Freitag, 29. Oktober 2010

Freitagskolumne - »Post an Wagner«: Gutes und böses Geld

Eine Antwort auf Franz Josef Wagners Kolumne
»Liebe Tierfreunde«, BILD, 27. 10. 2010

Lieber Franz Josef Wagner,

»seitdem ich die Menschen kenne, liebe ich die Tiere.« Dieses Zitat von Arthur Schopenhauer fiel mir sofort ein, als ich Ihren Beitrag las.

Was genau ist es, das den Menschen so weit über die Tiere erhebt? Seine Fähigkeit zu strategischer Kriegsführung? Zur Erfindung der Atombombe? Sein Vermögen zu eiskaltem Kalkül, wenn nötig, in jahrzehntelanger Folgerichtigkeit?

Warum sollte es verwerflicher sein, 7000 € in die Gesundheit einer Katze zu investieren, als beispielsweise diese 7000 € alljährlich auf nächtlichen Sauftouren durchzubringen, wie nicht wenige Leute das tun?

Gutmenschliches Abrechnen fremden Geldes, das scheint überhaupt ein Volkssport geworden zu sein. Wir haben uns einen Staat geschaffen, der seinen Bürgern längst nicht mehr zutraut, über das eigene Geld zu verfügen. Das wird weggesteuert und für »höhere Zwecke« verbrannt. Ja, wir scheinen tatsächlich Knechte eines Staatswesens vom Geiste Franz Josef Wagners geworden zu sein.

Ein anderes Beispiel ist die Aktion »Brot statt Böller«, die uns alljährlich den Grad unseres schlechten Gewissens in Euro und Cent vorrechnet: Ihr schießt Böller in den Himmel statt zu spenden? Schämt Euch!

Der dahinter stehende gute Gedanke lässt eines außer Acht: Jede Geldausgabe, sei es für eine Katze, für einige allabendliche Drinks oder für Silvesterraketen ermöglicht anderen Menschen ein Auskommen. Tierarzt, Barbetreiber oder Böllerproduzent werden keine Not leiden, solange die Menschen frei entscheiden, wofür sie ihre Kohle ausgeben. Hinzugerechnet werden müssen sämtliche Angestellte und sonstige Mitarbeiter, sowie die Zulieferer und Zwischenhändler der Betreffenden: All diese Menschen und die von ihnen abhängenden Familien werden davor geschützt, selbst in die Situation eines Hilfsempfängers zu kommen. Weil sie ihr Auskommen erwerben dürfen, statt es sich schenken lassen zu müssen.

Es gibt eine höchst gefährliche Tendenz. Dies ist mir vor einiger Zeit schon klargeworden, als mich in irgendeinem Internetforum jemand blöde anging: »Sie haben ja Werbung auf Ihren Websites! Schämen Sie sich eigentlich nicht?« Ich sah mir daraufhin die Website des Meckerers an. Diese enthielt einen Bettellink nach dem Motto: »Diese Seiten zu pflegen ist ein hoher Aufwand. Bitte spenden Sie an Kontonummer ...«

Nun stelle ich die Frage: Was veredelt den Bettler gegenüber dem, der sein Geld auf herkömmliche Weise verdient? Wodurch ist es ehrenwerter, sein Auskommen zusammenzubetteln, statt eine konkrete Gegenleistung dafür zu bieten? Wo werden wir als Gesellschaft hinkommen, wenn nur geschenktes Geld gutes Geld, verdientes Geld aber »böses Kapital« ist, das drastisch zu besteuern und dessen Erwerb streng zu reglementieren ist?

Neulich hörte ich vom Fall eines Kleinverdieners. Zu stolz für Hartz-4. Weshalb er 12 Stunden am Tag arbeitet, damit aber nur wenig über dem Hartz-4-Satz verdient, weil die Branche eben nicht mehr hergibt. So ein Blödmann muss bestraft werden!, sagt das System und verlangt ihm den vollen GEZ-Satz ab. Im Gegensatz zu einem Hilfeempfänger, für den »das Recht auf Information und gesellschaftliche Teilhabe» ein Menschenrecht darstellt.

Also: Lassen Sie dem Tierarzt seinen Verdienst. Nicht, dass der sich für seine Arbeit noch schuldiger fühlen muss, als er sowieso schon ist. Denn, nicht wahr: Wenn dieser Unmensch nicht wäre, dann wäre halb Afrika gerettet. Einschließlich seiner Königspinguine und Elefanten.

Herzlichst,

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