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Sonntag, 24. Januar 2021

575. »Per Anhalter zu anderen Welten?«

Teil 575 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Foto 1: Ruine auf dem »Großen Waldstein«.

Nach Erich von Däniken (*14.4.1935) sind Charles Hoy Fort (*1874; †1932) und der britische Schriftsteller Douglas Noël Adams (*1952; †2001) meine Lieblingsautoren. Von Douglas Noël Adams stammt die einzige vierbändige Romantrilogie in fünf Teilen: »Per Anhalter durch die Galaxis«.

1979 erschien Band 1 im englischen Original:»The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy«. Die deutsche Übersetzung »Per Anhalter durch die Galaxis« folgte 1981. 1980 schob Adams Band 2 nach: »The Restaurant at the End of the Universe«. Die deutsche Übersetzung (»Das Restaurant am Ende des Universums«) stand 1982 zur Verfügung. Diesem zweiten Band stellte Adams ein bizarr anmutendes Wort voraus (1): 

»Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn jemals irgendwer genau herausfindet, wozu das Universum da ist und warum es da ist, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch noch etwas Bizarreres und Unbegreiflicheres ersetzt. Es gibt eine andere Theorie, nach der das schon passiert ist.«

In Band 5 der vierbändigen Trilogie – »Mostly Harmless«, 1992 erschienen – geht es um wirklich fantastisch Anmutendes. Die deutsche Übersetzung – »Einmal Rupert und zurück« (1993) – habe ich mir wieder zu Gemüte geführt, als ich mich intensiv mit der Sagenwelt des Frankenlandes beschäftigte. Douglas Noël Adams lässt Außerirdische die Reporterin Tricia McMillan von ihrem Heimatplaneten in ein Paralleluniversum entführen. Selbst eingefleischte Douglas-Adams-Enthusiasten wissen nicht, dass Entführungen in Parallelwelten schon in uralten Sagen vorkommen. Beschrieben wird der fantastische Sachverhalt freilich in der Regel nicht technisch-futuristisch, sondern poetisch-märchenhaft. Da wird bei der Burgruine Nordeck im schönen Frankenland ein junger Mann durch ein Felsentor in eine »Parallelwelt« entführt. Dort lockt »eine reizende Jungfrau in königlicher Tracht« einen Schäfer »auf dem Köterberg« durch ein Felsentor in eine Parallelwelt (2). Bei der »Ruine Blankenhorn« über Eibensbach (Baden-Württemberg) ist es eine »Jungfrau in Weiß«.

Ludwig Zapf (*1829; †1904) war Besitzer und Redakteur des »Münchberger Amts- und Wochenblattes«. Mit Akribie sammelte er Sagen aus dem Frankenland. 1873 fungierte er als Herausgeber eines Werkes über den »Sagenkreis des Fichtelgebirges« (3). 1886 folgte sein Sammelwerk »Waldsteinbuch«, randvoll mit Sagen über den »Großen Waldstein« im Fichtelgebirge. Der »Große Waldstein« ragt fast 900 m in den Himmel und macht so dem »Ochsenkopf« (1.000 m.) Konkurrenz. Er ist mit seinen bizarr anmutenden Felsverwitterungen als Filmkulisse geeignet. Hier könnten im Film irdische Astronauten eine ferne Planetenwelt erkunden. In verfallendem Gemäuer könnten Vampire hausen. 

Foto 2: Felsformation auf dem »Großen Waldstein«

Der »Große Waldstein«  muss schon vor Jahrtausenden Menschen angezogen haben. Auf dem Gipfel wurden bei Ausgrabungen steinzeitliche Mikroklingen, Schaber und durchbohrte Anhängerfragmente aus Jurahornstein gefunden. Jurahormstein kommt im Fichtelgebirge nicht vor. Wer auch hier siedelte oder nur kurz Rast machte, muss von weiter her gekommen sein. Aus Jurahornstein wurden in der Steinzeit scharfkantige Werkzeuge wie Schaber und klingen hergestellt.

Wer den »Großen Waldstein« wandernd und kletternd erkundet, der wird immer wieder auf Mauerreste aus unterschiedlichen Epochen stoßen. So stand einst am nordöstlichen Fuß des Schüsselfelsens eine Burg. Sie wurde vor rund einem Jahrtausend gebaut, aber schon zwei Jahrhunderte später dem Verfall überlassen. Kleine Teile des Bergfrieds sind heute noch zu erkennen. Andere Ruinenreste gehen auf Mauern zurück, die womöglich im 8. Jahrhundert als Teil einer Verteidigungsanlage entstanden sind. Vieles bleibt rätselhaft.

Nach einer Sage, Ludwig Zapf hat sie aufgezeichnet, gibt es auch im »Großen Waldstein« ein Felsentor in eine andere Welt. Eine Mutter, so heißt es, war am Johannistag unterwegs mit ihrem Kind. Bei einer Felsgruppe gab es köstliche Beeren. Und plötzlich nahm die Frau das offene Tor im Fels wahr. Sie hob sich ihr Kind Auf Den Arm und erkundete das Tor. Hinter dem Tor tat sich eine Höhle auf. 

Hans Seiffert erzählt (5): »Neugierig trat sie ein. Ringsumher lagen aufgehäuft blinkende Schätze. Drei weißgekleidete Jungfrauen winkten sie heran und forderten sie auf, von dem Golde zu nehmen, was sie mit einer Hand erfassen könne. Die Frau setzte ihr Kind nieder, raffte mit beiden Händen in den Goldhaufen und lief aus der Höhle, um ihren Schatz zu bergen. Als sie nochmals zurück wollte, um noch mehr zu holen, fiel die Höhle mit lautem Krachen zu. Entsetzt dachte sie an das Kind und tiefes Leid bedrückte ihr Herz. Tagtäglich stieg sie zum Berge, irrte um die Felsen und weinte. Die Höhle aber blieb verschwunden. – So war ein Jahr verflossen. Am Johannistage stieg sie wieder zum Waldstein empor und … und fand die Höhle offen. Sie eilte hinein. Ihr Kind saß am Boden und spielte mit einem roten Apfel. Freudig lachte es der Mutter entgegen. Diese riß das Kind an sich, herzte und drückte es und verließ, ohne sich umzusehen, die Höhle.«

Douglas Noël Adams hat eine bizarre Welt entwickelt und in seinen Bestsellern beschrieben. Nicht minder geht es in der Sagenwelt meiner oberfränkischen Heimat, und nicht nur da, zu. In den Romanen wie in den Sagen geht es um Reisen in Parallelwelten und retour. Wenn in alten Sagen von solchen Reisen berichtet wird, sind das Belege für die Existenz solcher Parallelwelten? Parallelwelten werden in der wissenschaftlichen Literatur durchaus ernst genommen. Der Physiker Bryce Seligman DeWitt (*1923; † 2004) zum Beispiel publizierte im seriösen Wissenschaftsmagain »physicstoday« einen in der Fachwelt heftig diskutierten Aufsatz zum Thema (6). 

Er prägte den Ausdruck »Many-Worlds-Interpretation« (»Viele-Welten-Interpretation«). Hugh Everett III (*1930; †1982), studierter Physiker, brillierte mit einer Doktorarbeit zum Thema (7). Er kann als einer der Pioniere der Erforschung der Realität von Parallelwelten in Multi-Universen gelten. Ich muss aber zugeben, dass selbst populärwissenschaftlich erörterte Theorien über Quantenphysik und Parallelwelten für mich nicht wirklich nachvollziehbar sind, wenn es um vermeintliche Beweise geht. Es spielt dabei keine Rolle, ob diese Arbeiten nun in englischer oder in deutscher Sprache veröffentlicht wurden (8).

Kurz gesagt: Es gibt eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten zur Realität von Parallelwelten. Es gibt seriöse Befürworter in der Welt der Wissenschaft, die zu meinen scheinen, dass die Wirklichkeit in ihrer Gesamtheit nur wirklich logisch begründbar ist, wenn man von der Existenz von Parallelwelten ausgeht. Stephen Hawking (*1942; †2018), der geniale Physiker, ging jedenfalls von der Realität von Parallelwelten aus je länger er sich mit dem Thema beschäftigte. Bis kurz vor seinem Tod arbeitete er mit Thomas Hertog (*1975), Physiker an der »Katholischen Universität Leuven (KU Leuven)« in Belgien, an der sogenannten ›Multiversums-Theorie‹. Kurz vor seinem Tod soll Hawking seine vielleicht wichtigste, bahnbrechende Arbeit abgeschlossen haben. Worum geht es? 

»Future Zone« fasst zusammen (9): »Der berühmte Physiker Stephen Hawking hat in einer letzten Arbeit vor seinem allerdings Tod scheinbar belegen können, dass Paralleluniversen existieren.« Ob ihm das wirklich gelungen ist? Laut »Sunday Times«, das vermeldet »online focus« (10), haben die Wissenschaftler Hawking und Hertog die mathematische Grundlage entwickelt, um die Existenz von Parallelwelten zu beweisen. Stimmt das? Einigkeit scheint in der Welt der Wissenschaft über diese Frage nicht zu herrschen.

 
Foto 3: Burgruine auf dem »Großen Waldstein« im Fichtelgebirge (vor 1914)

Mir kommt ein Zitat von Marie Curie (*1867; †1934), zweimal mit dem Nobelpreis für ihre Leistungen im Bereich der Chemie und der Physik ausgezeichnet, in den Sinn: »Ein Gelehrter in seinem Laboratorium ist nicht nur ein Techniker; er steht auch vor den Naturgesetzen wie ein Kind vor der Märchenwelt.« Kinder vernehmen ohne zweifelndes Staunen Berichte aus der Sagenwelt. Sie lehnen das Fantastische nicht ab, weil sie das scheinbar Fantastische für real halten können. Erwachsene hingegen bilden sich sehr viel darauf ein, vermeintlich kindliche Vorstellungen von der Realität abgelegt zu haben wie Kleidung, die ihnen zu klein geworden ist. So nehmen wir Erwachsenen aber nur noch einen Teil der Realität wahr. Fantastisch Anmutendes tun wir gern und sicher oft voreilig als »Science-Fiction« ab. Aber wie sagte Norman Mailer (*1923; †2007)? Der Verfasser von »Die Nackten und die Toten« (11): 

»Was man heute als Science-Fiction beginnt, wird man morgen vielleicht als Reportage zu Ende schreiben müssen.« »Science-Fiction« mutete zu allen Zeiten recht märchenhaft an. Was gestern unmöglich zu sein schien, das wird morgen Realität und erscheint uns übermorgen als überholt. »Science-Fiction« wird in der Regel schnell von der Realität eingeholt, ja überholt. Wie lang mag es dauern, bis man sich zwischen Parallelwelten hin und her bewegen kann? In uralten Sagen ist das schon lange möglich! Ich frage noch einmal: Sind mysteriös anmutende Beschreibungen in der Sagenwelt Hirngespinste, Ergebnisse einer uferlosen Fantasie? Oder steckt Wahrheit in den alten Sagen über den »kleinen Grenzverkehr« zwischen den Welten?

Fußnoten
(1) Adams, Douglas: »Das Restaurant am Ende des Universums«, München 2009, S. 11+12
(2) Bechstein, Ludwig: »Deutsches Sagenbuch«, Meersburg und Leipzig 1930, S. 205-206. (Die Rechtschreibung wurde unverändert übernommen!
(3) Zapf, Ludwig (Herausgeber): »Der Sagenkreis des Fichtelgebirges. Mythe und Geschichte«, Münchberg 1873
(4) Zapf, Ludwig: »Waldsteinbuch. Natur, Geschichte und Sagenschatz des Großen Waldsteins im Fichtelgebirge«, Lion, Hof 1886
(5) Seiffert, Hans: »Das Kind im Berge« in »Die Aehrenkönigin«, 2. Auflage, Helmbrechts/ Obfr. 1952, Seite 4. (Rechtschreibung wurde unverändert übernommen!)
(6) DeWitt, Bryce S.: »Quantum mechanics and reality«, Aufsatz, erschienen in »physicstoday«, Band. 23, Nr. 9, 1970, S. 30
(7) »The Theory of the Universal Wave Function«
(8) Byrne, Peter: »Die Parallelwelten des Hugh Everett«, »Spektrum der Wissenschaft«, 2008, Heft 4.
(9) »Future Zone«: »Gibt es eigentlich Paralleluniversen? Diese Theorien sprechen dafür« https://www.futurezone.de/science/article225951175/Gibt-es-eigentlich-Paralleluniversen-Diese-Theorien-sprechen-dafuer.html Stand 21.09.2020
(10) https://www.focus.de/wissen/nachweis-von-parallelwelten-hawking-arbeitete-kurz-vor-seinem-tod-an-multiversums-theorie_id_8632914.html
(Stand 21.09.2020)
(11) »Zitate im Management«, Wien 2008, Seite 223

Zu den Fotos
Foto 1: Ruine auf dem »Großen Waldstein«. Foto um 1911, Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Felsformation auf dem »Großen Waldstein« im Fichtelgebirge (vor 1914)
, Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Burgruine auf dem »Großen Waldstein« im Fichtelgebirge (vor 1914), Archiv Walter-Jörg Langbein

576. »Vom intuitiven Geist und vom rationalen Verstand«,
Teil 576 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 31. Januar 2021

Sonntag, 29. November 2020

567. »Und es gab weder Anfang noch Ende.«

Teil 567 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


 »Doch was überhaupt ist das Leben
und was ist der Lebenssinn?
Mit welchem Recht geht der Mensch
so willkürlich von der eigenen Wichtigkeit
in der Schöpfung aus?«
Howard Phillips Lovecraft (1)


James Lovelock (*1919) hat als Hundertjähriger wieder ein faszinierendes Sachbuch verfasst und veröffentlicht. Er beschreibt auf überzeugende Weise Gegenwart und Zukunft der Menschheit. In seinem Opus »Novozän« (2) lässt er »Das kommende Zeitalter der Hyperintelligenz« plastisch sichtbar werden. Demnach sind wir Jetztmenschen die Steigbügelhalter unserer Nachfolger auf Planet Terra. Nichtbiologische Einheiten von gottgleicher Intelligenz und Allmacht werden morgen oder übermorgen das Regiment auf unserem Heimatplaneten übernehmen.

Was aus dem Jetztmenschen werden wird? Lovelock (3): »Die Zukunft ist für uns unvorhersehbar, so wie es schon immer gewesen ist, selbst in einer organischen Welt. Cyborgs werden Cyborgs entwerfen. Sie werden keineswegs als minderwertige Lebensform weitermachen, die uns Bequemlichkeiten verschafft, sondern sie werden sich entwickeln und könnten die fortschrittlichen evolutionären Produkte einer neuen und kraftvollen Spezies sein.« Bei allem Respekt vor James Lovelock und seinem Lebenswerk: Im Gegensatz zu Lovelock sehe ich keinen realen Grund, warum die künstliche Intelligenz nicht die Herrschaft über uns an sich reißen wird. Bei allem Respekt vor James Lovelocks wissenschaftlichen Leistungen, etwa für die NASA: Ich halte es für überhaupt nicht nachvollziehbar, dass das unendliche Universum ausschließlich den Menschen als intelligente Spezies hervorgebracht haben soll. »Wir sind allein« (4) behauptet James Lovelock. In einem unendlich großen Kosmos sollte es nur uns Menschen als intelligente Spezies geben? Der Mensch soll nicht nur die Krone der irdischen, sondern auch der kosmischen Schöpfung sein? Das ist – meine ich – unvorstellbar.

Foto 1: Prof. Hermann Oberth (links)
und Autor Langbein im Gespräch (März 1983).

James Lovelock, von 1961 bis 1964 »Professor für Chemie« am »Baylor College of Medicine« in Houston, Texas, sieht den Menschen als unfassbare Ausnahme im gesamten Universum. Seiner Überzeugung nach ist der Kosmos nur dazu in der Lage, ausschließlich uns Menschen hervorzubringen. Howard Phillips Lovecraft (*1890; †1937) monierte vehement diese Selbsterhöhung von uns Menschen (5): »Und so können wir begreifen, dass die Menschheit nichts anderes als ein momentanes Phänomen ist. Unsere Existenz auf unserem Planeten ist im Vergleich zur Unendlichkeit erst neueren Datums, wurde in der ganzen unermesslichen Weite des Raums erst gestern möglich.«

Die vielleicht zentralen Fragen, die sich uns an dieser Stelle aufdrängen müssen, lauten: Hat das tote Universum zufällig Intelligenz auf Welten wie der Erde hervorgebracht? Oder hat Intelligenz das Universum erschaffen? Ist das Universum das Produkt von Intelligenz und nicht Intelligenz das Produkt des Universums? Was war am Anfang: der Geist oder die Materie? Religiös orientierte Menschen, speziell die Anhänger einer der drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam, postulieren, dass es am Anfang Gott gab, der das Universum schuf. Materialistisch orientierte Menschen, die freilich nur anderen »Gurus« folgen, gehen davon aus, dass am Anfang der Urknall war. Aber auch der Urknall kann nichts aus dem Nichts hervorbringen. Entweder gab es am Anfang Gott oder Materie.

Was aber war vor Gott? Was war vor der Materie? Auch wenn wir es nicht wirklich begreifen können, es gibt eine dritte Variante: War am Anfang Intelligenz? Mir ist klar: Niemand vermag zu erklären, was vor Gott, was vor der Materie, was vor der Intelligenz war. Die drei Denkmodelle setzen voraus, dass es am Anfang etwas und nicht das Nichts gab.

In der Lutherbibel von 1545 lesen wir gleich zu Beginn des Evangeliums nach Johannes: »Im anfang war das Wort / Vnd das wort war bey Gott / vnd Gott war das Wort.« Noch in der Lutherbibel von 1984 findet sich der 1. Vers des 1. Kapitels des Evangeliums nach Johannes so: »Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.«

Vergleicht man damit die Lutherbibel von 2017, reibt man sich staunend die Augen ob der Veränderungen im Text: »Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens – «. Von einer Übersetzung kann nicht mehr die Rede sein, nur noch von einer freien Interpretation. Das Wort, das am Anfang war, ist verschwunden. Wir finden es nur noch in folgenden Bibelausgaben: »Neue Genfer Übersetzung«, »Hoffnung für alle«, »Zürcher Bibel«, »Gute Nachricht Bibel« und »Neues Leben. Die Bibel«. In der »Elberfelder Bibel« entdecken wir, freilich verklausuliert, das »Wort, das am Anfang war«: »Was von Anfang an war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben vom Wort des Lebens.«

Bis 1984 sagt die Lutherbibel klar und deutlich, dass am Anfang – vor dem eigentlichen Schöpfungsakt – das Wort war. Im Band 1 von Ginzbergs »Legends of the Jews«, 1909 von »The Jewish Publication Society of America« in Philadelphia publiziert, wird der Sachverhalt noch viel deutlicher, nämlich dass dass Wort vor der Schöpfung da war. Da wird präzisiert, dass das Wort (6) bereits »zweitausend Jahre vor der Erschaffung von Himmel und Erde« vorhanden ward, geschrieben mit »schwarzem Feuer auf weißem Feuer«. Als dann Gott zur Schöpfung schritt, konsultierte er das Wort. Wenn Gott das Wort zu Rate zog, hat er es nicht selbst geschaffen. Es muss vor Gott da gewesen sein. Warum sollte Gott Antworten in einem Buch suchen, das er selbst geschrieben hat?

Was aber war das »Wort«? Die »Intelligenz«? Der deutsche Physiker Prof. Markolf H. Niemz (* 1964 in Hofheim am Taunus) hat ein wahrhaft kühnes Bild von der Realität entwickelt. Nach Prof. Niemz ist das All eine Art Computerprogramm, das ohne »Hardware« auskommt. Wenn alles scheinbar Reale Illusion ist, wer oder was hat sie geschaffen? In der Kabbala, der jüdischen Mystik, kommt alles aus dem Göttlichen und kehrt ins Göttliche zurück. Kabbala-Kenner Michael Laitman enthüllt in seinem Standardwerk »Kabbala für Anfänger« (7):

Es gab »nur das Einfache Höhere Licht, welches die ganze Wirklichkeit ausfüllte.« Und weiter (8): »Es gab keinen leeren Raum und keine unausgefüllte Atmosphäre, sondern es war alles mit diesem unendlichen Einfachen Licht erfüllt. Und es gab weder Anfang noch Ende. Und alles war Eins: Einfaches, vollkommen gleichmäßiges Licht. Und dieses hieß: Licht von Ejn Sof (Unendlichkeit).« Was können wir uns unter diesem mysteriösen »Licht« vorstellen?

Foto 2: Prof. Oberths
bahnbrechendes Werk.
Alle Systeme, die die Wirklichkeit erklären sollen, sind allenfalls Versuche einer Annäherung an die Wirklichkeit. Genauer gesagt: Sie sind Versuche von Annäherungen an das, was man für die Wirklichkeit hält. Religiöse Weltbilder, fabriziert von monotheistischen Religionsgründern und ihren Anhängern, machen es sich leicht. Ein allmächtiger Gott hat das Universum, Erde inklusive, geschaffen. Diese Götter geraten allerdings recht irdisch-menschlich. Sie tun Gutes für ihre Geschöpfe, erwarten aber ewige Dankbarkeit und Kulthandlungen. Sie erlassen zum Teil seltsam anmutende Gesetze, die befolgt werden müssen. Nur wer nach diesen Gesetzen lebt, darf hoffen nach dem Tode in ein himmlisches Elysium aufgenommen zu werden. Solche »Götter« sind doch eher rechthaberische Kleingeister als allmächtige Schöpfer des Universums.

Religiös orientierte Menschen sind nicht automatisch alle dumm. Selbst Fanatiker können intelligent sein. Sie nutzen aber nicht ihre Intelligenz, um zu suchen. Warum nicht? Ganz einfach, weil sie glauben, dass alle Antworten in ihrem »Heiligen Buch« stehen. Sie suchen nicht nach Unbekanntem, weil man sie davon überzeugt hat, dass längst alles gefunden wurde. Sie versuchen auch gar nicht, Antworten auf bislang ungeklärte Fragen zu finden. Warum nicht? Weil sie glauben, alles zu wissen, was ihr Gott sie wissen lassen will. Wenn es unbeantwortete Fragen gibt, dann weil ihnen ihr Gott keine Antworten geben möchte. Zu suchen wäre dann Blasphemie. Sie akzeptieren ihr Unwissen in bravem Gottvertrauen.

Dabei haben schon die primitivsten Urformen, die in den Ozeanen hausten, gesucht. Unsere Vorvorfahren lebten im Wasser. Sie atmeten mit Kiemen, nicht mit Lungen. Das ideale Ambiente dieser unserer schlichten Urururahnen war das Wasser. Offensichtlich hatten sie keinen Anführer, der ihnen Ausflüge an Land verbieten konnte. Sie eroberten langsam das Land. Statt wie schwerelos im Wasser zu schweben, musste sie sich schwerfällig an Land dahinschleppen. Hitze versengte ihnen die Haut. Kälte schlug beißende Wunden.

Tödliche Gefahren lauerten, die es im Lebensraum Wasser nicht gab. So strapaziös und gefährlich der Umzug auch war, er brachte nicht nur Nachteile. Es tat sich eine vollkommen neue Welt für das Leben auf. Nein: Die Pioniere unter den primitiven Kleinstlebewesen eroberten eine neue Welt für sich und für ihre Nachkommen.

Unsere primitiven Vorfahren haben sich auf die Suche gemacht. Sie haben das Wasser verlassen und sind an Land gegangen. Ihre Nachkommen haben nach und nach den Heimatplaneten Erde erkundet. Ihr Wissensdrang hat sie auf die höchsten Berge steigen und in die tiefsten Abgründe der Meere tauchen lassen. Unser Wissensdurst treibt uns weiter. Geradezu zwangsläufig werden wir ins All aufbrechen. Erste zaghafte Schritte sind schon gewagt worden. Weitere werden folgen.

Das Meer ist unsere »Wiege«, Planet Erde ist unsere Kinderstube. Unsere Vorvorfahren haben die »Wiege« verlassen. Wir werden nicht in der Kinderstube ausharren. Wir werden sie verlassen. Unser Heimatplanet steht nicht im Zentrum des Universums. Er ist eine kleine unbedeutende Welt in einem unwichtigen Sonnensystems am »Rande« des Universums.

Vor vielen Jahrtausenden begannen die Menschen, Planet Erde zu erobern. Sie erkundeten zunächst die engere Heimat, dann das eigene Land. Sie erforschten schließlich den eigenen Kontinent und überquerten Berge und Meere. Irgendwann waren alle Länder erkundet, alle Flüsse befahren, alle Meere erforscht, alle Gebirge erklommen. In unseren Tagen verließen die ersten Menschen Planet Erde. Sie besuchten den Mond. Bald werden Menschen zum Mond zurückkehren. Bald werden sich Menschen zum Mars aufmachen.

Ich wage ein Prognose: Irgendwann wird es soweit sein, dass Menschen unser Sonnensystem verlassen, so wie einst die »Astronautengötter« vor Jahrtausenden aus den Tiefen des Alls zur Erde kamen. Prof. Dr. Hermann Oberth jedenfalls war davon überzeugt, dass jede Intelligenz irgendwann einmal Weltraumfahrt betreiben wird. Warum? Warum sollten einst Besucher aus dem All zur Erde gekommen sein? Warum soll der Mensch dereinst ins All aufbrechen?

Foto 3: Handschriftliche Widmung
von Prof. Oberth für Walter-Jörg Langbein.

Der »Vater der Weltraumfahrt« formulierte verallgemeinernd (9): »Das ist das Ziel: Dem Leben jeden Platz zu erobern, auf dem es bestehen und weiter anwachsen kann, jede unbelebte Welt zu beleben und jede lebende sinnvoll zu machen.« So wie wir ins All streben, so tun dies anderen Orts Außerirdische auch.


Fußnoten
(1) Lovecraft, Howard Phillips: »Gegen die Religion/ Atheistische Schriften«, Leipzig Juli 2020 (Einmalige Vorzugausgabe limitiert auf 250 Stück), Seite 60, 13.-10. Zeile von unten
(2) Lovelock, James: »Novozän: Das kommende Zeitalter der Hyperintelligenz«, 1. Auflage, München 2020
(3) Ebenda, Seite 148, 1. Zeile von unten und Seite 149, 1.-6. Zeile von oben
(4) Ebenda, Kapitel 1, »Wir sind allein«, Seiten 17-20
(5) Lovecraft, Howard Phillips: »Gegen die Religion/ Atheistische Schriften«, Leipzig Juli 2020, Seite 61, 2.-7. Zeile von oben
(6) Ginzberg, Louis: »The Legends of the Jews/ Bible Times and Characters from the Creation to Jacob«, Übersetzung nach dem deutschen Manuskript von Henrietta Szold, »The Jewish Publication Society of America«, Philadelphia 1909, Seite 3, »The First Things Created«.
(7) Laitman, Michael: »Kabbala für Anfänger«, Toronto/ Wien 2009, Seite 7, 2. Zeile von oben
(8) Ebenda, Zeilen 3-7 von oben
(9) Oberth, Hermann: »Menschen im Weltraum/ Neue Projekte für Raketen- und Raumfahrt«, 4. Auflage, Düsseldorf 1963,« S. 301

 

Zu den Fotos 
Foto 1: Prof. Hermann Oberth und Autor Langbein im Gespräch (März 1983). Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Prof. Oberths bahnbrechendes Werk. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Handschriftliche Widmung von Prof. Oberth für Walter-Jörg Langbein. Foto Archiv Walter-Jörg Langbein



 
568. »Nun überschreiten wir unsere Wissensgrenze«,
Teil 568 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 06. Dezember 2020


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