»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein
Foto 1: Tikal, Guatemala – Steile Stufenpyramiden |
In den 1980-ern und 1990-ern war ein schweißtreibendes Abenteuer noch gestattet, das heute weitestgehend verboten ist. In Guatemala (Tikal) wie in Mexiko (Palenque) durfte man die eine oder die andere Pyramide besteigen. Die Stufen waren schmal, Treppen steil und der Weg nach oben höchst anstrengend. Und es war nicht ungefährlich. Ein Fehltritt hätte genügt, schon wäre man im wahrsten Sinne des Wortes abgestürzt. Die fantastischen Denkmäler überstanden die Jahrhunderte. Tikal entstand vom dritten bis ins 9. Jahrhundert. Als Karl der Große in Europa Heidentempel zerstören ließ, entstanden in Zentralamerika einige der schönsten Pyramiden: vergleichbar mit Treppen in den Himmel.
Treppen in den Himmel gibt es auch in zahllosen christlichen Gotteshäusern. In
den 1980-ern und 1990-ern war ein schweißtreibendes Abenteuer noch
gestattet, das heute weitestgehend verboten ist. In Guatemala (Tikal)
wie in Mexiko (Palenque) durfte man die eine oder die andere Pyramide
besteigen. Die Stufen waren schmal, Treppen steil und der Weg nach oben
höchst anstrengend. Und es war nicht ungefährlich. Ein Fehltritt hätte
genügt, schon wäre man im wahrsten Sinne des Wortes abgestürzt. Die
fantastischen Denkmäler überstanden die Jahrhunderte. Tikal entstand vom
dritten bis ins 9. Jahrhundert. Als Karl der Große in Europa
Heidentempel zerstören ließ, entstanden in Zentralamerika einige der
schönsten Pyramiden: vergleichbar mit Treppen in den Himmel.
Wir schreiben das Jahr 780 n. Chr. Kaiser Karl der Große betreibt mit harter Hand die Christianisierung der Sachsen. Besonders verhasst sind ihm Denkmäler, die die alten heidnischen Götter zeigen und die offenbar immer noch von Gläubigen aufgesucht und verehrt werden. Anscheinend sah es der missionierende Kaiser als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, die Statuen der alten Götter zerstören zu lassen.
Eine Lithographie, etwa 1840 entstanden, zeigt wie Kaiser Karl »Die Zerstörung des Götzenbildes Crodo« beaufsichtigt. Mehrere recht muskulöse und spärlich bekleidete Männer rücken dem Krodo-Denkmal zuleibe. Die einen wollen ihn mit einem Seil vom Podest zerren, andere schwingen gleichzeitig schwere Hämmer, um die von den sächsischen Heiden verehrte Figur zu zertrümmern.
Zur Lektüre empfohlen:
Fußnoten
(1) Leonhard, Julius Gottfried Eberhardt: »Die Harzburg und ihre Geschichte«, Fleckeisensche Buchhandlung, Helmstedt 1825
(2) ebenda, Seite 23,Zeilen 11-13
(3) wikipedia, Stichwort »Irminsul«, Stand 05.12.2018
(4) 1. Buch Mose Kapitel 28, Vers 12
(5) https://www.smithsonianmag.com/smithsonianmag/fairy-tales-could-be-older-ever-imagined-180957882/
(6) https://www.sciencenews.org/article/no-fairy-tale-origins-some-famous-stories-go-back-thousands-years
(7) »No fairy tale: Origins of some famous stories go back thousands of years«
(8) »Statistical analysis of language evolution helps estimate storytelling dates«
Zu den Fotos
Foto 1: Tikal, Guatemala – Steile Stufenpyramiden, Treppen in den Himmel. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Blick vom Turm des Hamelner Münsters. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 3: Der Ceibabaum, kosmischer Baum der Mayas. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 4: Stand hier einst in luftiger Höhe die Irminsul? Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 5: Ein brennendes Rad rollt zu Tal (Osterräderlauf Lügde). Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 6: Eines der Lügder Osterräder. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 7: Krodo wird zerstört. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein.
Foto 8: Sehr lesenswert und zur Lektüre empfohlen! Foto Verlag.
Treppen
in den Himmel gibt es auch in zahlrlosen christlichen Grotteshäusern,
deren Türme den steilen Pyramiden von Mexiko und Guatemala nicht
unähnlich in den Himmel ragen. Das Münster zu Hameln bietet einen
wahrlich »himmlichen Blick«.
Foto 2: Blick vom Turm des Hamelner Münsters. |
Wir schreiben das Jahr 780 n. Chr. Kaiser Karl der Große betreibt mit harter Hand die Christianisierung der Sachsen. Besonders verhasst sind ihm Denkmäler, die die alten heidnischen Götter zeigen und die offenbar immer noch von Gläubigen aufgesucht und verehrt werden. Anscheinend sah es der missionierende Kaiser als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, die Statuen der alten Götter zerstören zu lassen.
Folgt
man Forstsekretär Julius Gottfried Eberhardt Leonhard, dann gab es für
den frommen Kaiser allein auf diesem Gebiet viel zu tun. Vermeldet doch
Leonhard anno 1825 in seinem Werk »Die Harzburg und ihre Geschichte« (1)
eine Vielzahl von heidnischen Gottheiten, deren Heiligtümer Karl der
Große zerstören lassen wollte. »Irmen«, nach Leonhard »Gott des Krieges
und der Gerechtigkeitspflege«, muss dem mächtigen Herrscher ein Dorn im
Auge gewesen sein. Ein Götze namens »Irmen« erfreute sich offenbar bei
den »Heiden« großer Beliebtheit. Er wurde, so Leonhard (2) »zu
Ehrensburg, jetzt Stadt Berge an der Lippe«, verehrt. Ein »Ehrensburg,
jetzt Stadt Berge an der Lippe«, freilich kann ich nicht ausfindig
machen. Wurde die Schreibweise ihres Namens neuerlich geändert?
Von
»wikipedia« (3) erfahre ich, dass es im 8. Jahrhundert »in einiger
Entfernung von der Eresburg, dem heutigen Obermarsberg« eine Irminsul
gab. Sollte das die Stätte gewesen sein, an der laut Leonhard »Irmen«
verehrt wurde? Wurde aus der »Ehrensburg« (Leonhard!) »Eresburg«? Das
liegt, meine ich, nahe.
Fakt
ist, dass Karl der Große just dort ein Kloster gründete. Es war weit
verbreitet, einstmals heidnische heilige Plätze in christliche zu
verwandeln. Wo zu heidnischen Zeiten ein Tempel stand, wurde von
christlichen Missionaren so manches christliche Gotteshaus errichtet.
Überliefert ist weiter, dass Karl der Große anno 772 eine Irminsul
zerstören ließ. Umstritten ist allerdings bis heute, wo diese Säule zu
Ehren des Irmen stand. Anno 863 vermeldete der Mönch Rudolf von Fulda in
»De miraculis sancti Alexandri« (»Von den Wundern des heiligen
Alexanders«):»
Foto 3: Der Ceibabaum |
Sie
verehrten auch unter freiem Himmel einen senkrecht aufgerichteten
Baumstamm von nicht geringer Größe, den sie in ihrer Muttersprache
›Irminsul‹ nannten, was auf Lateinisch ›columna universalis‹ bedeutet,
welche gewissermaßen das All trägt.« Die Legende von den Wundern des
heiligen Alexanders wurde anno 863 im Kloster Fulda von Rdulf von Fulda
begonnen und noch im 9. Jahrhundert von Meginhard niedergeschrieben.
Eine
Säule die das All trägt? Diese Vorstellung war einst weit verbreitet.
So stand bei den Mayas der Ceiba-Baum im Zentrum ihres Kosmos.
Einen
Ceibabaum habe ich nie erklommen, wohl aber die eine oder andere
Mayapyramide in Guatemala und Mexiko. Und wenn ich auf der obersten
Plattform ankam, dann war ich erschöpft und verschwitzt wie in einer
Sauna. In der Tat: Ich fühlte mich dort oben dem himmlischen Elysium
bedeutend näher als unten bei den Pyramidenwächtern. Ganz ähnlich erging
es mir, als ich bei sommerlicher Hitze den Turm des Münsters zu Hameln
erstieg und schließlich die hölzerne Tür hochgewuchtet und ins Freie
geklettert war. Der Blick auf das scheinbar sehr tief unter mir liegende
Hameln war himmlisch. Die Weser war zu einem kleinen Rinnsal
geschrumpft. Das nordeuropäische Pendant zum Weltenbaum der Mayas war
Yggdrasil, die Weltesche, die ebenso den Kosmos verkörpert wie der
Ceiba-Baum.
Solche
Weltenbäume wurzelten in der Unterwelt und stützten den Himmel. Im
Mithraskult gab es statt eines Baums eine achtteilige Leiter zwischen
Erde und Himmel. Offensichtlich gab es unterschiedliche Variationen von
Bildern, die alle einander ähnelten und für die Verbindung zwischen Erde
und Himmel standen. Ob Weltesche Yggdrasil der Germanen, ob steile
Stufenpyramide der Mayas oder der biblische »Turm zu Babel«, immer geht
es um eine Verbindung zwischen Erde und Himmel. Und häufig geht es
darum, dass man über diese Verbindung aus dem Himmel zur Erde und auch
wieder von der Erde zurück in den Himmel gelangen kann. Ich darf an
Jakobs Himmelsleiter erinnern (4): »Da hatte er einen Traum: Siehe, eine
Treppe stand auf der Erde, ihre Spitze reichte bis zum Himmel. Und
siehe: Auf ihr stiegen Engel Gottes auf und nieder.«
Die
»Royal Society Open Science« untersuchte Märchen und kam zu
erstaunlichen Ergebnissen (5). Im Märchen »Jack und die Bohnenstange«
klettert ein Junge eine wundersame Bohnenranke empor und gelangt
schließlich in den Himmel. Dort hausen Riesen, denen Jack nur mit Mühe
entkommt. Das angesehene »Smithsonian Institute« (6) berichtete über
die Forschungsergebnisse der »Royal Society Open Science«. Demnach
wurzeln die Ursprünge vom Bohnenstangenmärchen weit in der grauen
Vergangenheit, sind wohl 5.000 Jahre alt.
Manche
unserer Märchen, so fasste »Science News« sind sehr viel älter als man
gewöhnlich annimmt. Titel der »Science News«-Meldung (7): »Kein
Ammenmärchen: Ursprünge einiger Geschichten reichen Jahrtausende
zurück«. Untertitel (8): »Statistische Analyse von Sprachevolution hilft
das Alter von erzählten Geschichten zu datieren«. Mit anderen Worten:
Schon vor Jahrtausenden gab es Geschichten über Menschen, die von der
Erde in den Himmel kletterten. Die »Irminsul« ist lediglich eine nur gut
ein Jahrtausend altes Pendant zu sehr viel älteren »Säulen«, »Bäumen«
oder »Leitern«.
Foto 4: Stand hier einst in luftiger Höhe die Irminsul? |
Wo
aber stand die letzte »Irminsul«? Bei der Eresburg? Oder auf einem der
Externsteine? Standort Externsteine für die Irminsul ist durchaus
denkbar. Weile doch Karl der Große anno 784 im Lipperland, um in der
Stadt der Osterräder Weihnachten zu feiern. Von hier aus konnte der
Herrscher bequem die Externsteine erreichen und die Irminsul zerstören
lassen. Einer von der Wissenschaft stark angezweifelten Überlieferung
zufolge soll Karl der Große damals versucht haben, den Brauch des Laufs
der Feuerräder in Lügde abzuschaffen. Ihm sei der heute noch zelebrierte
Brauch zu heidnisch gewesen. Da die Bevölkerung angeblich das Verbot
des Kaisers nicht akzeptierte und die brennenden Räder von Anhöhen
weiter ins Tal bis an die Emmer rollen ließen, sei aus dem heidnischen
Feuerräderlauf der christliche Osterräderlauf geworden. Allerdings ist
der Brauch für die Zeit Karls des Großen nicht nachweisbar.
Foto 5: Ein brennendes Rad rollt zu Tal (Osterräderlauf Lügde). |
Heute
findet der Osterräderlauf am Abend des Ostersonntag statt, gewöhnlich
gegen 21 Uhr. Vielsagend war der Spruch, den anno 1985 eines der
hölzernen Räder zierte: »Meine Ahnen sind die Kelten und Germanen, jetzt
lauf ich in Christi Namen.«
Foto 6: Eines der Lügder Osterräder. |
Schon
im Jahre 780 soll Karl der Große im Harz von einem Gott namens Krodo
alias Crodo erfahren haben. Zu seiner Empörung verehrten die Menschen
diesen seltsamen Gott zutiefst und beteten sein Standbild an. Arglos die
Heiden dem christlichen Herrscher mit, ihr Gott sei Krodo. Und ihr
Denkmal stelle eben diesen Crodo dar. Empört soll Karl der Große
ausgerufen haben: »Krodo ist euer Gott, der Krodo-Teufel!«
Foto 7: Krodo wird zerstört. |
Eine Lithographie, etwa 1840 entstanden, zeigt wie Kaiser Karl »Die Zerstörung des Götzenbildes Crodo« beaufsichtigt. Mehrere recht muskulöse und spärlich bekleidete Männer rücken dem Krodo-Denkmal zuleibe. Die einen wollen ihn mit einem Seil vom Podest zerren, andere schwingen gleichzeitig schwere Hämmer, um die von den sächsischen Heiden verehrte Figur zu zertrümmern.
Zur Lektüre empfohlen:
Foto 8: Sehr lesenswert! |
Vogler, Mike: »Rätsel der Geschichte«, eBook, Dresden 2014
Voglers
Buch ist Teil 1 einer inzwischen auf 5 Bände angewachsenen Reihe. Das
Werk ist sowohl als Taschenbuch als auch als eBook erhältlich!
Fußnoten
(1) Leonhard, Julius Gottfried Eberhardt: »Die Harzburg und ihre Geschichte«, Fleckeisensche Buchhandlung, Helmstedt 1825
(2) ebenda, Seite 23,Zeilen 11-13
(3) wikipedia, Stichwort »Irminsul«, Stand 05.12.2018
(4) 1. Buch Mose Kapitel 28, Vers 12
(5) https://www.smithsonianmag.com/smithsonianmag/fairy-tales-could-be-older-ever-imagined-180957882/
(6) https://www.sciencenews.org/article/no-fairy-tale-origins-some-famous-stories-go-back-thousands-years
(7) »No fairy tale: Origins of some famous stories go back thousands of years«
(8) »Statistical analysis of language evolution helps estimate storytelling dates«
Zu den Fotos
Foto 1: Tikal, Guatemala – Steile Stufenpyramiden, Treppen in den Himmel. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Blick vom Turm des Hamelner Münsters. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 3: Der Ceibabaum, kosmischer Baum der Mayas. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 4: Stand hier einst in luftiger Höhe die Irminsul? Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 5: Ein brennendes Rad rollt zu Tal (Osterräderlauf Lügde). Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 6: Eines der Lügder Osterräder. Foto Walter-Jörg Langbein.
Foto 7: Krodo wird zerstört. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein.
Foto 8: Sehr lesenswert und zur Lektüre empfohlen! Foto Verlag.
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