Freitag, 21. Februar 2014

Gustl Mollath: Spendenkonto - einige Anmerkungen von Ursula Prem

In dieser Woche wurde ein Brief des zbb-Vorstands Heinz Schulze öffentlich, betreffend die Vorgänge um das Mollath-Spendenkonto. Das Schreiben, eigentlich adressiert an Gustl Mollath, ist inzwischen im Opablog nachlesbar und hat offensichtlich auch die Ebene der Presse erreicht, wo es bereits einem schlecht recherchierten Artikel der Nürnberger Zeitung als Grundlage diente. Den offensichtlich mangelnden Aufklärungswillen der Staatsanwaltschaft München in dieser Sache hatte Mollath-Rechtsanwalt Strate bereits in seiner Mitteilung der Verteidigung am 7. Januar dokumentiert. Ein Freibrief für den zbb e.V., nun nach alldem auch noch frech zu werden? - Vorstand Schulze jedenfalls scheint dies so zu sehen, wie sein entlarvendes Schreiben belegt. Höchste Zeit also, meine Anmerkungen dazu, wie ich sie schon am Dienstag dieser Woche dem Unterstützerkreis sowie zbb-Vorstand Fritz Letsch intern übersandt hatte, nun ebenfalls öffentlich zu dokumentieren: 


Sehr geehrter Herr Schulze,
lieber Mollath-Unterstützerkreis,

nach dem aussagekräftigen Schreiben von Ihnen, Herr Schulze, möchte ich es nicht versäumen, einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen in die Runde zu werfen.


Zuerst einmal frappiert mich die Opferhaltung, die in Formulierungen wie dieser zum Ausdruck kommt:

»Im Nachhinein ist es tatsächlich so, dass wir uns viel Ärger und Stress gespart hätten, wenn wir diesen solidarischen Akt (Bereitstellung des Kontos) nicht gemacht hätten.«

»Hätte, könnte, sollte, würde!«, sagte schon meine Schwippschwägerin großväterlicherseits immer, wenn sie deutlich machen wollte, dass ihr die ewigen Ausreden auf den Sack gegangen wären, wenn sie denn einen solchen gehabt hätte. Scherz beiseite: Wo Sprache dazu missbraucht wird, den nackten Fakten ein Feigenblatt umzuhängen, wäre es besser, zu schweigen. Doch Sie, Herr Schulze, haben sich anders entschieden, sei es drum. Tatsache ist: Nach der Entlassung von Gustl Mollath aus dem BKH Bayreuth dauerte es über vier Monate, ehe er auch nur einen Euro von den ihm zugedachten Spenden gesehen hat. Und auch das erst, nachdem eine Strafanzeige Bewegung in die Sache gebracht hatte. Dass diese, wie jede Mollathsche Strafanzeige, von der bayerischen Justiz erst einmal so traditionsgemäß eingestellt wurde, wie man sich auf den Anstich des ersten Wies’n-Biers durch den Münchner OB alljährlich verlassen kann, ändert nichts an dieser Tatsache. Vier Monate. Eine lange Zeit für jemanden, der mit faktisch Nichts auf die Straße gesetzt wurde.


Es ist unerträglich, wenn Sie, Herr Schulze, nun die von Gustl Mollath offenbar gewählte Form der Auszahlung (»Barauszahlung, für Außenstehende ungewöhnlich«) dazu benutzen, die Auskehrung der Spenden wie einen Gnadenakt darzustellen: Die Auszahlung der gesammelten Spenden an Gustl Mollath, auf welchem Wege auch immer, war und ist eine von zwei möglichen anständigen Optionen, die Situation zu bereinigen. Der andere Weg wäre die Rücküberweisung an die Spender gewesen (die übrigens von Gustl Mollath selbst schon folgerichtig ganz am Anfang des Dramas, am 17.9., als eine Möglichkeit vorgeschlagen wurde, noch bevor Herr Dr. Strate über die Situation informiert war):



Dass es nun offenbar so gekommen ist, dass der Löwenanteil der Spenden tatsächlich den richtigen Empfänger erreicht hat, ist nur zu begrüßen und mit Sicherheit auch im Sinne der Spender. Dass es dazu erst einer Strafanzeige und der Herstellung von Öffentlichkeit bedurfte, ist weniger schön. Dass Sie nun die Verantwortung dem Unterstützerkreis zuschieben:

»Sie haben uns aufgefordert, nicht mehr zu Spenden für Sie aufzurufen. Nochmals: wir haben nie zu Spenden für Ihre Person aufgerufen. Aufgerufen hatte der Unterstützerkreis«,

ist bei realistischer Betrachtung zu erwarten gewesen und dürfte nun dem letzten Gutmütigen klargemacht haben, wohin die Reise geht. Ich resümiere: Der zbb e.V. war also für die Einkassierung der Spenden zugunsten des eigenen Vereinsvermögens und unter Verwendung der Zugkraft des Namens Mollath (dessen Träger davon offenkundig gar nichts wusste) zuständig, während für den missverständlichen Spendenaufruf selbstverständlich der Unterstützerkreis verantwortlich zeichnete. Was für ein Geschäftsmodell!

Peinlich nur, dass Ihr Vorstand Fritz Letsch sich den Spendenaufruf des Unterstützerkreises zu eigen gemacht hatte:


 
»Für die Unterstützung von Gustl Mollath sind wir dringend auf Ihre Spende angewiesen«,

heißt es in dem Blog-Posting vom 8. Juli 2013. Und, weiter unten:

»Stichwort DEMO Nürnberg oder ein anderer spezieller Verwendungszweck für Aktionen der politischen Bildung sind möglich.«

Daraus ist zu schließen, dass Spenden für Aktionen der politischen Bildung der Eintragung eines anderen Verwendungszwecks bedurft hätten, als Spenden »für die Unterstützung von Gustl Mollath«. Wie aber lässt sich bei dieser Sachlage weiterhin behaupten, die Mollath-Spenden seien eigentlich der politischen Bildungsarbeit zugedacht gewesen?

Fragen über Fragen. Die nach letztendlicher Auskehrung der Spenden (besser spät, als nie) möglicherweise ja gar nicht mehr so genau thematisiert worden wären, wenn es diesen in meinen Augen frechen und überheblichen Brief von Ihnen, Herr Schulze, der inzwischen im »Opablog« öffentlich einsehbar ist, nicht gegeben hätte.


Nun war die Frage der »Unterstützung von Gustl Mollath« vor dessen Entlassung natürlich anderer Natur als danach. Dass der zbb e.V. aber auch nach dem 6. August 2013 auf der Unterscheidung zwischen »Unterstützung« und »persönlich zugedachten Spenden« bestand, spricht eine deutliche Sprache, die weit über irgendwelche Erfordernisse von Kleingärtnersatzungen hinausgeht: Sich auf diesem Wege kurzerhand zum finanziellen Sachwalter eines freien, erwachsenen Menschen machen zu wollen, dazu bedarf es schon einiger gutmenschlicher Abgebrühtheit. Chapeau! Dass derartige Machtansprüche einer der Hauptantriebe solcher Aktivitäten sind, wird allerdings nur derjenige begreifen, der sich intensiv mit solchen Strukturen auseinandergesetzt und ausreichend lange unter ihnen gelitten hat.


Ich wünsche mir inständig, dass dem hochverdienten Unterstützerkreis, der durch seine bewundernswerte und jahrelange Beharrlichkeit den Stein in Sachen Mollath erst ins Rollen gebracht hat, nun durch Ihr Schreiben, Herr Schulze, endgültig die Augen aufgegangen sein mögen.

Mit freundlichen Grüßen

Ursula Prem


Hier zum Thema weiterlesen:
http://strate.net/de/dokumentation/Mollath-Mitteilung-der-Verteidigung-2014-01-07.pdf#page=2 



Besuchen Sie auch unser Nachrichtenblog!

Hier weiterlesen

Related Posts with Thumbnails

Labels

Walter-Jörg Langbein (655) Ursula Prem (275) Freitagskolumne (155) Sylvia B. (104) Osterinsel (79) Tuna von Blumenstein (37) Peru (34) Gerhard Strate (33) g.c.roth (32) Karl May (27) Nan Madol (27) Für Sie gelesen (23) Maria Magdalena (22) Jesus (21) Karl der Große (19) Make Make (19) Rezension (19) Bibel (18) Externsteine (18) der tiger am gelben fluss (17) Autoren und ihre Region (16) Apokalypse (15) Vimanas (15) Atlantis der Südsee (13) Weseke (13) Blauregenmord (12) Der Tote im Zwillbrocker Venn (12) Nasca (12) Palenque (12) meniere desaster (12) Krimi (11) Pyramiden (11) Forentroll (10) Hans Schindler-Bellamy (10) Malta (10) Ägypten (10) Mexico (9) National Geographic (9) Straße der Toten (9) Lügde (8) Thriller (8) Briefe an Lieschen (7) Der hässliche Zwilling (7) John Frum (7) Kinderbuch (7) Märchen (7) Sphinx (7) Tempel der Inschriften (7) Winnetou (7) Marlies Bugmann (6) Monstermauern (6) Mord (6) Satire (6) altes Ägypten (6) 2012 - Endzeit und Neuanfang (5) Atahualpa (5) Dan Brown (5) Goethe (5) Hexenhausgeflüster (5) Lyrik (5) Mexico City (5) Vorsicht Liebensgefahr (5) ABC Walpurgisnacht (4) Atacama Wüste (4) Bildungssystem (4) Cheopspyramide (4) Ephraim Kishon (4) Europa (4) Grundschule (4) Kinderkrimi (4) Leonardo da Vinci (4) Machu Picchu (4) Menschenrechte (4) Sacsayhuaman (4) Schule (4) Teutoburger Wald (4) große Pyramide (4) Alphabet (3) Hathor (3) Hexen (3) Javier Cabrera Darquea (3) Meniere (3) Mondpyramide (3) Mysterien (3) Ruth Westheimer (3) Sakrileg (3) Shakespeare (3) einmaleins lernen (3) Österreich (3) Bestatten mein Name ist Tod (2) Bevor die Sintflut kam (2) Bildungspolitik (2) Das Sakrileg und die heiligen Frauen (2) Lexikon der biblischen Irrtümer (2) Markus Lanz (2) Vincent van Gogh (2) Vorlesebuch (2) Walpurgisnacht-Reihe (2) forensische Psychiatrie (2) Interview Markus Lanz (1)