Dienstag, 18. September 2018

Serie Teil 7: Morbus Meniére und die Würde des Menschen

Die Würde des Menschen ist unantastbar (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz)


Am Landgericht in Frankfurt am Main
Bildquelle: Wikipedia
Jeden Meniére - Anfall habe ich bei vollem Bewusstsein ertragen müssen. Mit klaren Gedanken die eigene Hilflosigkeit erdulden zu müssen, ist aus meinem Selbstverständnis heraus, nicht nur quälend sondern auch entwürdigend. Der längste Anfall dauerte mehr als dreißig Stunden, in denen ich auch Angst hatte, aus dem Bett zu fallen. Und ich musste zur Toilette in dieser Zeit. Dieses letzte bisschen Würde wollte ich mir von meinem Feind Meniére nicht nehmen lassen. So bin ich auf allen Vieren zum Bad gekrochen und wieder zurück. Das hat mich physische Kraft gekostet aber auch sehr viel psychische Kraft gegeben.

Kraft, die ich dringend brauchte, um durchzuhalten. In einer Situation, in der jede Minute zur Ewigkeit wird. Nach diesem Anfall habe ich auf die Gentamicinbehandlung gedrängt.

Vor ein paar Tagen bin ich in eine merkwürdige Situation gekommen. In abgerissen Sachen habe ich im Garten geackert. Verschwitzt und verdreckt, absolut nicht gesellschaftsfähig. Unvermittelt blickte ich auf und ein Nachbar stand vor mir, er hatte sich heimlich auf das angrenzende Grundstück geschlichen und fotografierte mich. Wie lange er so umtriebig unterwegs war, konnte ich nicht beurteilen. Ich war empört über dieses ungehörige Verhalten. Gewundert habe ich mich über meine Reaktion. Mindestens dreimal fiel das Wort: »Spanner!« Danach habe ich die Polizei gerufen, die, nach Klärung des Sachverhaltes, diesem Nachbarn einen Besuch abstattete. Was ist entwürdigender: Ins Bett zu machen oder vom Spanner-Nachbarn unbemerkt fotografiert zu werden? Gegen letzteres konnte ich mich nicht wirklich wehren. Denn es sind ja Bilder entstanden, bevor ich das bemerkt habe. Alleine das ist ein Unding. Weil man heute nie weiß, was ein Spanner mit den Bildern macht.

Als ich diese Angelegenheit mit meinem Umfeld besprochen habe, meine Empörung hielt eine Weile an, fielen auch immer wieder die Worte: »Er ist Familienvater, dass der sich nicht schämt!«

Leon Wurmser, ein Psychiater und Psychoanalytiker, versteht die Scham als Hüterin der menschlichen Würde. Daraus schließe ich, dass wer sich nicht schämen kann oder will, sich selbst der Würde beraubt. Das erste, was uns Menschenkinder impliziert wird ist ja, nicht mehr in die Windeln zu machen, »sauber« zu werden. Dabei werden die unterschiedlichsten Methoden des zuständigen Erziehungsberechtigten angewendet, vermutlich entsteht dabei das Schamgefühl.

Damals habe ich mich gefragt, was beschämender ist: Auf allen Vieren zu kriechen, oder ins Bett zu machen. Entwürdigend ist beides. Der folgende Text ist vor dieser Situation entstanden.  


bereitet es dem krieger
einen lustgewinn
wenn sich sein feind
verletzt ins unterholz
zurückzieht

du möchtest dich sicher weiden
an meinem leid
du sollst es wissen

ich kann nicht schlafen
ich kann nichts essen
ich kotze mir
die seele aus dem leib
und ich muss
ganz viel weinen

aber ich werde nicht
wie ein wurm vor dir kriechen
um deinen triumph
vollkommen zu machen

du hast nur
schlecht verheilte wunden
wieder aufgerissen
mehr nicht
und ich wollte eigentlich
nie wieder
dem eiskalten engel
begegnen


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