Freitag, 6. April 2012

Sylvia B.: Was auch gesagt werden sollte ...

ich spüre
dass es mir ein tiefes bedürfnis ist
eine antwort zu schreiben
auf meine art
die mir kompromissloser erscheint
in dieser mischung aus lyrik und prosa
ohne komma und ohne punkt

da ist ein krieg entfacht worden
wenn auch nur verbal
alte knacker
die sich auf hohem niveau
die federkiele um die ohren schlagen
in selbstgefälliger manier
jeder für sich wissend
welcher gott denn jetzt der richtige sei
welcher glaube denn berechtigt ist
die sprachrohre der andersgläubigen
als maulhelden zu bezeichnen

es steht mir nicht zu
in dieser sache ein urteil zu fällen
ich bin kein richter und auch kein henker
ich muss zudem gestehen
es fehlt mir an wissen um die dinge
um das zu revidieren
muss ich nur eine frage beantwortet haben
bestimmt wird sich jemand die zeit dazu nehmen
eine unwissende zu belehren

stellen wir uns einen raum vor
aufbewahrt darin
die zerfetzten leiber von toten kindern
lässt es sich ermitteln
wenn jemand proben des blutes dieser kinder
entnehmen würde
welcher glaubensrichtung
diese leiber angehörten
als sie noch
lebendige kinder waren

welche religion
hat das blut

so könnte ich meine frage stellen

und noch etwas kommt mir in den sinn
weil ja von erinnern die rede ist und dem
nicht vergessen dürfen
einen denkfehler hat es schon einmal gegeben
ob es diesmal wieder einer ist oder nicht
sei einfach dahin gestellt
aber wenn ich erinnern darf
was auch nicht vergessen werden sollte
es sind nur zwei namen
Hiroshima und Nagasaki

Ein Opfer der Bombe
damals wurde es versäumt
das blut den toten
zu entnehmen
und rein wissenschaftlich
die zugehörigkeit einer religion
zu ermitteln
wäre es damals erfolgt
müsste ich heute
meine frage nicht stellen

ich bitte um verzeihung
für mein einfältiges einmischen
in die diskussion auf hohem niveau
aber vielleicht ist es möglich
da es ja um glaubensfragen geht
quasi auf spirituellem wege
sich von der ebene der macht
auf die
der verantwortung zu begeben und
nach möglichkeit
sich auch dort weiter aufzuhalten
damit
das verhindert wird
was seinerzeit
den krieg beendet hat
nachdem
die bomben
gefallen sind
auf
Hiroshima und Nagasaki

Sylvia B.



2 Kommentare:

  1. Was auch gesagt werden sollte, ich schließe mich an!
    Ich liebe die Texte von Sylvia B, auch diese Zeilen in Sylvia B`s-Manier, ohne
    Punkt und Komma treffen den Nerv.

    Anscheinend sorgte Grass mit seinem Gedicht (welches ja gar keines war) für Aufsehen, die Tagesschau und sämtliche Blätter waren ihm sicher, das Thema polarisiert.

    Ich habe von der großen und kleinen Politik keine Ahnung, bin auch kein Richter und Henker und einer bestimmten Religion gehöre ich auch nicht an, wohl dem ich denke schon an Gott, und sehe die Gräueltaten der Menschheit wie Hiroshima und Nagasaki.
    Jedes Blutvergießen sollte verhindert werden, vielleicht wollte Grass das mit seinem Text bewirken, ich hoffe doch!

    Ich wünsche allen Lesern von „Ein Buch lesen“ ein frohes Osterfest!
    Torsten aus Berlin

    AntwortenLöschen
  2. Lieber Torsten aus Berlin,

    vielen Dank für diesen Kommentar und das Kompliment für meinen Text.

    Wenn der Literaturnobelpreisträger Günter Grass seine Stimme erhebt, kann davon ausgegangen werden, dass auch aufmerksam zugehört wird.

    Wie er ja mitteilte, wollte er eine Diskussion erreichen. Aus meiner Sicht hat er eine Chance vertan. Denn statt die Dinge wirklich beim Namen zu nennen, hat er Nebenkriegsschauplätze geschaffen. Ende der 1970er Jahre wurde in den Medien lang und breit über Rüstungsprojekte berichtet. Vom damaligen Machthaber des Iran, Mohammad Reza Schah Pahlavi Schahinschah von Persien, wurden Projekte initiiert, mit der Förderung und der Zusammenarbeit deutscher Firmen, wohlgemerkt, die zu diesem Zeitpunkt zu 100% in staatlicher Hand waren. Unter anderem wurden Marschflugkörper gebaut. Nachdem der Schah den Iran verlassen hatte, wurden diese Anlagen von dem neuen Regime übernommen.

    Das Problem ist also hausgemacht. Da hätte angesetzt werden müssen! Da ist die Chance von Günter Grass vertan worden. Wie kann er anderen Ländern irgendwelche Vorwürfe machen, ich hätte von ihm erwartet, dass er vor der eigenen Haustüre kehrt. Sich jetzt tief getroffen zurückzuziehen und auf beleidigte Leberwurst machen, wird das Problem auch nicht lösen.

    Die eigentliche Gefahr verniedlicht er, was soll der Satz:
    … dorthin lenken zu können, wo die Existenz
    einer einzigen Atombombe unbewiesen ist …

    Und? Wenn es bewiesen sein sollte? Dann ist es kein Problem, die Atombombe dorthin zu lenken?

    Und das schreibt ein Literaturnobelpreisträger?

    Vielleicht hätte ich meinen Text anders enden lassen sollen:

    nachdem
    die bomben
    gefallen sind
    auf
    Hiroshima und Nagasaki

    und
    bevor im gleichen atemzug
    die namen
    Teheran und Tel Aviv
    fallen

    Liebe Grüße nach Berlin

    Sylvia B.

    AntwortenLöschen

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