Wir Schreiberlinge sind schon ein ganz eigenes Völkchen. Wir können nicht einfach nur Fantasien in unserem Kopf wie einen Film ablaufen lassen, um sie kurz darauf schon wieder zu vergessen. Wir müssen unsere Fantasien in Worte fassen, schwarz auf weiß vor uns sehen, um sie dann in gebundener Form auch anderen Interessierten zugänglich zu machen. Wir gieren danach, die Meinung des Lesers mitgeteilt zu bekommen, wollen uns im Lob suhlen und bibbern doch ständig, dass die erste negative Kritik kommen könnte. Wir sind schizophren!
Einerseits stehen wir zumeist mitten im Leben, gehen einer geregelten Arbeit nach, pflegen Beziehungen, wie jeder andere. Andererseits schweben wir weit oben in Regionen, die für Nichtschreiber unerreichbar sind. Unser Kopfkino veranlasst uns dazu, den Stift zu zücken, Notizen zu machen und sobald wir können, den Computer hochzufahren, um endlich alles in eine gepflegte Datei umzuwandeln.
Ist erst einmal eine Idee geboren, dann hirnen wir stundenlang herum, suchen nach einem realisierbaren Inhalt, um diese kleine Idee festzuhalten und in eine richtige Geschichte einzubauen. Doch es gehört noch viel mehr dazu, als einfach nur eine Idee in Worte zu fassen, und mal schnell auf 300 Seiten auszudehnen. Es muss der berühmte rote Faden gesponnen werden, alles muss nachvollziehbar sein, muss einen realen Hintergrund haben, soll den Leser später an den Roman binden, ihn fesseln und dazu veranlassen das Buch am Besten bis zum Schluss nicht ein einziges Mal aus der Hand zu legen.
Um dies zu erreichen, benötigen wir Recherchen, einen klugen Aufbau der Story, Charaktere, die den Leser vereinnahmen oder gekonnt abstoßen, Schauplätze, die magisch, spannend oder einfach nur anheimelnd sind. Wir Autoren benötigen eine Mixtur aus allem und müssen dafür sorgen, dass daraus eine fließende Geschichte entsteht, die keinerlei Schwachstellen aufweist. Immer auf ihre Art dazu verlockt, noch eine Seite weiter zu lesen.
Alles in allem tragen wir systematisch Informationen zusammen und verweben sie zu einer sinnvollen Story. Um einzelne Handlungsstränge nicht aus den Augen zu verlieren, müssen wir Einzelheiten im Auge behalten und diese für uns in einen zweckdienlichen Kontext bringen, zugreifbar machen, also konservieren. Denn schon die kleinste Kleinigkeit, die plötzlich in veränderter Form dem Leser dargeboten wird, wird uns als Schwäche angekreidet. Wir leisten sozusagen Reparaturdienste auf einer Großbaustelle und am Ende soll ein perfektes Gebäude vor uns stehen.
Doch sogar, wenn ein im Prinzip fertiges Manuskript vor uns liegt, nimmt die Arbeit kein Ende. Schon muss alles noch einmal überarbeitet werden, müssen Fehler korrigiert, Szenen besser dargestellt und Charaktere ausgefeilt werden. Wieder versinken wir Autoren in einer Flut aus Informationen, die verarbeitet werden müssen.
Ich denke, der schönste Augenblick für jeden Schriftsteller ist der, wenn wir endlich ein Manuskript in gebundener Form als Buch in Händen halten und wissen, dass wir nun endlich die Arbeit als abgeschlossen betrachten dürfen. Doch selbst dann finden wir immer noch kleine Fehlerteufel, würden am liebsten doch noch eine Szene umschreiben, etwas herausstreichen oder hinzufügen. Im Grunde ist unsere Arbeit nie getan, denn solange unser Gehirn arbeitet, wir durch äußere Einflüsse zu neuen Gedankengängen angeregt werden, nimmt das Schreiben kein Ende.
Das Damoklesbuch schwebt unaufhörlich über uns. Und wir lieben diesen Zustand!
Dieser Beitrag gibt meine Meinung wider und ist nicht für alle Autoren zu verallgemeinern.
©Sylvia Seyboth
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Hi Sylvia
AntwortenLöschenwie immer super, du triffst genau den Punkt, Klasse
Uschi