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Sonntag, 3. April 2016

324 »John Frum und ein Gott im Dekolleté«

Teil 324 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein

Foto 1: Sie marschieren für John Frum

Die Anreise war eine Tortur: Frankfurt – Amsterdam –Tokio – Guam – Pohnpei – Kosrae – Honolulu – Sydney – Port Vila (Vanuatu) – Tanna. Nicht die Sehnsucht nach sandigen Südseestränden hat mich mit einigen wackeren Reisegefährten ins ferne Melanesien geführt. Es waren auch keine archäologischen Rätsel, die vor Ort zu ergründen waren. Es war ein geheimnisvoller Kult, der uns die weite Reise hat antreten lassen: der ominöse John-Frum-Kult lockte uns nach Tanna. Jedes Jahr wird diesem John Frum am 15. Februar gehuldigt.

Foto 2: Kinder marschieren für John Frum
Was wird da zelebriert? John Frum, eine Art »Messias« dessen Wiederkunft sehnlichst herbeigewünscht wird. Ist John Frum eine fiktive Person? Keineswegs. John Frum war wohl ein amerikanischer Soldat, der vor einigen Jahrzehnten das Eiland Tanna besucht hat, zusammen mit anderen amerikanischen Soldaten. Die Fremden konnten in mysteriösen Wundervögeln fliegen. Als mystische Fabelwesen sahen die Einheimischen Hubschrauber und Flugzeuge. Die Fremden formierten sich, marschierten auf und ab. Heute imitiert man das Gehabe der Soldaten. Wackere Einheimische machen nach, was die Soldaten vorexerzierten. Sie gehen mit einem geschulterten Stock oder Bambusrohr (als Gewehr-Imitation) auf und ab, sprechen in hölzerne kleine Kästchen (Imitationen von Walkie-Talkies) und malen sich seltsame Schriftzeichen auf den Rücken (als »USA« zu entziffern).

Die Begegnung mit dem John-Frum-Kult lässt mich Fragen stellen. Offenbar versuchen Vertreter einer technisch rückständigen Kultur Vertreter und Produkte einer technisch höher stehenden Kultur nachzuahmen, zu kopieren, und zwar ohne dass sie verstehen, was sie da imitieren. Sie sehen moderne Technologie, erfassen aber nicht, was da vor sich geht. Ein Gespräch von Walkie-Talkie zu Walkie-Talkie »identifizieren« sie aus ihrer Sicht als »Gebet«. Das technische Hilfsmittel, die moderne Waffe zum Beispiel, wird zum religiösen Kultobjekt. Nach wenigen Jahrzehnten kann man so eben noch Holzstangen und Bambusstäbe als Imitationen von Gewehren erkennen.

Was aber geschieht, wenn nicht Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte und Jahrtausende vergehen? Wird man dann immer noch verifizieren  können, was ursprünglich kopiert wurde? Oder wird man im Lauf der Zeit unverständlich gewordene Kopien von Kopien von Kopien einfach wegerklären und zu letztlich bedeutungsleeren magischen Spinnereien machen? Wird man dann vage Begriffe wie »religiöser Kult« verwenden, um zu verschleiern, was man nicht versteht?

Fotos 3 und 4 : »Roboter« von Tiahuanaco.

Auf meinen Reisen haben mich immer steinerne Zeugnisse aus uralten Zeiten angezogen. Eines meiner Lieblingsziele waren die Ruinen von Tiahuanaco, Bolivien. Sie geben der Fachwelt, wenn die Wissenschaftler ehrlich sind, harte Nüsse zum Knacken. Welche Meister der Ingenieurskunst haben in einer Höhe von fast 4300 Metern über dem Meeresspiegel auf der Altiplano-Ebene rätselhafte Gebäude errichtet? Wer oder was hat sie zerstört? Die Ruinen zählen zu den bedeutendsten Baudenkmälern der Weltgeschichte. Im Jahr 2000 wurden sie von der UNESCO zum wichtigen Bestandteil des Weltkulturerbes ernannt. Trotz dieser hohen Ehrung ist heute, Jahre später, immer noch nur etwa ein Prozent der einstigen Stadtanlage von Archäologen ausgegraben worden. Es fehlen die finanziellen Mittel.

Prof. Hans Schindler Bellamy (1901-1982) setzte sich intensiv mit Tiahuanaco und seinen Geheimnissen auseinander. Völlig unvoreingenommen erforschte er eine der interessantesten Stätten der Welt. Sein Werk »Built before the flood« (»Gebaut vor der Flut«) widmete der Gelehrte den Ruinen von Tiahuanaco. Bewundernd stellte er fest (1): »Die erstaunlichste Tatsache aber ist: Die Kultur von Tiahuanaco hat keine Wurzeln in diesem Raum! Sie ist weder dort aus unbedeutenden Anfängen heraus entstanden noch ist irgendwo anders ein solcher Ort des Ursprungs bekannt. Es mutet so an, als ob sie praktisch vollentwickelt »plötzlich erschien«.

Foto 5 : Zentralmotiv Sonnentor Tiahuanaco
Immer wieder magisch angezogen hat mich das Sonnentor von Tiahuanaco (2). Wen oder was stellt die zentrale Gestalt dar, die so präzise in den Stein graviert wurde? Und was hält dieses eigenartige Wesen in den Händen? Und was hat es mit den mysteriösen steinernen Statuen auf sich, die einst  zu  einem Gebäudekomplex  hoch oben auf dem Altiplano Boliviens gehörten? Die Bauwerke sind längst zu Ruinen zerfallen. Die Statuen wirken fremdartig, erinnern eher an Roboter als an Menschen. Auch die steinernen Kolosse halten etwas in den Händen. Zu Beginn des 3. Jahrtausends nach Christus erinnern uns diese seltsamen Gebilde an Waffen, ja an Laserwaffen, wie wir sie aus »Star Wars«-Filmen zu Genüge kennen. Sollten die Menschen vor Jahrtausenden derlei fantastische Waffen gesehen haben?

Gehörten die zur Ausstattung von Besuchern aus dem All? Oder wurden die Menschen vor Jahrtausenden mit Robotern konfrontiert, die über modernste Waffen verfügten? Ist das Wesen vom »Sonnentor« ein Beispiel von missverstandener Technologie? Versuchten die Künstler etwas darzustellen, was sie nicht verstehen konnten? Und wurden die Bilder im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende immer diffuser, wenn Kopien älterer Kunstwerke geschaffen wurden? Wusste man schließlich nur, dass die »Götter« geheimnisvolle Objekte in den Händen hielten, die als fürchterliche Waffen eingesetzt wurden?

Foto 6: Die »Roboter« von Tula/ Tollan
Nicht weniger mysteriös sind die steinernen Kolosse von Tula (3). Tula, früher Tollan, war die Hauptstadt der Tolteken. Tula liegt nur etwa fünfundsechzig Kilometer nordwestlich des heutigen Mexico City. Die steinernen Statuen tragen seltsame Kästen auf der Brust. Ihre Arme haben sie seitlich am Körper angelegt. Und in den Händen halten sie, ja was? Waffen? Man fühlt sich heute beim Betrachten dieser steinernen Monumente an Roboter mit Laserwaffen erinnert. Geht dem heutigen Betrachter zu schnell die Fantasie durch? 

Oder können wir heute erkennen, was den Künstlern einfach nur rätselhaft war? Können wir gedanklich rekonstruieren, was durch Kopieren verfälscht worden ist? Können wir erahnen, ob sich hinter Details auf rätselhaften Kunstwerken aus uralten Zeiten fantastische technische Details verbergen?
    
Fotos  7 und 8. Die »Roboter« von Tula tragen »Kästen« auf der Brust

Im November 1996 war ich mit Freunden in Indien unterwegs. Ich bemerkte einmal, dass unsere örtliche Reiseleiterin eine kleine goldene Figur am Hals trug. »Das ist der göttliche Vajrasattva-Buddha!«, erklärte sie mir. »Dieser Buddha hat einen Lichtkörper, er kann aber einen feinstofflichen Leib annehmen, wenn er zum Beispiel einem Yogi erscheinen möchte.« Ich versuchte durch Nachfragen zu ergründen, was ein Vajrasattva-Buddha ist. »Er ist göttlich, hat den Vajra als Wesen!«, erfuhr ich und begriff nichts. Fast ein wenig mitleidig hielt mir die Reiseleiterin die kleine goldene Figur entgegen. Sie trug einen fünfzackigen kronenartigen Kopfschmuck, in der linken Hand eine Glocke und in der rechten Hand einen Vajra. »Die Glocke bedeutet die Vereinigung von Gegensätzen, der Vajra steht für Mitgefühl!«

Foto 9: So einen Gott trug die Reiseleiterin
Ich muss wohl einen eher begriffsstutzigen Eindruck erweckt haben. So erfuhr ich nur noch, dass die Glocke (»Ghanta«) weiblich und der »Vajra« männlich ist. »Im Namen Vajrasattva steckt natürlich der Vajra!«, erfuhr ich noch, dann verschwand die kleine goldene Figur wieder im schützenden Dekolleté der jungen Dame.

Wenn vor Jahrtausenden »Götter« das »Alte Indien« besuchten, können wir dann heute noch identifizieren, welche Originale kopiert und wieder kopiert wurden? Können wir verstehen, was Götterstatuen an »Symbolen« tragen? Versuchen wir es überhaupt? Viel zu häufig verfahren wir doch nach dem Motto »Es kann nicht sein, was nicht sein darf!« (5) Akzeptieren wir vorschnell religiöse »Erklärungen« für Objekte, bei denen es sich letztlich nur um Kopien von Kopien von Kopien technischer Gerätschaften gehandelt haben mag? In der wissenschaftlichen Literatur neigt man dazu, geheimnisvolle Objekte schnell mit dem Etikett »Kultgegenstand« zu versehen. Und schon hat etwas einen Namen, was niemand zu erklären vermag. Schon ist wieder eine ungelöste Frage beantwortet, auch wenn letztlich nach wie vor nichts verstanden wird.

Fußnoten


(1) Schindler Bellamy, Hans: »Tiahuanaco und das Sonnentor«, Beitrag zu Fiebag, Peter und Fiebag, Johannes: »Aus den Riefen des Alls«, Tübingen 1985, S. 191-196, Zitat S. 195
(2) Siehe hierzu auch Posnansky, Arthur: »Tihuanacu – The Cradle of American Man«, Volumes I, II, III, IV, in 2 Folianten, New York 1945 und La Paz 1957
(3) Siehe hierzu auch Prem, Hanns J. und Dyckerhoff, Ursula: »Das alte Mexiko/ Geschichte und Kultur der Völker Mesoamerikas«, München 1986
(4) Siehe hierzu auch Däniken, Erich von: »Die Götter waren Astronauten/ Eine zeitgemäße Betrachtung alter Überlieferungen«, Kapitel 3 und 4, München, 1.Auflage 2001
(5) Das Zitat lautet vollständig: »Weil, so schließt er messerscharf,
nicht sein kann, was nicht sein darf.«  Es ist dem Gedicht »Die unmögliche Tatsache« von Christian Morgenstern (* 6. Mai 1871 in München; † 31. März 1914 in Untermais, Tirol, Österreich-Ungarn) entnommen.Das Gedicht schildert, wie Palmström bei einem Autounfall ums Leben kommt. Palmström entdeckt dann aber, dass an der Unfallstelle keine Auto hätte fahren dürfen. Also leugnet er seinen eigenen Tod und lebt weiter, »weil nicht sein kann, was nicht sein darf«.

Zu den Fotos:

Foto 10: Rückseite des Sonnentors

Foto 1: Sie marschieren für John Frum. USA steht auf ihren Rücken. Foto: Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Kinder marschieren für John Frum. Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 3 und 4  : Roboter von Tiahuanaco Archiv Langbein/ Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5 : Zentralmotiv Sonnentor Tiahuanaco/ Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Die »Roboter« von Tula/ Tolan. Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 7 und 8 : Die Roboter von Tula/ Tollan tragen »Kästen« auf der Brust. Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 9: So einen Gott trug die Reiseleiterin/ Das Original: Vergoldete Statue des Buddha Vajrasattva mit einem Vajra in der rechten und einer Glocke in der linken Hand wiki commons Robert Aichinger
Foto 10: Sonnentor Rückseite nach E. George Squier 1877


325 »Buddha und die Laser-Waffe«,
Teil 325 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 10.04.2016

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Sonntag, 25. Dezember 2011

101 »Lelu und die Ruinen der Zyklopenbauten«

Teil 101 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Die Saga »Fluch der Karibik« wird fortgesetzt. Johnny Depp besteht auch in Teil 4 der Filmreihe grandiose Abenteuer und erobert die Herzen der Kinogänger. Sollte den Hollywoodgiganten zu Jack Sparrow nichts mehr Neues einfallen ... dann empfehle ich Recherchen zu William Hanry Hayes, genannt Bully Hayes. Der »Händler«, Preisboxer und Pirat Hayes soll auf Kosrae einen gigantischen Schatz vergraben haben ... der bis heute nicht gefunden wurde!

Unterwegs nach Kosrae - Foto W-J.Langbein
Bei meiner ersten großen Weltreise war die Insel Kosrae nur ein bedeutungsloser Zwischenstopp: Frankfurt–Amsterdam, Amsterdam–Tokio, Tokio–Guam, Guam–Pohnpei (Mikronesien, Ruinen von Nan Madol), Pohnpei–Kosrae, Kosrae–Honolulu, Honolulu–Sydney (Australien), Sydney–Port Vila (Vanuatu), Port Vila–Tanna (John-Frum-Kult), Tanna–Port Vila, Port Vila–Nadi (Fiji), Nadi–Honolulu, Honolulu–Minneapolis, Minneapolis–Detroit, Detroit–Frankfurt.

Die Landung war ein echtes Erlebnis, das ich so schnell wohl nicht vergessen werde. Der Flughafen liegt im Nordnordwesten des Eilands, direkt beim »Okat«-Hafen. Die Errichtung einer Landebahn auf dem Festland des kleinen Eilands wäre extrem aufwendig und teuer gewesen ... also errichtete man die Piste – 1753 Meter lang – im Meer, drei Meter über den Wellen. ... Offen gesagt: Ich halte das Applaudieren nach jeder Flugzeuglandung für eine alberne Unsitte. Als aber »unser« Pilot punktgenau »mitten im Meer« auf der schmalen Landebahn aufsetzte ... rechts und links von den Schaumkronen hoher Wellen begleitet ... da stimmte ich mit heftigem Händeklatschen in die rasch anschwellende Dankbarkeitsbekundung ein. Und als »unsere« Maschine dann nur wenige Meter vor dem abrupten Ende der Landbahn mitten im Meer zum Stehen kam, da kannte auch meine Begeisterung kaum Grenzen. Und hätte ich damals gewusst, dass das Eiland einst echte Monstermauern zu bieten hatte ... dann hätte ich einen Aufenthalt auf dem Eiland eingeplant ...

Touristisch erschlossen ist Kosrae bis heute nicht. Geradezu rührend mutet ein »Willkommensschild« aus Sperrholz an, das die wenigen Besucher aus der Fremde freundlich begrüßt ...

Willkommen ...
Foto W-J.Langbein
Mit einer Landfläche von knapp unter 110 Quadratkilometern ist Kosrae immerhin das zweitgrößte Eiland der »Föderierten Staaten von Mikronesien«. Die Felseninsel wird – und das ist die große Ausnahme – von einem Korallenriff geschützt. Acht kleine Nebeninselchen finden sich in diesem Schutzwall. Eine davon ist bewohnt: Lelu! Und Lelu bietet Ruinen ... die Ruinen der einstigen Monstermauern!

Kosrae hat einen vielversprechenden Namen: »Insel der schlafenden Lady«. Allerdings kann ich beim besten Willen nicht erkennen, dass die Konturen des Eilands an eine schlafende oder wache Lady erinnern ... Der massive steinerne Kern von Kosrae ist von üppigem Grün überwuchert ... wie ein Schloss aus dem Märchen. Die üppige Flora ist im wahrsten Sinne des Wortes Südsee pur. Wer sich mühsam abseits schmaler Trampelpfade durch das üppige, alles Menschenwerk aus uralten Zeiten verschlingende Grün kämpft, erahnt, welche archäologischen Schätze da noch auf Entdeckung warten mögen!

Da waren Meister der Baukunst am Werk! Da wurden einst zyklopenhafte Mauern aufgetürmt ... riesige Steinbrocken mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit verbaut.

Ein Mitreisender erkundet den
Urwald - Foto W-J.Langbein
Wissenschaftliche Untersuchungen wie Datierungen wurden auf Kosrae kaum vorgenommen. Man vermutet, dass schon vor drei Jahrtausenden Besiedler aus dem polynesischen Raum eintrafen. Sicher ist das nicht. Vielleicht wurde die mysteriöse Inselwelt schon sehr viel früher entdeckt.

Falsch ist meiner Überzeugung nach die Datierung von »Steinbauten« auf der Insel Lelu. Angeblich wurden sie vor rund einem halben Jahrtausend errichtet ... Vor Ort erklärte man mir, man habe in den Ruinen Holzkohlenreste und Knochensplitter gefunden, die – laut Radiocarbonmessung – fünf- bis sechshundert Jahre alt waren. Meine Meinung: Mag ja sein, dass vor fünf bis sechs Jahrhunderten Menschen in den altehrwürdigen Ruinen hausten. Das müssen aber keineswegs die Erbauer der kolossalen Mauern gewesen sein!

Der Überlieferung nach eroberte der legendäre Isokelekel Nan Madol, des legendäre Venedig der Südsee ... Mit 333 Kriegern soll er das etwa 500 Kilometer entfernte Eiland besetzt haben. Nichts spricht dafür, dass Isokelekel und seine Mannen die monströsen Bauten von Nan Madol, Ponape, errichtet haben. Unklar ist auch, wieso in der kaum besiedelten Südsee meterdicke Mauern aufgetürmt wurden ... Mauern, die so gewaltig sind, dass wir auch heute noch vor einem Rätsel stehen. Welchen Zweck erfüllten sie? Wie wurden sie zum Teil um zehn Meter hoch aufgetürmt, aus gewaltigen Basaltsäulen?

Wie viele dieser monströsen Mauern gab es einst? Wie viele sind noch unter Urwalddickicht zu entdecken? Wie viele fielen den Naturgewalten zum Opfer und stürzten ein?

Mauern von Nan Madol
Foto: W-J.Langbein
Nan Madol lockt – wegen der exotischen Ferne – auch heute kaum Touristen an. Kosrae ist selbst Insidern kaum bekannt. Dabei wurden auf dem Inselchen Lelu im Osten von Kosrae ganz ähnliche Bauten wie auf Nan Madol errichtet! Weil Kosrae kaum von Fremden besucht wird, sind die finanziellen Mittel mehr als knapp. Und da kaum Geld in die Kassen fließt, wird auf Lelu auch nur sehr wenig getan, um die mysteriösen Mauern vom molochartig wuchernden Grün zu befreien.

Reich sollen die Herrscher von Lelu gewesen sein. Die Aristokraten bauten bombastische Steinpaläste ... für ihre Toten. Die Verstorbenen wurden aber in den bunkerartigen Räumen nicht zur ewigen Ruhe gebettet ... sondern offenbar nur vorübergehend aufgebahrt. Erst wenn von den Toten nur noch die trockenen Knochen übrig waren, wurden sie umgebettet und bestattet. Ein Heimatforscher erklärte mir vor Ort, es habe Kannibalismus gegeben. Das Fleisch der Vornehmsten sei rituell von den Knochen geschabt und verzehrt worden. So habe man die Kraft der Toten in sich aufgenommen.

Angeblich sollen auch heute noch Wissende das Geheimnis der vergrabenen Knochen kennen ... aber nicht preisgeben. Ihnen soll bekannt sein, wo die nackten Knochen zur letzten Ruhe gebettet wurden. Oder wurden sie nach vielen Jahren ausgegraben und verbrannt? Rätsel über Rätsel ...

Blockhaus-Bauweise von Lelu
Foto: W-J.Langbein
Die Baumeister von Lelu wie die von Nan Madol setzten natürlich »gewachsene« kristalline Basaltsäulen ein: Im Blockhüttenstil entstanden auf beiden Eilanden Zyklopenmauern. Immer wieder stellt sich die Frage: Warum wurde dieser gewaltige Aufwand betrieben? Warum wurden tonnenschwere Steinsäulen verbaut ... und nicht das in rauen Mengen vorhandene Holz? Sollten die monströsen Wände die Ewigkeiten überdauern? Und wenn ja: warum? Von meterhohen Mauern ragt nur noch ein Teil aus dem satten Grün. Es ist gefährlich, die Ruinen zu besteigen

Woher stammen die Steinmassen ... auf Nan Madol wie auf Lelu? Wie wurden sie bearbeitet, transportiert und verbaut? Fragen wie diese sind auch heute noch weitestgehend unbeantwortet geblieben! Von »Magie« sprechen die Einheimischen, die in grauer Vorzeit zum Einsatz gekommen sei. Von Zauberern, die die tonnenschweren Steinkolosse durch die Lüfte schweben lassen konnten ... berichten alte Überlieferungen. An solchen »Humbug« glaubt man als aufgeklärter Mensch natürlich nicht. Aber: klügere Antworten gibt es bis heute nicht.

Ich habe mich wiederholt durch Gestrüpp gekämpft, um mir einen Überblick über den Verlauf von Mauern zu schaffen. Eine »Entdeckung« machte ich: Was man wegen des wuchernden Grüns kaum fotografieren kann: die Mauern sind oft in Form eines Schiffsbugs aufgetürmt. Warum? Wollte man so den gefürchteten Gefahren des Meeres trotzen?

Mauern wie ein Schiffsbug
Foto: W-J.Langbein
Im 19. Jahrhundert erwarb sich William Henry Hayes einen höchst zweifelhaften Ruhm als »Händler« und Pirat. Schon zu seinen Lebzeiten kursierten Gerüchte über ihn als Barbetreiber, Sklavenhändler, Vergewaltiger, Aufrührer und Mörder. In Manila wurde er vor Gericht gestellt und zu Gefängnis verurteilt, weil er angeblich »politische Gefangene« aus dem Gefängnis befreit haben soll. Immer wieder sollen heftigste Anschuldigungen gegen ihn erhoben worden sein. Aber: Die Beweise reichten für eine Verurteilung nicht aus.

Im Sommer des Jahres 1868 machte eine Meldung nicht nur in den Häfen der Südsee die Runde. William Henry Hayes sei ermordet worden. Am 25. Juni 1868 vermeldete die Zeitung »Sydney Morning Heralds«: Hayes lebt, hat die Meldung über seinen Tod wohl selbst in Umlauf gesetzt, um die Justiz in die Irre zu führen. Hayes sei es vielmehr gelungen, ein Schiffswrack wieder flott zu machen ... und in See zu stechen!

Heute kann man nicht mehr unterscheiden zwischen historischer Biografie und fantasievoller Abenteuergeschichte. Fakt ist, dass Hayes – Seemann und gefürchteter Preisboxer – jahrzehntelang die Südsee befuhr. Immer wieder lief er mit seinem Schiff »Leonara« eine Bucht im Süden von Kosrae an. Hier sank auch die »Leonora« im Jahre 1874. Oder hat sie Hayes selbst auf Grund laufen lassen? Das Wrack wurde gefunden ... der Schatz des Piraten nicht!

Literatur
Fundierte Literatur zum Themenkomplex »Lelu / Nan Madol« ist schwer zu finden und fast ausschließlich in englischer Sprache verfasst. Folgende Werke kann ich für weiterführende Recherchen empfehlen:
Ashby, Gene (Herausgeber): »Micronesian Customs and Beliefs«, Pohnpei 1983
Ashby, Gene (Herausgeber): »Never and Always - Micronesian Legends, Fables and Folklore«, Kolonia, Pohnpei 1983
Ashby, Gene (Herausgeber): »A Guide to Pohnpei - An Island Argosy«, revidierte Auflage, Pohnpei 1993
Ballinger, Bill: »Lost City of Stone«, New York 1978
Brown, John Macmillan: »The Riddle of the Pacific«, London 1924
Childress, David Hatcher: »Lemuria and the Pacific«, Stelle, Illinois 1988
Childress, David Hatcher: »Ancient Tonga«, Stelle, Illinois, 1996
Childress, David Hatcher: »Ancient Micronesia«, Kempton, Illinois, 1998
Ellis, James J.: »Polynesian researches«, London 1932
Fox, Charles E.: »The threshold of the Pacific«, London 1924
Hambruch, Paul: »Ergebnisse der Südsee-Expedition 1908-10«, Berlin 1936
Morrill, Sibley (Herausgeber): »Ponape«, San Francisco 1970
»Polynesian Mythology«, Wellington, New Zealand, o.J.
Riesenberg, Saul: »The Native Polity of Ponape«, Washington 1968
Saxe, Dr. Arthur: »The Nan Madol Area of Ponape. Researches Into Bounding and Stabilizing an Ancient Administrative Center«, Office of the High Commissioner, Trust Terreitory of the Pacific, Saipan, Marianas Islands, 1980
Spegal, Lihp: persönliche Mitteilungen, aufgezeichnet vom Verfasser, Pohnpei, Februar 1998

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»2012«
Teil 102 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 01.01.2012

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