Teil 299 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Das »Rote Pferd von Tysoe«. Rekonstruktion. |
Monstermauern gibt es überall auf der Welt, in Ägypten, dem Land der Pyramiden, in Peru, dem Land der Inka und selbst auf der Osterinsel, dem Eiland mit den Riesenstatuen. Wir staunen über die Geheimnisse unseres Planeten. Wir kennen aber nur einen Bruchteil der Hinterlassenschaften unserer Vorfahren. Von den sieben Weltwundern ist nur eines erhalten geblieben, die Pyramiden auf dem Plateau von Gizeh. Alle anderen sind spurlos verschwunden. Manches ruht im Verborgenen. So entdeckt man auch heute noch auf der Osterinsel Statuen, die auf dem Rücken liegend ganz von Erdreich bedeckt waren. Vereinzelt starrt dort ein steinernes Gesicht aus dem Boden gen Himmel.
Wurden Osterinselkolosse liegend begraben? Oder hat sich die Natur die Steinmonumente im Verlauf der Jahrhunderte langsam wieder einverleibt? Wie viele solcher Riesenstatuen wohl noch entdeckt werden? Die verschütteten Statuen genießen ein Privileg! Während ihre sichtbaren Kollegen den zerstörerischen Elementen von Natur und Umwelt ausgesetzt sind, bleiben die unterirdischen Statuen besser erhalten. Sie sind vor negativen Einflüssen geschützt.
Bald wird er verschwunden sein... |
Wären uns die Geschichten aus dem Neuen Testament unbekannt, dann würden wir religiöse Gemälde und Plastiken in Kirchen, Domen und Kathedralen nicht einordnen können.
Man muss davon ausgehen, dass es an Englands Küste, aber auch an Berghängen im Inland großformatige »Bilder« gegeben hat… von Riesen, von Tieren (wie Pferden) und von Monstern. Die meisten von diesen geheimnisvollen Kunstwerken sind womöglich schon vor Jahrhunderten wieder verschwunden.
Noch heute gibt es im ländlichen Bereich mündlich überlieferte Hinweise auf verschwundene Riesenpferde, die irgendwann nicht mehr gepflegt und rasch überdeckt und überwuchert wurden. Örtliche Priester wetterten gegen die Zeugnisse alter heidnischer Kulte, folgsame Kirchgänger schütteten zu, was als unchristliches Teufelswerk angesehen wurde. Vereinzelt versuchen Wissenschaftler, oft von den lieben Kollegen verspottet, die Bildnisse zumindest auf dem Papier zu rekonstruieren. Samuel Gerald Wildman zum Beispiel entwickelte eine originelle Methode nach den verschollenen Darstellungen zu suchen. Der begeisterte Heimatforscher war kein Archäologe, sondern Biologielehrer an einer »Grammar School« (Gymnasium).
Seine Methode: Es wurden einst Gräben in das Erdreich bis auf den darunter befindlichen Kalkboden gezogen, um so Bilder von Riesen und Fabelwesen zu schaffen. Viele dieser Gräben wurden zugeschüttet, um die Bilder zum Verschwinden zu bringen. Wenn nun auf derlei Areal Bäume gepflanzt wurden, dann gediehen die Bäume, die in den einstigen Gräben verwurzelt waren, besser. Samuel Gerald Wildman machte sich nun an die Arbeit und vermaß dort, wo seiner Meinung nach Erdbilder schlummerten, die Bäume, hielt Dicke der Stämme und Höhe der Bäume fest. Das übertrug er auf eine Karte… und fand immer wieder rätselhafte Spuren.
Im Bezirk Tysoe, Warwickshire, England, soll es einst die Darstellung eines riesigen roten Pferdes gegeben haben. Nach lokalen Überlieferungen – und da wird seit Generationen einiges erzählt – soll es sich am »Spring Hill« befunden haben. Trotz intensiver Sondierungen fand Samuel Gerald Wildman den gesuchten Vierbeiner leider nicht, wohl aber recht geheimnisvolle andere Darstellungen. Ein Reporter einer kleinen englischen Lokalzeitung zeigte mir Zeichnungen eines merkwürdigen Szenarios, von einer Gruppe von Wesen, die zu Spekulationen anregen. Ja wir müssen sogar mutmaßen, weil die einzelnen Elemente des mysteriösen Ensembles alles andere als eindeutig zu erkennen sind.
Der »Peitschenmann« |
Da steht ein muskelbepackter Mensch mit besonders eindrucksvollen Oberarmen, offenbar eine lange Peitsche schwingend. Hände oder Füße kann ich keine erkennen. Das Bild erinnert an moderne Kunst… und soll doch Jahrtausende alt sein.
Gehören die anderen drei Wesen dazu, bilden die vier Wesen eine Einheit? Illustrieren sie vielleicht eine Sage, die einst vor Ort sehr bekannt war? Ein vogelartiges Tier (rechts neben dem Peitschenmann) beeindruckt mit punkartiger »Frisur«. Es scheint im Begriff zu sein, nach rechts wegzugehen, dreht den Kopf aber nach links in Richtung Wüterich mit Peitsche. Es blickt – eher interessiert oder neugierig als verängstigt – zum Muskelprotz.
Das »Reptil« (?) |
Rechts vom Riesenvogel – er hat ähnliche Ausmaße wie der Peitschenmann – windet sich eine Art Reptil. Der Kopf des Tieres läuft spitz wie zu einem Schnabel zu, Vorderbeine sind angedeutet, Hinterbeine fehlen. Soll das eine Echse sein? Oder gar ein Drachen-Wesen aus der alten englischen Mythologie?
Unter den drei Kreaturen liegt etwas Massiges, ja Monsterhaftes. Es hat einen plumpen Leib, erinnert mich an eine Seekuh. So etwas wie Arme und Beine sind nicht zu erkennen, so etwas wie eine Flosse mag da Richtung »Kopf« angedeutet sein. In seinen Dimensionen ist es fast genauso groß wie die drei anderen Wesen zusammen. Die »Flosse« muss aber nicht unbedingt zum Tier gehören. Sie ist nicht mit dem Leib des Tieres verbunden. Handelt es sich um eine Riesenschlange, die das verewigt wurde?
Das »Monster« (?) |
Die vom Erdreich verschluckten »Riesenzeichnungen« wurden und werden nur von einigen wenigen Forschern gesucht, noch seltener von Archäologen als von Laien. Vereinzelt habe ich auf Reisen vor Ort Wissenschaftler kennengelernt, die sich privat und »off records« durchaus auch spekulativ geäußert haben. Nur offiziell wollten sie keine Stellungnahme abgeben. So erklärte mir ein Gelehrter, bei dem »Peitschenschwinger« könne es sich um den Gott Tiwaz handeln. Tiwaz war ein Himmelsgott, dem der legendäre Fenris-Wolf eine Hand abgebissen hat. Der von allen anderen Göttern gefürchtete Fenris-Wolf bedrohte die Götterwelt. Er galt als faktisch unbesiegbar. Schließlich konnte er nur gefesselt werden, weil Gott Tiw alias Tiwaz alias Tyr eine List mutig in die Tat umsetzte. Es gelang ihm, das mythologische Untier abzulenken und in Sicherheit zu wiegen, indem er ihm seine rechte Hand ins Maul legte. Dazu war kein anderer Gott bereit. So konnte Fenris gebändigt und mit einem Zauberfaden fixiert werden… vorübergehend allerdings nur!
Am Ende aller Zeiten wird der große apokalyptische Weltenbrand das Schicksal der Götter besiegeln. Dann wird, so lautet der Mythos, Fenris freikommen und Gott Odin verschlingen. Zur Strafe aber wird ihn der Sohn Odins – Vidar – erschlagen.
Runenzeichen »Tiwaz« |
Riesenpferde, die kalkhell gen Himmel strahlten, mögen Teile eines Fruchtbarkeitsritus gewesen sein. Die Götter hoch oben im Himmel sollten sie sehen. Vielleicht befürchtete man, nicht laut genug beten zu können, so dass die Götter nicht alles verstehen konnten, in fernen himmlischen Gefilden. Um die Distanz zu überbrücken, schickte man »optische« Gebete an mächtige Himmelsgötter. Die Himmlischen sollten üppige Ernten auf den Feldern und reichlich Nachwuchs bei Tier und Mensch gewähren.
Der Peitschenschwinger könnte also ein mächtiger Himmelsgott sein, der seine Vormachtstellung zum Ausdruck bringt. Das im Vordergrund liegende Tier könnte tot sein, dem Kadaver entsteigt der darüber stehende Vogel… die Seele des toten Tieres. Und die Seele untersteht dem kraftstrotzenden Himmelsgott. Oder es handelt sich bei dem nicht identifizierbaren Tier um ein Opfer für den Gott Tiwaz, der die Seele entgegennimmt und beherrscht? Das ist eine Möglichkeit der Interpretation. Eine andere: Neben dem Gott »Tiwaz«, dem Himmelsgott, steht die Gans als Repräsentantin für die Himmelsgöttin.
Unklar ist, welche Rolle das Tier rechts neben dem »Vogel« spielt. In den Zeichnungen, die ich einsehen konnte, erinnerte es an ein Reptil, an eine Schlange.
Feriswolf und Schlange von Bremen |
In der Unterwelt unter dem Dom zu Bremen fotografierte ich einen Fenriswolf, der gegen eine Schlange kämpft. Sollte es sich bei der Darstellung am »Spring-Hill« um eine mythologische Schlange handeln? Vielleicht könnten wir etwas mehr verstehen, wenn das Ensemble vom »Spring-Hill« sorgsam ausgegraben würde. Dann wären vielleicht mehr Details der Darstellungen zu erkennen. Bis dahin müssen wir uns auf die zeichnerischen Rekonstruktionen von Samuel Gerald Wildman (1) verlassen.
Vergeblich habe ich nach Luftaufnahmen gesucht, die angeblich vor 50 Jahren vom »Spring-Hill« gemacht wurden. Angeblich sollen die Fotos im Archiv der »Birmingham Post« aufbewahrt worden sein, waren aber nicht auffindbar…Auf diesen Fotos, meinen Unterlagen nach im Dezember 1965 aufgenommen, soll der »Peitschenmann« klar zu erkennen sein. Der Koloss hat eine Höhe von über fünfzig Metern!
Literaturhinweis
1) Siehe auch…. Wildman, Samuel Gerald: The Black Horsemen and King Arthur, London 1971
Zu den Fotos
Das »Rote Pferd von Tysoe«. Rekonstruktion: Archiv Langbein. Zeichnung teilweise vom Verfasser rot eingefärbt.
Osterinselkoloss, im Boden »versinkend«: Foto Walter-Jörg Langbein
Bald wird er verschwunden sein...: Foto Walter-Jörg Langbein
Der »Peitschenmann«: Archiv Langbein
Das »Reptil« (?): Archiv Langbein
Das »Monster« (?) : Archiv Langbein
Runenzeichen »Tiwaz«: Archiv Walter-Jörg Langbein
Feriswolf und Schlange von Bremen: Foto Walter-Jörg Langbein
300 »Alles vorbei, tom Roden….«,
Teil 300 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 18.10.2015
Besuchen Sie auch unser Nachrichtenblog!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
+++ Aus aktuellem Anlass +++
Schon von zwei Seiten kam nun der Hinweis, dass es beim Absenden von Kommentaren aus dem Browser Firefox zu Problemen kommen kann: Der Kommentar wird dem Nutzer dann zwar als versandt gemeldet, landet aber im Nirgendwo. Wir empfehlen Ihnen deshalb nach Möglichkeit die Nutzung von Google Chrome oder des Microsoft Internet Explorers. Bei diesen Browsern sind solche Schwierigkeiten unserem Kenntnisstand nach bisher nicht aufgetreten.
Zur Formatierung Ihrer Kommentare stehen Ihnen einige HTML-Befehle zur Verfügung. Eine Vorlage zum Abkopieren >>gibt es hier.