Einer meiner Freunde schenkte mir während meiner Studienzeit die ersten Kochbücher, die ich übrigens noch immer besitze. Der studierte Mathematiker kochte mit viel Fantasie und ich aß mit Begeisterung seine Kreationen, die an die elsäßische Küche angelehnt waren. Das Elsaß galt in den 1970er Jahren als lukullisches Paradies. Gekocht habe ich damals noch nicht und Kochbüchern näherte ich mich mit Skepsis. Die Gründe waren ideologischer Natur, muss ich heute schmunzelnd eingestehen.
Einige Jahre später las ich durch Zufall Texte von Wolfram Siebeck, der für die deutsche Esskultur den gleichen Stellenwert hat, wie Marcel-Reich-Ranicki für die Literatur. Dieser intellektuelle Gourmet machte mich durch seine Kolumnen und seine Bücher neugierig, mich in diese Materie zu vertiefen, Kochbücher zu studieren und schließlich auch selbst am Herd aktiv zu werden.
Siebeck war es, der mir in einem seiner Bücher nahe brachte, dass es in Frankfurt die "Kleine Markthalle" mit ungeahnten Einkaufsmöglichkeiten gibt und der mich dadurch auf die Vielfalt von Gewürzen und anderen Dingen mehr aufmerksam machte. Ich lernte einen alten, sehr arrivierten Gewürzladen in Wiesbaden kennen und vertiefte mich fortan immer intensiver in diese Materie, begann mit Gewürzhändlern zu sprechen, nicht zuletzt auch mit Iranern in der "Kleinen Markhalle", um auf diese Weise die Geheimnisse des Würzens in Erfahrung zu bringen. Erst später las ich verschiedene Bücher zu dem Thema.
Ich begann unzählige Kochbücher aus allen Herren Ländern zu studieren, um zu ermitteln, ob der Grad der Kultivierung eines Landes sich in den Speisen ablesen lässt und bin dabei zu bemerkenswerten Ergebnissen gelangt. Jahrhundertköche wie Witzigmann oder Alain Ducasse besitzen ein Wissen, das dem eines Universitätsprofessoren in nichts nachsteht. Sie setzen ihr Wissen, das sie in ihren Kochbibeln niedergelegt haben, täglich praktisch um, kreieren kleine Kunstwerke, die jedoch nicht für die Ewigkeit gedacht sind. Ihr Wert ist deshalb allerdings kein geringerer als der langlebiger Objekte und deshalb haben sie auch ihren berechtigten Preis.
Lange bevor ich bei Amazon auf der Plattform Rezensionen zu schreiben begann, entdeckte ich auf der Frankfurter Buchmesse ein Kochbuch von Witzigmann "Shrimps, Hummer und Langusten", das ich anschließend kaufte und voller Neugierde las. Dieses Buch ließ mich begreifen, was einen wirklich gebildeten Koch von einem Null-Acht-Fünfzehn-Koch unterscheidet, welche Welten Köche voneinander trennen können. Mit jedem Kochbuch, das ich las, begriff ich eine bestimmte Facette unserer Kulturgeschichte besser.
Ein hochwertiges Kochbuch ist weitaus mehr als eine bloße Kochanleitung. Es ist die Darstellung dessen, was lukullisch möglich ist, wenn handwerkliche Fähigkeiten sich mit Intuition und kulinarischer Intelligenz auf höchstem Niveau paaren.
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