Hier bin ich wieder:
Euer Fido Buchwichtel.
Diesmal habe ich Euch eine schlüpfrige Geschichte mitgebracht.
Wie Ihr ja wisst, lebe ich mit meiner Familie in einer kleinen aber feinen Dorfgemeinschaft. Wir Wichtel sind anständige Leute und Wichtelfrauen sind sehr ordentlich. Sie legen auch viel Wert auf ein adrettes Erscheinungsbild und scheuen weder Arbeit noch Mühe, plagen sich den lieben langen Tag. Das machen sie mit Freude, denn viele Arbeiten verrichten sie gemeinsam. Auch das Waschen der Wäsche. Dafür haben wir ein Waschhaus, das am Rande des Wichteldorfes liegt.
Dort treffen sich die Wichtelfrauen immer Montags. Mit dem Morgenlied auf den Lippen zieht jede Wichtelfrau gut gelaunt in der Frühe, den Korb mit Schmutzwäsche vor sich hertragend, Richtung Waschzuber. Der muss natürlich erst mit Wasser gefüllt und dann angeheizt werden. Wenn alle Wichtelfrauen versammelt sind, und ihre Körbe im Waschhaus abgestellt haben, teilt sich die Gruppe. Die einen gehen zum Tümpel, um Wasser zu holen, die andere sucht im Wald nach Reisig für das Feuer. Dabei schwatzen und lachen sie, Wichtel sind ein fröhliches Völkchen.
Folgendes ist nun am letzten Montag geschehen:
Die Wichtelinnen erlebten eine böse Überraschung, als sie vom Tümpel und aus dem Wald zurückkamen. Alle Körbe waren umgestürzt, die Wäsche lag im ganzen Waschhaus verstreut, ein heilloses Durcheinander zeigte sich ihnen. Vorsichtig traten sie näher, rümpften die Näschen und sprachen fast gleichzeitig aus: »Es stinkt nach Troll!«
Fluchtartig stürmten sie aus dem Waschhaus an die frische Luft, um im Chor »TROLLLAALAAAAAARM!« zu schreien. In Windeseile ließen wir Wichtelmänner die Arbeit liegen, um zum Waschhaus zu eilen. Mit einem Tuch vor dem Mund, Trolle stinken furchtbar, betraten wir das Waschhaus und konnten unseren Frauen nur zustimmen: Hier hatte ein Troll gewütet. Aber was suchte der ausgerechnet im Waschhaus? Wollte er nur einen bösen Streich spielen, oder steckte mehr hinter dieser Aktion?
Die Mutigsten aus dem Dorf, ich und mein Schwippschwager, wurden beauftragt, der Fährte des Trolles zu folgen. Wir machten uns umgehend auf den Weg. Dabei brauchten wir nur unserer Nase zu folgen, denn Trolle hinterlassen eine Duftspur, die sich selbst nach Stunden nicht verflüchtigt hat. Trolle hausen zumeist am Rand des Waldes, in der Nähe von Menschensiedlungen. Nachts wagen sie sich dann in die Nähe der Häuser und klauen dort, was nicht nied und nagelfest ist.
In einer Mulde entdeckten wir endlich den Unhold. Er hatte es sich in einem morschen Baumstupf eingerichtet. Vor seiner Behausung sah es furchtbar aus. Leere Bierdosen und Flaschen, Trolle lieben abgestandenen Alkohol, Zigarettenkippen, Trolle rauchen wie die Schlote, und jede Menge Dinge, die abends vor dem Zubettgehen von den Menschen auf ihren Terrassentischen vergessen worden sind. Vor Trollen ist nichts sicher.
Vorsichtig schlichen ich und Schwager näher an den Ort des Grauens. Der Troll sah so aus, wie er roch und schien sich offensichtlich sehr zu freuen. Vor ihm ausgebreitet lag tatsächlich Wichtelwäsche. Ich tauschte einen Blick mit Schwager und spitzte meine Öhrchen, um zu verstehen, was der dumme Troll vor sich herbrabbelte:
»Trolli wird reich! Schönes Buch hat Trolli geklaut. Trolli geht auf den Markt. Trolli wird reich! Trolli hat Wichtelschlüppi geklaut! Trolli wird rei-heeeeeich!«
Ich wollte meinen Ohren nicht trauen. Plötzlich erhob sich der Troll und wir mussten in Deckung gehen. Gut geschützt durch Waldgras beobachteten wir, wie der Troll ein Wäschestück nach dem anderen vor sich hochhob, es betrachtete, um es dann auf ein ausgebreitetes Tuch zu legen. Dann faltete er das Tuch zusammen, verknotete es, um es dann an das Ende eines Stockes zu binden. Den setzte er auf seiner Schulter ab. Er sah aus wie ein Wanderer. Zärtlich strich er mit seinen schmutzigen Fingern über einen e-Book-Reader, den er an die Wand des Baumstumpfes gelehnt hatte: »Schönes Buch hat Trolli geklaut! Trolli wird reich!«, waren seine Worte, bevor er sich auf den Weg machte.
Wir warteten, bis er außer Sichtweite marschiert war. Dann beschlossen wir, mit einem Tuch vor der Nase, denn der Gestank war unerträglich, uns die Behausung des Trolles aus der Nähe zu betrachten. Endlich war es uns auch möglich, wieder ein Gespräch zu beginnen, den Trolle haben sehr gute Ohren und können selbst das Flüstern eines Wichtels auf zwei Meter Entfernung verstehen.
Schwager nickte verstehend.
»Lass uns schauen, was das für ein geheimnisvolles Buch ist, von dem sich der Troll Reichtum verspricht!«
Wieder nickte Schwager, meinte dann aber: »Hör mal, dass der Troll die Schlüppis zu Geld machen will, verschweigen wir besser unseren Frauen! Nicht, dass die uns noch auf dumme Gedanken kommen … !«
Da musste auch ich sehr verstehend nicken. Wir schlichen uns so nah an, bis wir den Text deutlich sehen konnten und lasen beide laut den Titel vor:
Eine Anmerkung sei mir noch gestattet, liebe Menschen. Nachdem wir den Reader gründlich gereinigt hatten, habe ich mir das Buch vorgenommen. Ich schwöre: Das bekommt meine über alles geliebte Wichtelfrau nicht zu lesen!
Macht nichts, was ich nicht auch machen würde und winke winke Euer
Fido Buchwichtel
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