Teil 50
der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Ein geheimnisvoller Zauber geht von der alten Mayastadt Palenque aus. Imposante Bauwerke fügen sich mit geradezu spielerischer Leichtigkeit in die sattgrüne Urwaldlandschaft. Wuchtige Pyramiden schmiegen sich sanft an Hügel. Es ist, als ob geniale Maya-Architekten eine Pyramidenlandschaft kreiert hätten: als Ergänzung zur Natur, nicht als Sieg der menschlichen Schaffenskraft über die Natur. Es ist, als setze sich die kraftvolle Natur in den steinernen Bauten der Menschen fort.
Das wohl schönste, sicher bekannteste Gebäude der Maya-Stadt im Urwald ist die »Pyramide der Inschriften«. In einer Höhe von 21 Metern thront der Tempel auf einem steinernen Unterbau, der Pyramide, der sich sanft an einen Hügel anschmiegt. Die Pyramide besteht aus acht aufeinandergesetzten Plattformen. Eine gefährlich steile Treppe führt an der Nordseite zum Heiligtum hinauf. Sie wurde nicht gebaut, um Tausende und Abertausende Besucher zu ertragen. Wer die Kalksteintreppe schonen und vor rapider Zerstörung durch Massenansturm bewahren möchte, kann einen anderen, zudem auch noch sicheren Weg wählen: an der Rückseite kann man bequem den kleinen Hügel besteigen und so zum Tempel auf der obersten Plattform gelangen.
Erst im Jahre 1949 machte der mexikanische Archäologe Dr. Alberto Ruiz Lhuillier im Inneren des imposanten Bauwerks eine Entdeckung. Er fand einen Eingang in die Unterwelt, der bei sämtlichen wissenschaftlichen Untersuchungen zuvor übersehen worden war. Eine wuchtige Bodenplatte aus Stein verschloss einen Treppenschacht. Der aber war bis an den Rand mit Steinbrocken und Geröll zugeschüttet worden. Tonnen von Schutt mussten mühsam weggeräumt werden, bis Lhullier endlich am 15. Juni 1952 vor einer dreieckigen, massiven Steintür stand. Das Portal hatte beachtliche Ausmaße: (1,60 mal 2,45). Es wurde sorgsam geöffnet.
Dr. Alberto Ruiz Lhullier: »Ich betrat einen großen leeren Raum, eine Art Eisgrotte, deren Wände und Decke mir vorkamen wie perfekte Flächen, wie eine aufgegebene Kapelle, von deren Decke ganze Vorhänge von Stalaktiten hingen, als ob es dicke, tropfende Kerzen wären.«
Der mexikanische Archäologe befand sich nun unterhalb der Pyramide. Der Raum (neun Meter lang, vier Meter breit und sieben Meter hoch), barg ein faszinierendes Geheimnis: eine zehn Tonnen schwere Steinplatte (3,80 Meter lang, 2,20 Meter breit und 25 cm dick). Sie verschloss einen steinernen Sarkophag, der auf zwanzig Tonnen geschätzt wird. Die Grabplatte bot einen faszinierenden Anblick: ein geheimnisvolles Relief zierte den mächtigen Stein.
Erich von Däniken war es, der den »Tempel der Inschriften« weltberühmt gemacht hat. Eine zeichnerische Darstellung des Reliefs vom steinernen Sargdeckel aus der Gruft zierte Dänikens Erstling »Erinnerungen an die Zukunft«. Als sich der Mensch anschickte, den Erdtrabanten Mond zu besuchen, trug Erich von Däniken eine raumfahrttechnische Interpretation der Steingravur vor. Die Zeit war reif für Dänikens Gedanken: Der Mensch machte sich daran, ins All vorzudringen. Warum sollten dann nicht alte, fortgeschrittene Zivilisationen auf fremden Welten ebenfalls Raumfahrt entwickelt haben. Sollten fremde Astronauten die Erde bereits vor Jahrtausenden besucht haben?
»Da sitzt ein menschliches Wesen mit dem Oberkörper vorgeneigt, in Rennfahrerpose vor uns; sein Fahrzeug wird heute jedes Kind als Rakete identifizieren. Das Vehikel ist vorne spitz, geht über in merkwürdig gerillte Ausbuchtungen, die Ansauglöchern gleichen, wird dann breiter und endet im Rumpf in eine züngelnde Feuerflamme. Das Wesen selbst, vornübergeneigt, bedient mit den Händen eine Reihe unidentifizierter Kontrollgeräte und setzt die Ferse des linken Fußes auf eine Art Pedal. Seine Kleidung ist zweckentsprechend: eine kurze, karierte Hose mit einem breiten Gurt, eine Jacke mit modernem japanischen Halsausschnitt und dicht abschließende Arm- und Beinbänder. Es würde, in Kenntnis korrespondierender Darstellungen, verwundern, wenn der komplizierte Hut fehlen würde. Er ist da, mit Ausbuchtungen und Röhren. Unser so deutlich dargestellter Raumfahrer ist nicht nur durch seine Pose in Aktion - dicht vor seinem Gesicht hängt ein Gerät, das er starrend und aufmerksam beobachtet. Der Vordersitz des Astronauten ist vom hinteren Raum des Fahrzeugs, in dem man gleichmäßig angeordnete Kästen, Kreise und Spiralen sieht, durch Verstrebungen abgetrennt.«
Erich von Dänikens Interpretation wurde weltweit diskutiert. Prof. Dr. Hans Georg Wunderlich ging in seinem Buch »Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende« in einem ausführlichen »Intermezzo« (1) auf Dänikens Interpretation ein. Das Kunstwerk aus Mayazeiten stelle, so Prof. Wunderlich keinen Astronauten, sondern eine »Trockenmumie« dar. Wunderlich schreibt (2): »Man hat also den seit längerer Zeit toten und zum Transport als Hockermumie zubereiteten vornehmen Maya-Häuptling oder Edlen zum Zwecke der offiziellen Totenfeier aus seiner Transportverpackung gewickelt und auf den traditionellen Totenstuhl gesetzt... Das Relief zeigt demnach offenbar den bedeutendsten Teil der Maya-Totenzeremonie, nämlich die Verehrung des Verstorbenen auf seinem reich verzierten Thronsessel, dem Totenstuhl.«
Zu einem ganz anderen Ergebnis kommt allerdings das Werk »Die Kunst des Alten Mexiko«. Jacques Soustelle erkennt keine Trockenmumie auf dem traditionellen Totenstuhl. sondern einen jungen Mann (3): »Das Basrelief, das die Platte ganz bedeckt, ist eines der Meisterwerke der Maya-Skulptur. Der Baum des Lebens wächst aus dem Leib eines jungen Mannes, der halb auf dem Lager ausgestreckt ist, welches das Erden-Ungeheuer darstellt. Nach Soustelle legt sich der junge Mann gerade nieder »um zu sterben«.
Ein weiterer Mayaexperte von Rang, Pierre Ivanoff (4), wiederum sieht keinen jungen Mann, der sich niederlegt, um zu sterben... sondern einen Mann, der in seiner »aufschnellenden Haltung dem entstehenden Leben« gleiche. Ivanoff weiter: »Sein Gesicht erinnert an das des Maisgottes-, er könnte deshalb die Inkarnation der keimenden Natur sein.«
Im Verlauf verschiedener Reisen nach Zentralamerika war ich wiederholt in Palenque. So manches Mal saß ich vor dem Eingang und blickte zur nahegelegenen »Universität«, wo himmlische Lehrmeister die verschiedensten Wissenschaften gelehrt haben sollen. Ob diese »Professoren« auch so widersprüchliche Thesen verkündet haben wie die Maya-Experten unserer Tage über die Grabplatte von Palenque?
Im Verlauf verschiedener Reisen besuchte ich wiederholt Palenque und stieg auf den steilen steinernen Treppenstufen hinab in die Unterwelt, unter der Pyramide der Inschriften. Während ich vor dem Original der Grabplatte stand, gingen mir die oft widersprüchlichen Erklärungen der unterschiedlichen Gelehrten zu diesem einzigartigen Kunstwerk durch den Kopf. (5) Was stellten Maya-Künstler vor vielen Jahrhunderten auf der Grabpalatte von Palenque dar? War es doch ein Astronaut? Auch diese These fand in der Welt der Wissenschaft Unterstützung.
So schrieben Dr. Wolfgang Briegleb und Professor Dr. Siegfried Ruff, beide tätig bei der »Deutschen Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt«, Bonn (6): »Einer der beeindruckendsten optischen Belege für Dänikens Thesen scheint uns die Grabplatte von Palenque zu sein. Man muss sich hier wirklich Gewalt antun, um nicht mit den Augen unserer Tage eine stilisierte Gemini- oder Wostok-Kapsel zu erkennen. Die Körperhaltung der dargestellten menschlichen Gestalt ist eigentlich nur sinnvoll, wenn sie eine Beschleunigung in Richtung Brust-Rücken erhält. Dass der hypothetische Raketenpilot zudem anscheinend hemdsärmelig fliegt, ist uns eine inzwischen vertraute Vorstellung.«
Pierre Ivanoff, Mayaexperte von Rang, gibt zu (7): »Der Tempel der Inschriften bleibt deshalb bis auf weiteres ein Rätsel und eine offene Frage.«
Fußnoten(1) Wunderlich, Hans Georg: »Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende/ Eine Archäologie der menschlichen Seele«, Reinbek 1974, S. 201-219
(2) ebenda, S. 210
(3) Soustelle, Jacques: »Die Kunst des Alten Mexiko«, Osnabrück 1968, S. 67
(4) Ivanoff, Pierre: »Monumente großer Kulturen, Luxemburg 1974, S.77
(5) Siehe hierzu Langbein, Walter-Jörg: »2012/ Endzeit und Neuanfang/ Die Botschaft der Mayas«, München 2009, S. 176-186
(6) Briegleb, Wolfgang und Ruff, Siegfried: »Plädoyer für eine unkonventionelle Erforschung unserer Vergangenheit« in »Waren die Götter Astronauten?«, herausgegeben von Ernst von Khuon, Düsseldorf 1970, S. 84 ff.
(7) Ivanoff, Pierre: »Monumente großer Kulturen, Luxemburg 1974, S.77
»Das Geheimnis der runden Pyramide«,
Teil 51 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 09.01.2011
der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Rätselhaftes Palenque - Foto: Walter-Jörg Langbein |
Das wohl schönste, sicher bekannteste Gebäude der Maya-Stadt im Urwald ist die »Pyramide der Inschriften«. In einer Höhe von 21 Metern thront der Tempel auf einem steinernen Unterbau, der Pyramide, der sich sanft an einen Hügel anschmiegt. Die Pyramide besteht aus acht aufeinandergesetzten Plattformen. Eine gefährlich steile Treppe führt an der Nordseite zum Heiligtum hinauf. Sie wurde nicht gebaut, um Tausende und Abertausende Besucher zu ertragen. Wer die Kalksteintreppe schonen und vor rapider Zerstörung durch Massenansturm bewahren möchte, kann einen anderen, zudem auch noch sicheren Weg wählen: an der Rückseite kann man bequem den kleinen Hügel besteigen und so zum Tempel auf der obersten Plattform gelangen.
Über den bewaldeten Hügel hinter der Pyramide geht es auch zur Spitze Foto: Walter-Jörg Langbein |
Dr. Alberto Ruiz Lhullier: »Ich betrat einen großen leeren Raum, eine Art Eisgrotte, deren Wände und Decke mir vorkamen wie perfekte Flächen, wie eine aufgegebene Kapelle, von deren Decke ganze Vorhänge von Stalaktiten hingen, als ob es dicke, tropfende Kerzen wären.«
Der mexikanische Archäologe befand sich nun unterhalb der Pyramide. Der Raum (neun Meter lang, vier Meter breit und sieben Meter hoch), barg ein faszinierendes Geheimnis: eine zehn Tonnen schwere Steinplatte (3,80 Meter lang, 2,20 Meter breit und 25 cm dick). Sie verschloss einen steinernen Sarkophag, der auf zwanzig Tonnen geschätzt wird. Die Grabplatte bot einen faszinierenden Anblick: ein geheimnisvolles Relief zierte den mächtigen Stein.
Die geheimnisvolle Steinplatte Foto Walter-Jörg Langbein |
Das Däniken-Cover löste weltweit Diskussionen aus |
Erich von Dänikens Interpretation wurde weltweit diskutiert. Prof. Dr. Hans Georg Wunderlich ging in seinem Buch »Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende« in einem ausführlichen »Intermezzo« (1) auf Dänikens Interpretation ein. Das Kunstwerk aus Mayazeiten stelle, so Prof. Wunderlich keinen Astronauten, sondern eine »Trockenmumie« dar. Wunderlich schreibt (2): »Man hat also den seit längerer Zeit toten und zum Transport als Hockermumie zubereiteten vornehmen Maya-Häuptling oder Edlen zum Zwecke der offiziellen Totenfeier aus seiner Transportverpackung gewickelt und auf den traditionellen Totenstuhl gesetzt... Das Relief zeigt demnach offenbar den bedeutendsten Teil der Maya-Totenzeremonie, nämlich die Verehrung des Verstorbenen auf seinem reich verzierten Thronsessel, dem Totenstuhl.«
Astronaut - oder nicht? - Foto: Walter-Jörg Langbein |
Ein weiterer Mayaexperte von Rang, Pierre Ivanoff (4), wiederum sieht keinen jungen Mann, der sich niederlegt, um zu sterben... sondern einen Mann, der in seiner »aufschnellenden Haltung dem entstehenden Leben« gleiche. Ivanoff weiter: »Sein Gesicht erinnert an das des Maisgottes-, er könnte deshalb die Inkarnation der keimenden Natur sein.«
Astronaut oder sterbender Jüngling? Foto: Walter-Jörg Langbein |
Im Verlauf verschiedener Reisen besuchte ich wiederholt Palenque und stieg auf den steilen steinernen Treppenstufen hinab in die Unterwelt, unter der Pyramide der Inschriften. Während ich vor dem Original der Grabplatte stand, gingen mir die oft widersprüchlichen Erklärungen der unterschiedlichen Gelehrten zu diesem einzigartigen Kunstwerk durch den Kopf. (5) Was stellten Maya-Künstler vor vielen Jahrhunderten auf der Grabpalatte von Palenque dar? War es doch ein Astronaut? Auch diese These fand in der Welt der Wissenschaft Unterstützung.
Blogautor Walter-Jörg Langbein in der Unterwelt von Palenque. Foto: Ingeborg Diekmann |
Pierre Ivanoff, Mayaexperte von Rang, gibt zu (7): »Der Tempel der Inschriften bleibt deshalb bis auf weiteres ein Rätsel und eine offene Frage.«
Fußnoten(1) Wunderlich, Hans Georg: »Die Steinzeit ist noch nicht zu Ende/ Eine Archäologie der menschlichen Seele«, Reinbek 1974, S. 201-219
(2) ebenda, S. 210
(3) Soustelle, Jacques: »Die Kunst des Alten Mexiko«, Osnabrück 1968, S. 67
(4) Ivanoff, Pierre: »Monumente großer Kulturen, Luxemburg 1974, S.77
(5) Siehe hierzu Langbein, Walter-Jörg: »2012/ Endzeit und Neuanfang/ Die Botschaft der Mayas«, München 2009, S. 176-186
(6) Briegleb, Wolfgang und Ruff, Siegfried: »Plädoyer für eine unkonventionelle Erforschung unserer Vergangenheit« in »Waren die Götter Astronauten?«, herausgegeben von Ernst von Khuon, Düsseldorf 1970, S. 84 ff.
(7) Ivanoff, Pierre: »Monumente großer Kulturen, Luxemburg 1974, S.77
Wird Palenque immer ein Geheimnis bleiben? Foto Walter-Jörg Langbein |
Teil 51 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 09.01.2011
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