Habe ich schon mal erwähnt, dass ich offenbar Schwierigkeiten mit dem Selbstauslöser habe? |
In einem Wald, im Schutz alter Bäume, liegt das Dorf der
Wichtel. Dort lebe ich, Fido Buchwichtel und auch Polli, ein Wichtelmädchen, mit ihrer Familie. Heute möchte ich Euch von Polli erzählen. Sie ist
von Natur aus ein neugieriges Wichtelkind. Und sie ist mutig. Darum wagt sie auch
mehr als andere. Sie ist die einzige, die sich nahe an eine Menschensiedlung
traut. Ihre Eltern dürfen das natürlich nicht wissen. So schleicht sie sich
regelmäßig von zu Hause fort und läuft an den Rand des Waldes. Dort ist ein
Feldweg, der zwischen dem Wald und einer Wiese liegt, und zu den Häusern der
Menschen führt.
Das an sich ist nichts ungewöhnliches und hätte auch nicht
Pollis Interesse geweckt. Wenn da nicht dieses Menschenkind wäre … Polli wusste
mittlerweile, dass der Name des Kindes Lars ist und, dass er in eine
Menschenschule geht. Seinen Namen hatte sie herausbekommen, weil seine Mutter
ihn laut ruft. Überhaupt war diese Menschenmutter eine sehr laute Person. Die
Art, wie sie mit Lars umgeht, gefällt Polli überhaupt nicht. »Lars komm rein!«,
»Lars, wird’s bald?« Ständig schreit sie ihn an, dass es bis in den Wald
schallt. Solche Umgangsformen sind in der Wichtelwelt verpönt. Wichtelmütter
kommandieren ihre Kinder nicht herum. Polli hätte sich auch längst von den
Menschen und auch von Lars abgewandt. Aber Lars kann zaubern und Polli wollte
unbedingt hinter diesen Zauber kommen.
Darum wartet sie auch, versteckt hinter einem Baumstumpf,
bis Lars von der Schule nach Hause kommt. Aus ihrem Versteck heraus beobachtet
sie ihn, wie er zaubert. Bisher ist sie nicht hinter sein Geheimnis gekommen,
aber sie hat dafür viel erfahren über das Leben der Menschenkinder. So lernen
die schon früh, schwere Lasten zu tragen. Darum gehen sie auch langsam und mit
gebeugtem Kopf einher, einen schweren Tornister auf dem Rücken schleppend.
Wichtelkinder müssen das nicht. Die haben ihre Bücher in der Wichtelschule
liegen. Die Menschenschule muss auch sehr streng sein, denn Polli hatte Lars
noch nie mit einem fröhlichen Gesicht nach Hause gehen sehen.
Polli hatte den Baumstumpf erreicht und sah bereits Lars.
Irgendetwas war aber anders als sonst. Das Wichtelkind hielt die Luft an, denn
Lars kam direkt auf den Baumstumpf zu, zog den Tornister von seinem Rücken und
warf ihn in Pollis Richtung, die sich nur mit einem Sprung zur Seite retten
konnte. Dabei fiel sie auf den Rücken.
»Aua, kannst du nicht aufpassen, du dummer Mensch!« Im
selben Moment erschrak sie, denn Wichtelkinder dürfen sich Menschen nicht zu
erkennen geben. Und das aus gutem Grund, denn unvermittelt hatte Polli das Gesicht
von Lars über sich, der sie mit großen Augen ansah. In diesem Moment bekam sie
dann doch etwas Angst.
»Was bist Du denn?«
Polli überlegte einen Moment, nahm dann ihren Mut zusammen,
ändern konnte sie jetzt eh nichts mehr an der Situation. Ein Menschenkind hatte
sie entdeckt, es gab Sinn keine Ängstlichkeit zu zeigen.
»Ich bin ein Wichtelmädchen und mein Name ist Polli! Und du
bist der Lars!«
»Woher weißt du das?« Lars schien ehrlich überrascht zu
sein.
»Das sage ich dir, wenn du mich aufstehen lässt. Vielleicht
setzt du dich auf den Baumstumpf, dann können wir uns unterhalten.«
Lars gehorchte und so stand Polli auf und stellte sich vor
den sitzenden Lars.
»Jetzt ist mein Kleidchen schmutzig geworden!« Polli zupfte
Äste und Blattwerk von ihren Ärmelchen.
»Bekommst du jetzt Ärger deswegen?«
Lars wirkte betroffen.
»Nein, ich darf mich schmutzig machen. Aber ich möchte es
nicht. Ist auch nicht schlimm ...«
Ein Schrillen zerriss die Stille. Da war er wieder. Der
Schachtelzauber, den Lars beherrschte und hinter dessen Geheimnis Polli
unbedingt kommen wollte. Gebannt betrachtete sie das Menschenkind. Lars griff
in seine Hosentasche, verdrehte dabei seine Augen, als wäre es ihm lästig. Er
holte eine kleine Schachtel heraus, drückte dabei mit dem Finger auf die
Fläche, führte die Hand mit der Schachtel an sein Ohr und raunzte ein ›Ja!‹
Polli starrte fasziniert auf Lars und hörte tatsächlich aus
der Schachtel die Stimme der Mutter.
»Das Essen ist fertig!«
»Ja, ich bin gleich da!«
»Hast du Mathe zurück?«
»Ja«
»Und?«
»Ne fünf.« Seine Stimme wurde immer leiser, dicke Tränen
liefen Lars über die Wange. In diesem Moment vergaß Polli ihr Interesse an dem
Schachtelzauber.
»Komm du nach Hause, Männeken. Heute wirst du nur das kleine
Einmaleins üben! Und eine Woche Fernsehverbot, verstanden?«
»Ja.«
Die Schachtel verschwand in der Tasche. Es kam auch keine
Musik aus der Schachtel wie sonst. Polli verstand die Menschen nicht. Sie
konnte Stimmen und Musik aus kleinen Schachteln zaubern, aber das Einmaleins
mussten sie üben. Polli befand, dass Lars viel zu alt war, um das zu lernen.
»Ich muss nach Hause.«
Lars bückte sich nach seiner Schultasche.
»Du kannst das Einmaleins nicht? Das musst du mir erklären!
Aber putze dir erst die Nase, du hast Schnodder hängen!«
Jetzt musste Lars leise lachen. Er schnäuzte sich die Nase,
wischte sich die Tränen weg und steckte das Taschentuch wieder ein.
»Na ja, ich hätte vor der Klassenarbeit üben müssen.« Seine
Antwort kam kleinlaut.
»Wir Wichtelkinder lernen das kleine Einmaleins bevor wir in
die Wichtelschule gehen. Unsere Mütter lesen uns aus einem Buch vor. Da sind
Reime und Sprüche aufgeschrieben. So lernen wir das ganz einfach und haben
keine Probleme damit. Hat das deine Mutter nicht bei dir gemacht? Dir
vorgelesen?«
Lars schüttelte traurig den Kopf. Er sah das Wichtelmädchen
an.
»Eine Tante hatte mir mal ein Buch geschenkt, das ist lange
her, da war ich noch im Kindergarten. Da waren auch Einmaleinsgedichte drin.
Sie hatte meiner Mutter gesagt, dass die mir daraus vorlesen soll. Dann würde
ich das Einmaleins mühelos lernen. Aber meine Mutter hat das nie gemacht. Das
Buch muss ich aber noch irgendwo haben.«
Polli dachte einen Augenblick nach.
»Weißt du was, Lars? Such doch das Buch hervor. Jetzt kannst
du selbst darin lesen.«
»Sehe ich dich morgen wieder?«
Polli überlegte einen Moment. Dann nickte sie, ihr fiel die
Schachtel wieder ein und der Zauber aus der Schachtel, hinter dessen Geheimnis
sie ja kommen wollte.
Als Lars das häusliche Donnerwetter seiner Mutter und auch
das Mittagessen hinter sich gebracht hatte, ging er in sein Zimmer. In der
hintersten Ecke einer seiner Spielzeugkisten fand er das Buch wieder, das ihm
die Tante vor langer Zeit geschenkt hatte. Er setzte sich auf sein Bett und las
sich selber vor:
»Einmaleins Walpurgisnacht!: Rechnen ist (k)eine Hexerei«
»Einmaleins Walpurgisnacht!: Rechnen ist (k)eine Hexerei«
Eine schöne Woche wünscht
Fido Buchwichtel
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Werter Fido!
AntwortenLöschenAlso das sehe ich anders! Die Fotos mit Selbstauslöser sind doch gelungen!
Walter