liebes lieschen
wie geht es Dir
mir geht es
naja ich weiß es selbst nicht so genau
wie es mir so geht
denn
folgendes ist geschehen
Du weißt ja liebes lieschen
dass helma und schweinebauer
ihre hofanlage umgebaut haben
das habe ich ja schon in meinen
»briefe an lieschen«
entsprechend beschrieben
nun haben mich die beiden unter dem motto
»heute lassen wir es richtig knallen«
zu einer silvesterparty eingeladen
jetzt ist es ja so
dass eine frau in meinem alter
etwas länger benötigt
um so auszusehen
als wäre sie nicht
in meinem alter
wie dem auch sei
ich habe den tag genutzt
um mich auf dieses ereignis
gebührend vorzubereiten
die schalen der mandarinen
trockneten auf meinem kleinen ofen
und verströmten dabei einen lieblichen duft
Du weißt ja
dass ich eine freundin von
ambiente und interröhr bin
so legte ich noch ordentlich holz nach
bevor ich mich in mein bad begeben habe
eine bekannte hatte mir
eine hochwirksame antifaltenmaske empfohlen
hochmoortorf mit algen und rohkakao
auf lebertranbasis aus grönland
sieht nicht gerade appetitlich aus
aber erstens will ich das zeug nicht essen
und zweiten mich auch nicht damit unterhalten
auf jeden fall habe ich meine haare hochgesteckt
das sah aus als hätte ich eine palme auf dem kopf
die maske aufgetragen
und ohne noch einen weiteren blick
in den spiegel zu werfen
mich meiner badewanne zugewandt
um gleich in das warme wasser einzutauchen
der duft ätherischer öle ließ mich den alltag vergessen
dazu hatte ich ja noch für
meditative musikuntermalung gesorgt
eine neue CD
ukulele zusammen mit
dominierendem schlagzeug und harfenbegleitung
sorgte für die entsprechende stimmung
ich packte also noch meine gurkenscheiben
die ich mir vorher zurecht gelegt hatte
auf meine augenpartie
und genoss umgehend
die verschmelzung von geist und seele
zu einer wundervollen einheit
so weit so gut und schön
was dann geschah
ereignete sich im bruchteil von sekunden
jetzt will ich versuchen
dieses kompakte ereignis in logisch
nachvollziehbarer reihenfolge wiederzugeben
mein hochsensibler high tech im signal doppelt verstärkter
rauchmelder
schlug alarm
im gleichen moment
setzten meine reflexe ein und durch eine
ruckartige bewegung meines vorher entspannten körpers
wurde ein badewannentsunami ausgelöst
in dessen folge diese komische antifaltenmaske
mit den gurken eine unheilvolle allianz einging
und mich kurzfristig erblinden ließ
zu allem übel hatte sich vorher
mein mimmilein auf dem rand der wanne
breit gemacht
verlor durch dieses plötzliche ereignis das gleichgewicht
und stürzte in die badewanne
wo sie sich umgehend
an meinem bauch festkrallte
irgendwie befreite ich mich
schlug ein badetuch um meinen geschundenen körper
und konnte auch wieder für sicht sorgen
die aber gleich wieder getrübt wurde
als ich die badtür öffnete
dichte rauchschwaden vernebelten die sicht
so konnte ich auch nicht meinem tiger ausweichen
der panisch auf mich zurannte
und sich umgehend in meinem bein festbiss
ich schaffte es irgendwie abermals
mich zu befreien und an meinem ofen angelangt
konnte ich feststellen
dass die mandarinenschalen
wohl irgendwie feuer gefangen hatten
also kein großes desaster
nur der rauch war natürlich nicht schön
ich habe alle fenster aufgerissen
das problem war dieser rauchmelder
der ließ sich nicht abstellen
und schrie auch noch
als ich die batterien herausriss
ist halt high tech
so lief ich ins bad und ersäufte ihn in der wanne
in dem moment klingelte es an der haustür
ich hatte noch nicht richtig geöffnet
als mich ein schwall eiskalten wassers traf
mein nachbar
ein hobbypyromane
hatte die ganze angelegenheit völlig falsch eingeschätzt
und meinte löschen zu müssen
bei meinem anblick packte ihn allerdings
das nackte entsetzen
und er ergriff die flucht
lieschen ich verstehe die männer nicht
es hat eine weile gedauert
bis der rauch verzogen war
natürlich kühlten meine räume entsprechend aus
die hochwirksame antifaltenmaske musste ich
mit einem kleinen meißel vom gesicht abklopfen
da ich die wirkzeit durch diese ereignisse überschritten hatte
die party habe ich abgesagt
liebes lieschen
Dir wünsche ich einen guten rutsch ins neue jahr
fühle Dich umärmelt von Deiner
Lyrich
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Dies ist der virtuelle Schreibtisch von Walter-Jörg Langbein, Sylvia B., g.c.roth und verschiedenen Gastautoren.
Freitag, 31. Dezember 2010
Sonntag, 26. Dezember 2010
Helga König: Nachtrag zu Rolf Dobellis "Massimo Marini."
Anfang Dezember habe ich Rolf Dobellis neuen Roman "Massimo Marini" rezensiert. Der Schriftsteller beginnt seinen Text mit einem Zitat aus Büchners "Woyzeck" und lässt ihn mit einem weiteren Zitat aus dem Trauerspiel des Goddelauers enden.
Büchner hat in meinem Leseleben immer einen besonderen Stellenwert eingenommen, denn ich wurde in Wolfskehlen, dem Nachbarort von Goddelau geboren. Beide Orte gehören heute der Verbandsgemeinde Riedstadt an. Zu Riedstadt zählen des Weiteren die Gemeinden Leeheim, Crumstadt, Philippshospital und Erfelden.
Büchners Vater hatte seine erste Stelle als Arzt in Philippshospital angenommen. Er heiratete die Tochter des Hospitalverwalters Johann Georg Reuß. Einer der Nachfahren dieses Hospitalsverwalters war noch in den 1950er und 1960er Jahren Allgemeinmediziner in Wolfskehlen und ein von allen Bewohnern sehr geschätzter Hausarzt.
Auf dem Areal des Philippshospitals siedelten übrigens schon 6000 v. Chr. jungsteinzeitliche Kulturen, wie die Ergebnisse von Grabungen dokumentieren.
Die Gegend, in der Büchner das Licht der Welt erblickte, ist demnach altes Kulturland. Der Ort Leeheim ist bereits 766 urkundlich erwähnt. In der Gemarkung Leeheims wurde an dem früheren Ort Camba 1024 der Salier Konrad II. zum deutschen König gekrönt. Büchner wird Wolfskehlen, den Ort, an dem ich zur Welt kam, sicher auch gekannt haben.Vielleicht hatten seine Eltern dort Freunde. Erwähnt wurde Wolfskehlen erstmals 1002. Im Gegensatz zu den anderen Orten hatte diese Gemeinde im Mittelalter Stadtrechte. Vor dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gab es hier einige Adelshöfe und ferner zwei Burgen, deren Besitzer die Herren von Wolfskehlen waren.
Die Wirren des Dreißigjährigen Krieges führten dazu, dass Wolfkehlen geschleift wurde. Die Burgen wurden nicht mehr aufgebaut. Außer der Kirche, die später einen großen Brandschaden zu beklagen hatte, blieb von der alten Stadt Wolfkehlen nichts mehr übrig. Fast die gesamte Bevölkerung, auch die Leeheims verstarb an Pest und wurden in einem Massengrab beerdigt. Goddelau scheint von der Pest verschont worden zu sein.
In Erfelden (gegründet 779) lagerte 1631 Gustav Adolf und übernachtete im dortigen Bürgermeisterhaus. Der Schwedenkönig überschritt bei Erfelden mit seinem Heer den Rhein, um die Spanier im katholischen Mainz angreifen zu können. Von den Plünderungen und Brandschatzungen erholten sich die Gemeinden erst nach vielen Jahrzehnten, wie mir Einheimische immer wieder berichten. Ob Büchner von all dem wusste, ist mir nicht bekannt. Seine Eltern zogen 4 Jahre nach seiner Geburt nach Darmstadt um. Es ist möglich, dass bei Besuchen von Verwandten über die Plünderungen im Dreißigjährigen Krieg gesprochen wurde, denn bei der einheimischen Bevölkerung ist das Leid jetzt nach mehr als 360 Jahren noch immer nicht vergessen.
Der Naturwissenschaftler, Sozialrevolutionär und Dichter Büchner kam am 17. 10 1813 als erstes Kind von Ernst Karl und Caroline Büchner, geb. Reuß zur Welt. Die Familie lebten zunächst in Goddelau in der Weidstr. 9 zur Miete (Haus siehe oben). Büchner ging in Darmstadt zur Schule und studierte in Straßburg und Gießen Medizin. 1834 gründete er in Gießen die "Gesellschaft der Menschenrechte" und schrieb das berühmte Flugblatt "Der hessische Landbote", in dem er die Ungerechtigkeiten des Fürstenstaates thematisierte. Nachdem Büchner 1834 in Darmstadt das Drama "Dantons Tod" verfasst hatte, floh er, um seiner Verhaftung zu entgehen, 1835 nach Straßburg. Im Exil promovierte er und arbeitete anschließend in Zürich als Privatdozent für "Vergleichende Anatomie". In den beiden Jahren bis zu seinem Tode am 19.Februar 1837 verfasste er dann noch die Werke "Leonce und Lena", "Lenz" und "das Fragment "Woyzeck".
Während meiner Kindheit war der Ruf Büchners bei ungebildeten Einheimischen noch immer sehr schlecht. Man unterstellte, er sei ein alkoholsüchtiger Querulant gewesen. Es war unmöglich den Menschen den wirklichen Büchner nahe zu bringen. Der Rufmord war restlos gelungen. Die Vorurteile schienen aus Granit gemeißelt zu sein. Zu Lebzeiten Büchners hatte es die Obrigkeit geschafft, indem sie die immer wieder gleichen Lügen verbreiteten, den Namen Büchner nachhaltig zu diffamieren. An den Schulen im Südried wurden seine Texte noch in den 1960ern und frühen 1970ern nicht gelesen. Woyzeck las ich in Darmstadt am Gymnasium und befasste mich dann intensiver an der Uni mit diesem Dichter, hocherfreut über die umfangreiche Sekundärliteratur, die mir dort nun zur Verfügung stand.
Büchners Geburtshaus wurde über viele Jahrzehnte mehr als stiefmütterlich behandelt. Es war der Schandfleck der Gemeinde. Auf diese Weise zeigte man, dass man dem großen Dichter keinen Respekt zollen wollte. Das 1665 erbaute denkmalgeschützte Haus wurde, dank einer Initiative von Privatleuten, Unternehmen und schließlich auch der Stadt 1997, vollständig saniert. Das Haus ist heute Ausstellungsort. Skizziert wird anhand von Bildern und Dokumenten sein Lebensweg und sein Nachleben am Theater und in der Literatur. Die Bibliothek im Büchnerhaus beherbergt außerdem Literatur über den Dichter, Schriften seiner Geschwister und Freunde, Erstausgaben seiner Werke und von Künstlern gestaltete Sonderausgaben.
Büchner wurde 200 Jahre nach den Gräueltaten des Dreißigjährigen Krieges im Südried geboren. Ich bin sicher, dass die tradierten Geschichten auch seine Ohren erreichten und sein Denken beeinflusst haben.
Unangepasste, intelligente junge Menschen, wie Büchner hatte es zu allen Zeiten nicht leicht. In autoritären Regimen werden solche Personen verfolgt, inhaftiert, gar ermordet oder außer Landes verwiesen. Nur in wirklichen Demokratien eröffnet man ihnen Möglichkeiten ihre Ideen einzubringen und ist bereit sich mit ihrer Kritik auseinander zu setzen.
Büchner verstarb übrigens am 19.2.1837 in Zürich in der Schweiz an Typhus. Dass der Schweizer Rolf Dobelli an den Goddelauer Dichter erinnert, hat mich sehr gefreut.
Zu den Bilder:
Büchner verstarb übrigens am 19.2.1837 in Zürich in der Schweiz an Typhus. Dass der Schweizer Rolf Dobelli an den Goddelauer Dichter erinnert, hat mich sehr gefreut.
Zu den Bilder:
1) Büchners Geburtshaus in Riedstadt-Goddelau
2) Kirche in Riedstadt- Wolfskehlen
3) Blick auf den Altrhein in Erfelden
4) Geburtshaus von Büchners Schwester in Riedstadt-Goddelau
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Für das Neue Jahr habe auch ich ein Zitat aus Büchners "Woyzeck" gesucht. Es lautet:
"Wozu sollen wir Menschen miteinander kämpfen? Wir sollten uns nebeneinander setzen und Ruhe haben."
Georg Büchner, "Woyzeck", 1836/37.
49 »Die Gruft von Palenque«
Teil 49 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Auf dem Buchcover ist eine technisch anmutende Szene dargestellt. Die detailreiche Zeichnung bietet, so scheint es, Fantastisches. Ein Astronaut ist da zu sehen, der in einer Art Raumkapsel hockt. Ganz ähnliche Bilder kennen wir aus der Raumfahrt, von Astronauten unserer Tage. Der Astronaut vom Buchcover hantiert mit etwas. Was genau tut er? Er scheint an Schaltknöpfen zu drehen, dabei auf etwas wie einen Monitor starrend. Am Heck des Vehikels meint man so etwas wie einen Raketenantrieb zu sehen. Fliegt da ein irdischer Kosmonaut ins All? Ganz ähnliche Bilder sahen wir 1968, als die ersten Astronauten zum Mond flogen und als erste Menschen den Erdtrabanten besuchten. Die Raumfahrt des Jahres 1968 rückte den Kosmos näher an unseren Planeten heran... und ebnete den Weg für das vielleicht erfolgreichste Sachbuch überhaupt!
1968 schlug ein Sachbuch ein wie eine Bombe. Nachdem es zunächst von rund zwanzig Verlegern abgelehnt worden war, druckte der Econ-Verlag ängstlich-vorsichtig eine kleine Auflage von zunächst nur 3000 Exemplaren. Wenige Monate später würde das Buch zum Megabestseller – und das nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern weltweit. »Erinnerungen an die Zukunft - Ungelöste Rätsel der Vergangenheit« (1) lautete der Titel.
Auf dem Cover der deutschen Ausgabe prangte die Zeichnung des »Astronauten« in seiner Kapsel. Sie entstammte nicht der blühenden Fantasie eines modernen Grafikers. Vielmehr gibt sie ein Relief aus uralten Mayazeiten wieder....
Bis heute sind Dänikens Werke weltweit in gigantischer Auflage erschienen. Wie viele Exemplare der rund 30 Sachbücher bislang gedruckt wurden, das ist nicht so genau bekannt. Es sind sicher deutlich mehr als 60.000.000. Fanden schon 100.000.000 Däniken-Bücher den Weg zum Leser? Allein von »Erinnerungen an die Zukunft« wurden weltweit mehr als 10.000.000 Exemplare gedruckt. Wieder ist die genaue Zahl nicht bekannt: 12 Millionen, 15 Millionen oder mehr? Unlängst erstand ein chinesischer Verlag die Übersetzungsrechte aller Bücher Erich von Dänikens. In den USA sind Dokumentationen fürs Fernsehen und Verfilmungen für die große Leinwand geplant. Wird die Auflage Erich von Dänikens ins Astronomische ansteigen?
Als Vierzehnjähriger verschlang ich Dänikens »Erinnerungen an die Zukunft«. Jahrzehnte später stand ich in der Gruft von Palenque vor dem Original jenes Reliefs, das durch Dänikens »Erinnerungen an die Zukunft« weltberühmt wurde ... in der Mayastadt Palenque. Die plündernden Spanier haben die mysteriöse Urwaldstadt so genannt.
Palenque bedeutet, ins Deutsche übersetzt, etwa »befestigte Häuser«. Wie die Stadt im tiefsten Urwald von ihren Erbauern genannt wurde, das ist ebenso unbekannt wie ihr Alter. Nach dem studierten Religionswissenschaftler White Bear Fredericks, er wurde in der Hopi-Reservation Old Oraibi in Arizona geboren und war einer der angesehensten Vertreter seines Stammes, geht Palenque auf Besucher aus dem All zurück. Einst sollen himmlische Lehrmeister, »Katchinas« genannt, die Menschen in einer Art Universität in die Geheimnisse des Universums eingeweiht haben.
Die Geschichte von Palenque belegt in eindrucksvoller Weise die Wirkung des gedruckten Wortes. Man kann ein Buch lesen und sich dabei unterhalten lassen. Man kann aber auch ein Buch lesen ... und zu Abenteuern in die Welt aufbrechen!
Bereits im Jahre 1773 vernahm Antonio de Solis, Kurator von Tumbala (im heutigen Chiaspas gelegen) Gerüchte über eine gespenstische Stadt mitten im Urwald. Der Geistliche Ordonez hörte ebenfalls von den »befestigten Häusern« im Urwald. Er befahl die Aussendung eines Erkundungstrupps. Die Männer entdeckten tatsächlich kaum sechs Kilometer von Santo Domingo entfern die Reste einer einstigen Urwaldmetropole. Allerdings waren sie vom Urwald überwuchert.
Im Jahre 1787 suchte der Offizier Antonio del Rio in Palenque nach verborgenen Schätzen. Mit roher Gewalt zwang er Indiosklaven, in den Ruinen zu graben. Gold fanden sie nicht. Die geknechteten Indios hatten panische Angst. Sie waren davon überzeugt, dass es in Palenque spuke. Del Rios Bericht erreichte auf Umwegen Europa. Seine Aufzeichnungen erschienen in England als schmales Buch ... und erweckten die Neugier eines reiselustigen Adeligen: Graf von Waldeck wollte unbedingt Palenque selbst in Augenschein nehmen. Allerdings war Jean Frederic von Waldeck mittellos. Einen reichen Sponsor fand er nicht, also bettelte er um Spenden. Mühsam bekam er umgerechnet 3000 Dollar zusammen ... und brach 1822 nach Mexiko auf.
Auch die Behörden vor Ort waren nicht bereit, den Grafen finanziell zu unterstützen. Er erhielt nur eine bombastische Urkunde, die ihn dazu autorisierte, Palenque dem Urwald zu entreißen. Die Indios allerdings maßen dem amtlichen Dokument keinerlei Bedeutung zu. Graf von Waldeck zahlte, so gut er konnte. Die amtlichen Behörden verdächtigten ihn schließlich, die Ruinenstadt zu plündern. Wertvolle Schätze, so wurde getuschelt, habe er außer Landes geschafft. Enttäuscht musste er außer Landes fliehen. 1838 veröffentlichte er, von einem Buch ins ferne Zentralamerika gelockt, selbst ein Buch.
Sein Opus »Romantische Reise in Yukatan« interessierte nur wenige seiner Zeitgenossen. Und doch war es eben dieses Buch, das die Entwicklung vorantrieb! John Lloyd Stephens (1805-1852) und Frederick Catherwood (1799-1854) wurden durch die Lektüre dieses Buches mit dem Palenque-Bazillus infiziert. Sie reisten nach Mexiko und quälten sich unter Erduldung schlimmster Strapazen bis nach Palenque vor. Mitten in den überwucherten Ruinen schlugen sie ihr ärmliches Lager auf: stets in Angst vor Überfällen durch vermeintlich wilde Indios und gefährliche Tiere.
Stechmücken, Zecken, Schlangen und anderes Getier machten ihnen das Leben zur Hölle. Sie erduldeten die drückende Hitze des Urwalds, immense gesundheitliche Gefahren und unsäglich unhygienische Verhältnisse ... und doch zogen die uralten Ruinen die Männer in ihren Bann! John Lloyd Stevens fasste seine Begeisterung in seinem Tagebuch so zusammen: »Nichts hat mich im Roman der Weltgeschichte mehr beeindruckt als diese spektakuläre und liebliche Stadt.«
Staunend erforschten die Männer das mysteriöse Palenque. Vieles war ihnen rätselhaft. Offenbar hatten die Mayas in der Unterwelt von Palenque ein komplexes Tunnel- und Röhrensystem angelegt. Die Wassermassen, die in der Regenzeit auf die Dächer der steinernen Tempel niederprasselten, wurden gefasst und in unterirdischen Zisternen gespeichert.
Frederick Catherwood fertigte Zeichnungen an, deren geradezu magischer Zauber noch so gelungene Fotos aus unseren Tagen verblassen lässt. Catherwood und Stephens veröffentlichten Bücher (2), die die Bauten der Mayas – auch die von Palenque – weltberühmt machten. Die Werke wurden zu Bestsellern und lösten heftiges Interesse an den Mayas aus. Als Schulknabe faszinierten mich die herrlichen Zeichnungen Catherwoods. Erich von Dänikens Buch »Erinnerungen an die Zukunft« löste in mir den Wunsch aus, selbst die mysteriösen Bauten der Mayas zu erkunden. Rund 20 Jahre später war ich dann vor Ort: im Urwald von Palenque.
Wiederholt schlenderte ich durch die Ruinenstadt. Im Zentrum der Stadt liegt der »Tempel der Inschriften«, ganz in der Nähe der einstigen »Universität«. Üppig wuchert das Grün des Urwalds. Die steinernen Gebäude, auf künstlichen Hügeln errichtet, muss mühsam davor bewahrt werden, wieder von der Natur zurückerobert zu werden. Ich kroch abseits der Wege in scheinbar undurchdringbares Dickicht. Überall gab es pyramidenartige Hügel, unter denen weitere Gebäude schlummern dürften. Man vermutet, dass erst ein Bruchteil der einstigen Metropole – vielleicht fünf Prozent – ausgegraben wurde.
Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass es sich bei den Pyramiden von Palenque nicht um Pyramiden handelte. Man sah sie vielmehr – im Gegensatz zu den Pyramiden in Ägypten – als steinerne Sockel für Tempelbauten an. Tempel waren aber, das galt als gesichertes Wissen, keine Begräbnisstätten wie die Pyramiden im Reich der Pharaonen. Weil es der Theorie nach keine Gräber in den Pyramiden gab, suchte man auch nicht nach Gräbern. Und so blieb die Gruft von Palenque, tief in der Unterwelt unterhalb des »Tempels der Inschriften« sehr lange unentdeckt. Dabei bietet doch gerade diese Gruft eines der großen Geheimnisse der Mayas: die Grabplatte von Palenque, die Erich von Däniken weltberühmt machte.
Immer wieder bin ich in diese Grabkammer hinabgestiegen, manchmal allein, manchmal in Gesellschaft unzähliger Touristen. Der Weg in diese unterirdische Welt ist unglaublich anstrengend. Die steinernen Treppen sind steil und oft glitschig. Schon nach wenigen Schritten nach unten klebt die Kleidung am Leibe, ist man vollkommen durchgeschwitzt im saunaartigen Ambiente ... Tief unter der Pyramide wurde auf einem steinernen Sarg eine steinerne Platte entdeckt, mit einem Relief darauf. Zeigt es einen außerirdischen Besucher, der vor vielen Jahrhunderten zur Erde kam?
Fußnoten
(1) Däniken, Erich von: »Erinnerungen an die Zukunft - Ungelöste Rätsel der Vergangenheit«, Erstauflage Düsseldorf 1968
(2) 1841 veröffentliche Stephens das Buch »Incidents of Travel in Central America, Chiapas, and Yucatan«. 1843 folgte Stephens Buch »Incidents of Travel in Yucatan«. 1844 schließlich erschien Catherwoods Buch »Views of Ancient Monuments in Central America, Chiapas and Yucatan«.
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Auf dem Buchcover ist eine technisch anmutende Szene dargestellt. Die detailreiche Zeichnung bietet, so scheint es, Fantastisches. Ein Astronaut ist da zu sehen, der in einer Art Raumkapsel hockt. Ganz ähnliche Bilder kennen wir aus der Raumfahrt, von Astronauten unserer Tage. Der Astronaut vom Buchcover hantiert mit etwas. Was genau tut er? Er scheint an Schaltknöpfen zu drehen, dabei auf etwas wie einen Monitor starrend. Am Heck des Vehikels meint man so etwas wie einen Raketenantrieb zu sehen. Fliegt da ein irdischer Kosmonaut ins All? Ganz ähnliche Bilder sahen wir 1968, als die ersten Astronauten zum Mond flogen und als erste Menschen den Erdtrabanten besuchten. Die Raumfahrt des Jahres 1968 rückte den Kosmos näher an unseren Planeten heran... und ebnete den Weg für das vielleicht erfolgreichste Sachbuch überhaupt!
Dänikens Weltbestseller machte Palenque weltberühmt |
Auf dem Cover der deutschen Ausgabe prangte die Zeichnung des »Astronauten« in seiner Kapsel. Sie entstammte nicht der blühenden Fantasie eines modernen Grafikers. Vielmehr gibt sie ein Relief aus uralten Mayazeiten wieder....
Bis heute sind Dänikens Werke weltweit in gigantischer Auflage erschienen. Wie viele Exemplare der rund 30 Sachbücher bislang gedruckt wurden, das ist nicht so genau bekannt. Es sind sicher deutlich mehr als 60.000.000. Fanden schon 100.000.000 Däniken-Bücher den Weg zum Leser? Allein von »Erinnerungen an die Zukunft« wurden weltweit mehr als 10.000.000 Exemplare gedruckt. Wieder ist die genaue Zahl nicht bekannt: 12 Millionen, 15 Millionen oder mehr? Unlängst erstand ein chinesischer Verlag die Übersetzungsrechte aller Bücher Erich von Dänikens. In den USA sind Dokumentationen fürs Fernsehen und Verfilmungen für die große Leinwand geplant. Wird die Auflage Erich von Dänikens ins Astronomische ansteigen?
Geheimnisvolles Palenque Foto: Walter-Jörg Langbein |
Palenque bedeutet, ins Deutsche übersetzt, etwa »befestigte Häuser«. Wie die Stadt im tiefsten Urwald von ihren Erbauern genannt wurde, das ist ebenso unbekannt wie ihr Alter. Nach dem studierten Religionswissenschaftler White Bear Fredericks, er wurde in der Hopi-Reservation Old Oraibi in Arizona geboren und war einer der angesehensten Vertreter seines Stammes, geht Palenque auf Besucher aus dem All zurück. Einst sollen himmlische Lehrmeister, »Katchinas« genannt, die Menschen in einer Art Universität in die Geheimnisse des Universums eingeweiht haben.
Die Geschichte von Palenque belegt in eindrucksvoller Weise die Wirkung des gedruckten Wortes. Man kann ein Buch lesen und sich dabei unterhalten lassen. Man kann aber auch ein Buch lesen ... und zu Abenteuern in die Welt aufbrechen!
Die Universität von Palenque Foto: Walter-Jörg Langbein |
Im Jahre 1787 suchte der Offizier Antonio del Rio in Palenque nach verborgenen Schätzen. Mit roher Gewalt zwang er Indiosklaven, in den Ruinen zu graben. Gold fanden sie nicht. Die geknechteten Indios hatten panische Angst. Sie waren davon überzeugt, dass es in Palenque spuke. Del Rios Bericht erreichte auf Umwegen Europa. Seine Aufzeichnungen erschienen in England als schmales Buch ... und erweckten die Neugier eines reiselustigen Adeligen: Graf von Waldeck wollte unbedingt Palenque selbst in Augenschein nehmen. Allerdings war Jean Frederic von Waldeck mittellos. Einen reichen Sponsor fand er nicht, also bettelte er um Spenden. Mühsam bekam er umgerechnet 3000 Dollar zusammen ... und brach 1822 nach Mexiko auf.
Auch die Behörden vor Ort waren nicht bereit, den Grafen finanziell zu unterstützen. Er erhielt nur eine bombastische Urkunde, die ihn dazu autorisierte, Palenque dem Urwald zu entreißen. Die Indios allerdings maßen dem amtlichen Dokument keinerlei Bedeutung zu. Graf von Waldeck zahlte, so gut er konnte. Die amtlichen Behörden verdächtigten ihn schließlich, die Ruinenstadt zu plündern. Wertvolle Schätze, so wurde getuschelt, habe er außer Landes geschafft. Enttäuscht musste er außer Landes fliehen. 1838 veröffentlichte er, von einem Buch ins ferne Zentralamerika gelockt, selbst ein Buch.
Sein Opus »Romantische Reise in Yukatan« interessierte nur wenige seiner Zeitgenossen. Und doch war es eben dieses Buch, das die Entwicklung vorantrieb! John Lloyd Stephens (1805-1852) und Frederick Catherwood (1799-1854) wurden durch die Lektüre dieses Buches mit dem Palenque-Bazillus infiziert. Sie reisten nach Mexiko und quälten sich unter Erduldung schlimmster Strapazen bis nach Palenque vor. Mitten in den überwucherten Ruinen schlugen sie ihr ärmliches Lager auf: stets in Angst vor Überfällen durch vermeintlich wilde Indios und gefährliche Tiere.
Stechmücken, Zecken, Schlangen und anderes Getier machten ihnen das Leben zur Hölle. Sie erduldeten die drückende Hitze des Urwalds, immense gesundheitliche Gefahren und unsäglich unhygienische Verhältnisse ... und doch zogen die uralten Ruinen die Männer in ihren Bann! John Lloyd Stevens fasste seine Begeisterung in seinem Tagebuch so zusammen: »Nichts hat mich im Roman der Weltgeschichte mehr beeindruckt als diese spektakuläre und liebliche Stadt.«
Staunend erforschten die Männer das mysteriöse Palenque. Vieles war ihnen rätselhaft. Offenbar hatten die Mayas in der Unterwelt von Palenque ein komplexes Tunnel- und Röhrensystem angelegt. Die Wassermassen, die in der Regenzeit auf die Dächer der steinernen Tempel niederprasselten, wurden gefasst und in unterirdischen Zisternen gespeichert.
Frederick Catherwood fertigte Zeichnungen an, deren geradezu magischer Zauber noch so gelungene Fotos aus unseren Tagen verblassen lässt. Catherwood und Stephens veröffentlichten Bücher (2), die die Bauten der Mayas – auch die von Palenque – weltberühmt machten. Die Werke wurden zu Bestsellern und lösten heftiges Interesse an den Mayas aus. Als Schulknabe faszinierten mich die herrlichen Zeichnungen Catherwoods. Erich von Dänikens Buch »Erinnerungen an die Zukunft« löste in mir den Wunsch aus, selbst die mysteriösen Bauten der Mayas zu erkunden. Rund 20 Jahre später war ich dann vor Ort: im Urwald von Palenque.
Der Tempel der Inschriften Foto: Walter-Jörg Langbein |
Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass es sich bei den Pyramiden von Palenque nicht um Pyramiden handelte. Man sah sie vielmehr – im Gegensatz zu den Pyramiden in Ägypten – als steinerne Sockel für Tempelbauten an. Tempel waren aber, das galt als gesichertes Wissen, keine Begräbnisstätten wie die Pyramiden im Reich der Pharaonen. Weil es der Theorie nach keine Gräber in den Pyramiden gab, suchte man auch nicht nach Gräbern. Und so blieb die Gruft von Palenque, tief in der Unterwelt unterhalb des »Tempels der Inschriften« sehr lange unentdeckt. Dabei bietet doch gerade diese Gruft eines der großen Geheimnisse der Mayas: die Grabplatte von Palenque, die Erich von Däniken weltberühmt machte.
Abstieg zur Gruft |
Fußnoten
(1) Däniken, Erich von: »Erinnerungen an die Zukunft - Ungelöste Rätsel der Vergangenheit«, Erstauflage Düsseldorf 1968
(2) 1841 veröffentliche Stephens das Buch »Incidents of Travel in Central America, Chiapas, and Yucatan«. 1843 folgte Stephens Buch »Incidents of Travel in Yucatan«. 1844 schließlich erschien Catherwoods Buch »Views of Ancient Monuments in Central America, Chiapas and Yucatan«.
»Der Astronaut in der Grabkammer«,
Teil 50 der Serie»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 02.01.2011
Freitag, 24. Dezember 2010
Lyrichs fröhliches Weihnachtsrätsel
liebes lieschen
wie geht es Dir
mir geht es nicht so gut
und rechts muss sich irgendwo
Tante Gertrud befinden
wenn Du die nicht findest
dann ist es auch nicht schlimm
wichtig ist der vogel
denn der gehört meinem nachbarn
so dann wünsche ich Dir spannende rätselmomente
und genieße wie ich
dieses ereignislose weiße weihnachtsfest
fühle Dich umärmelt von
Deiner Lyrich
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wie geht es Dir
mir geht es nicht so gut
denn
aus meiner heiligabendparty wird leider nichts
aus meiner heiligabendparty wird leider nichts
mein besuch ist in den schneewehen stecken geblieben
das hat natürlich auch vorteile denn
so kann man sich natürlich auch
die verwandtschaft vom hals halten
und ich kann mich endlich ungestört
richtig satt essen
nun sitze ich wohl weihnachten alleine hier herum
das macht der freude aber keinen abbruch
und damit keine langeweile aufkommt
habe ich mir überlegt
Dir drei rätsel aufzugeben
fangen wir also an
das hat natürlich auch vorteile denn
so kann man sich natürlich auch
die verwandtschaft vom hals halten
und ich kann mich endlich ungestört
richtig satt essen
nun sitze ich wohl weihnachten alleine hier herum
das macht der freude aber keinen abbruch
und damit keine langeweile aufkommt
habe ich mir überlegt
Dir drei rätsel aufzugeben
fangen wir also an
sind goldfische in einem teich versteckt
finde sie
finde sie
finde ihn
und rechts muss sich irgendwo
Tante Gertrud befinden
wenn Du die nicht findest
dann ist es auch nicht schlimm
wichtig ist der vogel
denn der gehört meinem nachbarn
so dann wünsche ich Dir spannende rätselmomente
und genieße wie ich
dieses ereignislose weiße weihnachtsfest
fühle Dich umärmelt von
Deiner Lyrich
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Labels:
Briefe an Lieschen,
Poesie am Samstag,
Sylvia B.
Sonntag, 19. Dezember 2010
48 »Mysteriöses Mesaverde«
Teil 48 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Die Hitze war unerträglich. Wie ein bösartiger Feuerball stand die Sonne am Himmel. »Gleich sind wir da...«. Ein Schild verkündete: »Entrance Mesaverde National Park.«. Doch erst nach gut zwanzig Kilometern wurden wir nach strapaziösen Stunden belohnt. Vor uns lag so etwas wie eine Geisterstadt, versteckt in einer gewaltigen Felsnische. Da waren Türme zu erkennen, runde und eckige ... im wohltuenden Schatten. Da gab es eigenartige Rundbauten, oben offen. Holzleitern lehnten an Mauern, Holzleitern ragten aus Öffnungen in steinigem Boden. Wo waren die Menschen, die die so einfachen und doch so schönen Behausungen bewohnten?
Ich nahm ein Fernglas zur Hand, wanderte mit den Augen von Fenster zu Fenster, von Turm zu Turm, von Leiter zu Leiter ... nirgendwo war auch nur eine Menschenseele zu entdecken ... in der mysteriösen Geisterstadt von Mesaverde, vor Ewigkeiten in diesem gewaltigen Felsspalt hineingebaut. Hielten alle Bewohner Siesta?
Bereits 1874 hatte William Henry Jackson im Südwesten des US-Staates Colorado an einer wissenschaftlichen Expedition teilgenommen. Es galt, geologische Untersuchungen vorzunehmen. Jackson entdeckte im Mesaverde-Plateau seltsame, erstaunlich gut erhaltene Ruinen. Er fotografierte sie und veröffentlichte sie später in einigen lokalen Tageszeitungen. Rasch wurde die Entdeckung wieder vergessen.
Vierzehn Jahre später, im Dezember des Jahres 1888, stießen Richard Wetherill und Charlie Mason, zwei Farmer, auf die Ruinen. Die beiden Farmer waren auf der Suche nach entlaufenen Rindern. Die beiden Cowboys glaubten erst ihren Augen nicht trauen zu können. War dies eine Fatamorgana? Oder hatten sie so etwas wie einen steinernen Palast der Indianer ausfindig gemacht? Die gesuchten Rinder waren sofort vergessen. Richard Wetherill und Charlie Mason wollten unbedingt die Ruinen erkunden.
Beim Pflügen von Feldern hatten sie immer wieder schöne Keramiken, Steinäxte und Pfeilspitzen indianischen Ursprungs gefunden. Die beiden Farmer waren davon überzeugt, dass es irgendwo so etwas wie ein unentdecktes indianisches Zentrum gegeben haben musste. Hatten sie es nun entdeckt? Immer wieder hatten sie jetzt das mysteriöse Mauerwerk vor Augen ... und verloren es immer wieder aus dem Blick. Sie kämpften sich durch unwegsame Nebencanyons, überwanden dorniges Gestrüpp. Als sie schon aufgeben wollten, standen sie fast unmittelbar vor der Ruinenstadt.
Eben noch hatten sie es nicht abwarten können, das uralte Mauerwerk zu erkunden. Und jetzt wurden sie von einer eigenartigen Scheu befallen. »Es war, als würden wir geheiligten Boden entweihen.« notierten sie später. Richard Wetherill hielt fest: »Uns war so, als könnten wir die Bewohner noch sehen. Wir konnten sie bei der Arbeit beobachten, das Gebell ihrer Hunde und das Schreien der Truthähne hören.«
So war es Richard Wetherill und Charlie Mason anno 1888 ergangen. Ganz ähnliche Empfindungen hatte ich im Jahr 1963. Damals lebten die Langbeins – meine Mutter Herty, mein Vater Walter, mein Bruder Volker und ich – ein Jahr lang in den USA in Michigan. Mein Vater unterrichtete an der »Lakeshore Highschool«, als Austauschlehrer für einen amerikanischen Kollegen. Wir unternahmen ausgedehnte Reisen durch die USA, besuchten alle Staaten. Als glühender Fan von Karl May wollte ich unbedingt historische Stätten der Indianer besuchen ... und so stand ich, als Neunjähriger, staunend vor den geheimnisvollen Ruinen von Mesaverde...
Im Südwesten des US-Staates Colorado erhebt sich das Plateau des Mesaverde, des »Tischbergs«. 600 Meter hoch ist der Tafelberg, rund 24 mal 32 Kilometer groß. In meinem Buch »Bevor die Sintflut kam« (1) schrieb ich: »Der schon aus der Ferne majestätisch anmutende Berg birgt ein Geheimnis. In seinem Inneren versteckt sich eine alte, ruinenhafte Geisterstadt. Sie schmiegt sich tief in eine 155 Meter lange und 30 Meter breite Felsnische ... Sie erinnert an einen modernen Apartmentkomplex. Rund 250 Räume sind zu einer verschachtelten Einheit zusammengefügt. An der Sonne gebrannte Lehmziegel wurden als Baumaterial benutzt. Wie Zellen einer gigantischen Bienenwabe fügen sich die Wohneinheiten ineinander. Viele bestehen nur aus einem einzigen Raum, nicht wenige sind unterkellert. Unterirdisch angelegte Räume dienten anscheinend rituell-religiösen Zwecken, haben nur eine einzige Öffnung. Sie diente als Ein- und Ausgang, ja als Fenster und Schornstein.«
Die Ruinenstadt bietet Rätsel über Rätsel. Wann wurde sie von ihren Bewohnern, den Anasazi, verlassen, und warum? Wir wissen es nicht wirklich. Spuren von kriegerischen Auseinandersetzungen gibt es keine. Raffte eine Epidemie die Bewohner dahin? Auch dafür ließen sich keine archäologischen Belege finden. Schuld an unserem geringen Kenntnisstand trägt vor allem der schwedische »Archäologe« Baron Gustav Nordenskjold. Der Mann tauchte anno 1891 vor Ort auf und plünderte die Ruinen planmäßig aus. Fünf Jahre lang trieb er sein Unwesen. Erst 1906, viel zu spät, wurde ihm Einhalt geboten. Bis dahin hatte er gut erhaltene Funde zentnerweise außer Landes geschafft. Im gleichen Jahr wurde ein »Gesetz zum Schutz von Altertümern« erlassen und der »Mesaverde Nationalpark« ins Leben gerufen. 26.000 Hektar ist er groß. Über 5.000 Ruinen aus indianischen Zeiten gehören zum Park. Sein Zentrum aber ist ohne Zweifel der mysteriöse »Klippenpalast«.
Wann wurde er in den Berg gebaut? Vor 800 Jahren? Oder vor 1000? Schon im 6. Jahrhundert wurde der Tafelberg von Anasazi besiedelt. Wann bauten sie die Behausungen in den Tafelberg? Geschah dies erst im 12. Jahrhundert, wie heute angenommen wird? Wurden sie damals von Feinden bedrängt, so dass sie Schutz im Berg suchten? Oder bot das Versteck Schutz vor Wetterunbilden?
Wann kletterten die ersten Menschen, lange vor den Anasazi, in den gewaltigen Spalt von Mesaverde? Nach meinen Recherchen gibt es Hinweise auf Bewohner aus der Zeit um Christi Geburt. Waren sie die ersten?
Seit mehr als dreißig Jahren bereise ich die Welt, stets auf den Spuren der großen Geheimnisse unseres Planeten. Eine meiner aufregendsten Reisen in die Vergangenheit durfte ich als achtjähriger Knabe erleben. Aus der glutheißen Hitze der Wüste kommend kroch ich in die Behausungen der Anasazi. Und plötzlich war ich von angenehmer Kühle umgeben. Mitten im Tafelberg haben die Menschen so etwas wie ein wohlklimatisiertes Paradies gefunden. Feinde dürften ihr Versteck über viele Jahrhunderte hinweg übersehen haben. Wer oder was hat die Klippenbewohner besiegt?
Die Anasazi konnten nur auf höchst gefährlichen, ja halsbrecherischen Wegen ihre Behausungen im Berg erreichen. Sie mussten senkrechte Felswände emporklettern, in die sie Löcher geschlagen hatten, um mit Händen und Füßen besser Halt zu finden. Heute haben es Touristen sehr viel einfacher. Für uns Besucher wurde ein bequemer Zugang geschaffen. Nachdem die indianische Kultur von den amerikanischen Siedlern verachtet, nachdem die amerikanischen Ureinwohner bekämpft und fast ausgerottet wurden, wird heute versucht, das indianische Erbe zu erhalten. Gruppenweise werden Besucher heute durch den Klippenpalast geführt, um Schaden durch Massenandrang möglichst zu verhindern.
Die Nachkommen der einstigen Ureinwohner aber führen auch heute noch ein meist trauriges Dasein. Die »Entdeckung« Amerikas erwies sich für die Bewohner weniger als »schwarzer« dann als blutroter Tag......
Fußnote
(1) Langbein, Walter-Jörg: »Bevor die Sintflut kam - Von Götterbergen und Geisterstädten, von Zyklopenmauern, Monstern und Sauriern«, München 1996 (Originalausgabe), S. 123 f.
»Die Gruft von Palenque«,
Teil 49 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 26.12.2010
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Der mysteriöse Klippenpalast im Tafelberg Foto: Walter Langbein sen., 1963 |
Ich nahm ein Fernglas zur Hand, wanderte mit den Augen von Fenster zu Fenster, von Turm zu Turm, von Leiter zu Leiter ... nirgendwo war auch nur eine Menschenseele zu entdecken ... in der mysteriösen Geisterstadt von Mesaverde, vor Ewigkeiten in diesem gewaltigen Felsspalt hineingebaut. Hielten alle Bewohner Siesta?
Bereits 1874 hatte William Henry Jackson im Südwesten des US-Staates Colorado an einer wissenschaftlichen Expedition teilgenommen. Es galt, geologische Untersuchungen vorzunehmen. Jackson entdeckte im Mesaverde-Plateau seltsame, erstaunlich gut erhaltene Ruinen. Er fotografierte sie und veröffentlichte sie später in einigen lokalen Tageszeitungen. Rasch wurde die Entdeckung wieder vergessen.
Blick auf den Tafelberg Foto: Herty Langbein, 1963 Der Mann mit Hut - mein Vater |
Beim Pflügen von Feldern hatten sie immer wieder schöne Keramiken, Steinäxte und Pfeilspitzen indianischen Ursprungs gefunden. Die beiden Farmer waren davon überzeugt, dass es irgendwo so etwas wie ein unentdecktes indianisches Zentrum gegeben haben musste. Hatten sie es nun entdeckt? Immer wieder hatten sie jetzt das mysteriöse Mauerwerk vor Augen ... und verloren es immer wieder aus dem Blick. Sie kämpften sich durch unwegsame Nebencanyons, überwanden dorniges Gestrüpp. Als sie schon aufgeben wollten, standen sie fast unmittelbar vor der Ruinenstadt.
Eben noch hatten sie es nicht abwarten können, das uralte Mauerwerk zu erkunden. Und jetzt wurden sie von einer eigenartigen Scheu befallen. »Es war, als würden wir geheiligten Boden entweihen.« notierten sie später. Richard Wetherill hielt fest: »Uns war so, als könnten wir die Bewohner noch sehen. Wir konnten sie bei der Arbeit beobachten, das Gebell ihrer Hunde und das Schreien der Truthähne hören.«
Besucher im mysteriösen Klippenpalast Foto: Walter Langbein sen. Die Frau mit Hut links im Bild - meine Mutter |
Im Südwesten des US-Staates Colorado erhebt sich das Plateau des Mesaverde, des »Tischbergs«. 600 Meter hoch ist der Tafelberg, rund 24 mal 32 Kilometer groß. In meinem Buch »Bevor die Sintflut kam« (1) schrieb ich: »Der schon aus der Ferne majestätisch anmutende Berg birgt ein Geheimnis. In seinem Inneren versteckt sich eine alte, ruinenhafte Geisterstadt. Sie schmiegt sich tief in eine 155 Meter lange und 30 Meter breite Felsnische ... Sie erinnert an einen modernen Apartmentkomplex. Rund 250 Räume sind zu einer verschachtelten Einheit zusammengefügt. An der Sonne gebrannte Lehmziegel wurden als Baumaterial benutzt. Wie Zellen einer gigantischen Bienenwabe fügen sich die Wohneinheiten ineinander. Viele bestehen nur aus einem einzigen Raum, nicht wenige sind unterkellert. Unterirdisch angelegte Räume dienten anscheinend rituell-religiösen Zwecken, haben nur eine einzige Öffnung. Sie diente als Ein- und Ausgang, ja als Fenster und Schornstein.«
Die Ruinenstadt bietet Rätsel über Rätsel. Wann wurde sie von ihren Bewohnern, den Anasazi, verlassen, und warum? Wir wissen es nicht wirklich. Spuren von kriegerischen Auseinandersetzungen gibt es keine. Raffte eine Epidemie die Bewohner dahin? Auch dafür ließen sich keine archäologischen Belege finden. Schuld an unserem geringen Kenntnisstand trägt vor allem der schwedische »Archäologe« Baron Gustav Nordenskjold. Der Mann tauchte anno 1891 vor Ort auf und plünderte die Ruinen planmäßig aus. Fünf Jahre lang trieb er sein Unwesen. Erst 1906, viel zu spät, wurde ihm Einhalt geboten. Bis dahin hatte er gut erhaltene Funde zentnerweise außer Landes geschafft. Im gleichen Jahr wurde ein »Gesetz zum Schutz von Altertümern« erlassen und der »Mesaverde Nationalpark« ins Leben gerufen. 26.000 Hektar ist er groß. Über 5.000 Ruinen aus indianischen Zeiten gehören zum Park. Sein Zentrum aber ist ohne Zweifel der mysteriöse »Klippenpalast«.
Die Mauern von Mesaverde geben Rätsel auf Foto: Walter Langbein sen. Knabe im Vordergrund: der Verfasser |
Wann kletterten die ersten Menschen, lange vor den Anasazi, in den gewaltigen Spalt von Mesaverde? Nach meinen Recherchen gibt es Hinweise auf Bewohner aus der Zeit um Christi Geburt. Waren sie die ersten?
Seit mehr als dreißig Jahren bereise ich die Welt, stets auf den Spuren der großen Geheimnisse unseres Planeten. Eine meiner aufregendsten Reisen in die Vergangenheit durfte ich als achtjähriger Knabe erleben. Aus der glutheißen Hitze der Wüste kommend kroch ich in die Behausungen der Anasazi. Und plötzlich war ich von angenehmer Kühle umgeben. Mitten im Tafelberg haben die Menschen so etwas wie ein wohlklimatisiertes Paradies gefunden. Feinde dürften ihr Versteck über viele Jahrhunderte hinweg übersehen haben. Wer oder was hat die Klippenbewohner besiegt?
Die Anasazi konnten nur auf höchst gefährlichen, ja halsbrecherischen Wegen ihre Behausungen im Berg erreichen. Sie mussten senkrechte Felswände emporklettern, in die sie Löcher geschlagen hatten, um mit Händen und Füßen besser Halt zu finden. Heute haben es Touristen sehr viel einfacher. Für uns Besucher wurde ein bequemer Zugang geschaffen. Nachdem die indianische Kultur von den amerikanischen Siedlern verachtet, nachdem die amerikanischen Ureinwohner bekämpft und fast ausgerottet wurden, wird heute versucht, das indianische Erbe zu erhalten. Gruppenweise werden Besucher heute durch den Klippenpalast geführt, um Schaden durch Massenandrang möglichst zu verhindern.
Die Nachkommen der einstigen Ureinwohner aber führen auch heute noch ein meist trauriges Dasein. Die »Entdeckung« Amerikas erwies sich für die Bewohner weniger als »schwarzer« dann als blutroter Tag......
Fußnote
(1) Langbein, Walter-Jörg: »Bevor die Sintflut kam - Von Götterbergen und Geisterstädten, von Zyklopenmauern, Monstern und Sauriern«, München 1996 (Originalausgabe), S. 123 f.
»Die Gruft von Palenque«,
Teil 49 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 26.12.2010
Samstag, 18. Dezember 2010
Samstagsrezension Helga König: Lexikon der Biblischen Irrtümer
Der Autor dieses spannend zu lesenden Buches Walter-Jörg Langbein hat evangelische Theologie studiert. Zu den Themen Religion und Bibel hat er neben diesem, eine Reihe anderer erhellender Bücher verfasst, so etwa "Das Sakrileg und die heiligen Frauen" und "Die Geheimnisse der sieben Weltreligionen".
Das Cover des vorliegenden Taschenbuches beeindruckt mich, denn es erinnert an den durch die katholische Kirche ausgelösten "Madonnen-Huren-Komplex", der in allen Jahrhunderten bis zum heutigen Tag für viel Unheil sorgte, weil man die Frau immer in zwei Wesen zu teilen suchte: in Eva und Lilith.
Im Vorwort lässt Langbein den Leser wissen, dass unserer heutigen Bibelausgaben keine Originaltexte sind. Stattdessen handelt es sich um Übersetzungen von Übersetzungen. Aufgrund wiederholtem Übertragen von Texten von einer in die andere Sprache, haben sich umfangreiche Irrtümer eingeschlichen, so der Autor. Schon kleine Übersetzungssünden können zu gravierenden Mißverständnissen führen. Der Bibelkenner fragt: "Liegen versehentliche Irrtümer oder bewusste Verfälschungen vor?", (vgl.: S. 9 ).
Im Vorwort lässt Langbein den Leser wissen, dass unserer heutigen Bibelausgaben keine Originaltexte sind. Stattdessen handelt es sich um Übersetzungen von Übersetzungen. Aufgrund wiederholtem Übertragen von Texten von einer in die andere Sprache, haben sich umfangreiche Irrtümer eingeschlichen, so der Autor. Schon kleine Übersetzungssünden können zu gravierenden Mißverständnissen führen. Der Bibelkenner fragt: "Liegen versehentliche Irrtümer oder bewusste Verfälschungen vor?", (vgl.: S. 9 ).
Nicht alle biblischen Texte sind übrigens Originale. Mitunter gehen diese auf uralte Vorlagen zurück. Es handelt sich dann um vorbiblische Überlieferungen. Dies gilt beispielsweise für den Mythos der Erschaffung Adams oder auch für die Sintflut, (vgl.: S.11).
Walter Jörg Langbein hebt hervor, dass er nicht die Bibel angreifen will, wenn er auf biblische Irrtümer hinweist, sondern seine Informationen vielmehr als Vorraussetzung für eine Annäherung an die wirklichen Aussagen vom "Alten" und "Neuen Testament" begreift, (vgl.: S. 12).
Biblische Irrtümer gibt es im "Alten" und im "Neuen Testament". Der Autor listet 100 solcher Irrtümer auf, unter ihnen die Brudermordgeschichte von Kain und Abel, auch die Fehlinterpretation im Hinblick auf das vermeintlich generelle Verbot der Empfängnisverhütung in der Bibel. Nur an einer einzigen Stelle in der Bibel nämlich wird die Schwangerschaftsverhütung angesprochen und zwar als Onan den "Coitus interruptus" vollzieht. Er wird mit dem Tode bestraft. Wer sich also auf diese Stelle in der Bibel bezieht, müsste konsequenterweise die Todesstrafe für Empfängnisverhütung fordern, (vgl.: S.54).
Interessant liest sich, was der Autor von Lilith zu berichten weiß. Nicht Eva, sondern Lilith war Adams erste Frau. Wie er, war auch sie aus Staub und Erde geschaffen worden und entstammt demnach nicht aus einer Rippe Adams. Lilith soll auf völlige Gleichberechtigung bestanden haben und leitete ihre Rechte von ihrem identischen Ursprung ab. Adam wollte jedoch keine gleichberechtigte Partnerin, sondern eine Untergebene. Als Lilith sich selbst durch drei Engel nicht bewegen ließ, reumütig zurückzukehren, drohte Gott der selbstbewussten Lilith, dass täglich 100 ihrer Kinder sterben würden, sofern sie sich Adam nicht unterordnen würde.
Wie man in der Folge erfährt, wurde Lilith, die vormals als Übergöttin verehrt wurde und möglicherweise die personifizierte Erinnerung an eine der ältesten Göttinnen überhaupt ist, mit der Zeit zu einer verabscheuungswürdigen Hexe degradiert. Lilith, die erste Frau Adams "endete als Karikatur frauenfeindlicher sadistischer Männerphantasien auf dem Scheiterhaufen des ausgehenden Mittelalters und der blutigen Neuzeit." (Zitat: Langbein, S. 93)
Was sind Engel? Hatten sie Flügel? Hat der Engel der Weihnachtsgeschichte etwas mit dem Engel im "Alten Testament" gemein? Ist der Geburtstag von Jesus wirklich bekannt? Der Autor zeigt, wie gesagt, dass sich im Laufe der Jahrtausende eine Reihe von Fehlern in ursprüngliche Texte eingeschlichen haben und unsere Bibel mannigfaltige Widersprüche und Fehler aufweist. Verlieren, so fragt der Autor, die Aussagen der Bibel hierdurch an Wert und Glaubwürdigkeit? Langbein meint, dass man bei allen Irrtümern und Fehlern nach der zentralen Aussage der Bibel forschen müsse und konstatiert: "Die Bibel verkündet die Lehre der Nächstenliebe. Und diese frohe Kunde findet sich im "Neuen Testament" ebenso wie im "Alten Testament". "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" ist für Jesus das "höchste Gebot". Wir finden es zum Beispiel im Evangelium des Matthäus. Fast wortwörtlich steht im "Alten Testament": "Du sollst nicht Rache nehmen an den Söhnen deines Volkes, noch Groll gegen sie empfinden. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." (Zitat: Langbein, S.335)
Ein Buch, dessen höchste Priorität die Nächstenliebe ist, verliert wegen einiger kleiner Irrtümer und Fehler für alle, die das Wesentliche bereit sind zu erkennen, nichts an Wert. Das macht Walter-Jörg Langbein durch sein Buch deutlich und zeigt allen Kleinkrämern die rote Karte. "Errare humanum est". Das sollten wir nie vergessen.
Montag, 13. Dezember 2010
Helga König im Gespräch mit Rolf Dobelli zu seinem Roman "Massimo Marini"
Lieber Herr Dobelli, am vergangenen Samstag habe ich auf "Ein Buch lesen" Ihren Roman "Massimo Marini" rezensiert und möchte Ihnen heute hierzu noch einige Fragen stellen.
H.K.: Was hat Sie veranlasst, Ihren Roman "Massimo Marini" mit einer Textstelle aus Büchners "Woyzeck" zu beginnen und mit einer weiteren aus diesem Drama enden zu lassen?
R.D.: Als ich den Roman beinahe fertig geschrieben hatte, fielen mit die Parallelen zwischen den Figuren Massimo Marini und Woyzeck auf. Beide werden von ihren Frauen hintergangen. Beide werden durch "Umstände" zum Mörder. Hinzu kommt, dass durch die Lektüre von Woyzeck im jungen Massimo ein Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeit reift, die ihn an den politisch linken Rand katapultiert und zum Bruch mit seinem Vater führt. Hinzu kommt auch, dass das Zitat "Süd-Nord! Ha! Ha! Ha! ..." wunderbar in das Nord-Süd-Thema von Massimo Marini einführt. Ein Zitat, das passt, wie der Schlüssel zum Loch.
H.K.: Ihr Roman hat viele Facetten. Was motivierte Sie, über die Problematik italienischer Gastarbeiter in der Schweiz zu schreiben?
R.D.: Mir ging es um die Geschichte dieses Massimo Marini. Mir ging es nicht darum, einen politischen Roman zu schreiben. Die Immigration der Italiener in die Schweiz steht nicht im Vordergrund, sondern die Entwicklung einer Figur steht im Vordergrund. Trotzdem: ich bin der Stadt aufgewachsen mit dem grössten Ausländeranteil (und damit Italiener-Anteil) der Schweiz. Das Thema ist mir handfest bekannt.
H.K.: Was brachte Sie auf die Idee, Tunnelbaukunst , sowie Hoch-, Tief- und Untertagebau in Ihrem Roman zur Sprache zu bringen?
R.D.: Als während der Konzeption des Romanes die Figur von Massimo Marini endlich stand, war es klar, dass er als Einwanderersohn ein Bauunternehmen führen sollte. Nun hätte ich ihn Autobahnen bauen lassen können oder Einfamilienhäuschen. Doch das wäre verschossenes Pulver gewesen, wenn wir gerade in diesem Jahrzehnt in der Schweiz den längsten Tunnel der Welt bauen, den Gotthard-Basistunnel, der in perfekter Weise die Immigrationsbewegung (Nord-Süd) symbolisiert. Massimo Marini, als Gastarbeitersohn, baut einen Tunnel durch den schweizerischsten aller Schweizer Berge, den Gotthard. Er durchlöchert ihn wie ein Schweizer Käse.
H.K.: Sehr beeindruckt bin ich von Ihren Musikkenntnissen. Haben Sie spezielle Quellenstudien betrieben oder sind Cellointerpretationen eine persönliche Neigung Ihrerseits?
R.D.: Ich liebe klassische Musik und besuche seit Jahren das Lucerne Festival. Als Schüler war ich viele Jahre Platzanweiser und kam so in den Genuss von jährlich 40 klassischen Konzerten. Heute sind es ein bisschen weniger, aber die Liebe zur E-Musik ist geblieben.
H.K.: Weshalb haben Sie die Frauen um Massimo allesamt treulos dargestellt?
R.D.: Keine Ahnung. Da müsste ich mich bei einem Psychotherapeuten auf die Couch werfen, um die Antwort zu finden.
H.K.: Ihre erotischen Handlungsabläufe haben mir gefallen, weil Sie sprachlich dabei sehr subtil agierten. Was hat Sie auf die Idee gebracht, dem Leser eine 35 jährige Frau als Jungfrau zu präsentieren?
H.K.: Was hat Sie veranlasst, Ihren Roman "Massimo Marini" mit einer Textstelle aus Büchners "Woyzeck" zu beginnen und mit einer weiteren aus diesem Drama enden zu lassen?
R.D.: Als ich den Roman beinahe fertig geschrieben hatte, fielen mit die Parallelen zwischen den Figuren Massimo Marini und Woyzeck auf. Beide werden von ihren Frauen hintergangen. Beide werden durch "Umstände" zum Mörder. Hinzu kommt, dass durch die Lektüre von Woyzeck im jungen Massimo ein Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeit reift, die ihn an den politisch linken Rand katapultiert und zum Bruch mit seinem Vater führt. Hinzu kommt auch, dass das Zitat "Süd-Nord! Ha! Ha! Ha! ..." wunderbar in das Nord-Süd-Thema von Massimo Marini einführt. Ein Zitat, das passt, wie der Schlüssel zum Loch.
H.K.: Ihr Roman hat viele Facetten. Was motivierte Sie, über die Problematik italienischer Gastarbeiter in der Schweiz zu schreiben?
R.D.: Mir ging es um die Geschichte dieses Massimo Marini. Mir ging es nicht darum, einen politischen Roman zu schreiben. Die Immigration der Italiener in die Schweiz steht nicht im Vordergrund, sondern die Entwicklung einer Figur steht im Vordergrund. Trotzdem: ich bin der Stadt aufgewachsen mit dem grössten Ausländeranteil (und damit Italiener-Anteil) der Schweiz. Das Thema ist mir handfest bekannt.
H.K.: Was brachte Sie auf die Idee, Tunnelbaukunst , sowie Hoch-, Tief- und Untertagebau in Ihrem Roman zur Sprache zu bringen?
R.D.: Als während der Konzeption des Romanes die Figur von Massimo Marini endlich stand, war es klar, dass er als Einwanderersohn ein Bauunternehmen führen sollte. Nun hätte ich ihn Autobahnen bauen lassen können oder Einfamilienhäuschen. Doch das wäre verschossenes Pulver gewesen, wenn wir gerade in diesem Jahrzehnt in der Schweiz den längsten Tunnel der Welt bauen, den Gotthard-Basistunnel, der in perfekter Weise die Immigrationsbewegung (Nord-Süd) symbolisiert. Massimo Marini, als Gastarbeitersohn, baut einen Tunnel durch den schweizerischsten aller Schweizer Berge, den Gotthard. Er durchlöchert ihn wie ein Schweizer Käse.
H.K.: Sehr beeindruckt bin ich von Ihren Musikkenntnissen. Haben Sie spezielle Quellenstudien betrieben oder sind Cellointerpretationen eine persönliche Neigung Ihrerseits?
R.D.: Ich liebe klassische Musik und besuche seit Jahren das Lucerne Festival. Als Schüler war ich viele Jahre Platzanweiser und kam so in den Genuss von jährlich 40 klassischen Konzerten. Heute sind es ein bisschen weniger, aber die Liebe zur E-Musik ist geblieben.
H.K.: Weshalb haben Sie die Frauen um Massimo allesamt treulos dargestellt?
R.D.: Keine Ahnung. Da müsste ich mich bei einem Psychotherapeuten auf die Couch werfen, um die Antwort zu finden.
H.K.: Ihre erotischen Handlungsabläufe haben mir gefallen, weil Sie sprachlich dabei sehr subtil agierten. Was hat Sie auf die Idee gebracht, dem Leser eine 35 jährige Frau als Jungfrau zu präsentieren?
R.D.: Das waren die schwierigsten Szenen. An ihnen habe ich lange gefeilt. Wie ich dazu kam? Weil ich eine Handvoll Frauen kenne, teilweise hoch intelligente, energische, die aus verschiedenen Gründen mit 35 noch nie Sex hatten. Diese Tatsache hat mich betroffen gemacht.
H.K.: Haben Sie generell persönliche Erfahrungen in Ihren Roman eingearbeitet und wenn ja, welche?
R.D.: Diesmal viel weniger als bei meinen früheren Romanen. Hier eigentlich nur der Backdrop aus meiner Jugend, also die Gastarbeiter.
H.K.: Sie haben auch kulinarische Szenen in den Roman eingebaut. Alles deutet darauf hin, dass Sie ein Feinschmecker sind.R.D.: Nein, im Gegensatz zum Diogenes-Kollegen Martin Suter bin ich kein Feinschmecker. Ich liebe Fisch, darum kommt er im Roman vor, aber sehr elementar zubereitet: in Butter gebraten.
H.K.: Wird Ihr neuer Roman, den wir hoffentlich bald lesen dürfen, erneut primär in der Schweiz spielen?
R.D.: Der wird in Paris spielen.
Lieben Dank die Beantwortung der Fragen.
Helga König
R.D.: Diesmal viel weniger als bei meinen früheren Romanen. Hier eigentlich nur der Backdrop aus meiner Jugend, also die Gastarbeiter.
H.K.: Sie haben auch kulinarische Szenen in den Roman eingebaut. Alles deutet darauf hin, dass Sie ein Feinschmecker sind.R.D.: Nein, im Gegensatz zum Diogenes-Kollegen Martin Suter bin ich kein Feinschmecker. Ich liebe Fisch, darum kommt er im Roman vor, aber sehr elementar zubereitet: in Butter gebraten.
H.K.: Wird Ihr neuer Roman, den wir hoffentlich bald lesen dürfen, erneut primär in der Schweiz spielen?
R.D.: Der wird in Paris spielen.
Lieben Dank die Beantwortung der Fragen.
Helga König
"Rolf Dobelli studierte und promovierte an der Universität St. Gallen, arbeitete anschliessend in führenden Positionen in der Wirtschaft, etwa als Finanzchef und Geschäftsführer verschiedener Tochtergesellschaften der Swissair und veröffentlichte verschiedene Artikel zu Management-Themen in Wirtschaftszeitungen. 1999 gründete er zusammen mit Thomas Bergen und Patrick Brigger die Firma getAbstract. GetAbstract hat sich zum weltweit führenden Anbieter von Buchzusammenfassungen entwickelt. Zusammen mit Andreas Scholz von Bloomberg Television moderierte er von 2001 und 2009 die wöchentliche Fernsehsendung »Seitenweise Wirtschaft«. Seit Juli 2010 moderiert Dobelli die wöchentliche Büchersendung auf NZZ Online. Er schreibt die wöchentliche Kolumne »Klarer Denken« für die Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Schweizer SonntagsZeitung."
(Auszug aus Wikipedia.)
Hier die Rezension zu »Massimo Marini«
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Sonntag, 12. Dezember 2010
47 »Beweise für ein Wunder«
Teil 47 der Serie»Monstermauern, Mumien und Mysterien«von Walter-Jörg Langbein
Millionen Pilger strömen Jahr für Jahr zur Maria von Guadalupe. Unzählige Gottesdienste werden gehalten. Die Menschen kommen aber weniger der Priester wegen... sie wollen dem mysteriösen Bildnis nahe sein. Ständig kommen und gehen Menschen, aber dennoch bleibt die Ruhe im riesigen Gotteshaus gewahrt. Als nüchterner Beobachter muss ich konstatieren: Es herrscht eine ganz besondere Atmosphäre, das Bildnis der Gottesmutter zieht jeden in seinen Bann...
Gottesdienst im Gotteshaus der Maria von Guadalupe. Foto: Ingeborg Diekmann |
Vor fast einem halben Jahrtausend fand Juan Diego auf Geheiß einer Marienerscheinung mitten in der Trockenzeit Knospen und Blüten. Er trug sie in seiner Tilma, in seinem Umhang, zum Bischof. Auf wundersame Weise entstand auf dem groben Stoff ein erstaunliches Bildnis, das es nach aller Logik gar nicht geben dürfte!
Das »unmögliche« und doch höchst realeBildnis der Maria von Guadalupe. Foto: Walter-Jörg Langbein |
Schon der Stoff der Tilma selbst ist so etwas wie ein Wunder. Er ist, das haben strenge wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, tatsächlich fast 500 Jahre alt. Er stammt eindeutig aus dem Jahr 1531. Das aber ist eigentlich eine Unmöglichkeit. Warum? Der Stoff wurde im frühen 16. Jahrhundert – zu Lebzeiten Martin Luthers – aus groben Agavefasern gewebt. Er hätte eigentlich schon zwanzig Jahre nach Herstellung wieder zerfallen müssen. Länger hält so ein Gewebe nämlich gewöhnlich nicht. Und Konservierungsstoffe kamen nicht zum Einsatz! Wie konnte das Gewand des Juan Diego fast ein halbes Jahrtausend überstehen?
Mysteriös ist nach wie vor auch das Bildnis selbst. Ein Sammelsurium aus Pflanzenblüten und Knospen, in einem Stück Stoff getragen, würde niemals ein auch nur ansatzweise erkennbares Bild ergeben. Wie aber entstand die geheimnisvolle Darstellung der Gottesmutter?
Ein Gemälde ist es, das ergaben Analysen von Professor Richard Kuhn, Nobelpreisträger aus Heidelberg eindeutig nicht. Was es auch ist, wie es auch hergestellt wurde: es wurde nicht gemalt. Fakt ist: Nicht die kleinste Spur eines Pinselstrichs ist ausfindig zu machen. Farbe befindet sich weder oberflächlich auf, aber auch nicht in den Fasern. Im Verlauf der letzten dreißig Jahre tauchten immer wieder Meldungen auf, dass angeblich da und dort doch Farbspuren entdeckt worden seien. Diesen Hinweisen bin ich in der Literatur gefolgt. Es fand sich keine Bestätigung!
Maria von Guadalupe auf einem Heiligenbildchen Foto: Walter-Jörg Langbein |
Sehr verwirrend fiel das Ergebnis einer Untersuchung durch Spezialisten der Firma Kodak aus. Resultat: »Das Bild ist seinem Wesen nach eine Fotografie.« Damit wurde eine geradezu Entdeckung bestätigt, die der mexikanische Fotograf Alfonso Gonzales bereits 1929 gemacht hatte. Gonzales hat damals »Unmögliches« herausgefunden, nämlich dass sich irgend etwas in den Augen zwischen den teilweise geschlossenen Lidern widerspiegelt...in den Augen der Maria von Guadalupe auf dem uralten Umgang Aber was? Genau konnte das Alfonso Gonzales nicht feststellen. Was da in den winzigen Pupillen zu sehen ist, fand erst der Augenarzt Dr. Jorge Escalante Padilla heraus... Jahrzehnte später.
Mit Hilfe eines Elektronikmikroskops konnte er Winziges vergrößern und erkennbar machen. Dem verblüfften Wissenschaftler kam es so vor, als sei er mit Hilfe einer Zeitmaschine fast 500 Jahre in die Vergangenheit gereist. Es ist eine Sensation: In den winzigen Pupillen der Maria von Guadalupe ist eine anrührende Szene dargestellt.
Dr. José Aste Tonsmann, Cornell-Universität, vergrößerte dieses unvorstellbar winzige Szenario auf das 2000fache. Mit Hilfe verschiedener optischer Filter gelang es ihm schließlich, auch noch so unscheinbare Einzelheiten erkennbar zu machen. Um zu erkennen, wie sensationell die Wahrheit ist, muss man sich die Größe des Gesamtbildes (das keines ist) vor Augen führen! Die Jungfrau von Guadalupe ist nur 152,24 Zentimeter groß. Die Pupillen sind weit kleiner als Stecknadelköpfe. Und doch spiegeln sie, winzig klein, ein Szenario wider... und zwar so als handele es sich um »richtige« Augen eines lebendigen Menschen.
Was sah das Bildnis der Maria von Guadalupe? Da ist ein älterer Mann im Profil zu sehen. Vermutlich handelt es sich um Bischof Zumarrage. Der ältere Herr spricht angeregt mit einer weiteren Person, wahrscheinlich handelt mit dem Dolmetscher Gonzales. Am Boden schließlich hockt Juan Diego selbst. Man sieht deutlich, wie er gerade seine Tilma ausbreitet. Weitere unbekannte Personen sind als Zeugen zugegen: Wir machen eine indianisch wirkende Frau mit einem Baby auf dem Rücken aus, einen jüngeren Indio, bei dem es sich um den Mann der Frau handeln könnte und einen kleinen Junge.
Rekapitulieren wir: Juan Diego betritt das Empfangszimmer von Bischof Zumarrage. In seinem Umhang hat er Blumenblüten und Knospen gesammelt. Er schüttet sie auf den Boden. Auf seinem Umhang wird ein Bild sichtbar. Es zeigt Maria... und in ihren Augen spiegelt sich eben diese Szene: Juan Diego im Besuchszimmer des Bischofs. Eine »vernünftige« Erklärung gibt es nicht. Versuchen wir eine fantastische Hypothese: Maria befindet sich unsichtbar im Empfangsraum des Bischofs. Sie sieht, wie Juan Diego den Raum betritt, wie er seinen vor der Brust geschürzten Umhang öffnet und wie die Blütenpracht zu Boden fällt. Sie nimmt wahr, wie die Menschen im Raum reagieren. Das Seznario spiegelt sich in den Pupillen ihrer Augen wieder. Auf dem Umhang Juan Diegos nun sieht man eben diese Maria... mit den Bildern in ihren Pupillen...
Heute wird das Bildnis durch eine Glasscheibe geschützt Foto: Walter-Jörg Langbein |
Dr. Johannes Fiebag und Peter Fiebag versuchten das Mysterium zu verdeutlichen (1): »Der Prozess der Bildentstehung war dabei allerdings nicht eine Fotografie im herkömmlichen Sinne. Zum einen fungierte die Tilma Juan Diegos sowohl als ›Linse‹ als auch als ›Farbfilm‹, zum anderen blieb das Objekt der Fotografie – nämlich die Mariengestalt – während des Vorgangs unsichtbar. Möglicherweise haben wir es mit einer Art Infrarotaufnahme zu tun, die mit dem Auge nicht wahrnehmbare Wellenlängen sichtbar machte. Fraglos muss sich ›irgend etwas‹ im Raum befunden haben, andernfalls würden sich Juan Diego und die anderen Personen nicht im Auge der Gestalt widerspiegeln können.«
Die »Biografie« der Maria von Guadalupe ist eine Ansammlung von Unmöglichkeiten. Je mehr ich mich mit dem wundersamen Bildnis auseinander setzte, desto rätselhafter wurde das Phänomen. Nachdem Bischof Zumarrage eine Kapelle für das Bildnis hatte bauen lassen, wurde das wundersame Tuch ein Jahrhundert lang ungeschützt aufgehängt. Unzählige Pilger nahmen es von der Wand, berührten es mit den Händen, küssten es. Leidende rieben schmerzende Glieder daran oder legten sich auf das Bildnis. Andere wollten etwas von der geheimen Wunderkraft des Tuches mit nach Hause nehmen und brachten es in Kontakt mit Kerzen, Kreuzen und anderen Objekten. Auch Amulette und Talismane sollten ein wenig vom Wunder aufnehmen.. und wurden in großer Zahl an das Bildnis gehalten.
Hunderttausende Pilger entzündeten Kerzen in unmittelbarer Umgebung des verehrten Bildes....und das Jahrhunderte lang. Allein schon das Licht dieser Millionen von Kerzen hätten das Bild zerstören müssen.
Professor Philip Callahan von der Universität von Florida stellte das eigentlich Unmögliche fest. Das Licht dieser unzähligen Kerzen hätte längst schon das wie auch immer entstandene Bild zum Verschwinden bringen müssen, auf einem Stoff, der eigentlich schon vor Jahrhunderten hätte zerfallen müssen. Prof. Callahan (2): »Zu starkes ultraviolettes Licht bleicht die meisten Farbpigmente aus, seien sie organisch oder anorganisch.« Mit anderen Worten: Der Stoff der Tilma hätte vor Jahrhunderten zerfallen müssen. Er blieb auf wundersame Weise erhalten. Das Kerzenlicht hätte im Lauf der Jahrhunderte die Farben zum Verschwinden bringen müssen. Sie strahlen auch heute noch, ein halbes Jahrtausend später, in frischem Glanz!
Aber halt: Farben konnten ja gar nicht zum Verschwinden gebracht werden ... weil sich auf dem Tuch gar keine Farben befinden! Bereits 1936 analysierte der Chemienobelpreisträger Prof. Richard Kuhn eine Materialprobe. Selbst im mikroskopischen Bereich war nicht die Spur einer wie auch immer gearteten Farbe erkennbar.
Wir wissen nicht, wie die Maria auf den Umhang Juan Diegos kam. Wir wissen nicht, warum es das wundersame Bildnis noch gibt. Wir wissen aber, dass Maria eine Vorgängerin hatte: der Tepeyac-Hügel, Ort der Marienerscheinung, war schon in vorchristlichen Zeiten eine heilige Stätte. Coatlicue (die Mutter-Erdgöttin) alias Tonantzin (die Fruchtbarkeitsgöttin) wurden hier verehrt.
Wie sich doch die Bilder gleichen.... Coatlicue wurde als »unsere liebe Mutter« tituliert, so wie im Christentum Maria. Ein anderer Ehrenname war »die alle himmlischen Dinge gebiert«. Eva wurde als »Mutter alles Lebendigen« gepriesen... Coatlicues Tochter Coyolxauhqui war die Göttin des Mondes. In den alten Matriarchaten war stets der Mond das Gestirn der Muttergöttin. Ist es ein Zufall, dass die Maria von Guadalupe... auf einer Mondsichel steht?
Ist es ein Sakrileg, darüber nachzudenken... ob die christliche Maria schon vor Jahrtausenden als eine Muttergottheit verehrt wurde... nur unter anderem Namen? Verehren Christen heute wie einst die Azteken und andere Völker zuvor in Maria die Göttin des Matriarchats?
Ist Maria eine uralte Muttergottheit in neuem Gewand? Muttergottes in der Kapelle des St.Ansgar Krankenhauses, Höxter Foto: Walter-Jörg Langbein |
(1) Fiebag, Dr. Johannes und Fiebag, Peter: »Himmelszeichen«, München 1992, S. 312
(2) zitiert bei Fiebag, Dr. Johannes und Fiebag, Peter: »Himmelszeichen«, München 1992, S. 302
»Mysteriöses Mesaverde«,
Teil 48 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 19.12.2010 Teil 48 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
Weiterlesen:
Walter-Jörg Langbein: Das Sakrileg und die Heiligen FrauenSamstag, 11. Dezember 2010
Samstagsrezension Helga König: Massimo Marini
Der Schriftsteller Rolf Dobelli (Top 10 Rezensent bei Amazon) setzt seinem Roman ein Zitat aus Georg Büchners "Woyzeck", 5. Szene voran:" "Süd-Nord! Ha! Ha! Ha!. O er ist dumm, ganz abscheulich dumm. Woyzeck, er ist ein guter Mensch, ein guter Mensch- aber er hat keine Moral! Moral ist das, wenn man moralisch ist." Nach dem Romanende folgt abermals ein Zitat aus Büchners Drama "Gut Woyzeck. Du bist ein guter Mensch, ein guter Mensch. Aber du denkst zu viel, das zehrt, du siehst immer so verhetzt aus. Der Diskurs hat mich ganz schön angegriffen. Geh`jetzt und renn nicht so; langsam, hübsch langsam die Straße hinunter."
Noch bevor ich das Buch zu lesen begann, machten mich die Zitate neugierig. Was haben diese beiden Zitate mit dem Inhalt des Buches zu tun? Gibt es Parallelen zwischen Dobellis Protagonisten und dem von Büchners Drama?
Wikipedia fasst Büchners Drama wie folgt zusammen: "Der einfache Soldat Franz Woyzeck, der seine Freundin Marie und das gemeinsame uneheliche Kind, die genau wie er am Rande der Gesellschaft leben, zu unterstützen versucht, arbeitet als Laufbursche für seinen Hauptmann. Außerdem lässt er sich von einem skrupellosen Arzt als Versuchsperson auf Erbsendiät setzen, um einen zusätzlichen Verdienst zu seinem mageren Sold zu erhalten, den er restlos an Marie (und sein Kind) abgibt. Hauptmann und Arzt nutzen Woyzeck physisch und psychisch aus und demütigen ihn in der Öffentlichkeit. Marie beginnt eine Affäre mit einem Tambourmajor. Woyzecks aufkeimender Verdacht wird durch ihm nicht freundlich gesinnte Mitmenschen geschürt, bis er Marie und den Nebenbuhler beim Tanz im Wirtshaus ertappt. Er hört Stimmen, die ihm befehlen, die treulose Marie umzubringen. Weil sein Geld für den Kauf einer Pistole nicht ausreicht, besorgt er sich ein Messer und ersticht Marie in einem Wald nahe einem See."
Noch immer hatte ich das Buch nicht zu lesen begonnen, blätterte, suchte nach einer knappen erhellenden Zusammenfassung dessen, was darüber entscheiden sollte, ob ich mich mit diesem Roman befassen werde, oder eher nicht und fand auf Seite 358 das, wonach ich suchte: "Massismos lebenslanges Experiment in Standhaftigkeit. Seine erstaunlichen Wandlungen dabei. Vom italienischen Immigrantenkind zum Züricher Gesellschaftslöwen. Vom Opernhausdemonstranten zum Opernhaussponsor. Vom Existenzphilosophen zum Bauunternehmer. Vom Tunnelbohrer zum Stradivari-Besitzer. Vom Linken zum Rechten. Vom Tiefen zum Hohen. Vom Süden zum Norden. Seine monströse Bewegung auf dem Koordinatennetz des Lebens. Und dann das Aufblitzen einer Frau, die alles zerstörte. Die Größe seines Aufstiegs und Falls. Die Chronologie der Schrecken."
Oh, dachte ich, das klingt interessant. Diesen Roman werde ich lesen.
Die Lebensgeschichte des Protagonisten Massimo Marini wird von dessen Anwalt erzählt, der von seinem Klienten fasziniert ist, weil dessen Leben alles andere als gradlinig verlaufen ist, auch weil Massimo von der Natur so viele Vorzüge geschenkt bekam- Schönheit, Intelligenz, Intellektualität, Kampfgeist, wenn es darum ging, seine Ideale oder auch einfach nur seine Ziele durchzusetzen.
Massimo ist das Kind italienischer Immigranten. Seine Kindheit in der Schweiz erlebt er in materiell schwierigen Verhältnissen. Seine fleißigen, aufstiegsbewussten Eltern schaffen es, die Schweizer Staatsbürgerschaft zu erhalten. Sein Vater macht sich alsdann als Bauunternehmer selbstständig. Massimo ist ein exzellenter Schüler- einer der besten seines Jahrgangs- , interessiert sich für Philosophie, Literatur und ist in der Schule in der Theatergruppe der Star. Mit der Rolle als Woyzeck beginnt sein Links-Rutsch. Sein Vater sieht diese Entwicklung nicht gerne, denn er möchte, dass sein Sohn, sein Unternehmen weiter- und zu noch nicht geahnten Höhen führt.
Massimo schreibt sich nach dem Abitur nicht in Architektur ein, wie er zu Hause vorgibt, sondern stattdessen heimlich in Philosophie. 1979 verlässt er Zürich, studiert ein Semester an der Sorbonne und hofft dort auf ein Wiederaufflammen von 1968. Massimo ist ein Idealist, der gegen Unrecht kämpfen möchte, der nach Sartre, Camus und Cohn-Bendit Ausschau hält und sich nach Straßenbarrikaden und Tränengas sehnt, (vgl.: S. 153). Dies alles findet er in Paris nicht und geht zurück nach Zürich, wird dort wegen der Genehmigung der kostenträchtigen Renovierung des Opernhauses aktiv, weil er die Gelder lieber in ein autonomes Jugendzentrum investiert sehen würde. Es kommt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, er wird verhaftet. Sein Vater ist enttäuscht von ihm. Massimo geht nun nach Berlin, um sich dort in Literatur und Philosophie einzuschreiben.
Es sind nicht seine politischen Erfahrungen, die er dort sammelt, die ihn verändern, sondern es ist das private Schicksal, das hier das erste Mal zuschlägt und ihm die Frau, in die er sich verliebt hat, auf tragische Weise nimmt. Als sein Vater stirbt, er daraufhin in der Schweiz eine tatkräftige junge Mitarbeiterin im Betrieb seines Vaters heiratet, nimmt er von allem, was davor war, vermeintlich Abschied und baut mit der diplomierten Bauingenieurin die Firma seines Vaters in der Weise auf, wie dieser sich dies erwünscht hat. Massimo gibt vor, Architekt zu sein. Doch nicht darin liegt seine größte Lebenslüge, sondern im Verleugnen all dessen, was ihm einst etwas bedeutet hat.
Dass er nach 20 Jahren seine Frau wegen einer Cellistin verlässt, hängt wohl weniger mit seinem Aufstiegsbewusstsein, nun endlich zur Schweizer Oberschicht zu gehören, zusammen, wie man ihm vorwirft, sondern wohl eher mit seiner verdrängten intellektuellen Berufung. Massimo ist kein wirklicher Tunnelbauer, seine Welt ist eine geistige. Dass seine beiden Ehefrauen ihn betrogen haben, macht deutlich, dass er im Leben versagt hat und das, weil er bei allem Besitz, den er erwarb, niemals er selbst war.
Es ist erschütternd, dass alle Frauen im Buch, mit Ausnahme von Massimos Mutter, nicht treu sein können. Die Untreue der Studentin Klara und seiner Ehefrauen Monika und Julia bilden die Ursache für Massimos tragischen Lebensverlauf. Wie ist es möglich, dass ein solch schöner, intelligenter Mann im Grunde so glücklos bei Frauen ist? Hängt es damit zusammen, dass Frauen ein feines Gespür dafür haben, wenn ein Mann neben sich steht?
Die Charaktere im Buch sind sehr gut herausgearbeitet. Das trifft im besonderen Maße auch auf Julia zu, die im Alter von 35 Jahren von dem 15 jährigen Raffael, dem vermeintlichen Sohn Massimos, geschwängert wird und auch für den Anwalt, der nicht grundlos an Depressionen leidet.
Höchst interessant ist es, all die Sachinformationen zum Tunnelbau zu lesen. Hoch,- Tief- und Untertagebau war für mich bislang ein Buch mit sieben Siegeln.
Woyzeck hat weit mehr mit Massimo gemeinsam als man denkt. Nicht nur, dass beide mit der Treulosigkeit von Frauen konfrontiert werden, sondern auch, dass beide in ihrer Eigentlichkeit gedemütigt werden, macht sie einander verwandt, wenn auch nicht zu Zwillingsbrüdern.
Sehr empfehlenswert.
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Massimo Marini,
Rolf Dobelli
Sonntag, 5. Dezember 2010
46 »Das Wunder von Guadalupe«
Teil 46 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Die größte Pilgerkirche der Welt ist die Basilika von Guadalupe. Sie wurde gebaut, weil vor fast einem halben Jahrtausend ein armer getaufter Azteke eine Marienerscheinung hatte. Millionen Pilger strömen an den Ort des Geschehens und besuchen das Gotteshaus. Emsige Verkäufer bieten Souvenirs der religiösen Art an. Sie sind aber sehr zurückhaltend und keineswegs so aufdringlich wie an manch’ anderem sakralen Ort der Christenheit.
Auf dem Weg zum Gottesdienst hatte Juan Diego eine geheimnisvolle Erscheinung. Die Gottesmutter sei ihm begegnet. Davon war der gläubige Azteke, der zum Christentum übergetreten war, überzeugt. An der Stätte der Erscheinung, so forderte es Maria, solle ein Gotteshaus errichtet werden. Juan Diego berichtete über den himmlischen Auftrag dem Bischof. Der aber war skeptisch und forderte einen Beweis.
Der Wunsch des skeptischen Kirchenmannes beunruhigte Juan Diego sehr. Wie würde Maria, so er sie denn überhaupt noch einmal sehen durfte, auf die doch wohl kränkende Skepsis reagieren? Die Erscheinung erwies sich zur Freude Juan Diegos, als sehr geduldig. Sie willigte ein. Juan solle am 12. Dezember 1531 erneut kommen. Dann werde sie einen unumstößlichen Beweis dafür liefern, dass sie – die Gottesmutter – tatsächlich mit ihm, einem einfachen Indio gesprochen habe.
An jenem 12. Dezember freilich erkrankte der Onkel Juan Diegos schwer. Juan Bernardino, so schien es, würde bald sterben. Sein Neffe solle nur rasch einen Priester herbeiholen. Juan rannte los, befürchtete aber, von der Jungfrau aufgehalten zu werden. So nahm er einen Umweg in Kauf, mied bewusst jene Stelle, an der er mehrfach die Erscheinung gesehen hatte. Die Erscheinung aber »schnitt ihm den Weg ab«, fragte, warum er denn nicht zu ihr gekommen sei, so wie man es doch abgesprochen habe.
Als die edle Frauengestalt von der Erkrankung des Onkels vernahm, da lächelte sie nur milde und erklärte, der Onkel sei durch ein Wunder genesen. Und genau das sei auch wirklich geschehen – behaupten zumindest glaubhafte Dokumente aus dem 16. Jahrhundert.
Juan Diego erhielt einen kurios anmutenden Befehl. Er solle umgehend jene Stelle, an der er zum ersten Mal die Erscheinung gesehen habe, aufsuchen und ganz bestimmte Knospen und Blüten einsammeln. Am angegebenen Ort fand der Indio aztekischer Herkunft tatsächlich Knospen und Blüten, obwohl ja Trockenzeit war, obwohl es also nichts Grünes, geschweige denn Knospendes oder gar Blühendes geben durfte. Eigentlich war der Befehl, den Juan Diego ausführen sollte, unsinnig. Und doch machte er sich auf den Weg.
Zu seinem Erstaunen fand er, mitten in der Trockenzeit, an der angegebenen Stelle ... ein Meer von Knospen und Blüten. Juan Diego pflückte sie gehorsam, und sammelte sie in seiner Tilma, einem schürzenähnlichen Umhang. Wieder suchte Bischof Juan de Zumarrage auf. Der Bischof und weitere hohe Würdenträger, zum Beispiel Bischof Don Sebastian Ramirez y Funeral, waren zugegen, als der getaufte Azteke seine Tilma öffnete.
Die Knospen und Blüten, die es eigentlich zu jener Jahreszeit gar nicht geben konnte, fielen zu Boden. Auf dem Umhang Juan Diegos war plötzlich ein wunderschönes Bildnis zu erkennen, »das geliebte Bild der Vollkommenheit, der heiligen Jungfrau Maria, der Mutter Gottes«. Das überzeugte Bischof Juan de Zumarrage. Er und seine Gäste knieten ergriffen nieder und beteten. Der Bischof erfüllte nun den Auftrag der Erscheinung. Auf seinen Befehl hin wurde am Erscheinungsort eine Kapelle errichtet.
Fast ein halbes Jahrtausend ist seit jenem denkwürdigen Ereignis vergangen... Ich habe nach ausgiebigem Literaturstudium zusammengefasst, was in dieser Zeit geschah!
1649: Nican Mophua übersetzt ältere Beschreibungen der Ereignisse von Guadalupe ins mexikanische Nahuatl. Die Kunde vom »Wunder« wird im ganzen Land bekannt. Immer mehr Pilger strömen an den mysteriösen Erscheinungsort.
1695: Die Kapelle am Erscheinungsort ist für den wachsenden Pilgerstrom viel zu klein geworden. Sie muss einer Kathedrale weichen.
1754: Papst Benedikt anerkannt das »Wunder der Jungfrau von Guadalupe« als echt.
1970: Die Kathedrale droht einzustürzen. Das Gebäude weist starke Schäden auf. Teile der Kathedrale haben sich deutlich gesenkt. Risse sind entstanden. Ein Besuch der Kathedrale wird immer gefährlicher. Man will nicht so lange warten, bis es zu einem Unglück kommt. Experten werden befragt. Sie halten erhebliche Renovierungsarbeiten für unbedingt erforderlich... als Minimallösung. Mit Nachdruck fordern sie aber einen Neubau.
1976: Eine Basilika wird neben die Kathedrale gebaut. Sie bietet 40 000 Menschen Platz.
1981: Papst Johannes Paul II. besucht die Basilika.
1990: Neuerlicher Besuch des Papstes in Guadalupe. Ein großes Denkmal erinnert an den höchsten Repräsentanten der katholischen Kirche am Erscheinungsort.
Mehr als drei Jahrzehnte besuchte ich mysteriöse Stätten von Ägypten bis Vanuatu. Immer wieder hörte ich seltsame Erzählungen und märchenhafte Legenden. Ersinnt der fromme Mensch aus Sehnsucht nach Beweisen für seine Religion wundersame Geschichten, die mit der Realität nichts zu tun haben? Das »Wunder von Guadalupe« ereignete sich in einer für die katholische Kirche äußerst günstigen Zeit!
Mit den mordenden Eroberern aus Europa waren auch Missionare zu den Azteken gekommen. Sehr überzeugend waren die Geistlichen nicht. Verkündeten sie doch das Christentum als Lehre der absoluten Nächstenliebe ... während ihre Glaubensgenossen mit Grausamkeit gegen die Azteken vorgingen, um möglichst viel Gold zu erbeuten. Die Missionare wurden weitestgehend abgelehnt... bis sich das »Wunder von Guadalupe« ereignete. Plötzlich mieden die Einheimischen nicht mehr die Missionare. Sie suchten sie auf und baten, den christlichen Glauben annehmen zu dürfen. In kürzester Zeit ließen sich Millionen von Menschen taufen!
Die Überlieferung über das Wunder von Guadalupe mutet dem modernen, skeptischen Menschen von heute wie eine unglaubwürdige Legende an. Wunder machen dem »modernen« Rationalisten, auch wenn er das nicht zugeben mag, Angst. Der »aufgeklärte« Skeptiker lehnt Wundersames grundsätzlich ab. Er protestiert lautstark, aber letztlich ängstlich, gegen die Existenz von Unerklärbarem...
In Theologenkreisen wird unterstellt, sie entbehre jeder historischen Grundlage. Man habe die Story nur erfunden, um den Menschen Zentralamerikas eine »eigene« Maria bieten zu können. Und in der Tat: Nach dem »Wunder« wurden die Nachfahren der einst stolzen Azteken katholisch. Aber genügt dies als Beweis dafür, dass das »Wunder von Guadalupe« reine Fiktion ist? Was ist Tatsache, was ist Fiktion?
Das verehrte Bildnis, so höre ich immer wieder, sei auf ganz natürliche Weise entstanden, ein unbekannter Künstler habe es vor Jahrhunderten gemalt. Für viele Theologen sind »Wunder« heute nicht mehr vermittelbar. Zumindest glauben »moderne« Theologen, dass unsere so wissenschaftliche Zeit keine Wunder mehr anerkennen mag. Also muss die »Maria von Guadalupe« eine Fälschung sein.
Das aber ist falsch. Und: Es ist schon ein Wunder, dass wir heute die Maria auf Juan Diegos Tilma überhaupt noch bewundern können!
»Beweise für ein Wunder«,
Teil 47 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 12.12.2010
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Die größte Pilgerkirche der Welt ist die Basilika von Guadalupe. Sie wurde gebaut, weil vor fast einem halben Jahrtausend ein armer getaufter Azteke eine Marienerscheinung hatte. Millionen Pilger strömen an den Ort des Geschehens und besuchen das Gotteshaus. Emsige Verkäufer bieten Souvenirs der religiösen Art an. Sie sind aber sehr zurückhaltend und keineswegs so aufdringlich wie an manch’ anderem sakralen Ort der Christenheit.
Händler vor der Basilika von Guadalupe Foto: Walter-Jörg Langbein |
Der Wunsch des skeptischen Kirchenmannes beunruhigte Juan Diego sehr. Wie würde Maria, so er sie denn überhaupt noch einmal sehen durfte, auf die doch wohl kränkende Skepsis reagieren? Die Erscheinung erwies sich zur Freude Juan Diegos, als sehr geduldig. Sie willigte ein. Juan solle am 12. Dezember 1531 erneut kommen. Dann werde sie einen unumstößlichen Beweis dafür liefern, dass sie – die Gottesmutter – tatsächlich mit ihm, einem einfachen Indio gesprochen habe.
An jenem 12. Dezember freilich erkrankte der Onkel Juan Diegos schwer. Juan Bernardino, so schien es, würde bald sterben. Sein Neffe solle nur rasch einen Priester herbeiholen. Juan rannte los, befürchtete aber, von der Jungfrau aufgehalten zu werden. So nahm er einen Umweg in Kauf, mied bewusst jene Stelle, an der er mehrfach die Erscheinung gesehen hatte. Die Erscheinung aber »schnitt ihm den Weg ab«, fragte, warum er denn nicht zu ihr gekommen sei, so wie man es doch abgesprochen habe.
Die Maria von Guadalupe auf einem Heiligenbildchen Foto: Walter-Jörg Langbein |
Juan Diego erhielt einen kurios anmutenden Befehl. Er solle umgehend jene Stelle, an der er zum ersten Mal die Erscheinung gesehen habe, aufsuchen und ganz bestimmte Knospen und Blüten einsammeln. Am angegebenen Ort fand der Indio aztekischer Herkunft tatsächlich Knospen und Blüten, obwohl ja Trockenzeit war, obwohl es also nichts Grünes, geschweige denn Knospendes oder gar Blühendes geben durfte. Eigentlich war der Befehl, den Juan Diego ausführen sollte, unsinnig. Und doch machte er sich auf den Weg.
Zu seinem Erstaunen fand er, mitten in der Trockenzeit, an der angegebenen Stelle ... ein Meer von Knospen und Blüten. Juan Diego pflückte sie gehorsam, und sammelte sie in seiner Tilma, einem schürzenähnlichen Umhang. Wieder suchte Bischof Juan de Zumarrage auf. Der Bischof und weitere hohe Würdenträger, zum Beispiel Bischof Don Sebastian Ramirez y Funeral, waren zugegen, als der getaufte Azteke seine Tilma öffnete.
Die Knospen und Blüten, die es eigentlich zu jener Jahreszeit gar nicht geben konnte, fielen zu Boden. Auf dem Umhang Juan Diegos war plötzlich ein wunderschönes Bildnis zu erkennen, »das geliebte Bild der Vollkommenheit, der heiligen Jungfrau Maria, der Mutter Gottes«. Das überzeugte Bischof Juan de Zumarrage. Er und seine Gäste knieten ergriffen nieder und beteten. Der Bischof erfüllte nun den Auftrag der Erscheinung. Auf seinen Befehl hin wurde am Erscheinungsort eine Kapelle errichtet.
Fast ein halbes Jahrtausend ist seit jenem denkwürdigen Ereignis vergangen... Ich habe nach ausgiebigem Literaturstudium zusammengefasst, was in dieser Zeit geschah!
1649: Nican Mophua übersetzt ältere Beschreibungen der Ereignisse von Guadalupe ins mexikanische Nahuatl. Die Kunde vom »Wunder« wird im ganzen Land bekannt. Immer mehr Pilger strömen an den mysteriösen Erscheinungsort.
1695: Die Kapelle am Erscheinungsort ist für den wachsenden Pilgerstrom viel zu klein geworden. Sie muss einer Kathedrale weichen.
1754: Papst Benedikt anerkannt das »Wunder der Jungfrau von Guadalupe« als echt.
1970: Die Kathedrale droht einzustürzen. Das Gebäude weist starke Schäden auf. Teile der Kathedrale haben sich deutlich gesenkt. Risse sind entstanden. Ein Besuch der Kathedrale wird immer gefährlicher. Man will nicht so lange warten, bis es zu einem Unglück kommt. Experten werden befragt. Sie halten erhebliche Renovierungsarbeiten für unbedingt erforderlich... als Minimallösung. Mit Nachdruck fordern sie aber einen Neubau.
Der Vorgänger der heutigen Basilika von Guadalupe. Foto: Walter-Jörg Langbein |
1981: Papst Johannes Paul II. besucht die Basilika.
1990: Neuerlicher Besuch des Papstes in Guadalupe. Ein großes Denkmal erinnert an den höchsten Repräsentanten der katholischen Kirche am Erscheinungsort.
Mehr als drei Jahrzehnte besuchte ich mysteriöse Stätten von Ägypten bis Vanuatu. Immer wieder hörte ich seltsame Erzählungen und märchenhafte Legenden. Ersinnt der fromme Mensch aus Sehnsucht nach Beweisen für seine Religion wundersame Geschichten, die mit der Realität nichts zu tun haben? Das »Wunder von Guadalupe« ereignete sich in einer für die katholische Kirche äußerst günstigen Zeit!
Mit den mordenden Eroberern aus Europa waren auch Missionare zu den Azteken gekommen. Sehr überzeugend waren die Geistlichen nicht. Verkündeten sie doch das Christentum als Lehre der absoluten Nächstenliebe ... während ihre Glaubensgenossen mit Grausamkeit gegen die Azteken vorgingen, um möglichst viel Gold zu erbeuten. Die Missionare wurden weitestgehend abgelehnt... bis sich das »Wunder von Guadalupe« ereignete. Plötzlich mieden die Einheimischen nicht mehr die Missionare. Sie suchten sie auf und baten, den christlichen Glauben annehmen zu dürfen. In kürzester Zeit ließen sich Millionen von Menschen taufen!
Das Bildnis der Maria von Guadalupe - Wunder oder Fälschung? Foto: Walter-Jörg Langbein |
In Theologenkreisen wird unterstellt, sie entbehre jeder historischen Grundlage. Man habe die Story nur erfunden, um den Menschen Zentralamerikas eine »eigene« Maria bieten zu können. Und in der Tat: Nach dem »Wunder« wurden die Nachfahren der einst stolzen Azteken katholisch. Aber genügt dies als Beweis dafür, dass das »Wunder von Guadalupe« reine Fiktion ist? Was ist Tatsache, was ist Fiktion?
Das verehrte Bildnis, so höre ich immer wieder, sei auf ganz natürliche Weise entstanden, ein unbekannter Künstler habe es vor Jahrhunderten gemalt. Für viele Theologen sind »Wunder« heute nicht mehr vermittelbar. Zumindest glauben »moderne« Theologen, dass unsere so wissenschaftliche Zeit keine Wunder mehr anerkennen mag. Also muss die »Maria von Guadalupe« eine Fälschung sein.
Das aber ist falsch. Und: Es ist schon ein Wunder, dass wir heute die Maria auf Juan Diegos Tilma überhaupt noch bewundern können!
»Beweise für ein Wunder«,
Teil 47 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 12.12.2010
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