Montag, 7. Juli 2014

Wiederaufnahme Gustl Mollath – 1. Tag: Psychiatrisches Damoklesschwert

1. Verhandlungstag

Gustl Mollath, von der
Presse umlagert
Dass die Grenzen zwischen Rechtssystem und Menschlichkeit manchmal kantig und scharf sind, brachte der heutige erste Tag des Wiederaufnahmeverfahrens gegen Gustl Mollath bereits zu Beginn ans Licht. Sein Mandant, so Anwalt Gerhard Strate, fühle sich in Anwesenheit des psychiatrischen Gutachters Dr. Norbert Nedopil »beklommen und befangen«, zumal dieser selbst in Interviews Fehlerquoten seiner Gutachten von bis zu 60 von 100* eingeräumt hatte, weit überwiegend zu Lasten der auf solche Weise Untergebrachten. Strate erklärte, mit solcher Fehlerhaftigkeit habe man in keinem Beruf ein Fortkommen und stellte den Antrag, die Bestellung des psychiatrischen Sachverständigen zurückzunehmen, da Mollath andernfalls von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen werde.

Die Vorsitzende Richterin erklärte, sie könne Mollaths Bedenken nachvollziehen und verstehe, dass er das als unangenehm empfinde. Allein: Auch sie sei an die Strafprozessordnung gebunden. Ein Gutachter könne nur mit Anknüpfungstatsachen arbeiten, und diese finde er im Gang der Hauptverhandlung. Die Frage, ob es überhaupt zu einer Begutachtung kommen werde, hänge jedoch vom Nachweis rechtswidriger Taten ab. Sei dieser nicht möglich, dann sei auch eine Begutachtung hinfällig.


»Ein unlösbares Dilemma«


Reges Medieninteresse schon
vor Beginn. Im Hintergrund
zu sehen: Prof. Henning
Ernst Müller im Interview
Oberstaatsanwalt Meindl führte aus, StPO-konform müsse sich die Kammer mit der Frage der Schuldfähigkeit befassen. Demnach müsse sich das Gericht auch dann sachverständig beraten lassen, wenn eine entsprechende aktuelle Feststellung für den damaligen Zeitraum schwierig sei: Den Sachverständigen jetzt zu entlassen, sei in der StPO schlicht nicht vorgesehen. Strate wies darauf hin, dass das subjektive Empfinden des Angeklagten nicht vernachlässigt werden dürfe, der in diesen Ausführungen gar nicht vorkomme. Dieser sei von Psychiatern sogar beim Brotessen beobachtet worden und habe deshalb Angst vor einer psychiatrischen Totalbeobachtung vor Gericht. Die Strafprozessordnung jedenfalls kennt derartig menschliche Erwägungen nicht. »Ein unlösbares Dilemma«, konstatierte denn auch zusammenfassend Oberstaatsanwalt Meindl.

Mollath selbst ergänzte, Nedopil sei für ihn das »Damoklesschwert«, welches Reaktionen bei ihm auslöse, die vergleichbar mit einem Kriegstrauma seien. Er wolle dem Gutachter nichts unterstellen, sich aber frank und frei verteidigen können, was unter diesen Umständen nicht möglich sei, denn er bekomme Beklemmungen und Angstzustände. So finde kein faires Verfahren statt, seine Verteidigungsfähigkeit sei infrage gestellt. Trotz dieser Einwände fasste die Kammer den Beschluss, die Bestellung Nedopils aufgrund von § 244 und § 246 StPO aufrechtzuerhalten.


Die Last des Schwanenflaums


Auch Rechtsanwalt
Gerhard Strate stand im Fokus
der Journalisten 
Ein weiteres Thema des ersten Prozesstags war die Zeugnisverweigerung der Hauptbelastungszeugin, für welche die Verteidigung kein Verständnis aufbrachte: »Wir wären auf einen Auftritt von Frau M. vorbereitet gewesen«, erklärte Gerhard Strate. Das Ungemach, welches eine Aussage für Frau M. bedeuten würde, habe das Gewicht von Schwanenflaum, verglichen mit dem, was Gustl Mollath durchgemacht habe. Juristisch sei ihre Zeugnisverweigerung zwar korrekt, moralisch jedoch nicht in Ordnung: »Das ist eine Zumutung!« – Dies sah Nebenklagevertreter Jochen Horn naturgemäß anders, der auf das selbstverständliche Recht einer geschiedenen Ehefrau pochte, was Strate zu der Feststellung veranlasste: »Diese Verbindung hat sie noch zu ihm!«

Interessant ein von der Vorsitzenden Richterin verlesenes Schreiben vom 2. Juli, in welchem die Ex-Frau einer möglichen Untersuchung nach 81c Abs.1 StPO widerspricht. Hierbei dürfte es um eine eventuelle ärztliche Feststellung der angeblichen Bissspuren gehen, von denen sie im Jahre 2006 behauptet hatte, die seien heute noch zu sehen, zu einem Zeitpunkt also, als die angebliche körperliche Auseinandersetzung mit ihrem Ex-Mann bereits fast fünf Jahre zurücklag.    


»Bankseitige Beihilfe zur Steuerhinterziehung«


Auch bei der Wiederaufnahme
an Mollaths Seite:
Wilhelm Schlötterer
Wer die Befürchtung gehegt hatte, das Thema Schwarzgeldverschiebung und Bankenskandal könnte zwecks Vertuschung komplett aus dem aktuellen Verfahren ausgeklammert werden, wurde heute von Rechtsanwalt Strate eines Besseren belehrt. In einer Reihe von Beweisanträgen zu Beginn regte er die Verlesung eines einschlägigen Schreibens der Petra M. sowie die Ladung einer Reihe weiterer Zeugen an, darunter ehemalige Bank-Kollegen sowie ein Vorgesetzter der Ex-Ehefrau. Das Thema sei »bankseitige Beihilfe zur Steuerhinterziehung«, brachte Strate es auf den Punkt und nannte die Summe von »über 30 Mio. Euro«, welche auf diese Weise alleine aus Nürnberg in die Schweiz verbracht worden seien. In einer kurzen Erwiderung führte Oberstaatsanwalt Meindl aus, die damaligen Anklageschriften drehten sich um Vorwürfe der »gefährlichen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, vorsätzlichen Körperverletzung sowie Sachbeschädigung«, weshalb die Beweisanträge der Verteidigung nur in zweierlei Hinsicht zur Sache beitragen könnten, indem sie nämlich die Glaubwürdigkeit der Aussage der Hauptbelastungszeugin klären und aufklären könnten, ob bestimmte Verhaltensweisen Mollaths von wahnhafter Symptomatik getragen gewesen wären. Nicht klären könnten sie jedoch, ob Mollath die Taten begangen habe. Der Wert dieser Beweisanträge werde sich deshalb erst im Verlauf der Verhandlung ergeben, weshalb er vorerst keine abschließende Stellungnahme dazu abgeben wolle. Nebenklagevertreter Horn seinerseits lehnte die Beweisanträge rundweg ab, da sie in keinem Zusammenhang zu den angeblichen Taten stünden. Das Gericht fasste daraufhin den Beschluss, eine Entscheidung über die Anträge zu vertagen, um »Ad-hoc-Entscheidungen« zu vermeiden.


Kommentar: Psychiatrische Gutachten – Beweiskraft trotz geringer Trefferquote


Das von Oberstaatsanwalt Meindl festgestellte »unlösbare Dilemma« rund um die Bestellung eines psychiatrischen Gutachters zur Beobachtung der Hauptverhandlung legt einmal mehr einen Finger auf die eigentliche Wunde unseres Rechtsstaats. Die Frage der Schuldfähigkeit noch vor den sauberen Nachweis auch nur einer einzigen angeblichen Tat zu stellen und zu ihrer eventuell späteren Klärung prophylaktisch eine »Wissenschaft« in Stellung zu bringen, deren selbst eingestandene Erfolgsquote geringer ist, als würde man einen Affen mit einem Zufallsgenerator ausstatten: Das hat schon was! Umso mehr, als diese Konstellation ausgerechnet auf einen Angeklagten trifft, der eine erneute Konfrontation mit der Psychiatrie aufgrund seiner persönlichen Geschichte als massive Demütigung erleben muss. Kanonen auf Spatzen. Doch eine justizielle Abrüstung ist eben in der Strafprozessordnung nicht vorgesehen und könnte im Zweifelsfall sogar einen Revisionsgrund liefern. – Befriedigend? Mitnichten!

Durchschlagenden Erfolg ist den Beweisanträgen der Verteidigung zu wünschen: Nur durch die Beschäftigung mit dem Bankenthema wird es möglich sein, den im ursprünglichen Urteil von 2006 so lässig konstatierten fehlenden Belastungseifer der Ex-Ehefrau einer Prüfung zu unterziehen, wenn dem Angeklagten durch die Zeugnisverweigerung der Nebenklägerin schon das Konfrontationsrecht genommen wurde. Warum Petra M. diese einmalige Gelegenheit nicht genutzt hat, auch abseits nordbayerischer Provinzblättchen ihre Geschichte zu erzählen und damit ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen? – Eine Frage, über die sich nachzudenken lohnt.

Bericht und Fotos: Ursula Prem

>> Wortprotokoll zum 1. Verhandlungstag



* Die entsprechende Aussage Nedopils findet sich hier: »Es gibt Fehleranfälligkeit von Gutachten in zweierlei Hinsicht. Einmal kann es Fehler zu Lasten der Allgemeinheit geben, die dann in der Presse groß publiziert werden. Hier liegt die Quote bei weniger als einem Fehler pro 500 Gutachten. Die andere Seite sind die Fehler zu Lasten des Untergebrachten, hier geht man von 60 Fehlern pro 100 Untergebrachten aus.«


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20 Kommentare:

  1. Habe ich mich inzwischen schon daran gewöhnt, die unfreiwillige psychiatrische Beobachtung als Zumutung zu empfinden, beginne ich allmählich zu verstehen, dass sie manchmal sozusagen "alternativlos" ist. Die Erfahrung – auch in anderen Berufsfeldern, in denen mit Zumutungen umzugehen ist – zeigt, dass diese regelmäßig durch freundliche, sachliche Gespräche gemildert werden können. Ist die Vorsitzende Richterin die einzige, die das versucht?
    Wenn es tatsächlich so ist, dass die Entlassung des Gutachters in der StPO nicht vorgesehen ist, liefe das Bemühen, genau das zu erreichen, auf eine positive Diskriminierung hinaus. Ist das dann ein faires Verfahren? Vielleicht lohnt es sich, darüber einmal nachzudenken.
    Dass es bereits in dieser frühen Phase zu einer solchen Verhärtung gekommen ist, bedaure ich außerordentlich. Und ich bin skeptisch, ob man Gustl Mollath wirklich einen Gefallen tut, wenn man ihn in seinen Ängsten und Aversionen bestärkt.

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  2. "Und ich bin skeptisch, ob man Gustl Mollath wirklich einen Gefallen tut, wenn man ihn in seinen Ängsten und Aversionen bestärkt."

    Oh, wieder jemand der weiß was für Herrn Mollath gut ist und was Andere mit Ihm machen.
    Ich glaube (!) das er selbst ganz gut weiß was er nicht will. Bei Ihrem Kommentar fehlt nur noch der Spruch "Hätte er sich von vornherein Begutachten lassen, wäre er nie in die Klapse gekommen" (Sinnbildlich von vielen Psycho-Gläubigen so geschrieben).

    Ich habe Herrn Strate nun in den ganzen Monaten als einen gewitzten und mit feiner Ironie arbeitenden Menschen kennen gelernt. Ich glaube nicht, dass er irgendetwas in diesem Prozess ohne Grund macht.

    Übrigens empfand ich als einzig "Verhärteten" den Anwalt der Nebenklägerin, was ich so lesen konnte.

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  3. Danke Frau Prem für Ihre so detailreiche Berichterstattung, welche sicherlich auch von den eingefleischten anwesenden "Feinden" von Herrn Mollath gelesen wird. Die Berichterstattung etwa von Frau Lakotta zum heutigen Tag ist gewollt negativ formuliert.
    Wohltuend Ihre obektive Schilderung, wobei Sie auch im Kommentar nicht persönlich werden und doch Persönlichkeit zu spüren ist. Es war schon fast makaber, wie Herr Strate, später auch Herr Mollath, die Fehlerquoten psychiatrischer Gutachten vortrug, welche Herr Nedopil selbst einst genannt hatte und die Richterin fast in fröhlichem Tone (ich komme nicht ganz klar mit ihrer so präsenten Fröhlichkeit, die vielleicht gut gemeint ist, aber dem Fall nicht angemessen scheint), sich an die Prozeßordnung zwingend gebunden fühlt. Inzwischen hat Herr Prof. Müller in seiner juristischen Bewertung des heutigen Tages durchaus aufgezeigt, wie der Gutachter nicht zwingend die ganze Zeit anwesend sein müsste, diese Frage auch im Vorfeld hätte geklärt werden können. Herr Mollath hat nach dem ersten Prozeßtag gegenüber der Presse klar und deutlich formuliert, welche Grundrechtsprobleme er erkennt, sich widersprechende Rechte, wobei vor allem sein Grundrecht der persönlichen Verteidigung durch die Anwesenheit des Gutachters verletzt wird. Möglicherweise wird dieser Umstand, die Anwesenheit des Gutachters von Anfang an, später eine Frage für das Bundesverfassungsgericht werden und zu einer Änderung der Strafprozeßordnung führen. Selbst freue ich mich auf die Zeugenaussage von Herrn Dr. Braun, den Umstand, das jetzt schweigende Opfer von damals wird dem nicht widersprechen können, dann fällt offen ihre Glaubwürdigkeit. Ich gehe nicht davon aus, eine schriftliche Erklärung seitens ihres Anwaltes kann in das Verfahren eingeführt werden, nur ihre früheren Aussagen können verwertet werden. Es wird also sehr spannend. Ich freue mich auch auf die Aussagen von Herrn Anwalt Strate. Bei aller Dramatik und Tragik (die sieben Jahre Psychiatrie für Herrn Mollath) bin ich dankbar den Prozeß live mitzuerleben.
    Nachdem Herr Mollath seine Bedenken gegen Herrn Nedopil vortrug, nahm ich die Gelegenheit wahr und habe Herrn Nedopil in einer Pause persönlich angesprochen, ihn gefragt, ob ihm das Gewissen nicht sage, von sich aus den Gutachterauftrag niederzulegen, nachdem er Herrn Mollath gehört hat. Seine spontane, ehrliche Antwort, wir blickten uns in die Augen, war: "Nein!" Knapp, glasklar. Mein persönlicher Eindruck in diesem "Augenblick" war, hat Herr Nedopil kein persönliches Gewissen?! Ob dies grundsätzlich in der Ausbildung von Psychiatern eine Rolle spielt, oder sogar eine Notwendigkeit für einen Gerichtspsychiater darstellt, bleibt offen. Aber wer, wie Herr Nedopil zugibt, wie es Herr Strate für das Gericht hervorhob, besonders für die Richter, fünfzig bzw. sogar sechzig Prozent der Gutachten sind falsch, muß berufsbedingt ein vorhandenes Gewissen ausschalten und da kann man/frau schon wieder Mitleid mit den Psychiatern haben. Langfristig kann der Prozeß mit Herrn Mollath gravierende Folgen für "Psychiatrie" haben. In welche Richtung?!
    Schlußgedanke: die Richterin hätte ja das Verfahren aussetzen können, und das Verfahrensproblem dem Bundesverfassungsgericht vorlegen können, für eine Eilentscheidung.

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  4. Gibt es für die Nedopil-Aussage "60 Fehler pro 100 Untergebrachten" auch eine Primärquelle? Der o.a. Link verweist auf eine Programmankündigung der ARD, in der der Talk-Gast Nedopil lediglich mit dieser angeblichen früheren Äußerung angekündigt wird.

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  5. Nur der Neugier halber: Kann eine Zeugnisverweigerung im neuen Prozess eine Verjährung von Falschaussagen retten, die bei erneuter Äusserung hinfällig würde?

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  6. Wir müssen uns nicht so sehr mit der "Qualität" psychiatrischer Begutachtung beschäftigen, weil es so etwas nicht gibt. Ich war in einer ganze Reihe von Strafverfahren als Sachverständiger tätig. Ich habe es nicht einmal erlebt, dass Gerichte meinen Gutachten nicht gefolgt wären. Der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Armin Nack, 1. Strafsenat, hat mich höchstselbst ausdrücklich gelobt und mich anderen Sachverständigen vorgezogen (siehe insoweit den Film unter www.gert-postel.de). Allein, ich war in Wahrheit nicht Psychiater, sondern Hauptschüler und ehem. Postbote ohne jede forensische Ausbildung. Ich hätte in den Schuldfähigkeitsgutachten alles, jeweils auch das Gegenteil und das Gegenteil vom Gegenteil begründen können, ohne dass man mir widersprochen hätte. Das sagt doch alles, wirklich alles (!) aus über den Wert solchen Schwadronierens.
    Ich habe mich während meiner Tätigkeit deshalb immer auch als ein Hochstapler unter anderen Hochstaplern gefühlt.

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  7. Halt ! Die Aussage von Prof. Nedopil darf nicht so verstanden werden, dass es *insgesamt* 60% Fehldiagnosen gäbe. Vielmehr sagt Nedopil damit: Es gibt auf der einen Seite bis zu 60% "falsch Positive", auf der anderen Seite gibt es ca. 0,2% "falsch Negative".

    Dies nur zur rein logischen Klarstellung. Das bedeutet nicht, dass die Kritik am System Forensische Psychiatrie und am Gutachter(un)wesen nicht berechtigt wäre! Man sollte bloß nicht mit falschen (bzw. in diesem Fall falsch interpretierten) Zahlen argumentieren.

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    1. Hallo, Herr Winzen, danke für die Anmerkung. Betrachtet man die Situation Gustl Mollaths, so kann für ihn die Falsch-Negativ-Rate nicht relevant sein: Er ist als ehemals Untergebrachter in der Situation eines Betroffenen, sodass für ihn tatsächlich die angegebene Fehlerquote von 60 % gelten würde, unterstellt man, dass die Angaben von Prof. Nedopil stimmen. Nur diese hat ihn und seine Verteidigung zu interessieren.

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    2. Ich habe den Beitrag von Herrn Prof. Nedopil so verstanden:

      - 50 % der Gutachten sind falsch
      - 50 % der Gutachten sind demnach richtig
      - von den falschen Gutachten sind 1:1000 "gegen die Allgemeinheit" falsch
      - von den falschen Gutachten sind demnach 999:1000 "gegen den Begutachteten" falsch

      Die Wahrscheinlichkeit als Begutachteter ein richtiges Gutachten zu bekommen ist demnach: 0,5 = 50%

      Die Wahrscheinlichkeit als Begutachteter ein zwar falsches, aber fehlerhaft günstiges Gutachten zu erhalten ist demnach: 0,5 x 1/1000 = 0,05%

      Die Wahrscheinlichkeit als Begutachteter ein falsches und ungünstiges Gutachten zu bekommen ist demnach: 0,5 x 999/1000 = 0,4995

      Probe: 0,5 + 0,05/100 + 0,4995 = 1,000

      Die Behauptung "1:1000" ist dabei recht unsinnig. Wie sollte Herr Prof. Nedopil eine solch kleine Quote ermittelt haben und auf welchem Signifikanzniveau? Wie viele Gutachten hat er denn dafür untersucht? Das ist eine Taschenspielerargumentation, um die 50% etwas besser klingen zu lassen. Am Ergebnis der ca. 50% für den fehlerhaft Begutachteten ändert dies jedoch erkennbar praktisch nichts - er hätte auch 1:1000000000 behaupten können. Da könnte ich einfach in jedem Zweifelsfall ein für den Begutachtenden ungünstiges Gutachten schreiben - so würde es nach der Argumentation folgerichtig gemacht. Allerdings ist mir dann unklar, wie man in solchen Zweifelsfällen auf eine "hohe Wahrscheinlichkeit" für die Prognose kommt, die das Gericht wohl benötigt.

      Zusammenfassend: Ich begrüße die Ehrlichkeit von Herrn Prof. Nedopil. Wenn seine Zahlen stimmen, sollte man solche Gutachten allerdings lieber nicht verwerten.

      Mit freundlichen Grüßen

      Prof. Dr.-Ing. M. Müller
      Die



      Die Wahrschei

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    3. Lieber Herr Professor Müller,
      Ihre Zahlenspiele mögen alle zutreffen, aber es sind akademische Glasperlenspiele, leere Begriffe, die nicht einer Anschauung entnommen sind, und damit hier wertlos. Es gibt keine "richtigen" psych. Gutachten, so, wie es kein "richtiges" Leben im falschen gibt (Adorno). Der Begriff der Richtigkeit in diesem Zusammenhang hält Definitionsversuchen nicht stand. Auch der Begriff der "hohen Wahrscheinlichkeit" stellt ein Abstraktum dar.

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    4. Wenn man aber Wahrscheinlichkeiten nennt, muss man sich auch daran messen lassen.

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    5. Max Mustermann8. Juli 2014 um 10:11

      Die Interpretation der Angaben zeigt vielmehr wessen Geistes Kind Herr Nedopil ist.

      Nedopil nimmt billigend in Kauf, dass 60 % der Probanden zu Unrecht interniert werden, damit er der Allgemeinheit garantieren kann, dass seine Zunft nur 0,2% der gefährlichen Irren unentdeckt draussen rumlaufen lässt.

      Ein Hardliner in Sicherheitsfragen sozusagen…

      Die Sicherheit der Bevölkerung geht vor.

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  8. Aufgrund der Radionachrichtensendungen der zusammengefassten ARD-Anstalten, also bundesweit, über den ersten Prozeßtag, ein ergänzendes Detail. Es zeigt, wie wichtig es ist, nicht nur Journalisten berichten über den Prozeß, sondern wir Bürger haben die Möglichkeit mit dem Internet unsere Erfahrungen zu verbreiten. Das Schlimme war ja im ersten Prozeß irgendwie die fehlende Öffentlichkeit, nur so konnte Richter Herr Brixner Herrn Mollath niederbrüllen, ihn schreiend "vernichten".
    Also, ARD berichtet von der freundlichen Richterin, was ja stimmt, wobei bei mir persönlich auch noch eine Spur Fröhlichkeit hinzukommt, aber vielleicht muß ich erst noch ein paar Prozeßtage erleben, um ihre Prozeßführung richtig zu würdigen, jedenfalls genau das Gegenteil von Herrn Brixner, was erst einmal ja ganz gut ist. Da lobt also ARD die Richterin und will das noch demonstrativ unterstreichen. Sie habe freundlich einen Zuhörer auf die Prozeßordnung hingewiesen, der sich über das Trommeln (außen vor dem Fenster) beschwert hatte. Das Trommeln fand draußen als Demonstration statt, just während der Verlesung der Anklage durch den Staatsanwalt. Ich hörte mir das eine Zeit lang an und es war sonnenklar, ein Gerichsprozeß muß schon irgendwie in ordentlichen Bahnen verlaufen können. Natürlich haben Menschen ein Demonstrationsrecht, sie können also mit Plakaten usw. ihre Meinung äußern, aber wie das Parlament eine Bannmeile hat, damit die Politiker ungestört ihrer Arbeit nachgehen können, sollte ein Gericht durchaus eine Lärm-Bannmeile haben, das war mein Anliegen an die Richter. Nach meinem Statement reagierte sofort der Staatsanwalt in einem so bissigen Ton, eine solch grundsätzlich menschenverachtende Haltung, welche sich wohl wegen der manchmal schlimmen Straftaten als Grundhaltung in dieser Person manifestierte, schnellte mir in seinen Worten entgegen, mit der Drohung, er lasse mich bei nächster Gelegenheit aus dem Saal entfernen, es wirkte im Ton wie "brutales rausschmeißen". Die Richterin beobachete das nur freundlich, tatsächlich blieb sie ruhig und gelassen, diese Nachricht stimmte schon, aber die Zurechtweisung meiner Person kam in Wahrheit aus dem Munde des Staatsanwaltes.
    Ich habe nun ein Problem. Kann ich öffentlichen Nachrichten denn in Zukunft noch ein Wort glauben, egal was sie sagen?! - Der Vorfall zeigt die Nowendigkeit unabhängiger Beobachtern.

    Vielleicht ärgerte sich der Staatsanwalt, da der Fluß seiner Anklage so gleich mehrfach gestört wurde..... . deswegen sein bissiger Ton.....

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  9. Oh, leicht zerstückelt!

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  10. Das Zeugnisverweigerungsrecht kann auf persönlichen und/oder sachlichen Gründen beruhen.
    Ein sachlicher Grund liegt vor, wenn sich der Zeuge durch die Aussage selber belasten würde.

    Frau M. hat sich ausweislich der Erklärung ihres Anwalts auf den persönlichen Grund bezogen, der ihr als geschiedener Ehefrau des Angeklagten zusteht.
    Der Gesetzgeber hat die persönlichen Zeugnisverweigerungsrechte zum Schutz der derzeitigen oder auch der früheren Beziehung begründet, um Loyalitätskonflikte zu vermeiden.

    Im vorliegenden Verfahren dürfte als konkretes Motiv dieser Zeugnisverweigerung das Gegenteil der vom Gesetzgeber angenommenen Zielrichtung leicht vorstellbar sein.
    Der sich selbst verhindernden Zeugin M. mag zugestanden werden, dass sie zu Recht befürchtet, sich durch ihre Aussage in eine Lage zu bringen, die ihr einen sachlichen Grund zur Zeugnisverweigerung eröffnen könnte.

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  11. Eben hörte ich in einer Kurzmeldung (Radiosendung), Herrn M. stünde eine Entschädigung von Euro 25,00 pro Tag zu, falls er freigesprochen werde.

    Fünfundzwanzig Euro für jeden Tag, den Herr M. als Gesunder in der Psychiatrie gegen seinen Willen verbringen musste? Das ist keine angemessene Entschädigung, das ist lächerlich.

    Und welche Konsequenzen muss ein Gutachter tragen, der ein offensichtlich falsches Gutachten fabriziert hat, das im vorliegenden Fall Herrn M. eine langjährige Unterbringung in der Psychiatrie einbrachte? Gar keine.

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    1. Max Mustermann8. Juli 2014 um 12:49

      Sie sind leider falsch informiert.
      Von den 25 Euro werden noch die entstandenen Unkosten für Kost und Logis zum Abzug gebracht.
      Schliesslich hat Herr Mollath diese ja auch in Anspruch genommen, obwohl er als Unschuldiger diesen Anspruch gar nicht gehabt hätte…

      Nach Abzug der Aufwändungen, die Herr Mollaths unschuldigsein verursacht hat, bleibt ihm vielleicht noch 19 Euro.

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    2. Die 25€ (minus einer Pauschale für Verpflegung etc.!) sind der traurige Standard in Deutschland. Falls er Vermögensschäden belegen kann, die direkt aus der Zwangsunterbringung folgen, steht ihm auch dafür eine Entschädigung zu. Leider stellen sich die Gerichte dabei extrem zickig an und verschleppen die Gewährung der Zahlungen über Jahre. Oft, wie im Fall Horst Arnold, bis über den Tod des unschuldig Inhaftierten hinaus.

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  12. Das ist die Visitenkarte eines "Rechtsstaates"....

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  13. Sina:

    Bei Frau Lakotta geht es nicht darum, einem unbequemen Journalisten den Mund verbieten zu wollen. Ebenso wenig, unbequeme Wahrheiten nicht akzeptieren zu wollen.

    Bei Frau Lakotta geht es darum, dass sie in ihren Ausführungen Fehler machte, die jeder sehen konnte, der sich die Zeit nahm, die umfassend vorliegenden (Gerichts-) Dokumente selbst zu lesen. Und eine falsche Behauptung wird nicht deshalb zur *Wahrheit*, wenn sie nur oft genug - versteckt oder offen - wiederholt wird.

    Ein Journalist, der (Recherche-) Fehler unumwunden einräumt, nötigt Respekt ab, denn ich kann mich als Leser darauf verlassen, nicht immer weiter unvollständig oder falsch informiert zu werden.

    Ein Journalist, der seine öffentlich sichtbar gewordene Fehler zu einem späteren Zeitpunkt dem Leser von hinten durch die Brust schmackhaft machen möchte, verspielt die Glaubwürdigkeit vieler Journalisten.
    Es stimmt deshalb sehr nachdenklich, dass der Spiegel noch immer keinen anderen Journalisten mit der Berichterstattung beauftragt hat.

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