Bild Public Domain |
»Wenn ich die Folgen geahnt hätte, wäre ich Uhrmacher geworden«. Dieses Zitat von Albert Einstein bringt in genial einfacher Weise auf den Punkt, dass es Dinge gibt, von denen der Mensch besser die Finger lassen sollte. Schon Johann Wolfgang von Goethe, der noch nichts von Kernenergie wissen konnte, schien gewisse Vorahnungen zu haben, formuliert er doch in seinem berühmten Gedicht »Der Zauberlehrling«: „Herr, die Not ist groß! / Die ich rief, die Geister, / Werd ich nun nicht los.“
Niemand kann von sich sagen, er habe es nicht gewusst. Auch nicht die Politiker, die maßgeblich am Ausbau der Kernenergie mitgewirkt haben, gegen massive Widerstände des Volkes, besonders der jeweiligen Anwohner. Wer in Zeiten von Franz-Josef Strauß Bedenken anmeldete, wurde schnell als grüner Spinner, als weltfremder Ahnungsloser diffamiert. Eine der Lügen, die ich noch als Kind irgendwann in den späten Siebzigern aufgeschnappt habe, lautete sinngemäß: »Die Wahrscheinlichkeit eines Super-GAUs liegt bei 100.000 Jahren.«
Also entweder, die Zeit vergeht noch schneller, als sie es ohnehin schon tut, oder an dieser Berechnung kann etwas nicht stimmen. Ist es nicht erst 25 Jahre her, seit ganz Europa von der radioaktiven Wolke aus Tschernobyl in eine strahlende Zukunft geführt wurde?
Zwischen der Anti-Atomkraft-Bewegung und der linksradikalen Szene im allgemeinen Bewusstsein eine diffamierende Verknüpfung herzustellen, das war zum einen das politische »Meisterstück« des Franz-Josef Strauß und ist zum anderen der Tatsache geschuldet, dass etliche Linksradikale, die bemerkten, dass sie mit ihrer Ideologie in der damaligen Bundesrepublik kein Bein auf den Boden bekommen würden, bei den neu gegründeten GRÜNEN Unterschlupf suchten, um über die Popularität der Anti-Atomkraftbewegung neuen Auftrieb zu erhalten.
Und so blieb alles beim Alten. Wer wollte schon dauerhaft ein grüner Spinner oder ein Stalinist genannt werden? Man richtete sich ein, verdrängte das Risiko und hoffte, dass die 100.000-Jahre-Regel den Tatsachen entsprechen möge. Selbst als im Jahre 1986 das Undenkbare in Tschernobyl Realität wurde, ließ die Gesellschaft sich weiter einlullen. Jetzt sehe man, wohin das führe, wenn Kommunisten mit Kernenergie hantierten!, befand Franz Josef Strauß und schlug damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Ja, so funktioniert die Instrumentalisierung menschlichen Leidens als Waffe in einem Kalten Krieg. Deutsche Sicherheitsstandards hingegen, die seien nicht vergleichbar mit sowjetischer Schlampigkeit, ließ man uns wissen. Deutschland, Deutschland. Mal wieder über alles.
Der von der rot-grünen Koalition unter Gerhard Schröder beschlossene Ausstieg aus der Atomkraft wurde durch die darauf folgende schwarz-gelbe Koalition unter dem Stichwort »Ausstieg vom Ausstieg« faktisch rückgängig gemacht. In die Hände gespielt wurde den nuklearen Zauberlehrlingen durch die Klima-Debatte. Atomkraft wurde uns in diesem Zusammenhang als CO2-neutral und sauber verkauft. Wer wird da noch über die Entwicklung der solaren Wasserstofftechnologie nachdenken, wenn das Atomzeugs so schön sauber ist? - Nun kochen die Reaktoren in Japan. Wir stellen langsam fest: Atomkraft ist nicht sauber. Der Dreck ist lediglich unsichtbar, was unserem ästhetischen Empfinden entgegenkommt.
Die Zeiten haben sich geändert. Der Protest ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. So, wie es war, wird es nicht bleiben. Angela Merkel hat offenbar verstanden, dass sie mit einer weiteren Befürwortung der Kernkraft nicht eine einzige Wahl mehr gewinnen wird. Angesichts anstehender Landtagswahlen geht nun alles sehr schnell: Innerhalb der nächsten 48 Stunden soll das Atomkraftwerk Neckarwestheim endgültig vom Netz gehen, folgen soll Isar I.
Lassen wir uns diese historische Chance nicht entgehen! Der schnellstmögliche Ausstieg muss auch nach den bevorstehenden Wahlen weitergehen. Wir sind das Volk! Der Atomdreck muss weg. Endgültig und ohne Wiederkehr. Drängen wir auf den Ausbau der Solarenergie und des solaren Wasserstoffs. Die Technologie ist weitgehend vorhanden. Noch ungelöste Probleme müssen jetzt zügig angegangen werden. Sorgen wir dafür, dass Politiker, die uns Scheiße für Gold verkaufen, kein Bein mehr auf den Boden bekommen. Wer uns »höchste Sicherheitsstandards« vorgaukelt, während er heimlich für die gesamte Bevölkerung Jodtabletten hortet, falls das mit der Sicherheit sich als Fehler herausstellen sollte, darf keine Chance mehr auf Wiederwahl haben.
Hier weiterlesen zur Atomkatastrophe in Japan:
http://nachrichten.t-online.de/atomkatastrophe-in-japan-kuehlung-mit-hilfe-von-hubschraubern/id_44992592/index
Hier weiterlesen zur Atomkatastrophe in Japan:
http://nachrichten.t-online.de/atomkatastrophe-in-japan-kuehlung-mit-hilfe-von-hubschraubern/id_44992592/index
Bravo!
AntwortenLöschenIn meinem alten Physikbuch steht noch der Satz: »Jede Form von radioaktiver Strahlung ist schädlich!« Dieser Satz ist bei späteren Auflagen ersatzlos gestrichen worden.
2 Super GAUs in knapp 30 Jahren...das nenne ich eine verherende Bilanz für die Menscheit... ein sofortiger Ausstieg aus der Atomenergie ist die einzige Konsequzenz. Die Verantwortlichen die immer noch anders denken, handeln höhst unethisch und sollten mit einer Pakung Jodtableten in Fukushima ausgesetzt werden! Guter Beitrag.
AntwortenLöschenDanke für die Kommentare.
AntwortenLöschen@Autorin: Klar wurde der Satz gestrichen, wahrscheinlich mit dem Hinweis auf Geschäftsschädigung.
@Martin: Es müsste schon längst ein Gesetz geben, das die Verantwortlichen zwingt, direkt neben einem ihrer AKWs zu wohnen. Wo haben die sich eigentlich verkrochen? Das zu recherchieren würde sich echt lohnen ...