»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
»Follow the others...« fordert mich der Wächter der »großen Pyramide«. Ich soll den anderen Pyramidenfreunden folgen. Dann werde ich in die Kammern der Königin und des Königs gelangen. Schnell... schnell... Schon ist wieder ein Trupp im Leib der »Großen Pyramide« verschwunden. »Follow them!« wird mir fast barsch befohlen. Nur dann, versichert man mir, werde ich ich in die Kammern der Königin und des Königs gelangen. Diese Bezeichnungen sind frei erfunden. Welchem Zweck die beiden Kammern in der Pyramide wirklich dienten, das ist nicht überliefert. Ich möchte aber nicht dem Tross der Touristen folgen. Mich interessiert die dritte Grabkammer....
»Dritte Kammer?« Mehrere Wächter haben sich inzwischen um mich geschart. »No third chamber exist....« behauptet einer in gutturalem, gebrochenen Englisch. Eine dritte Kammer existiert angeblich nicht. Ich deute nach oben. Deutlich ist der eigentliche Eingang zur Pyramide zu sehen. Er liegt auf der Nordseite des monumentalen Weltwunders, siebzehn Meter über der Grundfläche. Diesen höher gelegenen Eingang will ich benutzen, nicht jenen, durch den sich Hunderttausende Touristen quetschen. Er wurde einst von Grabräubern geschlagen.
Die unvollendete Grabkammer in der Cheopspyramide, im Plan eingekreist. |
Ich mache Anstalten, zum höher gelegenen Eingang zu klettern. Empört zerren die Guides an mir, packen mich an Armen und Beinen. Die Situation ändert sich schlagartig, als ich einige Geldscheine zücke und das Zauberwort »Bakschisch!« murmele. Dieses magische Wort und die Scheinchen verwandeln die Wächter schlagartig. Gern sind sie bereit, mit mir nach oben zu klettern. Der Wächter der Wächter am Eingang muss auch noch bestochen werden.... dann ist der Weg für mich frei... zur »unterirdischen Kammer« (»sunterranean chamber«).
Vor mir liegt ein Gang, der steil in das Innere der Pyramide führt. Die Bezeichnung »Gang« allerdings ist irreführend. Mit einer Höhe von nur 120 Zentimetern und einer Breite von 106 Zentimetern wirkt der Schacht alles andere als einladend. Ein aufrechtes Gehen ist bei dieser geringen Höhe nicht möglich. Kriechend in die Unterwelt der Cheopspyramide vorzudringen, das empfiehlt sich bei der Länge des Weges auch nicht. Also gehe ich in die Knie und quäle mich Schritt für Schritt die 26-Grad-Steigung hinab. Nach fünfundzwanzig Metern brennen meine Beine wie Feuer.
Soll ich aufgeben und den absteigenden Gang verlassen? Ich könnte jetzt in den aufsteigenden Gang wechseln, der zu der Königinnenkammer und der Königskammer führt. Ich schaue weiter nach unten. Es kommt mir so vor, als würde der tiefer führende »Gang« unendlich weit ins Erdinnere führen. Tatsächlich sind es aber »nur« noch etwa 85 weitere Meter.
.
.
Ziel meines anstrengenden Abstiegs in die »Unterwelt« |
Vor Anstrengung keuchend quäle ich mich weiter. Ich hatte gehofft, dass es im Inneren der Pyramide kühler ist als unter der Sonne Ägyptens. Die Luft wird muffiger, sie reizt zum schmerzhaften Husten. Mir ist, als würde es immer heißer und heißer. Meine Kleidung klebt mir am Leibe. Plötzlich spüre ich so etwas wie einen leisen, aber frischen Lufthauch. Auf eine »Länge« von nicht ganz zwei Metern ist der »Gang« immerhin stolze 1,85 Meter hoch. Hier soll so etwas wie eine Luftleitung in den absteigenden Gang führen. Kurz setze ich mich hin, dann wanke ich mehr kriechend als stehend weiter.
Endlich geht das Gefälle in die Horizontale über. Watschelnd geht es weiter, denn nach wie vor ist der »Gang« nur 120 Zentimeter hoch. So heftig inzwischen sämtliche Muskeln in Beinen und Rücken auch schmerzen... ich kämpfe mich schneller weiter. Ich weiß: nur noch zehn Meter trennen mich von der Kammer unter der »Cheopspyramide«.
»In der unvollendeten Grabkammer II«,
Teil 33b der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 5. September 2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
+++ Aus aktuellem Anlass +++
Schon von zwei Seiten kam nun der Hinweis, dass es beim Absenden von Kommentaren aus dem Browser Firefox zu Problemen kommen kann: Der Kommentar wird dem Nutzer dann zwar als versandt gemeldet, landet aber im Nirgendwo. Wir empfehlen Ihnen deshalb nach Möglichkeit die Nutzung von Google Chrome oder des Microsoft Internet Explorers. Bei diesen Browsern sind solche Schwierigkeiten unserem Kenntnisstand nach bisher nicht aufgetreten.
Zur Formatierung Ihrer Kommentare stehen Ihnen einige HTML-Befehle zur Verfügung. Eine Vorlage zum Abkopieren >>gibt es hier.