Sonntag, 10. Oktober 2010

Eindrücke von der Messe von Helga König

Die Frankfurter Buchmesse 2010 nahm für mich am Donnerstagabend ihren Anfang. Der Fischer-Verlag  hatte Autoren und Freunde zum Empfang ins Verlagshaus eingeladen. Auf diesem Empfang hatte ich Gelegenheit, zahlreiche Autoren,  namhafte Literaturkritiker der Printmedien, einige netteVerleger aus der Schweiz, einen überaus eloquenten Museumsdirektor aus Goch und schließlich Roger Willemsen persönlich kennenzulernen, dem ich auf seinen Wunsch hin vorgestellt wurde. Der Dialog mit diesem amüsanten  Gesprächpartner streifte die Person und Romane des diesjährigen Nobelpreisträgers Vargas Llosa, auch unterhielten wir uns über lateinamerikanische Literatur, über seinen Blickwinkel auf die Buchmesse und über Wein. Der weitgereiste Intellektuelle trinkt gerne Riesling aus dem Rheingau. Willemsen gefiel mir aufgrund seines jugendlichen Charmes, seines Esprits und  seiner feinen Art der Dialogführung. Derzeit lese ich übrigens gerade sein Buch "Die Enden  der Welt", das ich im Oktober rezensieren werde. Darauf freue ich mich schon jetzt.

Sehr lange habe ich mich mit einem namhaften Hamburger Literaturkritiker  der Printmedien unterhalten, der auch zu den Freunden des Hauses Fischer zählt und habe mir mit großer Neugierde seine Definition  eines Rezensenten  angehört, mit ihm auch sehr lange über Lyrik  gesprochen und  mich von dessen Ritterlichkeit beeindrucken lassen.  Ich dachte, Männer dieser Art seien im letzten Jahrhundert bereits ausgestorben. So kann man sich irren.

Mit einer schweizerischen Verlegerin, die bislang ausschließlich Bücher über Kunst verlegt hat, unterhielt ich mich angeregt über ihr Projekt, ein Kochbuch  zu verlegen und ihre Motive, die sie dazu bewegt haben.  Alles in allem ein wunderschöner Abend mit vielen netten Eindrücken.

Am Freitag hielt ich mich  den Tag über auf der  Buchmesse auf.  Dieses Jahr begann  ich den Besuch  in der Halle, die für argentinische Bücher vorgesehen war. Ein wenig hoffte ich, meinen alten argentinischen Professor dort anzutreffen, bei dem ich im Rahmen meines Politologiestudiums zwei Hauptseminare über Lateinamerikanische Literatur belegt hatte, an der wir  das Verhalten der Mittelschichten  in Lateinamerika untersuchten. Ernsto dürfte mittlerweile etwa 85 Jahre  alt sein, sicher lebt er mittlerweile im sonnigen Spanien oder im Bücherhimmel. Die Buchmesse scheint er nach meinen Recherchen jedenfalls nicht  besucht zu haben. Schade eigentlich. Mitunter vergesse ich, wie viele Jahre seit den Unizeiten ins Land gegangen sind.

Der Aufbau der argentinischen Literatur in der Halle war gelungen. Ich versuchte mir einen kurzen Überblick zu verschaffen  und war von den vielen Argentinierinnen begeistert, die sich in dieser Halle aufhielten. Eine der älteren Damen sprach leise ein Gedicht, während sie das Buch eines argentinischen Dichters noch geschlossen in den Händen hielt. Diese Szene berührte mich sehr.

Anschließend  nahm ich mir, wie in jedem Jahr, die Hallen für Literatur vor. Zunächst stattete ich allen  namhaften Verlagen meinen Besuch ab, weil ich weiß, dass  es dort am Nachmittag  schwierig ist, sich in Ruhe mit den Buchneuheiten zu befassen, da immer mehr Interessenten zu den Büchern greifen. Auf einzelne Neuerscheinungen im Rahmen meines Messeberichts einzugehen, halte ich für wenig sinnvoll. Ich habe mir eine Liste mit den Büchern, die mich am meisten interessieren, erstellt  und werde diese Bücher  in den nächsten Monaten lesen und rezensieren. Wie immer sind meine Interessen kunterbunt. Einige Romane, viele Psychologie- und Philosophiebücher sind dabei und natürlich auch  Kunst- Koch- und Kinderbücher. Wie stets habe ich mit vielen Presseleuten gesprochen, auch vom te-Neues-Verlag. Dieses Gespräch war für mich besonders erhellend.

Am späten Nachmittag besuchte ich den Stand von "Collection Rolf Heyne", weil ich wusste, dass ich dort dann Dr. Ruth K . Westheimer antreffen werde. Die Sexualwissenschaftlerin stellte ihr neues Buch "Mythen der Liebe" vor, das ich dieser Tage rezensieren werde.  Die quirlige, hocheloquente, über 80 Jahre junge Dame doziert nach wie vor in Princeton und Yale und hat eine sehr bemerkenswerte Vita, über die ich  mich im Rahmen meiner Rezension äußern werde.

Ich hatte die Chance,  Dr. Westheimer  freitags und samstags ein wenig näher kennenzulernen und  bin glücklich, einer solch sexuell freizüg denkenden Frau begegnet zu sein. Meine Idee, auf meiner  Rezensensionsplattform eine Erotikabteilung eingerichtet zu haben, begrüßte sie und die kleine Filmsequenz von uns beiden, die eher zufällig entstand, weil sich in meiner  Handtasche  ein Knopf der Kamera versehentlich verstellt hatte, fand sie super und war vergnügt, diese Sequenz am Samstag  im Internet zu sehen.  Ich betrachte es als großes Glück, Dr. Westheimer kennengelernt zu haben.

Am Stand von "Collection Rolf Heyne" lernte ich die Verlegerin persönlich kennen. Anja Heyne ist eine sehr elegante, ungeheuer sympathische Frau, die das Schöne liebt und deshalb dem Schönen in den Büchern, die sie verlegt, huldigt. Das Bild, das ich von Dr. Ruth K. Westheimer und ihr gemacht habe, werde ich  heute noch beiden  Damen zusenden.  Zwei großartige Frauen. Jede eine Visionärin in ihrem Metier.

Am Stand von "Collection Rolf Heyne" traf ich auch Herbert Seckler, den Inhaber der "Sansibar" auf Sylt. Er berichtete mir, dass sein Buch sehr gut verkauft werde und er von seinen Lesern gehört habe, dass ihnen der Mix aus Liebeserklärungen seiner Gäste, den schönen Landschaftsbilder von Sylt und seinen Rezepten gut gefalle. Das kann ich soweit bestätigten. Nicht grundlos habe ich sein Buch "Das große Sansibar Buch" auf Amazon mit  5 Sterne bewertet.

Amüsant war auch die Begegnung mit dem Romancier Hanns-Josef Ortheil,  mit dem ich vor über 30 Jahren das letzte Mal sprach. Ortheil war damals junger Dozent in Mainz und  ich Studentin. Wir erinnerten uns an die Lesung seines ersten Romanes "Fermer". Sein Publikum waren primär Studentinnen.:-)) Zwischenzeitlich habe ich auf Amazon einige Bücher des schon lange arrivierten Schriftstellers rezensiert, dem es stets gelingt, die leisen Töne einzufangen.









Samstags begann mein Messetag mit einem netten Gespräch mit einer sehr jungen Psychologiestudentin, die mir berichtete, weshalb sie Psychologie studiere und weshalb sie Kinderpsychologien werden möchte. Mir gefiel ihre Argumentation, denn diese zeugte davon, dass das Mädchen klug ist. Von ihr habe ich ein Bild gemacht, weil mir ihr Enthusiasmus gefiel.


Zunächst stattete ich dem Diogenes-Verlag einen Besuch ab. Dort lernte ich den Schriftsteller und Amazon-Rezensenten Rolf Dobelli persönlich kennen, der gerade sein neues Buch "Massimo Marini" vorstellte. Wir unterhielten uns ausgiebig über "Dies und Das" und verstanden uns auf Anhieb prächtig. Dobelli hat den Schalk im Nacken. Solche Männer mag ich, insbesondere, wenn sie dazu noch  Esprit haben. Dobelli hat ihn. Ich wünsche ihm, dass sein Buch ein großer Erfolg wird.

Da samstags auf der Messe fast kein Durchkommen ist, galt dieser Tag den Kunstbüchern, wo ich mit großer Freude  in unzähligen Bildbänden blätterte, mit Verlagsleuten plauderte,  immer wieder einen Kaffee und viel Wasser trank, um schließlich erneut  bei Dr. Ruth Westheimer zu landen. Mit großem Vergnügen sah ich, wie verkaufstüchtig diese bodenständige Intellektuelle ist und am Stand nicht nur ihre, sondern auch alle anderen Bücher den Messebesuchern anpries.

Da es in den Hallen sehr heiß war, hielt ich mich immer wieder einmal  eine Weile im Freien auf. Dort habe ich viele junge Menschen in Phantasiekostümen fotografiert und mit ihnen geredet. Dabei habe ich mir erklären lassen, dass die Idee  aus Japan komme. Die Kostüme fertigen  sich die jungen Leute selbst an und möchten damit den Messebesuchern Freude bringen. Die Mädels und Jungs,  mit denen ich sprach, lieben Bücher und haben die Idee, durch ihre Kleidung an die Phantasie zu erinnern, die jeden guten Autor beflügeln sollte, wenn er zur Feder greift


Bevor ich nach Hause fuhr, traf ich noch Henryk M. Broder, den ich als einen der intelligentesten Köpfe in unserem Land betrachte. Zwei seiner brillanten Bücher habe ich bislang rezensiert.  Dass Broder kluge Augen hat, war mir bekannt, dass aber auch Feuer in seinem Blick ist, wurde mir bewusst als ich ihn
fotografierte.:-))

4 Kommentare:

  1. Liebe Helga,

    vielen Dank für diesen schönen Bericht von der Buchmesse. Der ist so klasse geworden, dass ich beim Lesen fast das Gefühl habe, dabei gewesen zu sein.

    Herzliche Grüße,

    Ursula

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  2. Liebe Ursula,es freut mich, dass Dir mein Bericht gefällt.Habe immer noch Pillefüße.:-))

    Dir einen schönen Tag Helga

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  3. Liebe Helga,

    ein sehr schöner Messerundgang! Vor allem so entspannt (ich nehme an, es handelt sich bei den Autorinnen und Autoren nur um eine kleine Auswahl der schätzungsweise 300 Leute, die Du in kürzester Zeit getroffen und interviewed hast). Henryk M. Broder sieht auf dem Foto tatsächlich sehr sympathisch (und lebendig) aus, Ruth Westheimer braucht - wie üblich - keinen Kommentar (bitte lasst alle Menschen auf diese Weise mindestens 100 Jahre alt werden) und alle Frauen fragen sich jetzt sicher, wo man den Rittersmann aus Hamburg sonst noch antreffen kann... Dein "alter" Professor Ernesto lebt übrigens in Bad Godesberg, stilecht wie immer (ich kenne die Nachbarn).
    Alles in allem: Sehr interessant, macht Lust auf den Rundgang nächstes Jahr!
    Jutta

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  4. Hallo Jutta, dass Du hier kommentierst freut mich und dass ich wie immer mit tausend Leuten gequatscht habe, stimmt.:-))

    Ernesto lebt noch? Danke für die Info. Gib Jakob einen dicken Kuss von mir.:-))

    Helga

    AntwortenLöschen

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