Sonntag, 3. Dezember 2017

411 »Vom Setzling und den Astronautengöttern«

Teil 3 von »Von einem, der auszog, um Pfarrer zu werden«,
Teil  411 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein 

3.12.2017                      

Foto 1: Adam und Eva von Urschalling.

Kurz vor Weihnachten 1968. Bundesweit diskutiert man über Erich von Dänikens »Erinnerungen an die Zukunft«. Kaum eine Unterrichtsstunde vergeht ohne einen Hinweis auf Erich von Däniken. On Mathematik oder Musik, ob Geschichte oder Physik. Besonders angetan von den Theorien des Schweizer Bestsellerautoren ist Musiklehrer Heinz Müller-Beck. Mit Däniken gar nichts anfangen kann unser Religionslehrer, ein behäbiger Pfarrer, mit der Neigung zu drastischer Ausdrucksweise. »Das ist doch alles ein Scheiß!« pflegte der Gottesmann zu sagen, wenn es ihm an Gegenargumenten gebrach.

Foto 2: Adam von Urschalling.

Einmal hielt ich im Religionsunterricht einen kleinen Vortrag über »Erinnerungen an die Zukunft« unter besonderer Berücksichtigung biblischer Texte, von Babel bis Bomben auf Sodom, von Himmelfahrt Jesu bis Hesekiels Raumschiff. »Das ist doch alles ein Scheiß!« ließ der Religionslehrer wieder einmal vernehmen. Auf meine Frage, ob er denn wirklich genau wisse, dass Dänikens Interpretationen falsch seien, kam wieder sein »Das ist doch alles..«, gefolgt von »Ich habe die biblischen Texte in den Originalsprachen gelesen, da kommen keine Außerirdischen drin vor!«

Diese grimmig vorgetragene Äußerung des Geistlichen war mit einer der zentralen Gründe für mich, evangelische Theologie zu studieren. Ich wollte auch die Bibel in den Originalsprachen Hebräisch und Griechisch lesen. Ich wollte selbst herausfinden, ob die Originaltexte nicht vielleicht mehr über die »Astronautengötter« aussagten als die modernen Übersetzungen. Tatsächlich wurde ich fündig!Im Alten Testament schufen »Elohim«, also »Götter« (Mehrzahl) als erste Menschen Adam und Eva.

Foto 3: Eva ...
Laut Genesis (1. Buch Mose Kapitel 2 Vers 21) entstand Eva aus einer Rippe Adams. »Ti«, so heißt im Sumerischen das Zeichen für „Rippe“. Die Grundgedanken des biblischenSchöpfungsberichts basieren auf Überlieferungen aus dem Sumerischen.  »Ti« bedeutet aber gleichzeitig auch »Lebenskraft«. Darf man also übersetzen „Die Götter nahmen von Adams Lebenskraft.“? Wenn die »Elohim« Astronautengötter waren, entstand dann Eva als ein wissenschaftliches Experiment?

Was den Astronautengöttern vor Jahrtausenden möglich war, das mag schon heute klammheimlich in Laboren geschehen.  Täuschen wir uns nicht! Was wissenschaftlich möglich ist, es geschieht auch. Auch wenn viele Wissenschaftler aus ethischen Gründen auf  Experimente verzichten, es wird irgendwo schon längst skrupellose Wissenschaftler geben, die Gott spielen wollen.

Die Lebenskraft hat ihren Sitz in der Zelle. Gene sind Informationsträger der Vererbung. Die Grundinformation liegt bereits im DNS- Molekül. Durch künstlich herbeigeführte  Mutationen in diesem Bereich werden die Erbfaktoren verändert. So dürfte es möglich sein, intelligente »Tiermenschen« zu erschaffen schaffen, die der Sprache mächtig sind. An solchen Kreaturen dürften zum Beispiel Diktatoren interessiert sein. Warum? Sie träumen womöglich von einem Heer von Soldaten, von Wesen ohne Selbsterhaltungstrieb, von idealen Kämpfern ohne Skrupel.

Foto 4: Abel
Foto 5: Kain
Spekulieren wir weiter: Nehmen wir an, ein gentechnisch manipulierter Adam wurde geschaffen. Damit es aber nicht bei diesem einem Individuum bleibt, damit die veränderten Erbanlagen auch weitergegeben werden, muss der mutierte Chromosomensatz einem weiblichen Wesen eingepflanzt werden. Und just dieser Vorgang wird, so scheint mir, im »Schöpfungsbericht« der Bibel beschrieben, was freilich nur das hebräische Original erkennen lässt. Unsere Übersetzungen hingegen lassen die ursprüngliche Aussage nicht mehr auch nur erahnen. Schlagen wir also das 1. Buch Mose Kapitel 4 Vers 25 auf.  Ich wiederhole: Man muss den Text freilich wörtlich aus dem Hebräischen übersetzen, um den eigentlichen Sinn zu erkennen, der den Lesern heutiger, moderner Bibelausgaben fremd bleibt. Wie heißt es in gängigen Übersetzungen?

So lesen wir in der »Luther-Bibel«, Ausgabe 2017: »Adam erkannte
abermals seine Frau, und sie gebar einen Sohn, den nannte sie Set: ›Denn Gott hat mir einen andern Sohn gegeben für Abel, den Kain erschlagen hat.‹« Konsultieren wir die »Elberfelder Bibel«:  »Und Adam erkannte noch einmal seine Frau, und sie gebar einen Sohn und gab ihm den Namen Set: Denn Gott hat mir einen anderen Nachkommen gesetzt anstelle Abels, weil Kain ihn erschlagen hat.« Lassen wir noch die »Schlachter-Bibel« von 1951 zu Wort kommen: »Und Adam erkannte sein Weib abermal; die gebar einen Sohn und nannte ihn Seth; denn Gott hat mir für Abel einen andern Samen gesetzt, weil Kain ihn umgebracht hat.«

Die »Einheitsübersetzung« bemüht sich immerhin um Klärung der Frage, warum denn nun Eva ihren dritten Sohn Seth genannt hat. Des Rätsels Lösung: Der hebräische Name »Seht« (andere Schreibweise ist »Schet«) lässt sich übersetzen. Und diese Übersetzung wird in der »Einheitsübersetzung« in Klammern angegeben: »Adam erkannte noch einmal seine Frau. Sie gebar einen Sohn und nannte ihn Set (Setzling); denn sie sagte: Gott setzte mir anderen Nachwuchs ein für Abel, weil ihn Kain erschlug.«

Foto 6: Adam und Eva, Höxter
Auch diese Übersetzung mutet noch etwas seltsam an. Wie sollen wir den verstehen, dass »Gott« ihr »anderen Nachwuchs« einsetzte? Die Luther-Bibel von 1912 ist genauer in ihrer Übersetzung:  Sie verrät uns, dass Eva ihren 3. Sohn Seth nannte, »denn Gott hat mir, sprach sie, einen andern Samen gesetzt für Abel, den Kain erwürgt hat.« Dem »fremden Samen« begegnen wir auch in der Luther-Bibel von 1545: »Adam erkandte aber mal sein weib / vnd sie gebar einen Son den hies sie Seth / Denn Gott hat mir (sprach sie) einen andern samen gesetzt fur Habel den Kain erwürget hat.«

Die wortwörtliche Wiedergabe, die wortgetreue Übersetzung aus dem hebräischen Original lautet: »Und Adam schwängerte nochmals seine Frau, und sie gebar einen Sohn, den nannte sie Setzling (oder: Eingepflanzter), denn gesetzt haben mir die Elohim (die Götter) fremden Samen für Abel, welchen Kain erschlug.«

Der Vollständigkeit halber: Analysiert man den vorliegenden Satz im Hebräischen gründlich, dann scheint da etwas nicht zu passen. Es gibt nur eine Erklärung! Es wurden offensichtlich zwei Sätze aus verschiedenen Urquellen miteinander verknüpft. Satz 1 berichtet »Und Adam schwängerte nochmals seine Frau und sie gebar.« Satz 2 ist in wörtlicher Rede gefasst und erklärt, warum Eva den Knaben Seth, nämlich Setzling nannte: »Denn gesetzt haben mir »Elohim« die Götter fremden Samen für Abel, welchen der Kain erschlug.« Beide Sätze, wobei der zweite älter sein dürfte, als der erste, wurden miteinander vermengt. Im Hebräischen ist noch zu erkennen ist, dass da zwei Sätze wie zwei nicht wirklich zusammen passende Puzzleteile in ein Bild gepresst wurden, während dieser Sachverhalt in späteren Übersetzungen entstellt wurde.

Demnach war Adam nicht der biologische Vater von Seth, wurde doch der Eva fremder Same »gesetzt«. Warum scheuen Bibelübersetzer davor zurück die Sache mit Seth zu erklären? Wieso vermeiden Bibelübersetzer den Hinweis auf die Bedeutung des Namens Seth? Rühmliche Ausnahme ist Martin Buber.

Foto 7
Wer das »Alte Testament« im Original lesen möchte, muss das biblische Althebräisch beherrschen und kann überprüfen, ob Übersetzungen der Texte korrekt erfolgt sind. Dem Original sehr viel näher als andere kommt die »Verdeutschung« des »Alten Testaments« von Martin Buber und Franz Rosenzweig (1). Buber wählte bewusst den Ausdruck »Verdeutschung«, weil er bemüht war, so viel wie möglich vom Original zu erhalten.

Martin Buber (1925-1978) war ein weltweit geachteter österreichisch-israelischer jüdischer Religionsphilosoph. Intensiv wie kein anderer Gelehrter setzte er sich mit den Schriften des »Tenach«, in unseren Gefilden als »Altes Testament« bekannt, auseinander. Der Philosoph und Schriftkundige war zeitlebens bemüht, die altehrwürdigen Texte so ins Deutsche zu übertragen, dass möglichst alle sprachlichen Besonderheiten erhalten blieben. Wie Buber in einem Interview erklärte, ging es ihm dabei nicht um die Untermauerung einer Lehre oder Theologie. Vielmehr wollte er, sinnbildlich gesprochen, ein Fenster zur Welt des »Tenach« aufstoßen.

Martin Buber gibt Genesis 4, Vers 25 wie folgt wieder (2): »Adam erkannte nochmals sein Weib und sie gebar einen Sohn. Sie rief seinen Namen: Schet, Setzling! Denn gesetzt hat Gott mir einen andern Samen für Habel, weil ihn Kajin erschlug.« Das Einsetzen fremden Samens klingt in meinen Ohren mehr nach außerirdischen Experimentatoren als nach einem biblischen Gott.

Übrigens: Der Sachverhalt des Einpflanzens fremden Samens wird, dies als interessante Ergänzung, auch im altindischen »Nala und Damayanti«, einem Teilstück des altindischen Epos »Mahabharata«, unabhängig vom Alten Testament Jahrtausende zuvor entstanden, gleichfalls beschrieben (2). Da erhält die Frau des Herrschers Bhima von den Göttern, vermittelt von einem Rsi, der zwischen himmlischen und irdischen Gefilden pendelte, Knaben- und Mädchenperlen. Diese werden eingepflanzt, die Königin wird schwanger und gebiert Kinder, just so, wie sie gewünscht worden waren, die Gene waren von den Göttern präpariert worden.

Foto 8: Eva am »Adam und Eva Haus«
Mein Fazit: Der Schöpfungsbericht im Alten Testament ist nicht Wort Gottes, er beschreibt vielmehr die Angelegenheiten der Götter.

Fußnoten
1) »Die Schrift. Aus dem Hebräischen verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig«, 4 Bände, 2688 Seiten, Deutsche Bibelgesellschaft, 1. Auflage, 1992
2) »Nala und Damayanti/ Eine Episode aus dem Mahabharata«, Stuttgart 1965

Zu den Fotos
Foto 1: Adam und Eva von Urschalling. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Adam von Urschalling. Foto Walter-Jörg Langbei
Foto 3: Eva von Urschalling.  Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Abel will Gott opfern. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Kain will Gott opfern. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Adam und Eva am »Adam- und Eva-Haus«, Höxter.
Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Adam am »Adam- und Eva-Haus«, Höxter. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Eva am »Adam- und Eva-Haus«, Höxter. Foto Walter-Jörg Langbein


412 »Jakobs Himmelsleiter und das Tor zum Himmel«,
Teil  412 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 10.12.2017


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