und Kopien. Die jüngeren stammen aus dem siebten und sechsten Jahrhundert v. Chr. Ins 14. Jahrhundert v. Chr. datiert wurden eine akkadische, eine hethitische und eine hurritische Übersetzung, die in der Bibliothek von Hattuscha, der Hauptstadt des Hethiterreiches (heute Türkei) gefunden wurde. Ältere Versionen stammen aus weit früheren Epochen: sie wurden Ende des dritten und Anfang des zweiten Jahrtausends v. Chr. auf Tontafeln verewigt. Aber schon im dritten Jahrtausend v. Chr. wurde das Epos in sumerischer Sprache verewigt. Erstaunt stellten weltweit führende Experten fest: Der Text hatte Jahrtausende fast vollkommen unverändert überdauert, war häufig mit Sorgfalt übertragen und übersetzt worden. Übrigens: Das »Gilgamesch-Epos« ist nach wie vor nicht komplett. Auch heute noch tauchen immer wieder Splitter von Keilschrifttafeln auf, die dem mysteriösen Epos zugerechnet werden können.

Foto 3: Aruru alias Ninḫursanga
Die Handlung des Epos weist immer wieder Parallelen zu viel später entstandenen Bibeltexten auf. So heißt es, dass sich Held Gilgamesch einsam fühlt. Göttin Aruru erhört sein Flehen und erschafft ihm einen Gefährten, den Enkidu. Die akkadische Göttin Aruru, alias Ninmaḫ, Nintu, Mami, Ninlil und Damkina,  war als sumerische Gebirgs- und Muttergöttin hoch geachtet. Einer ihrer Ehrennamen lautet »Mutter der Götter«. 

Bekannt war sie auch ob ihrer Funktion als »Göttin der Gebärenden« und »Mutter aller Kinder«. Interessante Parallele zum Alten Testament: Eva wurde als »Mutter allen Lebens« verehrt.

Gemeinsam wollen Gilgamesch und Enkidu den Chumbaba, ein schreckliches Monster, töten. In einem wütenden Kampf verletzt Gilgamesch das Untier mit seinem Schwert am Hals, Enkidu enthauptet es. Die Götter aber beschließen den Tod Enkidus. Nach schwerer Krankheit stirbt er. Gilgamesch ist verzweifelt. Sieben Tage lässt er den Gefährten, der sein Bruder geworden ist, nicht bestatten. Vergeblich hofft er, dass das Leben in Enkidu zurückkehren möge.

Gilgamesch (2) wird sich seiner Sterblichkeit bewusst. Von panischer Todesangst gepeinigt macht er sich auf die Suche nach dem Geheimnis vom ewigen Leben. Nur Utnapischtim, so weiß er, kann ihm helfen. Nach strapaziösen, qualvollen Märschen erreicht Gilgamesch das Maschugebirge. Riesige Skorpionmenschen hüten ein geheimnisvolles »Bergtor«. Gilgamesch wird schließlich eingelassen und kommt nach vierundzwanzigstündiger Reise durch schreckliche Finsternis in einen herrlichen Garten mit Edelsteinbäumen. Die fantastische Welt liegt am Ufer eines geheimnisvollen Meeres, das noch kein Sterblicher überquert hat. Mit Hilfe von Urschanabi überwindet Gilgamesch die »Gewässer des Todes« und begegnet endlich Utnapischtim. Der ist als einziger Mensch unsterblich. Auf den Rat des Gottes Ea hat er einst eine Arche gebaut, die Sintflut überlebt. Aber warum muss er nicht sterben?

Foto 4: Ein Skorpionmensch

 Utnapischtim verrät ihm das Geheimnis des ewigen Lebens: Es ist eine stachelige Pflanze, die auf dem Grunde eines Sees gedeiht. Mit schweren Steinen als Gewicht taucht Gilgamesch in die Tiefe  und findet tatsächlich die Wunderpflanze. Mit seinem kostbaren Fund taucht er an die Oberfläche zurück und tritt den Heimweg an. Erneut überwindet er das Meer des Todes. Als er sich aber in der Wüste in einem kühlen Brunnen badet, stiehlt ihm eine Schlange die Pflanze der Unsterblichkeit. Gilgamesch gibt auf. Er resigniert und akzeptiert seine Sterblichkeit. In der Schöpfungsgeschichte des »Alten Testaments« wird die Schlange Eva die Unsterblichkeit wieder anbieten.

Wir wissen heute: Gilgamesch hat wirklich gelebt. Die Königslisten der ersten Dynastie von Uruk verzeichnen ihn als großen Herrscher. Er lebte um 2600 v. Chr. Unsterblichkeit wurde ihm im physischen Sinne nicht zuteil. Aber er erreichte immerhin ein »biblisches Alter« von 126 Jahren. Unsterblich wurde er nur im übertragenen Sinne: Sein Name ist auch heute, fast fünf Jahrtausende später, unvergessen. Historisch real wie Gilgamesch (3) war auch Alexander der Große (*356 v. Chr.; †323 v. Chr.). Beide haben nach Unsterblichkeit gesucht. Der große Herrscher hat, so vermeldet es die »Alexandersage«, von Ägypten aus eine Forschungsreise angetreten. Wie Gilgamesch durchquert Alexander in der einst weit verbreiteten, alten Überlieferung ein »Land der Finsternis« und kommt am Fuße eines Zauberbergs an. Ganz allein, seine Leibwache lässt er zurück, besteigt er ihn. 

Foto 5: Ein Skorpionmensch
Nach zwölf Tagen und zwölf Nächten steht er schließlich an der Grenze zu einer »Überwelt«. Ein Engel, dessen Strahlenglanz ihn blendet, verrät Alexander das Geheimnis des ewigen Lebens: »Ich will dir sagen, wie du leben kannst, ohne zu sterben. Im Lande Arabien hat Gott die Schwärze undurchdringlicher Dunkelheit eingesetzt. Darin ist verborgen ein Schatz dieses Wissens. Dort ist auch der Brunnen des Wassers, das Lebenswasser genannt wird, und wer davon trinkt, und sei es auch nur einen einzigen Tropfen, wird nie sterben.«

Alexander (4) ist diese Auskunft zu rätselhaft. »In welchem Erdteil liegt dieser Brunnen?«, will er wissen. »Frage diejenigen Menschen, die Erben dieses Wissens sind.«, erfährt er nur. Zeit seines Lebens soll er nach dem geheimnisvollen Land gesucht haben. Vermutete er es in Indien (5)? 327 v. Chr. unternimmt Alexander einen Feldzug nach Nordwestindien, will bis zur Mündung des Ganges vordringen. Seine Truppen meutern. Sie weigerten sich, sich weiter in unbekannte Gefilde vorzukämpfen. Der Legende nach, sie ist im »Alexanderroman« von Lambert le Tort (12. Jahrhundert) überliefert, entdeckte ein fünfundsechzigjähriger Gefährte des großen Königs an der Mündung des Ganges, der in der Bibel mit dem Paradiesstrom Pison gleichgesetzt wird, drei Wunderbrunnen: Einer verjüngt, einer verleiht Unsterblichkeit, einer erweckt Tote zum Leben. Der 65-Jährige soll vom Verjüngungswasser getrunken und wieder zu einem Dreißigjährigen geworden sein.

Foto 6: Alexander der Große

Diese Legende, historisch in keiner Weise belegbar, war im Europa des frühen Mittelalters Wissenschaftlern wie Abenteurern wohl bekannt. Sie wollten nach den geheimnisvollen Brunnen suchen und trachteten danach, nach Indien zu gelangen. So leicht war das aber nicht. Der Landweg nach Indien war unpassierbar. Die Sarazenen ließen Europäer nicht durch. Indien konnte nur auf dem Seeweg erreicht werden. Wollte also Kolumbus vorwiegend deshalb Indien aufsuchen, weil er hoffte, in den Besitz des Wassers der Unsterblichkeit zu gelangen? Bekanntlich entdeckte er »nur« Amerika doch auch dort stießen er und seine Gefolgsleute auf geheimnisvolle Hinweise, wonach es auf einer Insel ein Wasser des ewigen Lebens gab.
Foto 7: Juan Ponce de León
Juan Ponce de León (6), Gouverneur von Haiti und Puerto Rico, erfuhr jedenfalls 1511 von »Indianern«, dass es irgendwo im Norden eine Insel namens Bimini gebe. Bimini sei reich an Schätzen und Edelsteinen, das kostbarste Gut aber stelle eine Quelle dar, die aus Greisen wieder junge Männer mache. Juan Ponce de León vermeldete diese Kunde sofort dem spanischen König Ferdinand. Und der gab am 23. Februar 1512 den Befehl, eine Expedition sofort auszurüsten. Aufgabe: die Suche nach Bimini im Norden Haitis. »Sobald Sie die Insel erreicht und erfahren haben, was sie enthält, werden Sie mir den Bericht zustellen!«, so lautete der strikte Befehl.


Fußnoten
1) Röllig, Wolfgang (Hrsg.) »Das Gilgameschepos«, Ditzingen 2009
2) Maul, Stefan (Übersetzer): »Das Gilgamesch – Neu übersetzt und kommentiert von Stefan Maul«, München 2014
3) Sallaberger, Walther: »Das Gilgamesch-Epos/ Myhos, Werk und Tradition«, München 2013
4) Demandt, Alexander: »Alexander der Große/ Leben und Legende«, München 2013
5) Fox, Robin Lane: »Die klassische Welt: Eine Weltgeschichte von Homer bis Hadrian«, 4. Auflage, Stuttgart 2011
6) Morison, Samuel Eliot: »The European Discovery of America/ The Southern Voyages«, Oxford University Press, 1974

Zu den Fotos
Foto 1: Gilgamesch und der Löwe. Foto gemeinfrei/ jastrow
Foto 2: Der »Sintflutbericht« aus der Bibliothek Asurbarnipals. Foto wikimedia commons/ Fæ
Foto 3: Aruru alias Ninḫursanga, Herrin der steinigen Einöde, auch Ninhursag, Ninmaḫ, Nintu und Mami genannt. Foto public domain
Foto 4: Ein Skorpionmensch, Königsgräber von Ur. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Ein Skorpionmensch, Königsgräber von Ur. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Alexander der Große. Foto wiki commons/ Berthold Werner
Foto 7: Juan Ponce de León. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein



498. »Der ›Trank der Unsterblichkeit‹ und der Graf von Saint Germain«,  
Teil 498 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 4. August 2019


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Sonntag, 21. Juli 2019

496. »Licht und Hölle im Nahbereich Tod«

Teil 496 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Gekreuzigter bei Holzhausen
Als Hannelore S. das Licht am Ende des Tunnels immer rascher näherkommen sah, machte sie eine Gestalt aus. »Sie hob sich hell vom hellen Licht ab. Sie strahlte in gleißendem Licht. Ich fühlte mich von ihr angezogen. Ihr Licht blendete aber nicht. Es war ein Engel. Er trug ein fließendes, lang wallendes Gewand. Am Rücken waren zwei mächtige Flügel, die weit über die Schultern reichten. Jener Engel öffnete die Flügel weit, breitete sie aus und versperrte mir den Weg. Er bewegte zwar nicht die Lippen. Ich konnte aber deutlich seine Worte vernehmen: ›Bis hierher und nicht weiter! Noch ist deine Zeit nicht gekommen!‹«

Nach den Recherchen von George Gallup Jr. dürfte etwa jeder dritte Amerikaner, der ein Nahtoderlebnis hatte, auch so eine »Gestalt« wahrgenommen haben. Sie berichten, »die Gegenwart eines Wesens gespürt oder eine sonstige konkrete Erfahrung mit dem Jenseits gehabt zu haben.« Dr. Moody erfuhr durch Befragung von Menschen, die klinisch bereits tot waren, das Gleiche. Er fasst zusammen: »Eine ganze Reihe von Menschen hat mir berichtet, dass sie irgendwann im Laufe ihres Sterbeerlebnisses, sei es gleich zu Beginn, sei es erst später, die Gegenwart anderer spiritueller Wesen in ihrer Nähe wahrgenommen hätten. Diese Wesen seien offensichtlich gekommen, um ihnen den Übergang in den Tod zu erleichtern, oder aber um ihnen anzukündigen, dass die Zeit zu sterben für sie noch nicht gekommen sei, weshalb sie in ihren stofflichen Körper zurückkehren müssten.«

Hannelore S.: »Hinter den Flügeln nahm ich weitere Gestalten war. Sie winkten mir zu, freudestrahlend. Sie gaben mir zu verstehen, dass sie wieder zur Stelle sein würden, sobald ich sterben würde. Ich drehte mich um und flog wieder durch den Tunnel. Dabei flackerten Bilder vor meinem ›geistigen Auge‹ auf. Es begann mit dem Unfall, den ich nochmals wie in einem Film sah, dann folgten, immer weiter zurückgehend, blitzartig aufleuchtend, Szenen aus meinem Leben. Ich erlebte mich schließlich sogar als Baby im Arm meiner Mutter.« 

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Eine solche »Rückschau« erlebten viele der von Dr. Moody befragten Menschen mit Sterbeerlebnissen. Manche sahen so etwas wie einen Film im Zeitraffertempo ablaufen. Andere visionierten ein eher chaotisches Durcheinander von Erinnerungsfetzen. Dr. Moody: »Obwohl sie so außerordentlich rasch vor sich geht, wird die Rückschau, die fast durchwegs als Spiel visueller Vorstellungsbilder bezeichnet wird, von den Betroffenen doch übereinstimmend als erstaunlich lebendig und lebensecht dargestellt. In manchen Fällen wird von dreidimensionalen und sogar bewegten Bildern in lebhaften Farben berichtet. Selbst wenn sie Schlag auf Schlag vorbeiflimmern, wird doch jedes einzelne Bild wahrgenommen und auch erkannt, ja während des Betrachtens werden die mit den Bildern zusammenhängenden Gefühle und Gemütsbewegungen manchmal sogar erneut durchlebt.«

Genauso erging es Hannelore S.: »Diese Filmsequenzen sausten förmlich an mir vorbei. So wohl ich mich gefühlt hatte, als es in Richtung Licht zuging, so gern ich auch vollkommen in das Licht eingetaucht wäre, jetzt war ich froh, dass es wieder zurück in mein ›altes Leben‹ ging. Bei den Bildern von bestimmten Szenen aus meinem früheren Leben hatte ich erneut die Gefühle von damals verspürt. Ich  konnte zum Beispiel den salzigen Geschmack der Lippen meines ersten Freundes schmecken, vom ersten zärtlichen Kuss als 16jährige.« Hannelore S. empfand schon bald die Chance nochmals in ihr altes Leben zurückkehren zu können, als überaus positiv. Das ist eher selten. Die meisten Menschen mit Nahtoderlebnissen haben sich gegen diese Rückkehr gewehrt. Ganz typisch ist das bereits mehrfach zitierte Erlebnis von Alberta Osborne. Bei ihr folgte auf das als wunderschön empfundene Licht die Rückkehr in die Intensivstation des Krankenhauses:

Foto 2: Höllenwelten von Herrad von Landsberg.
»Dann, schlagartig, hörte ich menschliche Stimmen. Ich wollte die Stimmen nicht vernehmen. Ich wollte bleiben wo ich war und ich wollte nicht zurück. Ich versuchte den Atem anzuhalten, in der Hoffnung, wieder zurückgehen zu können. Aber was auch immer ich versuchte, nichts funktionierte und so fing ich an zu realisieren, was die Menschen um mich herum sagten. Die Schwester meinte zum Arzt: ›Ich hoffe, dass die Nadel nicht zu dick war, ich hatte ja keine Zeit!‹ Und der Arzt antwortete ihr: ›Sie war zu dick, ich musste vorsichtig sein, keinen Knochen zu treffen!‹ Dann wurde mir bewusst, dass eine Nadel in meiner Brust steckte, die in mein Herz führte. Ich hatte eine Injektion ins Herz bekommen.« Sie fragte sich, was geschehen war. Da hörte sie die Antwort von einem der Menschen in ihrer Nähe: »Ihr Herz war stehengeblieben. Sie war dreieinhalb Minuten klinisch tot! Aber jetzt atmet sie wieder!«

Die meisten der Menschen, die Sterbeerlebnisse hatten und mit denen Dr. Raymond Moody gesprochen hat, kehrten nur widerwillig um. »Sobald die Sterbenden in ihrem Erlebnis bis zu einer gewissen Tiefe vorgedrungen sind, liegt ihnen nicht mehr an der Rückkehr, ja sie scheinen sich sogar dagegen zu sträuben, ihre körperliche Existenz wieder aufzunehmen. Insbesondere gilt das für diejenigen, die schon so weit gekommen waren, dass sie dem Lichtwesen begegneten. Wie ein Mann es überschwänglich formulierte: ›Die Nähe dieses Wesens wollte ich nie mehr verlassen!‹«

Foto 3: Höllenwelten von Herrad von Landsberg.
Es ist nur zu verständlich, dass die Sterbeerlebnisse von allen Betroffenen als starker Einschnitt im Leben empfunden wurden. Verglichen mit dem bis dahin erlebten Alltag ist die neue Realität im wahrsten Sinne des Wortes fantastisch. Was bis dahin als einzige wirklich Welt empfunden wurde, erscheint jetzt als Teil einer umfassenderen Wirklichkeit. Der Tod ist dann nicht das Ende, sondern nur eine Grenze, die überschritten wird. Alberta Osborne stellte rückblickend fest: »Nichts im Leben lasst sich mit der Freude, der Schönheit und dem Frieden vergleichen, was einen alles erwartet, wenn man dieses Leben verlässt und in das nächste eintritt. Ich war dort drüben, wenn auch nur für kurze Zeit und bin zurückgeschickt worden. Das ist es, was ich als Botschaft all jenen vermitteln möchte, die noch Angst vor dem Sterben haben. Lass’ sie los, die Angst. Es gibt nichts Schöneres als das, was nach dem Leben kommt, wenn wir versuchen, richtig zu leben. Leben beinhaltet so viel Schmerz, Kummer, Sorgen und Angst. Doch das alles ist vorbei, wenn der Herr uns zu sich nimmt. Oh, dieser Frieden, diese Freude wird niemand kennenlernen, bevor er nicht dorthin gelangt. Das heißt aber nicht, dass man sich beeilt, dorthin zu gelangen, heißt nicht, dass man sich das Leben nimmt!

Nein, man muss alles Gott überlassen! Ich will keineswegs behaupten, perfekt zu sein. Ich habe viele Fehler in meinem Leben begangen, genau wie andere auch. Aber Gott schickte mich zurück ins Leben, mit einem Grund. Er zeigte mir nur einen Schimmer davon, wie schön der Tod sein kann, aber jetzt weiß ich eines gewiss. Ich kann die Fehler in meinem Leben sehen. Mein Erlebnis mit dem Sterben hat mir gezeigt, wie schön der Himmel sein wird. Das Thema Sterbeforschung hatte mich vor meinem Erlebnis nie interessiert. Doch seither lese ich alles, was ich zu diesem Thema finden kann und habe schon einiges an Nachforschungen geleistet. Niemand wollte jemals wieder zurück ins irdische Leben der einmal drüben war. Ich schließe mit der Aufforderung: Fürchte dich nicht vor dem Tod. Wenn du versuchst zu leben, wie du sollst, dann kannst du auf den Ruf warten. Du hast etwas Schönes in Aussicht, das wunderbarer sein wird als alles, was du je erlebt hast: den Tod. Er ist nicht von dieser Welt!«

Foto 4: Höllenwelten von Herrad von Landsberg.

Alle Menschen, die Sterbeerlebnisse hatten, haben ihre Angst vor dem Tod verloren. Das ist das wichtigste Ergebnis von Dr. Raymond Moody. Einer der von Dr. Moody befragten Betroffenen: »Als ich noch ein kleiner Junge war, grauste es mir vor dem Sterben. Ich wachte nachts häufig auf und schrie und tobte. Meine Mutter und mein Vater stürzten in mein Zimmer und fragten mich, was denn los sei. Ich sagte zu ihnen: ›Ich will nicht sterben, aber ich weiß, dass ich sterben muss. Ihr solltet machen, dass das aufhört.‹ Meine Mutter sprach dann mit mir und sagte: ›Nein, das können wir nicht, es muss wohl so sein, wie es ist und wir müssen uns alle damit abfinden.‹ Sie sagte, dass wir es alle ganz allein vollbringen müssten und dass wir, wenn es soweit sei, unsere Sache auch gut machen würden. Und noch viele Jahre später, als meine Mutter längst gestorben war, sprach ich mit meiner Frau über den Tod. Ich hatte immer noch Angst davor. Ich wollte nicht, dass er zu mir komme. Aber seit diesem Erlebnis (mit dem Tod) fürchte ich mich nicht mehr vor dem Tod. Derartige  Gefühle sind verflogen. Beerdigungen sind mir nicht mehr zuwider. Ich fühle dabei sogar etwas wie Freude, weil ich weiß, was der Tote hinter sich gebracht hat. Ich glaube, dass Gott mir dieses Erlebnis zugeteilt hat, weil ich mich so sehr vor dem Tode gefürchtet habe. Ich rede nicht viel über diese Dinge, aber ich weiß genug, und das macht mich ruhig und zufrieden.«

Was Menschen über ihre Sterbeerlebnisse berichten, klingt trostreich. Fragen aber bleiben. Das größte Geheimnis der Menschheitsgeschichte bleibt bestehen: Was erwartet uns nach dem Tode? Irgendwann wird jeder Mensch diese Frage für sich ganz persönlich beantworten können. Mehr Zeitgenossen als man gewöhnlich annimmt haben Nahtoderlebnisse. Und sie alle kommen zur Überzeugung, dass der physische Tod nicht das Ende ist. Es geht weiter.

Einige Menschen, die klinisch tot oder dem Tod sehr nahe waren, erinnern sich an Höllenvisionen. Ernst M., zum Beispiel (2), sah sich zusammen mit anderen »Toten« in einem Käfig im Höllenfeuer. »Eine Stimme ermahnte mich. So würde ich enden, wenn ich meinen Lebensweg nicht ändern würde. Tatsächlich hatte ich bis dahin manches getan, was eigentlich mit meinem Gewissen nicht vereinbar war. Mein Erlebnis im Todesbereich war alles andere als angenehm. Seither lebe ich so, dass ich keine Gewissenskonflikte habe!«

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Von Herrad von Landsberg (*1125-1130; †1195), einer hochgebildeten Äbtissin und Schriftstellerin, stammt der »Hortus Deliciarum«. Das Werk, in lateinischer Sprache verfasst, war eine einzigartige Enzyklopädie des Wissens. Es enthält eine äußerst detailreiche Darstellung der höllischen Unterwelt, ein Dokument religiöser Fantasien und Ängste. Wenn manche Menschen in Nahtoderlebnissen Höllenszenen durchleben, sind diese Bilder dann Ausdruck ihrer Ängste? Wenn Menschen im Nahbereich Tod verstorbene Verwandte und Freunde entgegenkommen, sind das dann echte Erlebnisse oder nur die visualisierten Hoffnungen der Menschen, die fast gestorben wären?

Fußnoten
1) Moody, Raymond A.: »Leben nach dem Tod/ Die Erforschung einer unerklärten Erfahrung«, Hamburg 1977
2) Persönliche Mitteilungen von Ernst M., Name geändert
Literatur
Doucet, Friedrich W.: »Die Toten leben unter uns«, Wien 1979
Gallup Jr., George: »Begegnungen mit der Unsterblichkeit«, München 1983
Moody, Raymond A.: »Blick hinter den Spiegel/ Botschaften aus der anderen Welt«, München 1994


Zu den Fotos
Foto 1: Der Gekreuzigte, unweit Keltenschanze 2, Holzhausen, Foto Walter-Jörg Langbein

Fotos 2-4: Höllenwelten von Herrad von Landsberg. wikimedia commons gemeinfrei 
X: Höllenwelten von Herrad von Landsberg. wikimedia commons gemeinfrei

497. »›Geheime Dinge hat er gesehen.‹«
Teil 497 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 28. Juli 2019
 


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Sonntag, 14. Juli 2019

495. »Grenzbereich Tod«


Teil 495 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Friedhöfe - für viele unheimliche Orte

DER SPIEGEL (1) fragte auf dem Cover der Ausgabe Nr. 17 vom 20.4.2019 »WER GLAUBT DENN SOWAS?« Der Untertitel der Schlagzeile »Warum selbst Christen keinen Gott mehr brauchen«. Diese provokative Feststellung kann DER SPIEGEL zwar nicht belegen, bemerkenswert sind aber die konkreten Zahlen aus über die Deutschen und ihren Glauben. 2005, so vermeldet DER SPIEGEL, glaubten noch 45% der Befragten an ein Leben nach dem Tod. Nach den aktuellen Umfrageergebnissen sind es nur noch 40%.

Deutlich »gläubiger« sind Katholiken nach wie vor: 2005 bekundeten noch 65% der Befragten Katholiken, dass ihrer Überzeugung nach der Tod nicht das Ende ist, aktuell sind es nur noch 53%. Bei den Protestanten glaubten anno 2005 49% an ein Weiterleben nach dem Tod, heute sind es nur noch 41%.

Interessant ist, dass bei den »Konfessionslosen« die Zahl jener, die an ein Leben nach dem Tod glauben, anders als das bei Katholiken und Protestanten der Fall ist,  nicht etwa geschrumpft, sondern deutlich angewachsen ist, nämlich von 15% (anno 2005) auf 25%! Es glauben also heute mehr Konfessionslose als 2005 daran, dass es nach dem Tod irgendwie weitergeht. Meiner Meinung nach bedeutet »konfessionslos« nicht grundsätzlich, dass sich die Menschen vom christlichen Glauben abwenden. Viele von ihnen können einfach nichts mehr mit einer Institution Kirche anfangen. Skandale wie der schlimme Missbrauch von Kindern durch Geistliche haben sicher zu Kirchenaustritten geführt. Man kann sich von der Geistlichkeit distanzieren, dabei aber bei alten Glaubensüberzeugungen bleiben.

Foto 2: »Wer glaubt denn sowas?«
Unerwartet ist für mich, dass der Glaube an ein Leben nach dem Tod mit dem Alter nicht wächst, sondern sinkt. Bekundeten in der Altersgruppe der 18- bis 39-jährigen 43%, dass sie an ein Leben nach dem Tode glauben, so sind das bei den 65-jährigen und älteren Befragten nur noch 29%!
George Gallup Jr. führte in den USA eine ausführliche Untersuchung durch. Resultat: Hochgerechnet hatten etwa 23.000.000 Amerikaner zumindest kurzfristig einen »totenähnlichen Zustand« erfahren. 8.000.000 dieser Menschen hatten dabei »im Umfeld des Todes« so etwas wie ein »mystisches Erlebnis irgendeiner Art«. So umfassend die Recherchen von George Gallup Jr. auch waren, so sind sie doch nur bedingt verwertbar, wenn es um die Frage nach dem Leben nach dem Tode geht. Dr. Raymond A. Moody ist genau dieser Frage nachgegangen  und zum Ergebnis gekommen, dass es ein Leben nach dem Tode gibt. Nicht wenige Zeitgenossen hatten Nahtoderlebnisse, Visionen vom Weg ins Jenseits. Und da spielen Engel fast immer eine zentrale Rolle. Wenn das keine »fantastischen Realitäten« sind, was dann?

Dr. Raymond A. Moody (* 30. Juni 1944 in Porterdale, Georgia, USA) studierte zunächst Philosophie und promovierte zum Dr. phil. Nach einer Anstellung als Dozent studierte er Medizin und promovierte erneut. Schon während seines Studiums beschäftigte er sich intensiv mit unerklärlichen Phänomenen im Grenzbereich des Todes. Weltbekannt wurde er durch die Veröffentlichung seiner Studie »Leben nach dem Tod« (1). Es handelt sich dabei um eine wissenschaftliche Auswertung von Berichten von 150 Menschen, die im medizinisch-klinischen Sinne bereits gestorben waren und doch überlebt hatten. Dr. Moody kam zu einer Erkenntnis, die gar nicht in unser materialistisches Weltbild zu passen schien: Es gibt so etwas wie ein »Grundschema« des Sterbens. So unterschiedlich die Individualschicksale auch waren, den Menschen, die bereits einmal klinisch tot waren, widerfuhr Vergleichbares. Zunächst einmal erlebten sie ihr eigenes Sterben.

Foto 3: Reise ins Licht...
Ein ganz typisches Todeserlebnis hatte die Amerikanerin Alberta Osborne (2). Sie stellte dem Verfasser einen persönlichen, ausführlichen Bericht zur Verfügung. Alberta Osborne erlebte ihren eigenen Tod so: »Ich schloss die Augen und fiel zu Boden. Ich wurde aufs Bett gelegt. Die Krankenschwester begann sofort mit der Herzmassage. Es gelang ihr, mein Herz wieder in Ganz zu bringen. Ich keuchte und mein Herz blieb stehen. Sie ließ nicht von mir ab bis der Notarzt da war und übernahm. Mein Atem raste und der Schmerz schlug heftig und schnell. Auf dem schnellsten Wege kam ich in die Intensivstation des Krankenhauses. Ich war bei Bewusstsein. Ich registrierte alles, was geschah. Ich wurde an den Herzschlagmonitor angeschlossen und konnte den Schlag meines Herzens hören. Ich hörte wie eine Schwester zum Arzt sagte: ›Der Blutdruck fällt!‹ und ›Ich fühle keinen Puls mehr!‹ Wie ein Blitz kam mir der Gedanke: ›So, nun bin ich tot!‹«

Alberta Osborne wurde Mitte der 1970er Jahre wegen Anstiftung zum Mord zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt. Die Todesstraferteil wurde in lebenslängliche Haft umgewandelt. Alberta Osborne, die immer ihre Unschuld beteuerte, verstarb am 11. August 2000 77jährig in ihrer Gefängniszelle, in Marysville, Ohio, USA.

Dr. Moody: »Ein Mensch liegt im Sterben. Während seine körperliche Bedrängnis sich ihrem Höhepunkt nähert, hört er, wie der Arzt ihn für tot erklärt. Danach befindet er sich plötzlich außerhalb seines Körpers.« Zunächst nimmt er sich in der normalen Umgebung wahr. Er sieht seinen eigenen Leib. Nach und nach gewöhnt er sich an den neuen Zustand. Alberta Osborne: »Ich hatte keine Angst. Ich sah meinen Körper, als ob ich schwebte, wie ohne Gewicht. Ich muss sagen: Ich war so glücklich und voller Freude, ohne Sorge. Kein Kummer, kein Schmerz, nur völlige Heiterkeit.« Nach Dr. Moodys Erkenntnissen wird die Tatsache, dass man gestorben ist, schnell akzeptiert. Dann folgt dann so etwas wie eine »Reise« ins Jenseits. Sie wird von vielen der Betroffenen häufig als ein Flug durch so etwas wie einen Tunnel beschrieben.

Hannelore S. etwa, 41, hatte mit 29 einen »tödlichen Motorradunfall«. Aus ihrem Bericht an den Verfasser: »Ich fühlte mich leicht und ohne Schmerz. Ich schwebte und sah einige Meter unter mir meinen Körper. Ein Arzt kniete neben mir, schüttelte den Kopf: ›Da ist nichts mehr zu machen! Die Ärmste ist tot!‹ Er wirkte so wahnsinnig traurig, dass ich ihn am liebsten getröstet hätte. Aber dann tat sich  ein Tunnel vor mir auf. Ich flog hinein. Ich hatte das deutliche Gefühl, dass es sehr rapide aufwärts ging. Plötzlich tauchte am Ende ein strahlendes Licht auf. Es war so wunderschön. Ich konnte gar nicht erwarten, in dieses Licht einzutauchen.«

Der Übergang von der Welt des Diesseits in das Jenseits wird von vielen Menschen, die Todeserlebnisse hatten, sehr ähnlich beschrieben, auch wenn die  konkreten Ausdrücke variieren: »dunkler Raum«, »Höhle«, »Schacht«, »Rinne«, »eingegrenzter Raum«, »Tunnel«, »Trichter«, »Vakuum«, »Leere«, »Rohr«, »Tal« oder »Zylinder«.

Ganz ähnliches widerfuhr auch Alberta Osborne. Allerdings hatte sie kein Röhrenerlebnis, sie sah
vielmehr gleich das als herrlich empfundene Licht: »Da war kein Kummer, kein Schmerz. Nur völlige Heiterkeit. Und als ich weiter schwebte, sah ich plötzlich vor mir ein sanftes orangenes Licht. Es war so hell, dass es mit Worten nicht zu beschreiben war. Es war fast blendend, aber ich sah immerzu hinein und schwebte näher und fühlte nur, dass ich mich beeilen wollte, um hineinzugelangen. Es sah so sanft aus, wie ein enormer Ball aus Zuckerwatte. Obwohl ich immer wieder sagen muss, dass Worte die Schönheit von all dem nicht beschreiben können: So war es in etwa.«

Während meines Studiums der evangelischen Theologie machte ich ein Praktikum in einem Altersheim. Einige der alten Menschen fassten Vertrauen zu mir und erzählten mir sehr persönliche Erlebnisse in Sachen »Grenzbereich Tod«.

Foto 4: Sterben, wie ein Gang durch einen Tunnel?

Karl Schuster (3) bereiste in Mitte der 1950er Jahre Peru. Besonders fasziniert war der gelernte Buchdrucker von Ollantaytambo. Karl Schuster: »Ich hatte zu wenig Zeit und habe mir wohl zu viel zugemutet. In Ollantaytambo, immerhin fast 2.800 Meter hoch gelegen, wurde mir plötzlich schlecht. Ich erinnere mich noch daran, dass ich aus einem in Stein gefassten Brunnen trinken wollte. Das Wasser war glasklar. Ich habe noch das Geräusch des plätschernden Wassers in den Ohren… «
Karl Schuster, damals 55 Jahre alt, bückte sich, doch bevor er einen Schluck zu sich nehmen konnte, wurde ihm schwarz vor Augen. Er brach zusammen, zog sich dabei eine blutende Wunde an der Stirn zu.

»Plötzlich hörte ich einen anschwellenden, zirpenden Ton. Ich fühlte mich so unglaublich leicht. Meine Rückenschmerzen, unter denen ich damals fast rund um die Uhr gelitten habe, waren weg. Ich empfand es als ganz natürlich, dass ich sanft gen Himmel schwebte, immer schneller und schneller. Schließlich sah ich unter mir die Ruinen von Olantaytambo.«

Foto 5: Ein Brunnen bei Ollantaytambo...

Karl Schuster bedauerte, keinen Fotoapparat dabei zu haben. »Der Anblick war überwältigend! Immer höher und höher stieg ich auf. Neben mir, rechts und links, schwebten zwei Gestalten mit Flügeln. Ihre Gesichtszüge konnte ich nicht erkennen, sie wirkten irgendwie verschwommen. Etwas sehr Positives ging von den beiden aus. Beide deuteten dann auf etwas Helles, sich am Himmel Drehendes. Es erinnerte mich an einen Wasserstrudel. Es kam mir so vor, als würden mich die beiden Gestalten zu diesem Wirbel bringen. Der wurde immer größer und größer. Er drehte sich gemächlich. Ich wusste: Das war der Zugang zur anderen Welt. Als wir fast direkt vor diesem kreisrunden Licht angekommen waren, konnte ich durch diesen Eingang hindurch sehen. Ich sah Gesichter, Gesichter von alten Menschen, aber auch von Kindern. Ich erkannte niemanden. Plötzlich hielten wir inne. Ich wollte so gern durch dieses runde Tor in die andere Welt eingehen. Meine beiden Begleiter aber hinderten mich daran. Es sei noch nicht so weit, ich hätte noch vieles in meinem Leben zu erledigen!«

Karl Schuster spürte so etwas wie einen Ruck und Kälte.»Ich war wieder in meinem Körper. Ein junger Mann schöpfte eben wieder mit seinem Hut  glasklares Wasser aus der Quelle, schleuderte es mir förmlich ins Gesicht. Ich wäre gern den anderen Weg zu Ende gegangen, aber die Zeit war wohl noch nicht gekommen…« Angst vor dem Tod hatte Kerl Schuster seither nicht mehr.

Fußnoten
1) DER SPIEGEL, Nr. 17, 20.4.2019, Titelgeschichte »Wer glaubt denn sowas? Warum selbst Christen keinen Gott mehr brauchen«, S.40-48
2) Osborne, Alberta: »Alberta Osbornes Bericht« in Langbein, Walter-Jörg (Herausgeber): »Im Gespräch mit dem Jenseits«, Göttingen 1984
3) Name wurde geändert

Zu den Fotos
Foto 1: Friedhöfe - für viele unheimliche Orte. Foto: Walter-Jörg Langbein (Symbolfoto)
Foto 2: »Wer glaubt denn sowas?«
Foto 3: Reise ins Licht... Foto: Walter-Jörg Langbein (Symbolfoto)
Foto 4: Künstlerische Darstellung eines Nahtoderlebnisses. Foto wikimedia commons/ gemeinfrei/ Jesse Krauß (Symbolfoto)
Foto 5: Ein Brunnen beiOllantaytambo... Foto Walter-Jörg Langbein (Symbolfoto)

496. »Licht und Hölle im Nahbereich Tod«
Teil 496 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 21. Juli 2019




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Sonntag, 7. Juli 2019

494. »Berichte vom Leben nach dem Tod«

Teil 494 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: »Aufstieg der Seligen«
Um das Jahr 1500 malte Hieronymus Bosch (* um 1450, † August 1516) ein faszinierendes Ölbild, das stark an Nahtoderlebnisse erinnert: »Die Himmelfahrt der Seligen«. Die glücklichen Seelen werden, wie häufig in christlicher Kunst, nackt dargestellt. Halb schweben sie aus irdischen Gefilden in den Himmel, halb werden sie von Engeln in die Schwärze des Alls gebracht. Eine Himmelfahrt im eigentlichen Sinne findet, streng genommen, nicht statt. Nur Jesus fuhr aus eigener Kraft gen Himmel, Normalsterbliche werden in den Himmel aufgenommen. Ziel der Reisenden der besonderen Art ist eine Art »Licht-Tunnel«, der Übergang vom Diesseits ins Jenseits. Den geretteten Seelen steht der Wechsel vom finsteren Diesseits ins lichtdurchflutete Jenseits bevor. Kaum ein zweiter Künstler hat diese Verbindung von Diesseits und Jenseits so konkret und doch zugleich fantastisch dargestellt wie Hieronymus Bosch.

Viele Parapsychologen und Esoteriker sind davon überzeugt, dass es diesen Tunnel ins Licht tatsächlich gibt. Fakt ist: Menschen, die klinisch tot waren, aber ins Leben zurück geholt wurden, schildern so einen Tunnel, an dessen Ende ein unbeschreibliches Licht auf sie wartete. Allerdings traten ihnen Engel entgegen oder Stimmen ließen vernehmen, dass ihre Zeit noch nicht gekommen sei. So mancher wollte dann gar nicht zurück ins Leben kehren. Alle, die derlei positive Jenseitserlebnisse haben, verlieren jede Angst vor dem Tod. Gibt es also so einen Übergang tatsächlich? Können Lebende mit Toten in der anderen Welt, jenseits des Tunnels, Kontakt aufnehmen?

Foto 2: Engel helfen beim »Aufstieg«...
Anders als in Deutschland werden in England Parapsychologen häufiger bei rational unerklärlichen Vorkommnissen zu Rate gezogen. Und das nicht nur von Privatpersonen, sondern auch von Behörden und von der Polizei. Die Engländer zeichnet ein wesentlich ungestörteres Verhältnis zu übersinnlichen Wahrnehmungen aus. Es wird einfach akzeptiert, dass es Wesen und Wesenheiten gibt, die zu unserer Realität gehören. Deutscher Bildungsdünkel und Hochmut tun sich da schwer. Betty und Laurence Stroud waren Ende des 20. Jahrhunderts sehr angesehene Parapsychologen in London. In London durfte ich Einblick in Unterlagen des Ehepaars nehmen. Da wurden zum Teil sehr erstaunliche Phänomene beschreiben. Beispiel: Eine Kraft hielt die alte Frau im Bett fest. So sehr sie sich auch anstrengte, sie konnte sich, den sicheren Tod vor Augen, nicht von der Stelle rühren. Denn es brannte. Innerhalb weniger Sekunden wandelte sich das Bett von Mary Bailey in ein Flammenmeer, aus dem es kein Entrinnen mehr zu geben schien.

Dann folgte ein ohrenbetäubender Knall. Schweißgebadet und vor Angst zitternd wachte Mary Bailey, 89 Jahre, in ihrem Schlafzimmer auf. Hatte sie alles, auch den Krach, nur geträumt? Nein! Sowohl die Decke als auch die Matratze ihres Bettes waren von einem gewaltigen Riss gezeichnet. Die Angelegenheit wurde der alten Dame unheimlich. Sie dachte an Spuk und Poltergeister und verständigte die in England bekannten Parapsychologen Betty und Laurence Stroud. Als das Forscherpaar von den seltsamen Erlebnissen der Rentnerin Mary Bailey erfuhr, besuchten die beiden die alte Dame in ihrer Wohnung in Streatham, London.

Foto 3: Diese Kirche birgt eine mysteriöse Treppe.

Die beiden sahen sich im Haus um und  nahmen   systematisch mit einem  Geist Verbindung auf.»Der Krach wurde von Ihrem Cousin hervorgerufen, Frau Bailey!«, erklärte schließlich Betty Stroud, die auch eine Erklärung für das Phänomen hatte. »Ihr Cousin möchte Sie warnen! Große Gefahr geht von Ihrer Heizdecke aus!« Mary Bailey ließ die Heizdecke überprüfen. Ergebnis: Lebensgefahr ging von der Decke aus. Das lag an einem Kabel, dessen Isolierung stark beschädigt war. Die Rentnerin war nun überzeugt: Ihr toter Cousin, der zu Lebzeiten so etwas wie ein Bruder für die Frau war, hat ihr das Leben gerettet. Betty und Laurence Stroud halten diesen Gedanken durchaus für möglich: »Poltergeister haben ja bekanntlich keinen besonders guten Ruf, weil sie zu nächtlicher Stunde oft entsetzlichen Krach machen, manchmal auch schwere Gegenstände umher wirbeln. Das aber geschieht höchst selten, um jemanden zu erschrecken. Vielmehr verbirgt sich allzu oft hinter einem scheinbar unheimlichen Spuk ein Toter, der Lebende vor einer Gefahr warnen, sie auf eine gefährliche Situation aufmerksam machen möchte.«

Foto 4: Engel an der Heiligen Stiege
Freilich darf man sich, so die Strouds, Poltergeister auch nicht einfach als engelähnliche Wesen, vorstellen, die ständig und überall in unserer Welt umher schweben, stets auf der Suche nach Möglichkeiten, gute Taten zu vollbringen. Sie sind vielmehr, das ergaben die langjährigen Forschungen von Betty und Laurence Stroud, die ihre Forschungen in Woolwich, Südlondon, begannen, häufig an Gebäude oder bestimmte Personen gebunden. »Irgendeine Beziehung muss vorhanden sein. Poltergeister treten zum Beispiel in Häusern auf, in denen sie zu Lebzeiten lange Jahre verbrachten, oder in denen sie starben. Oder sie sind irgendwie verwandt oder doch zumindest besonders jenen Menschen bekannt, denen sie als Spuk erscheinen. Wie unheimlich die Spukerscheinung auch aussehen mag, wie furchteinflößend sie von den betroffenen Menschen auch empfunden werden mögen, meist handelt es sich um verzweifelte Versuche von Geistwesen, mit Lebenden Kontakt aufzunehmen und sie zu warnen.«

Davon jedenfalls waren die Strouds überzeugt. Diese ihre Überzeugung kam keineswegs von ungefähr, sondern ist durch zahllose Spukfälle, die das Ehepaar selbst recherchiert und vor Ort geprüft hat, belegt. Ein typischer Fall, der sich in Woolwich ereignet hat: Eine junge Frau erlebte furchteinflößende Spukphänomene in ihrem Haus. So erschütterten einmal drei Donnerschläge ihr Haus. Wie von unsichtbaren Händen gepackt, wurden die Kinder aus den Betten geschleudert. Dabei wurden die Betten hochgewirbelt. Krachend stürzten sie zu Boden.

»Im Zimmer, in dem die Wiege des Babys stand, waren die Möbel förmlich in sich zusammengebrochen.«, berichten die Strouds. Das Baby war unverletzt geblieben, was an ein Wunder grenzte, angesichts des fürchterlichen Durcheinanders, der nach dem Spuk im Zimmer herrschte. Welche Kräfte waren für das Werk der Zerstörung verantwortlich? Was hat die Möbelstücke so zugerichtet? Angeblich wiesen sie keine Spuren auf, die eine »natürliche Erklärung« nahegelegt hätten. Man kann der »übersinnlichen Arbeit« der Strouds durchaus skeptisch gegenüberstehen, ihre Resultate stimmen nachdenklich. Im vorliegenden Fall identifizierte das Forscherpaar den Geist der Großmutter als Urheberin der Poltergeistphänomene. Die Dahingeschiedene, so Ehepaar Stroud, wollte der jungen Frau eine Warnung zukommen lassen. Ihr Mann saß wegen schwerer Körperverletzung im Gefängnis und würde bald entlassen werden. Seine Frau hatte gegen ihn ausgesagt. Dafür wollte sich der Mann nach der Haftentlassung blutig rächen. Der Geist wollte die Frau, so die Strouds, warnen. Die junge Frau packte das Nötigste zusammen und verließ fluchtartig ihr Haus, rechtzeitig bevor ihr Mann mit Mordabsichten auf der Bildfläche erschien.

Immer wieder wurden die Strouds von der Polizei zugezogen, so in einem unheimlichen Spukfall, der sich in Greenwich abspielte. Im Hause einer Frau begann immer wieder eine Gitarre zu spielen, obwohl keine sichtbare Hand das Instrument berührte. Dann verschwanden alle möglichen Gegenstände aus der Wohnung. Was gefährlicher war: Backsteine wurden mit vehementer Kraft an die Haustür geschleudert. Halbstarke waren nicht die Übeltäter, sondern eine unsichtbare, geheimnisvolle Kraft. Betty und Laurence Stroud wurden konsultiert. Sie erkannten sofort, dass da ein Geist eine Mitteilung machen wollte. Die Strouds nahmen Kontakt mit diesem Wesen auf. Es war der Bruder der vom Spuk betroffenen Frau, der von einem Zug überfahren worden war. Die amtliche Untersuchung hatte Selbstmord ergeben. Die Botschaft des Geistes aber lautete: Der Mann wurde bei einem Asthmaanfall ohnmächtig und stürzte vor den Zug. Für den kritisch-aufgeklärten Zeitgenossen unserer Tage mag es unerklärlich sein, wie die Strouds arbeiteten.

Foto 5: Heilige Stiege, Kalvarienberg Bad Tölz.
Wem Spukphänomene zu profan sind, besuche doch einmal Bad Tölz in Bayern. Vor rund 300 Jahren gab es da ein besonderes »Bauwerk«. Fromme Pilger erklommen den steilen Kalvarienberg. Es kostet wirklich einige Kraft aus dem Isartal heraus auf den Kalvarienberg hinauf zu steigen. Der Blick ins Tal entschädigt. Oben angekommen sahen die erschöpften Menschen vor drei Jahrhunderten die »Heilige Stiege«, die direkt in den Himmel zu führen schien. Gläubige, die nun auch noch die steile Treppe, womöglich auf den Knien rutschend und intensiv betend, meisterten, sie mögen sich Stufe für Stufe dem Himmel näher gefühlt haben. 

1726 allerdings wurde über die Heilige Stiege die Kalvarien-Berg-Kirche gebaut, die Heilige Treppe verschwand unter einem barocken Gotteshaus mit zwei Türmen. So schön das Gotteshaus ist, die »Himmelsstiege« ist nicht mehr das, was sie einst war.

Der Kalvarienberg von Bad Tölz stellt für den informierten Christen den Hügel von Golgatha dar, auf dem Jesus  zwischen den zwei Sündern am Kreuz starb. Da der Opfertod nach christlicher Theologie Voraussetzung für die Erlösung und damit die Auferstehung in den Himmel ist, führt für den Gläubigen der Weg auf den Hügel von Golgatha in den Himmel.

Als Kalvarienberg bezeichnete man ursprünglich den Hügel vor der Stadtmauer Jerusalems, auf dem Jesu Kreuz stand. Kalvarienberge sollten den Gläubigen das letzte Stück von Jesu Leidensweg begreifbarer machen. So entstanden in der christlichen Welt »Kalvarienberge«, als Nachbildungen der Hinrichtungsstätte Jesu. Wem Nachbildungen nicht genügen, kann in Rom ein angebliches »Original« erleben. Zur Kapelle »Sancta Sanctorum« führt die »Heilige Treppe«. Angeblich handelt es sich dabei um die Original- Treppe aus dem Palast des römischen Statthalters von Judäa Pontius Pilatus. Pontius Pilatus hat nach christlicher Tradition Jesus verhört und zum Tod durch das Kreuz verurteilen lassen.

Foto 6: »Kreuzkirche«, Bad Tölz
Im Jahr 326 soll die Mutter Konstantins, die »Heiligen Helena«, die »Heilige Treppe« in Jerusalem ausfindig gemacht, ausgegraben und nach Rom geschafft haben. Für den gläubigen Christen sind diese Steine eine fantastische Realität der besonderen Art. Er kann auf Knien jenen Weg zurücklegen, den Jesus vor rund zwei Jahrtausenden ging: zu seinem »Prozess«, zu seiner Verurteilung zum Tode. Noch im 16. Jahrhundert stand die mysteriöse Treppe im Freien und führte zum Palast des Lateran. Erst Ende des 16. Jahrhunderts wurde sie im Auftrag von Papst Sixtus V. überbaut. Der rege Pilgerstrom machte es erforderlich, die steinernen Stufen vor Abnutzung zu schützen. So wurde anno 1723 eine Verkleidung aus Nussbaumholz angebracht. An der elften und an der 28. Stufe erlauben Fenster den Blick auf die marmornen Originalstufen, wo angeblich Blutspuren des gepeinigten Jesus zu sehen sind.

Zunächst gab es also die »Heilige Stiege« von Bad Tölz, die der Witterung schutzlos ausgeliefert war. Anno 1723 wurde sie mit einer Kirche überbaut. Davor entstand die 1726 geweihte Kreuzkirche. Beiden Kirchen wurden schließlich vereint und bildeten so eine Doppelkirche. Heute thront das weithin sichtbare Gotteshaus auf dem »Kalvarienberg« und bietet dem Weg aus irdischen in himmlische Gefilde Schutz. Dankbar erinnere ich mich an einen Besuch des christlichen Heiligtums mit guten Freunden aus Gerblinghausen. Vor blauem, grenzenlos wirkendem Himmel zeichnete sich das strahlende Weiß der Doppelkirche ab.


Literatur
Bonin Werner F. (Hrs.): »Lexikon der Parapsychologie, Das gesamte Wissen der Parapsychologie und ihrer Grenzgebiete«, Herrsching 1984
»Das Neue Zeitalter«: »Die guten Poltergeister. Tote warnen ihre Verwandten - Entschlüsselte Mitteilungen«, Ausgabe vom 9.4.1986
Höhne, Anita: »Lexikon des Übersinnlichen/ Altes Wissen und neue Phänomene«, München 1994
Holzer, Hans: »PSI-Kräfte/ Beweise für das Unglaubliche«, München, 3. Auflage 1975
Jacobson, Nils-Olof: »Leben nach dem Tod?/ Über Parapsychologie und Mystik«, Düsseldorf 1985
Keller, Werner: »Was gestern noch als Wunder galt/ Die Entdeckung geheimnisvoller Kräfte des Menschen«, Zürich 1973
Lucadou, Walter von: »Psi-Phänomene. Neue Ergebnisse der Psychokineseforschung«,Frankfurt am Main 1997
Neher, Andrew:  »Paranormal and Transcendental Experience: A Psychological Examination«, Dover 2011
Sanders, Pete A.: »Das Handbuch übersinnlicher Wahrnehmung: Übersinnliche Fähigkeiten entdecken und trainieren. Feinfühligkeit, Intuition, Hören innerer Stimmen, Hellsehen, Aurasehen und Selbstheilung«, Oberstdorf 2012
Zahlner, Ferdinand: »Paraphänomene und christlicher Glaube«, Innsbruck 1998

Zu den Fotos 
Foto 1: »Aufstieg der Seligen« von Hieronimus Bosch. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Engel helfen beim »Aufstieg«... Heilige Stiege, Bad Tölz, Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Diese Kirche birgt eine mysteriöse Treppe.Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Engel an der Heiligen Stiege, Bad Tölz, Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Heilige Stiege, Kalvarienberg Bad Tölz. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: »Kreuzkirche«, Bad Tölz. Foto Heidi Stahl


495. »Grenzbereich Tod«,
Teil 495 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 14. Juli 2019




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Donnerstag, 4. Juli 2019

Was war vor den Pharaonen?


Die Medien melden Sensationelles aus Ägypten: »4000 Jahre alte Pyramide erstmals für Touristen geöffnet«.

Zu den Fakten: Bereits im 19. Jahrhundert haben Archäologen die Pyramide von Lahun entdeckt. Von Grabräubern abgesehen, erkundete kein ungebetener Gast das Innere der aus Lehmziegeln gebauten Pyramide. »4000 Jahre lang durfte kein Besucher das Innere des Grabmahls besuchen.« vermelden die Medien. Nun als Touristenattraktion war keine der ägyptischen Pyramiden gedacht.

Besonders attraktiv ist das äußere Erscheinungsbild der Lahun-Pyramide freilich nicht. Aus der Distanz betrachtet sieht sie wie ein natürlicher Felsen aus, der sich erst aus der Nähe als künstliches Bauwerk erweist.

Die Medien melden Sensationelles aus Ägypten. Wirkliche Neuigkeiten werden freilich keine geboten. Sensationell indes ist nach wie vor das packende Sachbuch »Was war vor den Pharaonen?«, verfasst von Doris Wolf. Der Untertitel des brisanten Werkes verrät, worum es im unbedingt lesenswerten Buch geht: »Die Entdeckung der Urmütter Ägyptens«.

»Was war vor den Pharaonen?« fragt die Autorin. Die Antwort: die Göttin(nen)! Es ist geradezu beschämend für die Ägyptologie, dass der vielleicht wichtigste Teil der ägyptischen »Vorgeschichte« bis heute verschwiegen und geleugnet wird!

Doris Wolf bietet eine Fülle von Fakten, die zum Umdenken zwingen. Jede Seite von »Was war vor den Pharaonen?« bietet Spannendes, Fakten, die die klassische Schulwissenschaft Archäologie einfach nicht zur Kenntnis nehmen will. Ist man zu feige auf den Elfenbeintürmen der Archäologie, oder ist man einfach nur zu bequem? »Was war vor den Pharaonen?« ist ein einzigartiges Kompendium des Wissens. Es wird ein weiter, weiter Bogen gespannt: von der beklagenswerten »Verharmlosung der Vergangenheit« bis hin zum machtpolitischen »Mord an der Großen Göttin«.
Die Pyramide von Lahun beflügelt den Tourismus. Was sehr viel wichtiger, faszinierender und spannender ist: Doris Wolf weist anhand bedeutender Fundstücke nach, dass es vor den Pharaonen im Land am Nil eine matriarchalische Kultur gab. Bislang wurden und werden Fundstücke aus der Zeit vor den Pharaonen leider bis heute missachtet und verschwiegen.
Mein Fazit: Doris Wolf hat das vielleicht wichtigste Buch über die vorpharaonische Zeit verfasst. Die alt-ägyptische Geschichte muss neu geschrieben werden!

Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens

»Was war vor den Pharaonen - Die Entdeckung der Urmütter Ägyptens« war und ist ein Meilenstein in der Erforschung Ägyptens. Bis heute scheint die Zeit vor den Pharaonen für die Ägyptologen so etwas wie ein Tabuthema zu sein. »Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens« ist sehr viel mehr als eine Neuauflage von »Was war vor den Pharaonen«. Doris Wolf hat ihren Klassiker nicht nur überarbeitet, sondern auch deutlich erweitert. Sie hat intensiv die frühesten Anfänge der Kultur im Reich der Pharaonen und Pyramiden erforscht. Sie hat wie kaum eine andere Expertin Reiserlebnisse und erstaunliches Wissen über die vorgeschichtlichen Muttergottheiten zu einem wirklich packenden Sachbuch verarbeitet, das die Vorgeschichtsforschung zum Umdenken veranlassen müsste. Der Untertitel »Eine Kriminalgeschichte« ist durchaus berechtigt.

Geschichte wird immer von den Gewinnern geschrieben. Die große Verliererin der Geschichte war mit dem brutalen Siegeszug des Patriarchats die »Große Göttin«. Indes: Wer sucht, der findet. Das gilt natürlich auch für die Erforschung des mutterrechtlichen Göttinnenkults. Wer Spuren der uralten Urkultur finden möchte, der wird auch fündig werden. Unübersehbar sind die Spuren eines wichtigen Teils der menschlichen Geschichte, die bis heute leider in der Forschung konsequent bewusst missinterpretiert, geleugnet und verdrängt werden.

Doris Wolf provoziert, aber nicht der Provokation wegen. Sie muss provozieren, weil das ihre einzige Chance ist, die verkrusteten Strukturen der Erforschung nicht nur des prä-pharaonischen Ägyptens aufzureißen. Studiert man die gängigen (wissenschaftlichen wie populärwissenschaftlichen) Werke über Ägypten, so spielt darin die Frau eine untergeordnete Rolle. Die frühe Geschichte, nicht nur Ägyptens, scheint von Männern und nur von Männern dominiert worden zu sein. Dieser Eindruck kann aber nur vermittelt werden, wenn einseitig geforscht, einseitig interpretiert und voreingenommen publiziert wird. Es geht offenbar der klassischen Archäologie weitestgehend nur darum, vorgefasste Bilder von der Vergangenheit zu bestätigen.

Doris Wolf hat Enormes geleistet. Gerade weil sie nicht der eingeschworenen Zunft der Ägyptologen angehört ist sie keiner »Schule« verpflichtet und kann – und das mit erfreulicher Sorgfalt und Liebe zur sauberen wissenschaftlichen Arbeit – das nach wie vor von patriarchalischem Denken geprägte Bild von der Vorzeit nicht nur Ägyptens zum Teil ad absurdum führen. Erschüttert stellt man lesend fest, wie unseriös doch manchmal etablierte Wissenschaft arbeitet, nur um bislang bewährte Sichtweisen nicht revidieren zu müssen!

»Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens« ist ein Buch von immenser Bedeutung, dem keine Rezension wirklich gerecht werden kann. Es thematisiert die Zerstörung der matriarchalen Urkultur Ägyptens, ja überhaupt des einst real existierenden Matriarchats. Doris Wolf verdeutlicht gern geleugnete Zusammenhänge zwischen Religion (Patriarchat! Monotheismus) und Gewalt. Es geht um die fatale Liaison zwischen männlichem Machtanspruch einerseits und theologischer Legitimation und Verherrlichung der angeblich gottgewollten Dominanz des Mannes über die Frau andererseits.

Doris Wolf hat ein im besten Sinne aufklärerisches Werk von höchster Wichtigkeit verfasst, dem weite Verbreitung  und möglichst großer Einfluss zu wünschen ist. Falsche Ideen sterben in der Regel erst aus, wenn ihre Verfechter von der Bühne des Lebens verschwinden. Es ist zu hoffen, dass Doris Wolf mit ihrem Gesamtwerk ein längst überfälliges, radikales Umdenken begünstigt und einläutet!

Meine Empfehlung? Unbedingt lesen!



Doris Wolf: »Was war vor den Pharaonen/ Die Entdeckung der Urmütter Ägyptens«, Kreuz Verlag, Zürich 1994, Hardcover, 240 Seiten, Eu 17.91 (Link: bei amazon)
Doris Wolf: »Der Kampf gegen Weisheit und Macht der matriarchalen Urkultur Ägyptens«, DEWE Verlag,  Zürich 2009, Broschur, 350 Seiten, Eu 25,00 (Link: bei amazon)

Verfasser: Walter-Jörg Langbein




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