Freitag, 13. Januar 2012

Silikonbrüste: eine kulturell verwurzelte Pest – die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Etwa eine halbe Million Frauen weltweit tragen in ihrer Brust minderwertige Silikonimplantate der französischen Firma PIP, die vom Hersteller mit unzulässigem Billigsilikon gefüllt wurden. Reißt die schützende Hülle, verteilt sich das Silikongel im Körper und wird dort zum Auslöser für Krebs und andere schwere Krankheiten. Hält die Hülle, kommt es erst im Laufe der Jahre zu Ausschwitzungen von Silikon, mit ähnlichen Folgen. Betroffenen Frauen wird dringend empfohlen, die Implantate in einer neuen Operation entfernen zu lassen, wobei viele wohl auf den Kosten sitzen bleiben werden, da die Firma PIP aufgelöst wurde.


Bälle in Melonengröße

Schockierend an dem Vorgang ist nicht nur die absolut skrupellose Vorgehensweise der Firma PIP, deren Chef Jean-Claude Mas alle Kontrollen des TÜV gezielt manipulierte, sondern auch die Gesamtzahl an Frauen, die bereit sind, sich zum Wohl der Schönheit verstümmeln zu lassen. Lassen wir die Frauen beiseite, die sich nach einer Krebsoperation für Implantate zum Wiederaufbau der Brust entschieden haben (für Frankreich wird die Größenordnung mit etwa 20 % der Betroffenen angegeben), dann lautet der Umkehrschluss, dass mindestens 80 % der Brustoperationen ohne medizinische Indikation durchgeführt werden. Alleine in den USA entschließen sich weit über 300.000 Frauen für eine operative Vergrößerung der Brust. Pro Jahr, wohlgemerkt. Klar, dass Stars und vor allem Sternchen da nicht nachstehen möchten. Und so gibt es kaum noch Werbeplakate oder Zeitschriften, auf denen nicht unnatürlich abstehende Brüste in Melonengröße dem Betrachter ins Auge springen.

Warum tun Frauen so etwas und nehmen damit nicht nur die Risiken gepanschter Implantate auf sich, sondern akzeptieren auch das »normale« Operationsrisiko und die Gefahr von Verkapselungen der Brust? Weil Schönheit beim (männlichen) Betrachter liegt? Um dem Beuteschema irgendeines Losers zu entsprechen, den sie wenige Jahre später sowieso in den Wind schießen werden, wenn sie bemerken, dass sie nichts als Trophäen in seiner Sammlung sind? Wie konnte sich diese kranke Pest derartig in den Köpfen verankern, dass schon manche 15-Jährige sich zum Geburtstag eine Brustvergrößerung wünschen?


Die Macht der Bilder

Die Bilder, mit denen wir uns täglich umgeben, haben eine viel größere Macht, als uns dies bewusst ist. Sie steuern unser Verhalten und geben uns nonverbale Informationen darüber, was wünschenswert ist und was nicht, besonders dann, wenn sie geschickt mit Geschichten verknüpft werden. Die Bilder silikonbestückter Blondinen, die dank mehrfacher Brustoperation inzwischen schon vom dritten Millionär geschieden sind und finanziell ausgesorgt haben, verfolgen uns bis in den privatesten Lebensbereich. Dank modernster Technik nun bald auch flächendeckend in 3D, was besonders beeindruckend aussieht. Dass das, was der Chirurg nicht hingekriegt hat, mittels Photoshop aufgepimpt wurde, interessiert da wenig. Die Botschaft lautet: »Nur Frauen, die aussehen wie Baywatch-Stars, kriegen im Leben die Kurve und haben das Recht, ihr Dasein zu genießen, so sie die notwendigen Operationen überleben.« Wo sind die Erfolgsgeschichten der anderen? Und vor allem: Wo ist der Unterschied zu den Horrorgeschichten über weibliche Genitalverstümmelung in Afrika oder die verkrüppelten Füße der Chinesinnen früherer Jahrhunderte? Jede Kultur beinhaltet eine andere tief verwurzelte Pest, die immer auf dasselbe hinausläuft: die Frauen so umzubauen, dass sie ins allgemeine Beuteschema passen. Schön, sexuell anspruchslos und unfähig zur Flucht. Und die Frauen spielen dabei mit und sind sogar bereit, ihren Töchtern dasselbe anzutun. Aus Grausamkeit? - Nein: Weil sie das Beste wollen für ihre Töchter: Überlebenschancen in einer immer noch männlich geprägten Welt.


Lerne endlich Nein sagen!

Brauchst Du wirklich irgendeinen Penner, der Dein Leben finanziert und dessen Blick Du möglichst lange schmeicheln musst, damit er Dich nicht ausmustert und durch eine Jüngere ersetzt? Warum schmeißt Du den Trottel nicht einfach raus, der Dir zum Geburtstag eine Brustoperation »schenken« möchte? Wenn er so ehrlich wäre, sie Dir zu seinem eigenen Geburtstag zu schenken, dann wären seine Absichten wenigstens noch durchschaubar. So aber ist er nichts als ein verlogener Kerl, der kein Problem damit hätte, wenn Du nach der OP nicht mehr aufwachen würdest. Werde schlagfertig und verkünde, dass Du Dir stattdessen zu Deinem Geburtstag wünschst, er möge sich einer Schwanzvergrößerung unterziehen. Oder besser noch: sich ein funktionsfähiges Gehirn einpflanzen lassen. Mache Dir klar: Niemand, der einen anderen Menschen liebt, setzt ihn freiwillig und ohne Grund solch einem Risiko aus. Du lässt Dich darauf ein, weil Du ihn doch liebst und er nun mal darauf steht? Dann frage Dich: Warum gibst Du Dich mit einem Menschen ab, den Du mehr liebst als er Dich … ?

3 Kommentare:

  1. Was lieferte mir da neulich der News-Feed meines Leib- und Magenblattes?

    Woman with cocaine hidden in breast implants arrested at Madrid airport
    The Guardian, Friday 15 August 2014

    ;-)
    A.B.

    AntwortenLöschen
  2. Nachtrag:
    Bei genauerem Nachdenken zeigen solche "vermischten Nachrichten" tatsächlich nur, wie gering die Drogenbosse das Leben ihrer Ameisenkuriere achten. - Die sniefende Koks-Schickeria wirds nicht kümmern.
    A.B.

    AntwortenLöschen

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