Ursula Prem |
Natürlich gibt es Mentalitätsunterschiede zwischen den Völkern, die man nicht ernsthaft bestreiten kann. Doch was Spiegel-Autor Jan Fleischhauer da angestoßen hat, wäre wirklich nicht nötig gewesen. »Hat es irgendjemanden überrascht, dass der Unglückskapitän der Costa Concordia Italiener ist?«, fragt er in seiner Kolumne auf Spiegel Online und vergisst dabei auch nicht, zu erwähnen, dass solch ein Manöver mit einem deutschen oder britischen Kapitän wohl kaum passiert wäre.
Davon abgesehen, dass das natürlich Unsinn ist, da der Kapitän der Titanic eben Brite war und kein Italiener, zieht Fleischhauer das Beispiel heran, um zu belegen, dass der Euro aufgrund von Mentalitätsunterschieden zum Scheitern verurteilt sei. Ich finde es mehr als schwach, so eine Argumentation an der Fehlleistung eines Einzelnen festzumachen. Für das Funktionieren einer gemeinsamen Währung sind Mentalitätsunterschiede nicht entscheidend, da jede Mentalität ihre Vorzüge und Nachteile besitzt, die sich in der Summe ausgleichen. Wäre es anders, hätte die D-Mark wohl kaum ihren Siegeszug antreten können, betrachtet man die Unterschiede zwischen Norddeutschland und Bayern. Und der Dollar, wie hätte er sich jemals zur Weltwährung aufschwingen können, im Schmelztigel der Nationen namens USA?
Der Euro wird nicht an Mentalitätsunterschieden scheitern
Es ist keine Frage, dass der Euro untergehen wird. Aber nun die Eigenheiten der Menschen dafür verantwortlich zu machen, ist mehr als billig. Der Euro wird daran scheitern, dass die Politiker, die ihn mit der heißen Nadel zusammengestrickt haben, ihre Hausaufgaben nicht gemacht und keine gemeinsame Steuer- und Sozialgesetzgebung auf den Weg gebracht haben. Unterschiedliche Mentalitäten verkraftet eine Währung durchaus, unterschiedliche Systeme jedoch nicht. Nun bessern die Weltenlenker hastig nach, wie ertappte Kinder, die in der Pause schnell auf dem Schulklo ein paar Sätze ins Heft schmieren, um nicht gar so blamiert dazustehen. Die Menschen in Europa, Herr Fleischhauer, sind die Opfer dieser verantwortungslosen Politik, nicht die Täter.
Il Giornale: »A noi Schettino, a voi Auschwitz«
Verständlicherweise lassen die Italiener die Gleichsetzung ihres nationalen Selbstverständnisses mit dem Handeln eines verantwortungslosen Kapitäns nicht auf sich sitzen. Die Antwort folgt prompt durch Alessandro Sallusti im Magazin Il Giornale. »A noi Schettino, a voi Auschwitz«, betitelt er seine Kolumne, »Für uns Schettino, für Euch Auschwitz«. Starker Tobak, aber vollkommen verständlich nach solch einer Provokation. »Questi tedeschi sono ancora oggi arroganti e pericolosi per l’Europa«, konstatiert Sallusti, »diese Deutschen sind auch heute noch arrogant und gefährlich für Europa« und ein Banner auf der Seite erklärt: »Adesso basta! Non siamo un popolo di codardi ...« - »Jetzt ist Schluss, wir sind kein Volk von Feiglingen.«
Herr Fleischhauer, war das tatsächlich nötig? Klopfen Sie mit Ihrer zweifelsfrei spitzen und geübten Feder doch lieber den Politikern auf die Finger, die allen Europäern diese ätzende Suppe eingebrockt haben! Wie wäre es mit einer Entschuldigung an die Adresse des italienischen Volkes? Oder sind Sie der Meinung, dass es besser ist, einen Freund zu verlieren, als eine Pointe zu versemmeln?
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