Schildkröten, Schlangen und Ruinen 4
Teil 143 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Andächtig stehe ich unter der steinernen Statuette. Sie zeigt eine Person im Lendenschurz und ... so scheint es mir ... mit einem Umhang, der am Hals verknotet ist. In der Hand hält diese Person – ist es ein Mann oder eine Frau? – etwas Längliches, Rundes. Sollte es sich um einen Schriftgelehrten ... oder einen Priester handeln, der einen kostbaren Codex hält? Leider wurden ja die Maya-Codices in Massen von den spanischen Eroberern gesammelt und verbrannt.
Mag sein, dass das gesamte Wissen der Mayas einst in Schriftform verewigt worden ist. Die einst riesige Bibliothek wurde aber – noch bevor sie von Schriftgelehrten aus Europa kopiert oder gar entziffert werden konnte – mit Pedanterie Stück für Stück auf lodernde Scheiterhaufen geworfen. So sind wir heute auf Spekulationen angewiesen. Wir müssen Vermutungen anstellen ... und können die Geschichte der Mayas nicht wie ein Buch lesen. Auch die sogenannte seriöse Maya-Forschung spekuliert viel, auch wenn gern so getan wird, als seien fantasievolle Annahmen solides Wissen.
Teil 143 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Der Mann mit der »Schriftrolle« Foto: W-J.Langbein |
Mag sein, dass das gesamte Wissen der Mayas einst in Schriftform verewigt worden ist. Die einst riesige Bibliothek wurde aber – noch bevor sie von Schriftgelehrten aus Europa kopiert oder gar entziffert werden konnte – mit Pedanterie Stück für Stück auf lodernde Scheiterhaufen geworfen. So sind wir heute auf Spekulationen angewiesen. Wir müssen Vermutungen anstellen ... und können die Geschichte der Mayas nicht wie ein Buch lesen. Auch die sogenannte seriöse Maya-Forschung spekuliert viel, auch wenn gern so getan wird, als seien fantasievolle Annahmen solides Wissen.
Da mag eine Skulptur für den einen Wissenschaftler den »Kopf der Königin von Uxmal« darstellen. Für den anderen Wissenschaftler hingegen ist es ganz klar das Haupt eines greisen Priesters ...
Die seltsamen runden Objekte Foto: W-J.Langbein |
Der unvoreingenommene Betrachter erkennt sofort zwei Räder. Die Radnabe, so scheint mir, ist besonders sorgsam in den Stein gemeißelt worden. Den Laien wird es nicht weiter wundern ... Warum sollten denn Maya-Steinmetze nicht Räder dargestellt haben? Die Mayas haben herrliche Pyramiden gebaut ... da werden sie doch wohl mit dem Rad keine Probleme gehabt haben. Schon beim Betrachten eines runden Baumstamms muss doch ein findiger Mensch zum Rad gekommen sein. Ein runder Baumstamm rollt .. und ein Rad ist eine Scheibe, die man von einem runden Baumstamm absägt. Muss der Mensch nicht früher oder später das Rad erfunden haben?
Sieht aus wie ein Rad Foto: W-J.Langbein |
Auf diesem Straßensystem wurden keine Vehikel gezogen, wurden keine Karren zum Transport von Lasten eingesetzt?
Wer offenen Auges durch Maya-Ruinen wandert, der wird überall Darstellungen von Rädern finden ... zum Beispiel in Chichen Itza! In Chichen Itza sah ich eine ganze Reihe von Rädern, kunstfertig in den Stein graviert. In einem Fall waren drei Räder übereinander zu sehen. Deutlich zu erkennen sind die Naben, die von dort ausgehenden Speichen. Nur wer vom Lehrsatz »Die Mayas kannten nicht das Rad!« absolut überzeugt ist, erkennt ein Rad nicht als Rad ... jedenfalls nicht bei den Mayas!
Drei Räder von Chichen Itza Foto: W-J.Langbein |
Ein Rad sieht aus wie ein Rad. Und wenn die Mayas etwas in den Stein meißelten, das so aussieht wie ein Rad ... warum soll es dann kein Rad sein? Ich meine: Wissenschaft sollte die eigenen Erkenntnisse immer wieder skeptisch hinterfragen.
Vielleicht war im Reich der Mayas – so wie im Iran schon vor rund vier Jahrtausenden – das Rad doch bekannt? Vielleicht wurde auf dem Straßensystem der Mayas nicht nur gelaufen? Ein Rad aus dem Iran ... sieht aus wie ein Rad und ist ein Rad. In Chichen Itza gibt es eine ganze Reihe von Reliefs, die ganz einfach so etwas wie Räder zeigen ... Es gibt vollständige Räder, sorgsam in den Stein geritzt. Und es gibt Bruchstücke von steinernen Rädern, von denen einige eher schlecht als recht zusammengefügt wurden.
Räder im Iran (oben) und in Mexiko - Fotos: Conscious (oben), W-J.Langbein (unten) |
Nicht bezweifelt wird, dass die Mayas das Rad in Steinreliefs verwendeten, um ihren Kalender bildlich darzustellen. Die Mayas gingen ja von einem zyklischen Zeitablauf aus. Das heißt: Für die Mayas hatte die Zeit keinen Anfang und kein Ende. Zeit war wie ein Kreis: ohne Anfang, ohne Ende. Zeit dreht sich nach dem Verständnis der Mayas unaufhörlich.... eben wie ein Rad!
Fußnote
1 Die folgenden Werke – eine kleine Auswahl – verschweigen die Existenz der Maya-Räder. Dessen ungeachtet bieten sie eine Fülle wichtiger Informationen zur geheimnisvollen Welt der Mayas!
Bacon, Edward (Herausgeber): Versunkene Kulturen/ Geheimnis und Rätsel
früher Welten, Volksausgabe, München 1970,
(Mayas, Kap. 7. S. 93 fff.)
Biedermann, Hans: Altmexikos Heilige Bücher, Graz 1971
Bourbon, Fabio (Text): The Lost Cities of the Mayas/ The life, art and
discoveries of Frederick Catherwood, Vercelli (Italien) 1999
Räder ... Räder .. Räder - Fotos W-J.Langbein |
Bridges, Marilyn: Für die Götter/ Luftaufnahmen heiliger Landschaften,
Frankfurt 1990 (Bildband)
(Bauwerke der Mayas, Yucatán und Chiapas, S. 32-55)
Cotterell, Maurice M.: The Mayan Prophecies, Shaftesbury 1995
Cotterell, Maurice M.: The Supergods/ They came on a mission to save
mankind, London 1998
Cottrel, Leonard: The Horizon Books of Lost Worlds, New York 1964
(Geschenk von Bob Fell, Kollege von Papa, USA)
Drew, David: The Lost Chronicles of the Maya Kings, London 1999
Eggebrecht, Eva und Arne: Die Welt der Maya/ Archäologische Schätze aus
drei Jahrtausenden, 2. Auflage, Hildesheim und Mainz 1992
Fuls, Andreas: Die astronomische Datierung der klassischen Mayakultur (500-
1100 n.Chr.), Hamburg 2007
Gockel, Wolfgang: Die Geschichte einer Maya-Dynastie/ Entzifferung
klassischer Maya-Hieroglyphen am Beispiel der Inschriften von Palenque,
Mainz 1988
Räder, Räder, Räder ... Fotos W-J.Langbein |
Krickeberg, Walter (Hrsg.): Märchen der Azteken und Inkaperuaner, Maya
und Muisca, Düsseldorf 1972
Martinéz, Pio und Bandini, Pietro: Das Götterorakel von Yucatán/ Das
Geheimwissen der Maya entschlüsselt, München 1998
Méndez, Maria Teresa Mézquita: Die Prophezeiungen der Mayas, Mérida,
Mexiko, 3. Auflage 2010
National Geographic Society: Versunkene Reiche der Maya, Augsburg 1997
Prem, Hanns J. und Dyckerhoff, Ursula: Das alte Mexiko/ Geschichte und
Kultur der Völker Mesoamerikas, München 1986
Schele, Linda und Mathews, Peter: The Code of the Kings/ The Language of
seven sacred Maya Temples and Tombs, New York 1998
Schele, Linda und Freidel, David: Die Unbekannte Welt der Maya/ Das
Geheimnis ihrer Kultur entschlüsselt, Augsburg 1994, Übersetzung von A
Forest of Kings
Schele, Linda und Miller, Mary Ellen: The Blood of the Kings/ Dynasty and
Ritual in Maya Art, Fort Worth 1986 (korr. Nachdruck)
Sitchin, Zecharia: Versunkene Reiche/ Der Ursprung der Zivilisation im
Reiche der Maya und Inka, Rottenburg 2008
Soustelle, Jacques: Die Kunst des alten Mexiko, Osnabrück 1968
Stuart, David und George: Palenque/ Eternal City of the Maya, London 2008
Westphal, Wilfried: Die Maya – Volk im Schatten seiner Väter, Bindlach 1991
Wipf, Karl A.: Wanderer in der Nacht/ Religionsgeschichtliche Interpretationen
zu altamerikanischen Chroniken, Hallein 1980
Die Bücher von Walter-Jörg Langbein
»Das geheimnisvolle Tor von Labná«,
Teil 144 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 21.10.2012
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