Der Wettbewerb »Sagenhaft! Schreib Geschichte!« ist beendet. Die Gewinner stehen fest und konnten am 29. Dezember 2014 ihre Preise im Möbelhaus Kerkfeld entgegen nehmen.
von links nach rechts: Nina Held, Patricia Malcher, Timo Koch Foto: Möbel Kerkfeld |
Die Hügelgräber von Reken
Es war gen Herbst im Jahre 1623. Als ein junger Priester, geschickt vom Domkapitel Münster, zur Untersuchung eines höchst seltsamen Vorfalles in die Gegend um das Dorf Großreken gelangte.
Seit langer Zeit gab es hier, in der Nähe einer kleinen Kapelle, inmitten des Laubwaldes am Rande des Kreuzweges, eine wundersame Quelle. Diese sollte, so erzählte es sich das Volk, sobald man sich mit ihrem Wasser wusch, alle Leiden heilen können.
Nun trug es sich zu, dass ein spanischer Soldat großen Frevel an der Quelle und dem dort lebenden Eremiten beging. Seitdem soll die Quelle versiegt und der Eremit verschwunden sein. Eben dies sollte, frei vom Geschwätz der einfachen Leute und dem Beiwerk einfältiger Geschichtenerzähler, genauestens untersucht und dem Bischof persönlich berichtet werden.
Da das Geschlecht der von Merveldt zum protestantischen Glauben gewechselt war, wollte es der Priester nicht riskieren, auf deren Ländereien gesehen zu werden. So war er gezwungen, durch das Venn am Waldrand von Reken zu gehen. Das Volk erzählte sich so manch seltsame und schaurige Geschichte über das uralte Moor, doch der Priester war trotz seiner noch wenigen Lebensjahre fest im Glauben und vertraute vollends auf den Herrn.
Munteren Schrittes ging er voran und freute sich ob des milden Herbstages. Es war um die Mittagstunde, als der junge Kirchendiener zum ersten Male einen seltsamen Nebel wahrnahm, der, so schien es, mit seinem Schritte mithaltend, am Wegesrand dahin waberte. Mehr an einen Zufall als an Hexerei glaubend, beachtete er diesen aber nicht weiter und ging unbeirrt seines Weges. Sogar als der Nebel seinen Weg urplötzlich zu versperren schien, setzte er, sich zwar bekreuzigend aber dennoch festen Schrittes, seinen Weg fort.
Doch als er dann den Nebel erreichte, und ab diesem Moment seine Hand nicht mehr vor seinen Augen sehen konnte, verlangsamte er seinen Schritt, bis er schließlich zur Gänze stehen blieb. Eisige Kälte umfing seine Glieder, kein Geräusch drang mehr an seine Ohren.
Stundenlang irrte er durch den nicht enden wollenden Nebel, er schrie um Hilfe doch niemand schien ihn zu hören. Als die Abendstunde nahte und das Licht der Sonne zu versiegen drohte, beschlich den Priester eine grausige Panik. In seiner Verzweiflung warf er sich auf die Knie und begann zu beten, der Herr möge ihn leiten und erretten aus seiner Not. Plötzlich tat sich der Nebel auf und eine kleine Lichtung kam zum Vorschein. Der Priester sprang auf, dankte dem Herrn und betrat die Lichtung.
Ein merkwürdiger Ort war das, nur Moos und Flechten schienen dort zu gedeihen. Inmitten der Lichtung waren drei, etwa zwei Mannslängen hohe, völlig überwucherte Hügel. Davor stand ein krummer Steintisch, auf dem ein seltsamer, kleiner Mann saß. Der Zwerg war in ein Fell gehüllt und trug eine schlichte Krone aus Bronze.
„Bitte fürchte dich nicht. Ich bin nur ein Hüter, nur ein uralter Wicht“, krächzte der Zwerg und zeigte auf die drei Hügel.
„Jedoch wach ich über diese Schätze hier, und so mancher Narr, geleitet von dem Golde und der Gier, verlor nicht nur sein Leben hier. Nun sage mir bei diesen Seelen, willst du mich nun auch bestehlen?“
„Nein, nein“, antwortete der Priester erschrocken, „ich habe kein Interesse an deinen Schätzen. Ich war auf dem Weg zu einer kleinen Kapelle, doch als der Nebel aufzog, habe ich mich verlaufen.“
„Aha! Verlaufen hast du dich?“, grinste der Zwerg schelmisch, „Gern will ich dir helfen nun, aber zuvor sollst du mir ein Gefallen tun.“
Der Priester, nun ahnend wer für seine missliche Lage verantwortlich war, antwortete vorsichtig: „Dann sage mir was das für ein Gefallen ist, und ich will sehen was ich tun kann.“
Freudig begann der Zwerg zu singen und zu springen. „Seit vielen Jahren wach ich schon, über Grab und Schatz des Stammesfürstensohn. Zum Zeichen dieser Ehrenbürde verlieh man mir die Königswürde. Doch es zwickt und drückt mich sehr, denn die Krone ist so schwer. Nach vielen Jahren wünsch ich sehr, das irgendjemand kommt daher, der sie mir nimmt und selbst aufsetzt und dann geschwind sich zu mir setzt.“
Der Priester ahnte, dass er, sobald die Krone auf seinem Haupte säße, für immer dort gefangen wäre und so ersann er eine List: „Gerne helf ich dir. Nur ist die Krone wohl zu klein für mich. Lass sie mich erst mal probieren.“
Der Diener Gottes eilte zu dem Tische und tat so als würde er sich setzen. Doch, vor den Blicken des Zwerges durch seine Priesterrobe geschützt, setzte er sich unbemerkt auf die kleine Bibel, die er immer bei sich trug. Dann nahm er flink die Krone vom Kopf des Zwerges und setzte sie sich auf sein Haupt. Geblendet durch die Freude nun endlich befreit zu sein, merkte der Zwerg aber nicht, dass der Priester die Krone falsch herum aufgesetzt hatte.
„Nun sage mir Grabhüter, wo ist mein Weg?“, sprach der Priester fordernd.
Der Zwerg tanzte und sprang vor Freude: „Endlich bin ich nun befreit und auch gern dazu bereit, dir den Weg nun aufzuzeigen ohne weitre Rast und Reigen.“
Mit seinen kleinen Händen vollführte er einige seltsame Bewegungen „Nun, durch mein Wort, den Nebel fort. Den Weg kannst du nun sehen, aber wirst ihn niemals gehen“, lachte der Zwerg.
Doch sobald der Nebel verschwunden war, sprang der Priester auf, warf die Krone auf den Boden und rannte um sein Leben. Der Zwerg zeterte und schrie vor Wut, doch der Priester war entkommen.
Nachdem der Priester dies alles berichtet hatte, wurde ein großer Zaun gebaut, der das Wäldchen mit den Hügelgräbern darin umschloss und es wurde bei Strafe verboten, den Zaun zu übersteigen.
Der Zaun ist zwar nicht mehr da, aber noch heute wird das Gebiet vom Volke gemieden. Noch immer wächst auf der Lichtung kein einziger Baum und man erzählt sich, dass man an besonders nebeligen Tagen das wütende Gepolter des Zwerges bis in die nahe liegende Kapelle hören könne.
Seit langer Zeit gab es hier, in der Nähe einer kleinen Kapelle, inmitten des Laubwaldes am Rande des Kreuzweges, eine wundersame Quelle. Diese sollte, so erzählte es sich das Volk, sobald man sich mit ihrem Wasser wusch, alle Leiden heilen können.
Nun trug es sich zu, dass ein spanischer Soldat großen Frevel an der Quelle und dem dort lebenden Eremiten beging. Seitdem soll die Quelle versiegt und der Eremit verschwunden sein. Eben dies sollte, frei vom Geschwätz der einfachen Leute und dem Beiwerk einfältiger Geschichtenerzähler, genauestens untersucht und dem Bischof persönlich berichtet werden.
Da das Geschlecht der von Merveldt zum protestantischen Glauben gewechselt war, wollte es der Priester nicht riskieren, auf deren Ländereien gesehen zu werden. So war er gezwungen, durch das Venn am Waldrand von Reken zu gehen. Das Volk erzählte sich so manch seltsame und schaurige Geschichte über das uralte Moor, doch der Priester war trotz seiner noch wenigen Lebensjahre fest im Glauben und vertraute vollends auf den Herrn.
Munteren Schrittes ging er voran und freute sich ob des milden Herbstages. Es war um die Mittagstunde, als der junge Kirchendiener zum ersten Male einen seltsamen Nebel wahrnahm, der, so schien es, mit seinem Schritte mithaltend, am Wegesrand dahin waberte. Mehr an einen Zufall als an Hexerei glaubend, beachtete er diesen aber nicht weiter und ging unbeirrt seines Weges. Sogar als der Nebel seinen Weg urplötzlich zu versperren schien, setzte er, sich zwar bekreuzigend aber dennoch festen Schrittes, seinen Weg fort.
Doch als er dann den Nebel erreichte, und ab diesem Moment seine Hand nicht mehr vor seinen Augen sehen konnte, verlangsamte er seinen Schritt, bis er schließlich zur Gänze stehen blieb. Eisige Kälte umfing seine Glieder, kein Geräusch drang mehr an seine Ohren.
Stundenlang irrte er durch den nicht enden wollenden Nebel, er schrie um Hilfe doch niemand schien ihn zu hören. Als die Abendstunde nahte und das Licht der Sonne zu versiegen drohte, beschlich den Priester eine grausige Panik. In seiner Verzweiflung warf er sich auf die Knie und begann zu beten, der Herr möge ihn leiten und erretten aus seiner Not. Plötzlich tat sich der Nebel auf und eine kleine Lichtung kam zum Vorschein. Der Priester sprang auf, dankte dem Herrn und betrat die Lichtung.
Ein merkwürdiger Ort war das, nur Moos und Flechten schienen dort zu gedeihen. Inmitten der Lichtung waren drei, etwa zwei Mannslängen hohe, völlig überwucherte Hügel. Davor stand ein krummer Steintisch, auf dem ein seltsamer, kleiner Mann saß. Der Zwerg war in ein Fell gehüllt und trug eine schlichte Krone aus Bronze.
„Jedoch wach ich über diese Schätze hier, und so mancher Narr, geleitet von dem Golde und der Gier, verlor nicht nur sein Leben hier. Nun sage mir bei diesen Seelen, willst du mich nun auch bestehlen?“
„Nein, nein“, antwortete der Priester erschrocken, „ich habe kein Interesse an deinen Schätzen. Ich war auf dem Weg zu einer kleinen Kapelle, doch als der Nebel aufzog, habe ich mich verlaufen.“
„Aha! Verlaufen hast du dich?“, grinste der Zwerg schelmisch, „Gern will ich dir helfen nun, aber zuvor sollst du mir ein Gefallen tun.“
Der Priester, nun ahnend wer für seine missliche Lage verantwortlich war, antwortete vorsichtig: „Dann sage mir was das für ein Gefallen ist, und ich will sehen was ich tun kann.“
Freudig begann der Zwerg zu singen und zu springen. „Seit vielen Jahren wach ich schon, über Grab und Schatz des Stammesfürstensohn. Zum Zeichen dieser Ehrenbürde verlieh man mir die Königswürde. Doch es zwickt und drückt mich sehr, denn die Krone ist so schwer. Nach vielen Jahren wünsch ich sehr, das irgendjemand kommt daher, der sie mir nimmt und selbst aufsetzt und dann geschwind sich zu mir setzt.“
Der Priester ahnte, dass er, sobald die Krone auf seinem Haupte säße, für immer dort gefangen wäre und so ersann er eine List: „Gerne helf ich dir. Nur ist die Krone wohl zu klein für mich. Lass sie mich erst mal probieren.“
Der Diener Gottes eilte zu dem Tische und tat so als würde er sich setzen. Doch, vor den Blicken des Zwerges durch seine Priesterrobe geschützt, setzte er sich unbemerkt auf die kleine Bibel, die er immer bei sich trug. Dann nahm er flink die Krone vom Kopf des Zwerges und setzte sie sich auf sein Haupt. Geblendet durch die Freude nun endlich befreit zu sein, merkte der Zwerg aber nicht, dass der Priester die Krone falsch herum aufgesetzt hatte.
„Nun sage mir Grabhüter, wo ist mein Weg?“, sprach der Priester fordernd.
Der Zwerg tanzte und sprang vor Freude: „Endlich bin ich nun befreit und auch gern dazu bereit, dir den Weg nun aufzuzeigen ohne weitre Rast und Reigen.“
Mit seinen kleinen Händen vollführte er einige seltsame Bewegungen „Nun, durch mein Wort, den Nebel fort. Den Weg kannst du nun sehen, aber wirst ihn niemals gehen“, lachte der Zwerg.
Doch sobald der Nebel verschwunden war, sprang der Priester auf, warf die Krone auf den Boden und rannte um sein Leben. Der Zwerg zeterte und schrie vor Wut, doch der Priester war entkommen.
Nachdem der Priester dies alles berichtet hatte, wurde ein großer Zaun gebaut, der das Wäldchen mit den Hügelgräbern darin umschloss und es wurde bei Strafe verboten, den Zaun zu übersteigen.
Der Zaun ist zwar nicht mehr da, aber noch heute wird das Gebiet vom Volke gemieden. Noch immer wächst auf der Lichtung kein einziger Baum und man erzählt sich, dass man an besonders nebeligen Tagen das wütende Gepolter des Zwerges bis in die nahe liegende Kapelle hören könne.
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Timo Koch, geboren 1979. Beruflich ist der zweifache Familienvater eher technisch und analytisch orientiert. Vielleicht schreibt er deshalb ausschließlich Fantasy – und Horrorgeschichten.
Neben einem veröffentlichten Roman „Nocom“ sind im Augenblick einige weitere Bücher in Arbeit, darunter eine Neufassung sowie die Fortsetzung von „Nocom“
„Meine Gedanken zu Papier zu bringen fällt mir nicht leicht, doch finde ich anderweitig kaum vergleichbare Ruhe und Kraft“
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