Sonntag, 30. Oktober 2011

93 »Bestätigung für Professor Cabrera!«

Teil 93 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Ein Operateur bei der Arbeit
Foto: Reinhard Habeck
Die »Skeptiker« sind heute für die Welt der Wissenschaft, was einst die »Heilige Inquisition« für die Welt des Glaubens war. Wer vom wahren Glauben abwich, wurde von der Inquisition ausfindig gemacht. Wer auf seiner von der allgemeinen Lehrmeinung abweichenden Ansicht, unbeirrt der Inquisition trotzend, beharrte ... landete nicht selten im Folterkeller und auf dem Scheiterhaufen.

An die Stelle der Inquisition sind die Skeptiker getreten. Wer vom wahren Glauben der wirklichen Wissenschaftlichkeit abweicht, muss heute zum Glück nicht mehr mit Tortur und Tod rechnen ... nur noch mit Spott und Hohn. Skeptiker entscheiden, was echtes Artefakt und was plumpe Fälschung ist. Zur Kategorie »plumpe Fälschung« zählen die Keramiken aus der Sammlung des Arztes und Hobbyarchäologen Dr. Javier Cabrera Darquea (1924-2001).

Hinlänglich bekannt sind die von Dr. Javier Cabrera Darquea in seinem Privatmuseum gehorteten »Operationsszenen« in Ton. In hundertfachen Varianten wird letztlich immer wieder die gleiche Geschichte illustriert. Da liegt ein menschenähnliches Wesen auf einem »Operationstisch« und wird »behandelt«. »Arzt« wie »Patient« haben fremdartig wirkende Augen. Sie sitzen seltsam tief, oft in Nasenhöhe und darunter.

Operateure bei
der Arbeit
Foto: W-J.Langbein
Die »medizinischen Eingriffe«, die vorgenommen werden, passen so ganz und gar nicht in uralte Zeiten. Da werden Herzen transplantiert, Kaiserschnittoperationen ausgeführt, Köpfe geöffnet. Manchmal wird der Ablauf einer komplizierten Operation wie ein Comic in mehreren Keramikensembles dargestellt. Staunend ging ich wiederholt durch Cabreras Geheimkammer und versuchte mir einen Überblick über die zahllosen Artefakte zu verschaffen. Dr. Javier Cabrera Darquea beteuerte stets, dass die Tonfiguren echt seien. Für die Skeptiker sind sie alle plumpe Fälschungen, hergestellt in unermüdlichem Einsatz von einem einzigen Künstler seines Fachs.

Skeptiker trauen dem »Meisterfälscher« sehr viel zu: Neben der kaum zu überblickenden Masse an Keramiken erarbeitete er ein zweites Genre. Er ritzte ganz ähnliche Szenen von Operateuren bei der Arbeit in Stein. Auch hier gibt es, comicstripartig in Etappen dargestellt, komplizierte chirurgische Eingriffe bei Menschen. Auf faustgroßen Steinen findet sich in der Regel nur ein Bild, auf fußball- und medizinballgroßen haben entsprechend mehr Darstellungen Platz. Manche Brocken sind von beachtlicher Größe und erzählen in Bildern ganze Geschichten.

Operationszene in Stein geritzt
Foto: W-J.Langbein
Ich bin davon überzeugt, das Cabrera in seinen beiden Sammlungen echte wie falsche Stücke zusammengetragen hat. Welche Artefakte nun alt und welche modern sind ... diese Frage wurde bis heute nicht beantwortet. Weil mit Nachdruck von Skeptikern in die Welt posauniert wurde, alles in Cabreras Museum sei wertloser Plunder ... wurde erst gar nicht der Versuch unternommen, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Angesichts der wirklich kaum zu überblickenden Fülle von Artefakten in Cabreras Sammlungen kommen bei mir Zweifel auf: Wer sollte sich warum so eine gewaltige Arbeit gemacht haben? Cabrera zeigte lange Zeit seine Objekte nicht der Öffentlichkeit. Dann führte er schließlich doch interessierte Besucher durch seine überquellenden Räume ... und forderte zunächst nicht einmal Eintritt. Erst später musste man als Besucher einen kleinen Obolus entrichten.

Ich habe wiederholt Cabreras Sammlungen besucht ... und maße mir nicht an, entscheiden zu können, was echt und was gefälscht ist. Skeptiker indes scheinen dazu in der Lage zu sein, auch ohne sich die Mühe zu machen, vor Ort die umstrittenen Objekte in Augenschein zu nehmen.

Ein kleiner Teil von
Cabreras gravierten
Steinen
Foto: W-J.Langbein
Ich gebe ja zu: Komplizierte Operation vor Jahrtausenden ... das ist starker Tobak. Aber darf man gleich alles, was nicht in unser Bild von der Vergangenheit des Menschen passt ... ungeprüft als »plumpe Fälschung« abtun? Wird hier nicht vorschnell nach dem Motto verfahren »Es kann nicht sein, was nicht sein darf!«? Woran erkenne ich, ob zum Beispiel die mysteriösen Operationsszenen echt oder falsch ... alt oder neu sind? Ich habe den Eindruck, dass alles, was irgendwie mit Cabreras Sammlungen zusammenhängt ... per definitionem als »gefälscht« abgewertet wird. Wissenschaftlich ist das aber nicht!

Zaghafte Untersuchungen gab es bereits im Sommer des Jahres 1967. Damals analysierte die »Compania Minera Mauricio Hochschild« einige der gravierten Steinen aus der umfangreichen Sammlung von Prof. Cabrera. Der Geologe Dr. Erik Wolf analysierte angeblich Oxydationsschichten, die über den Ritzungen liegen. Die Einritzungen müssten demnach sehr alt sein ... und nicht das Werk moderner Fälscher. Weitere Untersuchungen wissenschaftlicher Art gab es nicht. Man muss nur als Skeptiker ein Artefakt als eindeutig gefälscht bezeichnen und diese Behauptung lautstark verkünden ... schon wagt es kaum jemand, sich mit dem Objekt auseinander zu setzen ...

Diese Keramik ... ist echt
Foto: Reinhard Habeck
Und nun muss ich eine kleine List eingestehen ... Dieses Artefakt hat zwar ganz eindeutig die klassischen Merkmale der Cabrera-Artefakte ... Aber es gehört nicht zu Cabreras Sammlung. Reinhard Habeck fotografierte es im staatlichen »Anthropologischen Museum« von Lima. Das Objekt, so Kollege Habeck, dokumentiert ein gebeugtes Wesen bei einer Operation.

Und das bestätigt für mich Professor Cabrera: Ein anerkanntes Museum zeigt ein mysteriöses Objekt mit einem Motiv, das in mehr oder minder identischer Form zigmal bei Cabrera zu finden war.

Mit großer Sorge beobachte ich die Entwicklung in Ica, Peru. Was wird aus Prof. Cabreras Sammlungen? Ich habe die Befürchtung, dass die Keramiken bereits verschwunden sind. Werden die gravierten Steine auch bald »entsorgt«?

»Flugzeuge aus Gold«,
Teil 94 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 06.11.2011


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Samstag, 29. Oktober 2011

Krimisamstag im Herbst: Interview mit Krimiautorin Tuna von Blumenstein

Der hässliche Zwilling
Ursula Prem: Frau von Blumenstein, Ihr neuester Krimi »Der hässliche Zwilling« legt den Finger in eine offene Wunde: Laut einer aktuellen Meldung erhalten immer mehr Kinder und Jugendliche Psychopharmaka verschrieben, teilweise sogar Mittel, die für Kinder gar nicht zugelassen sind. War es dieser Umstand, der Sie zu Ihrem Buch veranlasst hat?

Tuna von Blumenstein: Liebe Frau Prem, eine sehr traurige Begebenheit in meinem weiteren Umfeld war der Auslöser für diesen Gedanken, der mich, aus verständlichen Gründen, nicht losließ. Was mich seinerzeit so erschüttert hat, war dieser leichtsinnige Umgang mit Psychopharmaka. Ein erwachsener Mensch muss für sich selbst entscheiden, was er sich an Medikamenten verabreicht. Ein Sorgeberechtigter trägt da um ein Vielfaches Verantwortung für seinen Schutzbefohlenen. Die Handlung des Krimis habe ich quasi um diesen Gedanken herum geschrieben, wünsche mir allerdings, dass mein Krimi da auch für einen Denkanstoß sorgt.


U.P.: Ihr Krimi ist unerhört spannend geschrieben. Er lässt den Leser traurig und wütend, aber auch zufrieden zurück. Ich hoffe, dass ich nicht zu viel verrate, wenn ich sage, dass die Protagonistin Vera an letzterem einen großen Anteil hat. Gab es für diese starke Frauenfigur ein Vorbild in Ihrem Leben oder beschreiben Sie sich darin selbst?

T.v.B.: Vera ist eine sehr leidenschaftliche Frau. Sie ist bodenständig und eine Kämpferin, die manche Schlacht geschlagen hat. Vera ist, im wahrsten Sinne des Wortes, eine Freifrau. In meinem Krimi lasse ich sie sagen: »Ich mache und halte dann die Klappe!« Allerdings verlässt sie zu keinem Moment die Ebene der Verantwortung, auf der sie sich befindet. Ihre Gegenspieler befinden sich eine Etage tiefer: Auf der Ebene der Macht. Würde Vera ihre Ebene verlassen, wäre sie am Gegenpol der Macht, und würde sich ohnmächtig fühlen. Das wird es auch sein, was Vera zu dieser interessanten Persönlichkeit macht. Vera hat etwas gnadenloses in der Art ihrer Vorgehensweise, das unterscheidet sie deutlich von mir und das ist auch gut so. Aber ich habe einen Krimi geschrieben, das Stilmittel der Übertreibung anzuwenden, ist möglich und nötig, weil Spannung gefordert ist.


U.P.: Wer Sie kennt, Frau von Blumenstein, der kommt nicht umhin, Ihre besondere Liebe zu schönen Dingen zu bemerken: Üppige Gärten, Innenarchitektur und ein ausgesucht eleganter Kleidungsstil, all das spricht für Ihre Freude an harmonischer Heiterkeit und Lebensfreude. Beim Schreiben kommt Ihre andere Seite ans Licht. Auffällig ist die gnadenlose Konsequenz, mit der Sie den Leser durch Ihre Bücher führen: Glasklare Logik, geschliffen scharfe Formulierungen und eine illusionslose Betrachtungsweise des Lebens zeichnen Ihre Werke aus. Wie geht das zusammen?

T.v.B.: Warum sollten solche Gegensätze nicht funktionieren? Im Grunde genommen bin ich ein sehr pragmatisch denkender Mensch. Das Schneechaos im Münsterland am 1. Adventswochenende 2005, vielleicht erinnern Sie sich noch an dieses Ereignis, kann ich hier gerne als Beispiel anführen. Auch ich war davon betroffen, im Außenbereich, von der Stromzufuhr abgeschlossen, daher funktionierte auch die Heizung nicht mehr und, da Eigenwasserversorgung, kein fließend Wasser. Frau Prem, da nützt das schönste Interieur nichts, wenn Sie frieren und der Magen knurrt. Wohl dem, der wie ich, einen kleinen Ofen hatte und ausreichend Holz vor der Hütte. Die Konserven konnte ich auch so erwärmen, das Ganze wurde für mich zu einer Zeit der Besinnung auf das Wesentliche. In solchen Situationen nützt ein Dünkeldenken nichts, warum sollte ich es in der Zeit danach noch haben?

Ich selbst betrachte mich nicht als weltfremd, eher als pragmatisch analysierende Beobachterin. Für Ihre Komplimente möchte ich mich bedanken, zumal sie aus der Feder einer Frau kommen, die ich sehr bewundere.


U.P.: Oh, vielen Dank! ;-) In unserer Autorenkollegin Sylvia B., die beklemmend atmosphärische Lyrik zu Ihrem Buch beigetragen hat, haben Sie eine kongeniale Partnerin gefunden. Wo und wie haben Sie sich eigentlich kennengelernt?

T.v.B.: Da sich Gleich und Gleich gerne finden, kam dafür nur ein Ort in Frage, der Garten Picker in Weseke. Dort lässt sich bei einer Tasse Kaffee wunderbar über Projekte plaudern. Und da Gegensätze sich anziehen, war die textliche Zusammenarbeit mit Sylvia B. in »Der Tote im Zwillbrocker Venn« eine äußerst spannende Angelegenheit. Auch ich denke, dieses Experiment ist gelungen. Zumal sich die Bedeutung dieser Textbeiträge erst zum Schluss des Krimis dem Leser ganz offenbaren.

Ein Dialog in »Der hässliche Zwilling« wurde von Sylvia B. in ihrem Büchlein »nimm es nicht persönlich« zu einem lyrischen Text verarbeitet. Gerade die Umrahmung mit dem Bildmaterial machte aus diesem kurzen Text in meinen Augen ein Kunstwerk. So hat es auch diesmal eine fruchtbare Zusammenarbeit gegeben. Das Büchlein habe ich übrigens einer lieben Bekannten geschenkt und ihr den »Blaubart-Text« besonders nahegelegt. War sie doch im Begriff, sich unglücklich in einen liierten Mann zu verlieben.


U.P.: Haben Sie schon neue Bücher in Planung? Und wenn ja: Werden Sie die Münsterlandkrimireihe weiterführen?

T.v.B.: Ja, ich habe Überlegungen zu weiteren Krimis. In der nächsten Zeit dürfte sich da etwas entwickeln. Aber, ich halte es da mit den russischen Hühnern: Die gackern bekanntlich erst, wenn sie das Ei gelegt haben. :-)


U.P.: Fühlen Sie sich literarisch an die Scholle gebunden oder könnten Ihre Bücher auch außerhalb des Münsterlandes spielen, in dem die Menschen bekanntlich als ziemlich stur gelten?

T.v.B.: Natürlich könnten meine Krimis auch woanders angesiedelt sein, mit Ausnahme natürlich vom Toten im Zwillbrocker Venn. Irgendwo muss meine Handlung spielen, warum dann nicht vor meiner Haustür? Als Landei habe ich natürlich einen Bezug zu Land und Leuten der Region. Dass die Münsterländer stur sind, kann ich nicht bestätigen. Ich denke, der Boden prägt den Menschenschlag. Ist der Boden fett, sind die Erträge größer, ist der Boden mager, muss der Mensch, der ihn bewirtschaftet härter arbeiten. So kann es sein, dass in dem Ort A die Menschen anders drauf sind, als im Nebenort B. Das wird in der Eifel nicht anders sein als in Bayern oder eben im Münsterland.

U.P.: Frau von Blumenstein, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihrem neuen Buch viel Erfolg!

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Der hässliche Zwilling 


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Freitag, 28. Oktober 2011

Zeitumstellung: Experten schlafen lange! - Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Am Sonntag ist es wieder mal so weit: Die Sommerzeit wird auf Normalzeit zurückgedreht, die Uhren eine Stunde angehalten, die Welt wird wieder für einige Monate normal. Normal deshalb, weil die Uhr auch wirklich Mittag zeigt, wenn die Sonne am höchsten steht (soweit man im Winter von Höchststand sprechen kann). Ein wenig Erholung für den biologischen Rhythmus, Ausruhen von der Retortenzeit, die ihm für den Rest des Jahres aufgezwungen wird.

Dass die Sommerzeit kein Problem ist, das bestätigen uns Experten eindrucksvoll. »Wirtschaft und Schlafforscher bleiben gelassen«, titelt der FOCUS einen Artikel zum Thema.

Schön für die Wirtschaft und schön für die Schlafforscher, wenn das alles kein Problem für sie ist. Sollen sie ruhig weiterschlafen, denn: Das ist es ja, was unser Leben ausmacht: Wirtschaft und Wissenschaft. Andere Dinge kommen in dieser unserer Welt nicht mehr so wirklich vor. Und da Wirtschafter und Wissenschaftler sich sicher nicht um kleine Kinder zu kümmern haben, fallen ihnen die Probleme eben nicht auf.

Was für ein Genuss ist es doch, an einem kalten Herbstsonntag um 4:30 Uhr aus dem Bett zu hüpfen, weil das Baby schreit. Klar! Baby weiß nichts von der Zeitumstellung und schreit eben zur gewohnten Zeit. Und ist ebenso ausgeschlafen wie auch sonst um 5:30 Uhr. Selbst dann, wenn man es egoistischerweise am Vorabend ein Stündchen länger wachgehalten hat. »Mama! Baaaalll!«, giggelt das quietschvergnügte Kind und deutet erwartungsvoll auf die bunte Plüschkugel gegenüber. Vier wunderbare Stunden Zeit, mit dem Kleinen zu spielen, ehe es richtig hell und der Rest der Familie auf den Beinen ist.

Vorlesestoff für lange
Winterstunden:
ABC Walpurgisnacht!
»Zu faul, mit dem eigenen Kind zu spielen! Typisch Mutter von heute!«, würden jetzt alle kinderlosen Akademiker aufstöhnen. Zum Glück können sie nicht aufstöhnen, denn sie schlafen noch tief und fest.

Wer nun denkt: Ein Tag im Jahr, na und?, der wird sich freuen, zu erfahren, dass diese Form der Zeitumstellung schon mal zwei Wochen dauern kann. Zwei Wochen, in denen der noch wesentlich unbestechlichere Biorhythmus eines Kleinkindes deutlich anzeigt, dass irgend etwas nicht stimmt. Die Zeitverwirrung führt dann auch schon mal zu einem längeren Mittagsschlaf, mit dem Ergebnis, dass das Kind jeden Tag früher ausgeschlafen ist.

Um es kurz zu machen: Die ständigen Zeitumstellungen sind nichts als ein Ärgernis für alle Eltern im wahrsten Sinne des Wortes aufgeweckter Kleinkinder. Auch am kommenden Sonntag wird wieder hinter einzelnen Fenstern Licht brennen, morgens, um 4:30 Uhr. Sollten Sie zufällig wach sein, dann achten Sie mal darauf. Denken Sie daran: Hinter vielen dieser Fenster sitzen völlig übermüdete Eltern quietschfideler Kleinkinder und holen das Letzte aus sich heraus, um das morgendliche Unterhaltungsprogramm auch abwechslungsreich, anregend und pädagogisch wertvoll zu gestalten. Genießen Sie das friedliche Bild der Lichter. Denn die Lichter werden jedes Jahr weniger ...

Sonntag, 23. Oktober 2011

92 »Astronauten, Taucher, Fabelwesen?«

Teil 92 der Serie
»Monstermauern, Mythen und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein

Ein Astronaut in der
Museumsvitrine
Foto: R.Habeck-B.Moestl
Die jugendliche Frau trägt eine modische Frisur. In prachtvollen Locken fällt ihr Haar bis auf die ihre Schultern. Ihr Oberteil sitzt etwas eng, betont ihre weiblichen Formen. Vor der Brust hält sie eine Kugel. Es sieht so aus, als fordere sie den Betrachter auf, das runde Objekt entgegenzunehmen. Was wie eine Szene aus einem bunten Lifestyle-Magazin wirkt ... das hat ein Künstler vor rund zweitausend Jahren in Ecuador geschaffen. Archäologen entdeckten die kleine Statuette in der Provinz Manabi, nordöstlich von Ecuador. Ein wenig blasiert arrogant blickt das Figürchen aus der gläsernen Vitrine im »Museum Hilde und Eugen Weilbauer«.

Neben der Frau mit der Kugel ... ob es ein Kultobjekt war? – wirkt eine fremdartig wirkende Gestalt geradezu beängstigend. Der Kopf hat eine hohe, bizarre Form. »Ein menschenähnliches Wesen ...« sei das, erklärt man mir am Vormittag des 26. August 1992 im Museum. Und schon soll die Führung durch die opulente Sammlung fortgesetzt werden. Ich aber bleibe stehen. Zwischen beiden Figürchen steht ein weiteres Artefakt in der Vitrine, vielleicht halb so hoch wie die attraktive Lady mit der Lockenpracht. Vor rund zwei Jahrtausenden – so erklärt man mir – haben da unbekannte Künstler ein mythologisches Mischwesen dargestellt.

Hastig soll es weiter gehen ... ich aber bleibe stehen. »Ein mythologisches Mischwesen?« frage ich nach. »Aber das sieht man doch!«, lautet die fast etwas barsche Antwort. »Wir sehen einen mythologischen Riesenjaguar, in dessen weit aufgerissenem Schlund ein menschliches Gesicht zu sehen ist. Mich erinnert das kuriose Wesen an ein Relief in Stein, das ich in Guatemala fotografierte ...

Nach wissenschaftlicher Interpretation sehen wir da einen Menschen oder ein menschliches Wesen, das über seinem Kopf das Gesicht eines Affen oder das eines Opossums trägt. Auf mich machen beide Darstellungen einen eher technischen Eindruck. Ich erkenne ein Wesen im Schutzanzug eines Astronauten.

Und die Perry-Rhodan-Freunde unter uns werden bei der Miniplastik aus dem »Museum Hilde und Eugen Weilbauer« eher an ihren Helden Perry Rhodan im schützenden Raumanzug denken! Deutlich ist zu erkennen, dass ein helmartiges Gebilde den Kopf eines menschenähnlichen Wesens umschließt. Ein großes Guckfenster erlaubt den Blick auf Augen, Nase, Mund und Kinn des Astronauten!

Astronaut oder
Taucher ...
Foto W-J.Langbein
Walter Ernsting (1920-2005), weltbekannt unter dem Pseudonym Clark Darlton, ist der »Vater« der »Perry-Rhodan«-Romanreihe, der erfolgreichsten SF-Serie der Welt. Mein geschätzter Kollege Reinhard Habeck zeigte anno 2003 Walter Ernsting ein Foto des Porträtkopfes. Ernstings scherzhaft-hintersinnige Reaktion: »Was? Haben die Halunken damals schon meine Ideen geklaut?« Im »Museum Hilde und Eugen Weilbauer« gibt es eine schier unüberblickbare Menge von kostbaren archäologischen Artefakten. Besonders imposant sind die Figürchen aus der Küstenregion von Ecuador. Und darunter befinden sich einige, die an Taucher oder Astronauten erinnern ... Es sind menschenähnliche Wesen in plumpen Anzügen. Ihre Köpfe stecken in Helmen. Diese »Helme« haben Sichtfenster, hinter denen man Stirn, Augen, Nase und Kinn erkennt. Was auch immer diese Figürchen darstellen ... es sind Wesen, die über dem eigenen Kopf so etwas wie einen fremden Kopf tragen. Der eigene Kopf steckt in einem helmartigen Objekt. Und dieser »Helm« wiederum geht nahtlos in einen eng anliegenden Anzug über.

Mir ist klar: Die Helme haben oft auch etwas Maskenartiges oder Tierkopfähnliches. Ich gebe aber zu bedenken: Wie sollte ein Künstler vor zwei Jahrtausenden den Helm eines Außerirdischen darstellen? So ein Helm kann sehr wohl wie ein übergestülpter zweiter Kopf wirken. Moderne Technik, die für uns heute selbstverständlich ist, war ihm fremd. Künstler, die vor Jahrtausenden moderne Technologie sahen, mussten also zu Vergleichen aus der ihm wohlvertrauten Welt greifen.

Noch ein »Helmkopf«
aus einer der
Museumsvitrinen
Foto: W-J.Langbein
Nach der Philosophie von Charles Hoy Fort sind solche Figürchen ... Verdammte, die von der Schulwissenschaft abgelehnt werden. Nicht jedes Museum hat den Mut, derlei Artefakte auszustellen, wenngleich in »versteckten Ecken«.
Besucher von Außerirdischen auf unserem Planeten in grauer Vorzeit darf es nicht gegeben haben ... also werden entsprechende Darstellungen … wie Tonfigürchen aus uralten Zeiten … gern verschwiegen. Dabei findet sie der aufmerksame Besucher manchmal auch in anerkannten Museen, hinter dem schützenden Glas von Vitrinen ... Und wie ich von Insidern immer wieder höre, wandern solche Funde oft in Kellerdepots, wenn sie nicht gar weggeworfen werden.

Übrigens: Charles Hoy Fort (1874-1932), der unermüdliche Sammler »verbotener Fakten«, kam bereits vor fast einem Jahrhundert zu wirklich verblüffenden Überlegungen(1): »Eines Tages werde ich mich damit beschäftigen, dass die seltsam geformten Erdhügel von Forschern von irgendwo gebaut wurden, die nicht zurückkehren konnten, konstruiert in der Absicht, die Aufmerksamkeit von einer anderen Welt anzulocken ...«
.

Und noch ein Helmkopf
Foto: R.Habeck-B.Moestl
Charles Hoy Fort weiter (2): »Wir werden ... oder auch nicht ... akzeptieren, dass es eine verlorene Kolonie oder Expedition von irgendwo auf dieser Erde gegeben haben mag und außerirdische Besucher, die nie zurückkehren konnten, und andere außerirdische Besucher, die wieder gegangen sind.«

Vor fast einem Jahrhundert spekulierte Charles Hoy Fort über Besucher von Außerirdischen auf unserem Planeten, als Raumfahrt bestenfalls eine verrückte Idee von Fantasten ohne jeglichen Realitätssinn war. Und doch räsonierte Fort schon so früh über kosmische Besucher in grauer Vergangenheit (3): »Ich denke, wir sind Besitz. Ich denke, ich sollte sagen, wir gehören jemandem. Dass irgendwann diese Erde Niemandsland war und dass andere Welten forschten und kolonisierten, untereinander um den Besitz ... der Erde kämpften ... und dass jemandem diese Erde gehört.« (4)

Versteckt zwischen unzähligen Figürchen und Fragmenten in zahlreichen Vitrinen entdeckte ich mehr als merkwürdige Objekte ... und zwar solche, an denen Charles Hoy Fort seine helle Freude gehabt hätte! Für den Menschen an der Wende zwischen zweitem und drittem Jahrtausend wirken manche wie verblüffend realistische Darstellungen von Astronauten. Mich beeindrucken besonders einige Helme, bei denen nicht nur Gesichter hinter dem Sichtfeld zu erkennen sind ... sondern technische Details ... zum Beispiel ein Mikrofon vor dem Mund, integriert in den Helm!

Was stellen die kuriosen Artefakte aus dem Weilbauer-Museum dar? Sind es Taucher in ihren Anzügen ... oder kosmische Besucher aus dem All? Sind es gar mythische Wesen? Fabelwesen können sehr wohl auf realen Begegnungen basieren ... mit Außerirdischen? Mit Tauchern? Wie auch immer: Uralte Artefakte lassen sich manchmal vollkommen anders interpretieren als die Schulwissenschaften das gerne möchten! Uralte Artefakte können uns zu fantastischen Gedanken anregen! Und manchmal ist die Wirklichkeit nur scheinbar unglaubwürdiger als die vermutete Realität ... Reisen – das zeigt sich immer wieder – erweitert den Horizont!

Fußnoten
1 Fort, Charles Hoy: »The Book of the damned«, New York 1919/ deutsche Ausgabe »Das Buch der Verdammten«, Frankfurt am Main 1995, S. 157
2 ebenda, S. 159
3 ebenda, S. 163
4 siehe hierzu auch Langbein, Walter-Jörg und Sachmann, Hans-Werner: »Charles Hoy Fort – Der Chronist des Unerklärlichen« in Däniken, Erich von (Herausgeber): »Das Erbe der Götter/ Auf ›kosmischen Spuren‹ rund um die Welt«, München 1997, S.19-25

»Bestätigung für Professor Cabrera!«,
Teil 93 der Serie
»Monstermauern, Mythen und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 30.10.2011


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Samstag, 22. Oktober 2011

Krimiherbst bei »Ein Buch lesen« Der hässliche Zwilling Leseprobe

In der Januarnacht waren zwanzig Zentimeter Neuschnee gefallen. Antonius Löbbering betrachtete mit sorgenvollem Gesichtsausdruck die weiße Pracht, die sich um sein Kötterhaus ausgebreitet hatte. Das Zwielicht des beginnenden Tages reflektierte schwach auf der Schneedecke. Nur die Baumallee, die die Einfahrt zu Löbberings Häuschen flankierte, hob sich düster von dem Weiß der Landschaft ab. Auch die Zufahrt zum Haus ließ sich noch nicht einmal mehr erahnen.

Antonius hatte es in den letzten Wochen aufgegeben, mit dem Wagen seine Arbeitsstelle in Borken aufzusuchen. Stattdessen kämpfte er sich die circa 60 Meter bis zur Hauptstraße zu Fuß durch. Von dort aus war es nur ein kurzes Stück bis zu einer Bushaltestelle.

Antonius Löbbering hasste Busfahrten. Morgens im Dunkeln aus dem Haus und abends im Dunkeln zurück. Dabei die Einkaufstüten zu schleppen, das empfand er diesen Winter als Zumutung. Außerdem machte die Kälte seinen sechzig Jahre alten Gelenken zu schaffen. Gottlob war Wochenende. Heute würden ihn keine zehn Pferde von seinem Grundstück bringen.

Antonius Löbbering seufzte auf und stapfte um das Haus zu seinem Schuppen, um den Korb mit Brennholz zu füllen. Als er wieder aus dem Schuppen trat, sah er den Schneehügel, oberhalb des Weges nahe der Straße. Ein starker Ostwind hatte schon die ganze Nacht getobt und für Verwehungen gesorgt. Trotzdem waren schwach die seitlichen Konturen eines Autos zu erkennen. Löbbering kniff die Augenlider zu einem Spalt zusammen. Er meinte ausmachen zu können, dass die Seitenscheibe des Fahrzeugs geöffnet war »Das muss ich mir genauer ansehen!«

Ächzend setzte er den Korb in der Diele seiner Behausung ab und machte sich auf den beschwerlichen Weg Richtung Straße. Je näher er dem Objekt seiner Neugierde kam, umso deutlicher wurden die Konturen. Tatsächlich war es ein Pkw und die Seitenscheibe war heruntergelassen.

Keuchend erreichte Antonius das Fahrzeug und kämpfte sich durch die Verwehung, die an der Seitenfront bis fast an den Türgriff reichte. Der Pulverschnee stand ihm bis zu seinen Oberschenkeln, als er vorsichtig einen Blick ins Wageninnere riskierte …



Tuna von Blumenstein





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Freitag, 21. Oktober 2011

Die heiße Nacht des Monsieur Sarkozy - Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Olala, Monsieur le Président! ;-) Während seine Frau Carla Bruni zuhause in den Wehen liegt, verbringt Nicolas Sarkozy heiße Stunden mit einer anderen, der er verwegene Dinge ins Ohr flüstert. Mit französischer Leidenschaft versucht er, die Dame zu Dummheiten Abenteuern zu verführen und bei alldem ist auch noch Geld im Spiel!

Nein, selbstverständlich ist es ganz anders, als Sie jetzt vielleicht denken! Natürlich ist Sarkozy während der Geburt seiner Tochter nicht ins Bordell gegangen, obwohl dies für Europa wahrscheinlich besser gewesen wäre. Stattdessen traf er sich in Frankfurt mit Angela Merkel und versuchte, sie von seinen Plänen zur Erweiterung des ESFS zu überzeugen. Nach Sarkozys Vorstellungen soll der ESFS mit einer Banklizenz ausgestattet werden, die ihm ermöglichen würde, sich bei der europäischen Zentralbank mit einem Vielfachen an weiterem Kapital zu versorgen. Der Europäische Rettungsschirm würde so den Rang einer Bank erhalten, deren einzige Aufgabe es wäre, faule Geschäfte mit ungewissem Ausgang abzuwickeln und dank der Bürgschaften der beteiligten Staaten einen nahezu unbegrenzten Griff in die Kasse der EZB zu tätigen. Das wirtschaftliche Fundament Europas würde so zur reinen Luftnummer. Schöne Aussichten, nicht wahr? Zumal im schlimmsten Fall nicht nur die Bürgschaften fällig würden, sondern auch die ausgeblutete EZB wieder mit Kapital versorgt werden müsste, das, wie wir alle seit einiger Zeit wissen, nur aus den Staatskassen kommen kann.

Da frage ich mich unwillkürlich: Wäre es nicht besser gewesen, Sarkozy wäre daheim geblieben und hätte sich um Frau und Kind gekümmert? Wäre es nicht überhaupt förderlicher, Politiker würden viel mehr Zeit mit ihren Familien verbringen und aufhören, einen Quatsch nach dem anderen auszubrüten? Sollte man Politikern vielleicht lieber eine Untätigkeitspauschale auszahlen und ihnen das Versprechen abnehmen, einfach mal für eine Weile den Rand zu halten?

Zeit für ein Gedankenspiel

Was würde geschehen, wenn man dem vielbeschworenen Markt endlich einmal Zeit zur Selbstregulierung geben würde, ohne wilden Aktionismus auf Kosten der Steuerzahler?

Ganz klar: Es würde zu einer Reihe von Pleiten kommen, angefangen bei Griechenland. Im Sog dieser Staatsinsolvenz würden alle Anleger, die im Besitz griechischer Staatsanleihen sind, ihr Kapital verlieren, seien es nun Banken oder Privatanleger. Zum Tragen käme nichts anderes als das normale unternehmerische Risiko, das man immer eingeht, wenn man in ein Geschäft einwilligt. In guten Zeiten wird dieses Risiko gerne als rein theoretische Größe verdrängt. Doch sollte man nie vergessen, dass hohe Gewinnchancen durch die Übernahme eben dieses Risikos bezahlt werden müssen. Wer Gewinne gerne mitnimmt, bei Verlusten aber nach dem Staat schreit, der ist ein doppelzüngiger Marktwirtschaftler. »Wenn`s schwierig wird, werd ich einfach Sozialist!« scheint das Motto solcher Schönwetterkapitalisten zu sein.

Leute, so funktioniert das nicht. Ruft lieber Peter Zwegat! Der hat schon manchem Spinner in den Arsch getreten die Leviten gelesen, mit seinem Whiteboard und einer streng nach oben gezogenen Augenbraue. Dass es zu mindestens einer Staatsinsolvenz kommen wird, das sieht ein Blinder mit dem Krückstock. Und der Schaden wird umso größer sein, je höher die Menge an Steuergeldern ist, die zur Abwendung des Unvermeidlichen verschleudert wird. Wenn Politiker sich doch noch entschließen könnten, zur Abwechslung das Richtige zu tun, dann würden sie den Banken strenge Auflagen für Kreditvergaben erteilen und sie entschlossen daran hindern, Gelder an Staaten oder Personen zu verleihen, von denen klar ist, dass sie niemals sauber werden zurückzahlen können. Doch eben das werden die Politiker nicht tun. Denn dann wäre auch Schluss mit immer weiterer Staatsverschuldung, die zum unverzichtbaren Lebenselixier dieser Politvampire geworden ist ...

Sonntag, 16. Oktober 2011

91 »Galerie der Verdammten - Mysteriöse Funde im Museum«

Teil 91 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein

Das »Hilde und Eugen Weilbauer
Museum« - Foto: Reinhard Habeck
Das Wesen wirkt seltsam fremdartig und zugleich vertraut. Wie ein Engel aus christlicher Glaubenswelt hat es zwei Flügel weit ausgestreckt. Der »Kopfschmuck« aber scheint so gar nicht zu dem kleinen Tonfigürchen zu passen. Ich trete näher an die Vitrine. Es kommt mir so vor, als trüge die Kreatur einen undefinierbaren Aufsatz auf dem Kopf. Rechts und links vom Gesicht hängen zwei Zapfen weit herab, etwa bis zur »Gürtellinie«. Sie erinnern mich an Reißzähne eines Raubtiers. Entdeckt habe ich das kuriose archäologische Artefakt im »Museum Hilde und Eugen Weilbauer«, Quito.

Offenbar war die kleine Statuette beschädigt, als man sie bei Ausgrabungen fand. Ein Teil des rechten Flügelchens war abgebrochen und wurde von einem Restaurator ersetzt. »Winged figure« steht auf einem kleinen Täfelchen ... Und wie wird das archäologische Artefakt datiert? Die Experten des »Museums Hilde und Eugen Weilbauer«, Quito, gehen davon aus, dass die »Gestalt mit Flügeln« zwischen 500 v. Chr. Und 500 n. Chr. entstand. Sie stammt wohl aus der Region Manabi, von der Küste, nordwestlich von Quito.

Verfasser Langbein mit dem
Flügelwesen - Foto: Steffi Liersch
Offenbar gab es damals schon so etwas wie eine kunstgewerbliche Industrie, die so etwas wie »Massenproduktion« kannte. Man arbeitete rationell. Die Figürchen wurden in Formen gegossen ... und stellten, so heißt es in der archäologischen Literatur, gewöhnlich Krieger, Musiker, Jäger und Tänzer dar. Mit anderen Worten: Porträtiert wurden Zeitgenossen bei alltäglichen Arbeiten von damals, keine Fantasiewesen.
Die Vorderseiten dieser Miniaturkunstwerke wurden stets mit großer Liebe zum Detail gestaltet, die Rückseiten blieben weitestgehend unfertig. »Offenbar sollte man die kleinen Kunstwerke nur von vorne sehen. Sie wurden wohl bei Riten und Zeremonien verwendet.« Und sie wurden bis weit ins Landesinnere von Ecuador versandt ... vor rund zwei Jahrtausenden. Das erfuhr ich im Museum. Es muss am Meer Handelszentren gegeben haben, in denen getauscht wurde: feine Stoffe gegen kunstvolle Miniaturskulpturen zum Beispiel ... oder landwirtschaftliche Produkte des Ackerbaus gegen Kunsthandwerkliches.

Leider fehlt jede schriftliche Quelle aus uralten Zeiten, die uns bei der Interpretation der kleinen bewundernswerten Kunstwerke behilflich sein könnten. Solche Quellen gibt es aber nicht ... So sind wir auf Vermutungen und Spekulationen angewiesen!

Das Flügelwesen ...
Foto: W.-J.Langbein
Die »Gestalt mit Flügeln« zeigt offensichtlich keines der typischen Manabi-Motive. Auch im »Museum Hilde und Eugen Weilbauer« will man sich nicht so recht festlegen: »Vielleicht haben die Menschen Drogen konsumiert und glaubten dann, sie könnten fliegen ...« Dann stellt das kleine Wesen also einen Schamanen dar? Das könne durchaus sein, teilt man mir auf meine Nachfrage im Museum mit.

In der Provinz Manabi soll das Zentrum der Keramikkünstler gewesen sein, notiere ich im Museum nach den Informationen an diversen Vitrinen. In der »klassischen Jama-Coaque-Epoche«, etwa 500 vor bis 500 nach Christus, wurden besonders viele besonders schöne Miniaturkeramiken geschaffen. Große Sorgfalt wurde auf die Darstellung der Kleidung gelegt. Offenbar gab es unterschiedliche Stände in der Gesellschaft, von denen wir nicht viel wissen. Vermutlich waren bestimmte Stoffe bestimmten Ständen vorbehalten.

Eine beeindruckende Fülle von Figürchen füllt zahlreiche Vitrinen. Mich interessieren aber jene Artefakte, die es nicht wirklich eine Erklärung gibt. »Die Menschen lebten damals in einer Welt der Mythen. So glaubten sie, dass eine Riesen-Anakonda einst das Leben auf die Erde brachte ... « erklärte mir etwas ausweichend Dr. Patricio Moncayo Echeverría, heute Direktor des »Hilde und Eugen Weilbauer Museums« bei meinem Besuch am Vormittag des 26. August 1992.

Mythologisches
Fabelwesen
Foto: W-J.Langbein
In die Kategorie »Mythenwelt« gehören demnach auch Mensch-Tier- oder Tiermensch-Wesen ... wie jenes Fabelwesen, das ich in einer in eine Ecke verbannte Vitrine entdecke. Auch diese kleine Skulptur wird für mich aus der Vitrine geholt. Ich muss zugeben: Es war ein eigenartiges Gefühl, dieses etwa zwei Jahrtausende alte Artefakt in den Händen halten zu dürfen. Meiner Meinung nach war die Kreatur nicht – wie die anderen Skulpturen – aus Ton geschaffen, sondern aus ein leichten, porösen Stein geschnitzt.

Winzige Farbpartikelchen am und im porösen Stein könnten darauf hinweisen, dass die steinerne Kreatur - sie könnte einem Horrorstreifen à la »Alien« entsprungen sein - einst bunt bemalt war. Eine entsprechende Untersuchung wurde bislang nicht durchgeführt. Es fehlt auch heute noch ... das Geld. Oder will man gar nicht wirklich Genaueres über das »Monster« erfahren?

Ein Museumsmitarbeiter erklärt mir hinter vorgehaltener Hand: »Solche seltsamen Darstellungen gehören eigentlich nicht in einen öffentlichen Ausstellungsraum ... sondern ins Depot des Museums ... in den Keller!« »Warum?« will ich wissen. »Solche Sachen irritieren doch nur die Besucher eines Museums!«

Fabelwesen aus Stein
Foto: Archiv WJL
Bei solchen Äußerungen muss ich an den großen Archivar der verdammten Tatsachen, an Charles Hoy Fort (1874-1932) denken. Fort veröffentlichte 1919 sein erstes Buch, betitelt »Book of the damned« ... . Die deutsche Übersetzung ließ lange auf sich warten: »Das Buch der Verdammten« kam erst 1995 auf den Markt. Fort konnte dank einer Erbschaft zum Erforscher der verbotenen Fakten werden. Er interessierte sich brennend für die Welt der Wissenschaften ... allerdings nicht für die hinlänglich beantworteten Fragen und faktenreich belegten Theorien. Ihn faszinierten die Fakten, die seiner Überzeugung nach von der Wissenschaft »unter den Teppich gekehrt« wurden. Er fand spannend, was mit den herkömmlichen schulwissenschaftlichen Theorien nicht erklärbar war. Fort bezeichnete diese verhassten Fakten ... als »Verdammte«. Bis zu seinem Tode wühlte er sich wie ein Besessener durch ganze Bibliotheken und trug Zigtausende Fakten zusammen, die seiner Überzeugung nach das Dasein von Verdammten fristeten. Drei weitere Bücher Forts erschienen, die allesamt sehr zu empfehlen sind! (2a-c)

Fort leitete sein »Buch der Verdammten« so ein: »Eine Prozession der Verdammten. Mit den Verdammten meine ich die Ausgeschlossenen. Wir werden eine Prozession der Daten vorbeiziehen sehen, die von der Wissenschaft ausgeschlossen wurden. Bataillone der Verfluchten werden marschieren, angeführt von bleichen Daten, die ich exhumiert habe.«

In über drei Jahrzehnten meiner Reisen um die Welt erlebte ich immer wieder, dass es diese »Verdammten« tatsächlich gibt! Es gibt »Artefakte«, die ich ganz im Sinne von Fort als »verdammt« ansehe. Einige von ihnen schafften es in Museen, wie die Objekte im »Museum Hilde und Eugen Weilbauer«, andere warten in Kellern und Depots auf »Erlösung« ... und wieder andere werden gern schnell als »Fälschungen« deklariert und fristen in belächelten Privatsammlungen ein trauriges Dasein.

Fußnoten
1 Fort, Charles Hoy: »Das Buch der Verdammten«, Frankfurt am Main 1995
2a Fort, Charles: »New Lands«, New York 1923/ Übersetzung »Neuland«, Frankfurt am Main 1996
2b Fort, Charles: »Lo!«, New York 1931/ Übersetzung »Da!«, Frankfurt am Main 1997
2c Fort, Charles: »Wild Talents«, New York 1932/ Übersetzung »Wilde Talente«, Frankfurt am Main 1997 

»Astronauten, Taucher, Fabelwesen?«,
Teil 92 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 23.10.2011

Samstag, 15. Oktober 2011

Krimiherbst bei »Ein Buch lesen« Der hässliche Zwilling

Cover: Satzstudio Roth, Emden
Nach dem tragischen Unglücksfall ihrer Nichte Simone kehrt Vera in ihr Elternhaus zurück, das von ihrer Zwillingsschwester Gerda und deren Mann Volker bewohnt wird. Gerda scheint an den Ereignissen um Simone zu zerbrechen, während der Konflikt zwischen Vera und dem passionierten Jäger Volker deutliche Formen annimmt. Dann geschieht ein Mord …

Nach »Der Tote im Zwillbrocker Venn« ist »Der hässliche Zwilling« der zweite Münsterland-Krimi der Tuna von Blumenstein. Mit einem Vorwort von Bestsellerautor Walter-Jörg Langbein (2012-Endzeit und Neuanfang, Das Sakrileg und die heiligen Frauen u.a.).

Vorwort von Walter-Jörg Langbein

»In der Januarnacht waren zwanzig Zentimeter Neuschnee gefallen. Antonius Löbbering betrachtete mit sorgenvollem Gesichtsausdruck die weiße Pracht, die sich um sein Kötterhaus ausgebreitet hatte.« So beginnt Tuna von Blumensteins Kriminalroman »Der hässliche Zwilling«. Für einen Moment könnte man glauben, dass die Autorin vor dem winterlichen Idyll eine kitschige Liebesgeschichte in Szene setzen wird. Doch wer schon Tuna von Blumensteins Krimi »Der Tote im Zwillbrocker Venn« gelesen hat, der weiß: von der Autorin mit dem klangvollen Namen ist alles, nur keine süßliche Schnulze zu erwarten.

»In der Januarnacht waren zwanzig Zentimeter Neuschnee gefallen.« So beginnt Tuna von Blumensteins Krimi. Und bald schon färbt Blut die weiße Pracht rot. Ganz im Stil von Agatha Christies »Mord im Orientexpress« werden wir in eine kleine Welt eingeführt, die sich eine überschaubare Zahl von Menschen teilen. Bald schon wissen wir: So schön unschuldig weiß die Schneepracht auch ist... so düster sind die Geheimnisse der Menschen. Bald schon beginnt man zu zweifeln: Wer sind die Guten? Wer sind die Bösen? Wer ist Täter, wer ist Opfer?

Tuna von Blumensteins Krimi beginnt in weißer Schneepracht... als er endet, schmilzt der Schnee dahin. Es ist, als würde mit der Schneedecke ein Tuch weggezogen, dass so manches Geheimnis bedeckt hatte. Das Ende überrascht. Am Ende wird nicht der »Böse« vom »Guten« … »zur Strecke gebracht«, am Ende klärt sich alles auf – auf unerwartete Weise.

Cover: Satzstudio Roth, Emden
Ich habe »Der hässliche Zwilling« zweimal gelesen. Das erste Mal hastete ich von Seite zu Seite, weil ich so schnell wie nur möglich erfahren wollte, wer denn der Mörder war. Und dann machte ich mich gleich ein zweites Mal an den Krimi, las lustvoll und genießerisch.. achtete auf viele »kleine Hinweise«... und erkannte, wie kunstvoll die Autorin ihr Krimi-Garn gestrickt hat.

Sie kommt ohne vordergründiges Gemetzel abstoßender Splatter-Krimis aus... und beschreibt doch die harten Seiten der Verbrechen auf packende Weise. Sie erspart uns überflüssige Details... und liefert dennoch eine spannende Fülle von Informationen. Sie regt unsere Fantasie an... führt uns mit geschickter Hand durch das Szenario ihrer Krimiwelt, in der vieles nicht so ist wie es scheint.

»Der hässliche Zwilling« ist ein gutes, im besten Sinne des Wortes spannendes Stück moderner Kriminalliteratur, ohne falsche Moral... und lässt uns nachdenklich zurück: Was ist gut? Was ist böse? Kann Böses verständlich, ja akzeptabel sein? »Der hässliche Zwilling« ist jedenfalls nicht »akzeptabel«, er ist gut. Er ist nicht prätentiös. Er bietet gute Unterhaltung... und macht Lust auf weitere Werke von Tuna von Blumenstein....

Das Cover wurde von Satzstudio Roth, Emden entworfen.

Der Münsterland-Krimi ist unter der ISBN 978-3-8448-0093-7 überall im gut geführten Buchhandel erhältlich und kostet 7,90 Euro.


Hier der Trailer zum Krimi:





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Freitag, 14. Oktober 2011

Ein heißer Krimiherbst – Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Oktober. Dem Sommer ist endgültig die Puste ausgegangen. Düstere Nebelstimmung lässt Lust auf gemütliche Krimiabende aufkommen und alles in Ihnen schreit nach Lesefutter. Am besten rein zu Amazon und das ultimative Krimipaket bestellen! Doch was soll man lesen, wenn man die gängigen Bestsellerautoren schon alle kennt?

Starten Sie mit den Autoren von »Ein Buch lesen!« in einen heißen Krimiherbst. Zwei brandneue Bucherscheinungen möchte ich Ihnen besonders ans Herz legen: Folgen Sie Autorin g.c.roth nach Ostfriesland, genießen Sie Love & Crime auf norddeutsche Art. Lehnen Sie sich gemütlich in Ihrem Sessel zurück und freuen Sie sich über die Tatsache, dass Sie nicht durchmachen müssen, was Protagonistin Swantje in »Mord im ostfriesischen Hammrich« erlebt. Wie es ihr gelingt, sich aus ihrer scheinbar ausweglosen Situation zu befreien?  ̶  Das wird hier nicht verraten, lesen Sie es am besten selbst …

Auch Gastautorin Tuna von Blumenstein bereichert unseren Krimiherbst durch ein neues, atemberaubendes Werk: »Der hässliche Zwilling« lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass Wissenschaft ohne Ethik der wahre Abgrund der Menschheit ist. Wenn Sie nach der Lektüre auf den Geschmack gekommen sind, möchten Sie vielleicht danach gleich noch Tunas Erstling lesen: Auch »Der Tote im Zwillbrocker Venn« besticht durch messerscharfe Sprache und gewährt in bester Blumenstein-Manier einen unverstellten Blick auf die Nachtseiten der menschlichen Seele.

Sie haben als bekennende Leseratte schon alle drei Bücher ausgelesen und bis zum Winteranfang ist immer noch Zeit? Dann werden Sie vielleicht Lust haben, ein ganz neues Leseerlebnis für sich zu erschließen und Ihren persönlichen Einstieg in das Kindle-Zeitalter zu vollziehen. Hierfür empfehle ich Ihnen das Buch »Vorsicht Liebensgefahr!«, das aus meiner eigenen Feder stammt. Da die Druckausgabe des Buches, die von 2006 bis Juni 2011 auf dem Markt erhältlich war, ihr Brot bereits verdient hat, freue ich mich, Ihnen die überarbeitete Kindle-Neuausgabe für 0,99 € anbieten zu können. Wer Liebesaffären mit tödlichem Ausgang literarisch zu schätzen weiß, wir an dem Buch seine Freude haben ... ;-)

Ihnen einen heißen Krimiherbst …

Ihre Ursula Prem

Sie haben noch kein Kindle Lesegerät?

Montag, 10. Oktober 2011

Interview mit g.c.roth: »Mord im ostfriesischen Hammrich«

Buchautorin g.c.roth - Neuerscheinung:
Mord im ostfriesischen Hammrich
Ursula Prem: Liebe Grete, Dein Roman »Mord im ostfriesischen Hammrich« ist soeben erschienen. Ich durfte ihn dankenswerterweise schon vorab lesen und habe festgestellt, dass Rollo, die männliche Hauptfigur, ein ziemlicher Hammer ist. Dem möchte man ja schon beim Lesen eins überbraten! Wie ist es Dir gelungen, einen derartigen Anti-Typen zu entwickeln? Das sind doch hoffentlich nicht eigene Erfahrungen, aus denen Du da geschöpft hast?

g.c.roth: Zu einem Beziehungsdrama, das irgendwann mit Mord endet, braucht man eine Figur, die „hassenswert“ und eine die „liebenswert“ ist, um einen Mord zumindest denkbar zu machen. Um diese zu entwickeln, versuche ich, mich in sie hineinzuversetzen.

Meine Story ist aus dem gestrickt, was das Leben anbietet. Man muss nicht lange suchen, um bestimmte Charaktere, die man für eine Geschichte braucht, zu finden. Sicher wird sich mancher in meinen Figuren wiederentdecken, weil sie ganz typische Verhaltensweisen an den Tag legen. Ich habe vor allem von vielen Frauen die Rückmeldung erhalten, dass sie in einigen Passagen meines Buches, Teile ihrer eigenen Beziehung erkannt haben.

Mich haben Geschichten, von Menschen die missbräuchlich manipuliert und benutzt werden, schon immer interessiert. Irgendeine Grunderfahrung könnte durchaus die Basis für dieses Interesse sein. Letztlich aber braucht jeder sich nur im Familien- oder Bekanntenkreis umsehen. Eine Beziehung ähnlich der, meiner Protagonisten Swantje und Roland, findet fast jeder dort. Und meistens fragt man sich kopfschüttelnd: »Warum lässt er oder sie sich das alles gefallen?« Für Außenstehende sind derartige Beziehungen schwer nachvollziehbar. Und doch gibt es sie, und oft genug enden sie auch tragisch, wie wir täglich aus den Medien erfahren.

Ursula Prem: Zwei solche Figuren zu erschaffen, das ist Dir hervorragend gelungen, meiner Ansicht nach. Ich habe beim Lesen mit der liebenswerten Swantje mitgelitten, die von ihrer Illusion, alles könnte doch noch gut werden, einfach nicht lassen wollte. Was ist für Dich der Hauptgrund ihres Verhaltens? Warum lässt sie sich so viel gefallen?

g.c.roth: Swantje ist, wie man im Volksmund sagt, »etwas naiv« an die Beziehung herangegangen. Ihre Biografie weist vermutlich die Tendenz auf, immer wieder einmal Opfer ihres eigenen Langmuts zu werden. Eine späte Romanze in ihren mittleren Lebensjahren hat ihr den Blick verklärt. Sie glaubt an das Gute im Menschen, weil sie das Gute in ihrem Leben will. Sie gehört zu den Frauen, die, wenn sie einmal eine Entscheidung getroffen haben, für diese Entscheidung wie Löwinnen kämpfen, ungeachtet der Hürden und Stolpersteine, die der Weg zum Ziel ihnen bringt. Eigentlich ist das eine gute Eigenschaft, die man im Leben oft braucht. Gerät so ein Charakter aber an einen Machtmenschen, der seine ganze Energie in die Blendung seines Gegenübers investiert, dann wandelt sich der Kampf der Löwin in den aussichtslosen Marathonlauf eines Hamsters im Laufrad. Getrieben von der Hoffnung auf das Gute, verzeiht Swantje fast alles, gibt sich selbst fast auf und entfacht ihren alten Traum mit jedem kleinen Funken Hoffnung neu.

Ursula Prem: Genau diese von Swantjes Eigenschaften ist es, die den durchgehenden Suspense-Effekt in Deinem Buch bewirkt: Das drohende Unheil hängt in der Luft wie ein Gewitter und man wartet als Leser auf die unweigerliche Entladung. War das Schreiben in solch langen Spannungsbögen eine Umstellung für Dich, nachdem Du bisher mit »Fluffige und andere Zeiten« und »Bestatten, mein Name ist Tod!« Kurzgeschichtenbücher verfasst hast?

g.c.roth: Ja, das war es auf jeden Fall. Kurzgeschichten schreiben ist eine völlig andere Art des Schreibens. Anfangs habe ich deshalb auch eher skeptisch auf den zu bewältigenden Berg einer solchen Geschichte geblickt. Als ich aber in der Geschichte drin war, gab es den berühmten Fluss, der mich mitriss. Genaugenommen hätte dieses Buch wesentlicher umfangreicher werden können. Aus technischen Gründen musste ich darauf allerdings verzichten. Meine Erfahrung im Schreiben von Kurzgeschichten, kam mir dabei wieder zugute. Das Wichtigste aber ist, dass ich infiziert bin. Die Geburt dieses Buches, war wie das Öffnen einer bis dahin verschlossenen Tür, hinter der man ein Geheimnis vermutet hatte.

Ursula Prem: Dürfen die Leser dann auf weitere Romane aus Deiner Feder hoffen?

g.c.roth: Da mich diese Form des Schreibens schon lange gelockt hat, haben sich längst Ideen angesammelt, die lange genug darauf gewartet haben, von mir verarbeitet zu werden. Zumal jetzt ein Prozess begonnen hat, der mir die vielen Möglichkeiten, einen Roman zu gestalten, aufzeigt. Allein das jetzige Buch hätte inhaltlich noch so viel Potential, dass ich das gleiche Thema ohne weiteres in völlig anderem Stil, mit anderen Protagonisten vor einem völlig anderen Hintergrund verarbeiten könnte. Genau das ist die Entscheidung, die ich zurzeit für mein nächstes Buch treffen muss. Das Thema steht fest und es gilt, die Charaktere zu entwickeln und sie in einem passenden Rahmen lebendig werden zu lassen. Sicher wird es ein weiteres Buch von mir geben, denn das Leben hat mich, dankenswerter Weise, mit vielgestaltigen Erfahrungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln versorgt.

Ursula Prem: Darf ich es dann bitte auch wieder probelesen?

g.c.roth: Ich würde mich sehr freuen, wenn du wieder zu meinen Testlesern gehören würdest. Mein Dank geht auch an Tuna von Blumenstein und Walter-Jörg Langbein, die den Werdegang meines neuen Buches aufmerksam begleitet haben. Unsere gute Zusammenarbeit und der kollegiale Zusammenhalt von  »Ein Buch lesen« machen das Arbeiten als Autorin zu einem fruchtbaren Vergnügen, weit weg von dem verstaubten Bild eines einsamen Schriftstellers, der Jahre seines Lebens in einsamen Zimmerchen verbringt.

Ursula Prem: Dann wünsche ich Dir erst einmal einen fulminanten Start für »Mord im Ostfriesischen Hammrich« und hoffe, dass noch viele andere Bücher folgen werden!

g.c.roth: Vielen Dank, Ursula, für die guten Wünsche.

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Sonntag, 9. Oktober 2011

90 »Die Inkamauer«

Teil 90 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Haupttempel von Inga Pirka
Foto: W-J.Langbein
»Inga Pirka« (auch: »Inga Pirca« und »Incapirga«) ist das am besten erhaltene Bauwerk des Inka-Imperiums in Ecuador. Es thront im Norden von Cuenca auf einem nicht besonders imposanten Bergvorsprung ... in einer stolzen Höhe von immerhin 3100 Metern. Am einfachsten erreicht man den einst heiligen Ort von der legendären Panamericana aus. Am besten, man verlässt die Traumstraße bei El Tambo. Von El Tambo aus sind es nur noch etwa zehn Kilometer. Weniger empfehlenswert ist der Weg von Cañar aus. Die »Straße« ist zu unzuverlässig.

Ich habe auf mehreren Reisen »Inga Pirka« besucht. Einige Male erlebte ich sintflutartige Regenschauer, die jegliches Fotografieren unmöglich machten. Eine schöne Fotos gelang mir im Herbst 1992.

»Inga Pirka« bedeutet in der Quechua-Sprache »Steinmauer der Inka«. Diese Bezeichnung verrät nur, dass wohl schon vor Jahrhunderten nicht mehr bekannt war, welchem Zweck der Komplex einst diente. Richtig ist, dass die Inkas um 1480 ihre Bauarbeiten beendeten. Richtig ist aber auch, dass bereits vor den Inkas die Cañari lange vorher ein Kultzentrum gebaut hatten. Leider ist von der ursprünglichen Anlage so gut wie nichts übrig geblieben ... lediglich der ursprüngliche Name: »Cashaloma«, was so viel wie »Ort, an dem die Sterne aus dem Himmel fallen« bedeutet.

Sakrales Observatorium
Foto: W-J.Langbein
Die Cañari nutzten eine steinerne Anlage als Observatorium. Es ist möglich, dass sie apokalyptische Vorstellungen hatten und den Lauf der Zeit berechnen wollten. Tupac-Yupanqui wurde 1471 zum zehnten Inka-Herrscher. Er besiegte feindliche Stämme, ehrte aber ihre Führer und holte sie in die Metropole Cuenca. Sie wurden nicht mehr als Feinde angesehen, sondern bekleideten wichtige Ämter im Reich. So wuchs das Imperium zu beachtlicher Größe. Tupac-Yupanqui förderte die Wissenschaften. Und er ließ Kundschafter auf Balsaflößen den Pazifik erforschen. Nach einem Bericht von Pedro de Gamboa erreichten die Inkas die Osterinsel. Möglich, dass der Inka an dieser Expedition selbst teilgenommen hat.

Tupac-Yupanqui besiegte die Cañari und ließ ihr Heiligtum »Cashaloma« alias »Inga Pirka« erweitern. Die Cañari verehrten Mond und Sonne, die Inkas rückten die Sonne ins Zentrum ihrer religiösen Astronomie. Die Cañari dürften Anhänger eines uralten Mondkults gewesen sein, also die Göttin angebetet haben. Die Inka-Herrscher sahen sich als direkte Nachfahren des Sonnengottes. »Inga Pirka«, fast direkt am Äquator gelegen, war ideal als Sonnenobservatorium geeignet fällt doch das Sonnenlicht fast senkrecht ein.

Teil der einstigen Tempelmauer
Foto: W-J.Langbein
Es ist mit Sicherheit kein Zufall, das »Inga Pirka« exakt ost-westlich ausgerichtet ist. Der Umriss des steinernen Tempels entspricht genau der epilyptischen Laufbahn des Mondes. Eine steinerne Mauer markierte exakt die Nord-Süd-Achse.

Wie wichtig ... und mit wichtig meine ich heilig ... den Inkas »Inga Pirka« war, das beweist ein besonderer Umstand: Obwohl die Cañari auf Seiten der Spanier gegen die Inkas kämpften, rührten die Inkas ihr Heiligtum nicht an. Vor allem: Mir ist kein zweites sakrales Bauwerk bekannt, das von den Inkas so geschützt wurde wie Inga Pirka. Warum? Was war so besonders an Inga Pirka? Wir werden es wohl nie erfahren!

Die »zivilisierten Spanier« indes verwüsteten mit blindem Hass die Baudenkmäler der Inkas, so »gut« sie das konnten. Offenbar befürchteten die Inkas, dass die marodierenden Eroberer aus Europa auch »Inga Pirka« in Schutt und Asche legen wollten. Also »beerdigten« die Inkas den gesamten Komplex, der riesig gewesen sein muss. Wie er einst aussah ... wir wissen es nicht mehr. Angeblich stellte der steinerne Haupttempel den Kopf eines riesigen Pumas dar. Die altehrwürdige Inkastraße fungierte im Gesamtbild als Rückgrat des gewaltigen mythologischen Tieres. Wo man sich die Schwanzspitze vorstellte, stand einst ein sakrales Gebäude. Wie der Gesamtkomplex aussah ... wir wissen es nicht. Offenbar war er als großes »Bild« für die himmlischen Götter gedacht!

Eingang in Inkabauweise
Foto: W-J.Langbein
Vier schmale Fensterschlitze im Tempel waren von ganz besonderer Bedeutung ... der astronomischen Art. Es waren keine Fenster im heutigen Sinn. Sie waren Teil eines bewusst konzipierten magischen Lichtspiels! An wichtigen kalendarischen Terminen schickte die Sonne exakt durch diese Fensteröffnungen ihre Strahlen, jeweils für einige Stunden ... Sie fielen dann auf eine mit purem Gold verkleidete Wand. Das reflektierte Licht ließ die Priester in ihren prachtvollen Gewändern förmlich aufleuchten. Demontierten die Inka selbst das Gold, bevor sie die Anlage zuschütteten? Fakt ist: die Rettungsaktion der Inka bewahrte das sakrale Bauwerk vor der Zerstörungswut der Spanier. Es blieb unentdeckt und unzerstört.

Traurig aber wahr: Als Alexander von Humboldt anno 1801 das wieder ausgegrabene »Inga Pirka« besuchte, war die Gesamtanlage noch komplett. Auch Theodor Wolf sah die sakralen Bauten noch in ihrer Gesamtheit ... im Jahr 1879. Und doch ist heute nur noch ein Teil der Bauwerke erhalten. Warum? Weil was vor Jahrhunderten der Zerstörungswut der Spanier entgehen konnte ... in unseren Zeit massiv demoliert wurde. »Inga Pirka« wurde als Steinbruch missbraucht. Es ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die katholische Kirche, dass das christliche Gotteshaus des Dorfes Ingapirka zum Großteil aus Steinen aus den uralten Gemäuern gebaut wurde! Die Zerstörung uralter Baudenkmäler aus Inka- und Vorinkazeiten endete keineswegs vor Jahrhunderten!

Inga Pirka heute
Foto: W-J.Langbein
Erst 1975 wurde diesem barbarischen Akt der Zerstörung ein Ende gesetzt! Aber da war leider ein erheblicher Teil der einst so stolzen Anlagen für immer zerstört! Ich will keineswegs »die katholische Kirche« als die Verwüsterin von Inga Pirka anprangern. Richtig ist, dass viele Einheimische Steine aus der Tempelanlage brachen, um ihre bescheidenen Behausungen zu bauen. Richtig ist aber auch, dass der Bau des örtlichen christliche Gotteshauses wesentlich zu einer Demontage erheblicher Teile des uralten Komplexes führte. Wie ich vor Ort aus zahlreichen Gesprächen weiß, gehörte die alte Ruine seit Jahrhunderten ... der Kirche. Es ist eine Schande, dass viel zu lange nichts zum Schutz dieses einzigartigen Denkmals getan wurde! Wie soll es zum friedlichen Miteinander der Religionen kommen, wenn so fehlende Achtung vor fremder Kultur gezeigt wird?

»Galerie der Verdammten - Mysteriöse Funde im Museum«,
Teil 91 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 16.10.2011


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