Posts mit dem Label Prof. Hans Schindler-Bellamy werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Prof. Hans Schindler-Bellamy werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Sonntag, 3. April 2016

324 »John Frum und ein Gott im Dekolleté«

Teil 324 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein

Foto 1: Sie marschieren für John Frum

Die Anreise war eine Tortur: Frankfurt – Amsterdam –Tokio – Guam – Pohnpei – Kosrae – Honolulu – Sydney – Port Vila (Vanuatu) – Tanna. Nicht die Sehnsucht nach sandigen Südseestränden hat mich mit einigen wackeren Reisegefährten ins ferne Melanesien geführt. Es waren auch keine archäologischen Rätsel, die vor Ort zu ergründen waren. Es war ein geheimnisvoller Kult, der uns die weite Reise hat antreten lassen: der ominöse John-Frum-Kult lockte uns nach Tanna. Jedes Jahr wird diesem John Frum am 15. Februar gehuldigt.

Foto 2: Kinder marschieren für John Frum
Was wird da zelebriert? John Frum, eine Art »Messias« dessen Wiederkunft sehnlichst herbeigewünscht wird. Ist John Frum eine fiktive Person? Keineswegs. John Frum war wohl ein amerikanischer Soldat, der vor einigen Jahrzehnten das Eiland Tanna besucht hat, zusammen mit anderen amerikanischen Soldaten. Die Fremden konnten in mysteriösen Wundervögeln fliegen. Als mystische Fabelwesen sahen die Einheimischen Hubschrauber und Flugzeuge. Die Fremden formierten sich, marschierten auf und ab. Heute imitiert man das Gehabe der Soldaten. Wackere Einheimische machen nach, was die Soldaten vorexerzierten. Sie gehen mit einem geschulterten Stock oder Bambusrohr (als Gewehr-Imitation) auf und ab, sprechen in hölzerne kleine Kästchen (Imitationen von Walkie-Talkies) und malen sich seltsame Schriftzeichen auf den Rücken (als »USA« zu entziffern).

Die Begegnung mit dem John-Frum-Kult lässt mich Fragen stellen. Offenbar versuchen Vertreter einer technisch rückständigen Kultur Vertreter und Produkte einer technisch höher stehenden Kultur nachzuahmen, zu kopieren, und zwar ohne dass sie verstehen, was sie da imitieren. Sie sehen moderne Technologie, erfassen aber nicht, was da vor sich geht. Ein Gespräch von Walkie-Talkie zu Walkie-Talkie »identifizieren« sie aus ihrer Sicht als »Gebet«. Das technische Hilfsmittel, die moderne Waffe zum Beispiel, wird zum religiösen Kultobjekt. Nach wenigen Jahrzehnten kann man so eben noch Holzstangen und Bambusstäbe als Imitationen von Gewehren erkennen.

Was aber geschieht, wenn nicht Jahrzehnte, sondern Jahrhunderte und Jahrtausende vergehen? Wird man dann immer noch verifizieren  können, was ursprünglich kopiert wurde? Oder wird man im Lauf der Zeit unverständlich gewordene Kopien von Kopien von Kopien einfach wegerklären und zu letztlich bedeutungsleeren magischen Spinnereien machen? Wird man dann vage Begriffe wie »religiöser Kult« verwenden, um zu verschleiern, was man nicht versteht?

Fotos 3 und 4 : »Roboter« von Tiahuanaco.

Auf meinen Reisen haben mich immer steinerne Zeugnisse aus uralten Zeiten angezogen. Eines meiner Lieblingsziele waren die Ruinen von Tiahuanaco, Bolivien. Sie geben der Fachwelt, wenn die Wissenschaftler ehrlich sind, harte Nüsse zum Knacken. Welche Meister der Ingenieurskunst haben in einer Höhe von fast 4300 Metern über dem Meeresspiegel auf der Altiplano-Ebene rätselhafte Gebäude errichtet? Wer oder was hat sie zerstört? Die Ruinen zählen zu den bedeutendsten Baudenkmälern der Weltgeschichte. Im Jahr 2000 wurden sie von der UNESCO zum wichtigen Bestandteil des Weltkulturerbes ernannt. Trotz dieser hohen Ehrung ist heute, Jahre später, immer noch nur etwa ein Prozent der einstigen Stadtanlage von Archäologen ausgegraben worden. Es fehlen die finanziellen Mittel.

Prof. Hans Schindler Bellamy (1901-1982) setzte sich intensiv mit Tiahuanaco und seinen Geheimnissen auseinander. Völlig unvoreingenommen erforschte er eine der interessantesten Stätten der Welt. Sein Werk »Built before the flood« (»Gebaut vor der Flut«) widmete der Gelehrte den Ruinen von Tiahuanaco. Bewundernd stellte er fest (1): »Die erstaunlichste Tatsache aber ist: Die Kultur von Tiahuanaco hat keine Wurzeln in diesem Raum! Sie ist weder dort aus unbedeutenden Anfängen heraus entstanden noch ist irgendwo anders ein solcher Ort des Ursprungs bekannt. Es mutet so an, als ob sie praktisch vollentwickelt »plötzlich erschien«.

Foto 5 : Zentralmotiv Sonnentor Tiahuanaco
Immer wieder magisch angezogen hat mich das Sonnentor von Tiahuanaco (2). Wen oder was stellt die zentrale Gestalt dar, die so präzise in den Stein graviert wurde? Und was hält dieses eigenartige Wesen in den Händen? Und was hat es mit den mysteriösen steinernen Statuen auf sich, die einst  zu  einem Gebäudekomplex  hoch oben auf dem Altiplano Boliviens gehörten? Die Bauwerke sind längst zu Ruinen zerfallen. Die Statuen wirken fremdartig, erinnern eher an Roboter als an Menschen. Auch die steinernen Kolosse halten etwas in den Händen. Zu Beginn des 3. Jahrtausends nach Christus erinnern uns diese seltsamen Gebilde an Waffen, ja an Laserwaffen, wie wir sie aus »Star Wars«-Filmen zu Genüge kennen. Sollten die Menschen vor Jahrtausenden derlei fantastische Waffen gesehen haben?

Gehörten die zur Ausstattung von Besuchern aus dem All? Oder wurden die Menschen vor Jahrtausenden mit Robotern konfrontiert, die über modernste Waffen verfügten? Ist das Wesen vom »Sonnentor« ein Beispiel von missverstandener Technologie? Versuchten die Künstler etwas darzustellen, was sie nicht verstehen konnten? Und wurden die Bilder im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende immer diffuser, wenn Kopien älterer Kunstwerke geschaffen wurden? Wusste man schließlich nur, dass die »Götter« geheimnisvolle Objekte in den Händen hielten, die als fürchterliche Waffen eingesetzt wurden?

Foto 6: Die »Roboter« von Tula/ Tollan
Nicht weniger mysteriös sind die steinernen Kolosse von Tula (3). Tula, früher Tollan, war die Hauptstadt der Tolteken. Tula liegt nur etwa fünfundsechzig Kilometer nordwestlich des heutigen Mexico City. Die steinernen Statuen tragen seltsame Kästen auf der Brust. Ihre Arme haben sie seitlich am Körper angelegt. Und in den Händen halten sie, ja was? Waffen? Man fühlt sich heute beim Betrachten dieser steinernen Monumente an Roboter mit Laserwaffen erinnert. Geht dem heutigen Betrachter zu schnell die Fantasie durch? 

Oder können wir heute erkennen, was den Künstlern einfach nur rätselhaft war? Können wir gedanklich rekonstruieren, was durch Kopieren verfälscht worden ist? Können wir erahnen, ob sich hinter Details auf rätselhaften Kunstwerken aus uralten Zeiten fantastische technische Details verbergen?
    
Fotos  7 und 8. Die »Roboter« von Tula tragen »Kästen« auf der Brust

Im November 1996 war ich mit Freunden in Indien unterwegs. Ich bemerkte einmal, dass unsere örtliche Reiseleiterin eine kleine goldene Figur am Hals trug. »Das ist der göttliche Vajrasattva-Buddha!«, erklärte sie mir. »Dieser Buddha hat einen Lichtkörper, er kann aber einen feinstofflichen Leib annehmen, wenn er zum Beispiel einem Yogi erscheinen möchte.« Ich versuchte durch Nachfragen zu ergründen, was ein Vajrasattva-Buddha ist. »Er ist göttlich, hat den Vajra als Wesen!«, erfuhr ich und begriff nichts. Fast ein wenig mitleidig hielt mir die Reiseleiterin die kleine goldene Figur entgegen. Sie trug einen fünfzackigen kronenartigen Kopfschmuck, in der linken Hand eine Glocke und in der rechten Hand einen Vajra. »Die Glocke bedeutet die Vereinigung von Gegensätzen, der Vajra steht für Mitgefühl!«

Foto 9: So einen Gott trug die Reiseleiterin
Ich muss wohl einen eher begriffsstutzigen Eindruck erweckt haben. So erfuhr ich nur noch, dass die Glocke (»Ghanta«) weiblich und der »Vajra« männlich ist. »Im Namen Vajrasattva steckt natürlich der Vajra!«, erfuhr ich noch, dann verschwand die kleine goldene Figur wieder im schützenden Dekolleté der jungen Dame.

Wenn vor Jahrtausenden »Götter« das »Alte Indien« besuchten, können wir dann heute noch identifizieren, welche Originale kopiert und wieder kopiert wurden? Können wir verstehen, was Götterstatuen an »Symbolen« tragen? Versuchen wir es überhaupt? Viel zu häufig verfahren wir doch nach dem Motto »Es kann nicht sein, was nicht sein darf!« (5) Akzeptieren wir vorschnell religiöse »Erklärungen« für Objekte, bei denen es sich letztlich nur um Kopien von Kopien von Kopien technischer Gerätschaften gehandelt haben mag? In der wissenschaftlichen Literatur neigt man dazu, geheimnisvolle Objekte schnell mit dem Etikett »Kultgegenstand« zu versehen. Und schon hat etwas einen Namen, was niemand zu erklären vermag. Schon ist wieder eine ungelöste Frage beantwortet, auch wenn letztlich nach wie vor nichts verstanden wird.

Fußnoten


(1) Schindler Bellamy, Hans: »Tiahuanaco und das Sonnentor«, Beitrag zu Fiebag, Peter und Fiebag, Johannes: »Aus den Riefen des Alls«, Tübingen 1985, S. 191-196, Zitat S. 195
(2) Siehe hierzu auch Posnansky, Arthur: »Tihuanacu – The Cradle of American Man«, Volumes I, II, III, IV, in 2 Folianten, New York 1945 und La Paz 1957
(3) Siehe hierzu auch Prem, Hanns J. und Dyckerhoff, Ursula: »Das alte Mexiko/ Geschichte und Kultur der Völker Mesoamerikas«, München 1986
(4) Siehe hierzu auch Däniken, Erich von: »Die Götter waren Astronauten/ Eine zeitgemäße Betrachtung alter Überlieferungen«, Kapitel 3 und 4, München, 1.Auflage 2001
(5) Das Zitat lautet vollständig: »Weil, so schließt er messerscharf,
nicht sein kann, was nicht sein darf.«  Es ist dem Gedicht »Die unmögliche Tatsache« von Christian Morgenstern (* 6. Mai 1871 in München; † 31. März 1914 in Untermais, Tirol, Österreich-Ungarn) entnommen.Das Gedicht schildert, wie Palmström bei einem Autounfall ums Leben kommt. Palmström entdeckt dann aber, dass an der Unfallstelle keine Auto hätte fahren dürfen. Also leugnet er seinen eigenen Tod und lebt weiter, »weil nicht sein kann, was nicht sein darf«.

Zu den Fotos:

Foto 10: Rückseite des Sonnentors

Foto 1: Sie marschieren für John Frum. USA steht auf ihren Rücken. Foto: Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Kinder marschieren für John Frum. Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 3 und 4  : Roboter von Tiahuanaco Archiv Langbein/ Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5 : Zentralmotiv Sonnentor Tiahuanaco/ Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Die »Roboter« von Tula/ Tolan. Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 7 und 8 : Die Roboter von Tula/ Tollan tragen »Kästen« auf der Brust. Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 9: So einen Gott trug die Reiseleiterin/ Das Original: Vergoldete Statue des Buddha Vajrasattva mit einem Vajra in der rechten und einer Glocke in der linken Hand wiki commons Robert Aichinger
Foto 10: Sonnentor Rückseite nach E. George Squier 1877


325 »Buddha und die Laser-Waffe«,
Teil 325 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 10.04.2016

Besuchen Sie auch unser Nachrichtenblog!

Sonntag, 2. Februar 2014

211 »Viracocha«

Teil 211 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein

»Viracocha«- ein Name von vielen für den großen Schöpfergott
der peruanischen Anden.
Foto: Archiv Walter-Jörg Langbein

Bevor Südamerika von christlichen Entdeckern aus Europa heimgesucht wurde, wurde in Peru ein mächtiger Schöpfergott verehrt. Für viele Inkas war er namenlos, trug aber zahlreiche Ehrentitel wie Ilya-Tiqsi Wiraqoca Pacayacaciq. Viracocha mag ein Name sein, der aus einem Ehrentitel entwickelt wurde. Viracocha war nur ein Name von vielen, unter denen der große Schöpfergott in Südamerika bekannt war.

Bei San Pedro im nördlichen Peru wurde Viracocha in einer riesigen Kultanlage verehrt. Sein Tempel dürfte das höchste und größte überdachte Bauwerk Südamerikas gewesen sein. Wie es einst aussah, wir wissen es nicht mehr... so wie wir die ältesten Namen der Schöpfergötter Südamerikas nicht mehr kennen.

Teilweise stümperhafte Rekonstruktion von »Inkamauerwerk«.
Foto Walter-Jörg Langbein

Weltweit gab es einen Wandel in den Glaubenswelten. Alte Religionen wichen »neuen«, alte Götter sollten in Vergessenheit geraten. Sie überlebten aber die Jahrtausende, erhielten nur neue Namen. So ist die heute im Katholizismus verehrte »Himmelskönigin« Maria, die nach neueren Glaubensvorstellungen leibhaftig in den Himmel aufgenommen wurde, kaum zu unterscheiden von ägyptischen oder altperuanischen Muttergottheiten.

Links: Inkamauerwerk, rechts Archäologenpfusch.
Fotos Walter-Jörg Langbein

Die Rekonstruktion der Ruinen von Raqchi mutet teilweise mehr als stümperhaft an. Auf der einen Seite ist nach wie vor »Inkamauerwerk« erhalten, bestehend aus millimetergenau auf- und ineinander gefügten Andesit-Steinen. Wie aber sah das einst riesige Viracocha-Gebäude aus? Hatte es einst ein spitzes Dach, das von einer wahren Monstermauer getragen wurde? Wurde dieses Dach von wuchtigen Steintürmen getragen, deren runde Fundamente noch erhalten sind? Oder hatten diese Türme einst eine ganz andere Funktion? Sie erinnern stark an die »Grabtürme« von Sillustanti (Triticaca-See).


Dachstützen oder Grabtürme? Fotos Walter-Jörg Langbein

Wiederholt sprach ich vor Ort mit Archäologen, die schmunzelnd zugaben, nicht wirklich zu rekonstruieren, sondern ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Archäologische Stätten sind nun einmal auch in Peru Anziehungspunkt für Touristen, sprich Einnahmequelle.

Um den immer größer werdenden Besucherströmen etwas bieten zu können, wurden Teile der Tempelanlage »rekonstruiert« - als eine Art »Pfusch am Bau«. Statt exakt zugeschnittene Steine aneinander millimetergenau anzupassen und mörtellos zusammen zu setzen... wurden vergleichsweise primitiv wirkende Mauerteile aus viel Mörtel und wahllos  eingebauten Steinen auf die bewundernswerten originalen Mauerwerkreste gesetzt... Viracocha würde sich mit Grausen wenden.

Die Monstermauer von Raqchi... Foto Walter-Jörg Langbein

Inkabauten... die Originale... überstanden Erdbeben zum Trotz Jahrhunderte. Die teilweise stümperhafte »Rekonstruktion« durch moderne Baumeister wackelt schon nach wenigen Jahrzehnten und droht auch ohne Erdbeben einzustürzen. Primitive Holzstützen sollen das verhindern.

Viracocha wurde auch in der einst gigantischen Kultanlage von Tiahuanaco verehrt. Die mysteriöse Ruinenstätte aus Vorinkazeiten liegt knapp 4 000 Meter über dem Meeresspiegel in der trostlosen Hochebene des Altiplano bei Tiwanacu, Bolivien, im Westen von La Paz (Entfernung 70 Kilometer). Wer von La Paz nach Tiwanacu reist, fühlt sich in eine fremde Welt versetzt, die als Kulisse für einen Science-Fiction-Film dienen könnte. Astronauten könnten im Film die Reste einer uralten Kultur auf einem fernen Planeten untersuchen. Doch die Ruinen von Tiahuanaco und Puma Punku entstanden auf unserem Heimatplaneten, auf der Erde. Sie wurden erst im Jahre 2000 zum Weltkulturerbe der UNESCO ernannt... und nur zu einem kleinen Bruchteil erforscht.

Viracocha, der Erschaffer und Zerstörer vieler Welten, galt als ein Supergott. Viracocha, so heißt es, schuf den ersten Inka, Manco Capac. In Tiahuanaco soll er lange vor dem Anbeginn der Zeit die ersten Menschen  aus Stein geschaffen haben. Die Tiwanaku hausten in den Ruinen von Tiahuanaco, gaben aber nicht vor, die uralten – nur noch bruchstückhaft erhaltenen Bauten – errichtet zu haben. Vielmehr habe Viracocha Riesen kreiert die die gewaltigen Steinmassen bewegten und auftürmten. In einer großen Flut soll Viracocha seine Geschöpfe schließlich vernichtet haben, so wie der Gott der Bibel nach dem Buch der Bibel.

Das Sonnentor mit dem Gott im Steinrelief.
Foto Ingeborg Diekmann

Auf dem berühmten Sonnentor von Tiahuanaco soll Viracocha als zentrale Gestalt im rätselhaften Steinrelief verewigt worden sein. Heute sind nur noch wenig steinerne Riesen erhalten, die einst die gewaltige Anlage von Tiahuanaco geschmückt haben. Sie sollen Viracocha dargestellt haben. Statuen wurden zwischen 1889 und 1920 im Gebiet von Tiahuanaco entdeckt, zum erheblichen Teil im Erdreich versunken. Brien Foerster (1) mutmaßt, dass die Kolosse einst »einem natürlichen Desaster, wie einer Flut aus dickem, schlammigen Wasser« ausgesetzt waren. Beweist das die historische Realität einer Flutkatastrophe im Raum von Tiahuanaco? 


Steinchaos heute (links), Steinchaos anno 1877
(Fotos Walter-Jörg Langbein, links, Squier 1877, rechts)

Tatsächlich wirkt die Umgebung von Tiahuanaco, als liege eine vor Ewigkeiten getrocknete Schlammschicht über allem, aus der monströse Felsbrocken ragen, die scheinbar mit modernen Geräten poliert und geschnitten worden sind. Teilweise wurde diese Schicht abegtragen, um eine Vielzahl präzise bearbeiteter Steinmonster freizulegen. Sie wurden, wie es scheint, einst von unvorstellbaren Naturgewalten durcheinander gewirbelt und im Schlamm begraben. Vereinzelt sind  Reste einstiger Mauerfundamente zu erkennen. Ich halte es für ausgeschlossen, zu rekonstruieren, wie die einst imposanten Gebäude von Tiahuanaco ausgesehen haben.

1833 soll es noch relativ gut erhaltene Steinplatten, Fundament eines mächtigen Bauwerks gegeben haben. War es ein sakraler Bau, ein Tempel zu Ehren des großen Viracocha? Ephraim George Squier vermeldet anno 1877 erschüttert (3): »Seit 1833 aber sind die Verwüster mit neuer Kraft an der Arbeit gewesen. Unfähig, die festen und mächtigen Steine des Fundaments .. zu entfernen, unterhöhlten sie dieselben und sprengten sie mit Schieszpulver, wonach sie sie dann viele der fleißszig und zierlich behauenen Trümmerstücke mitnahmen, um die Kathedrale zu La Paz zu pflastern.«

Tonnenschwere »Reste« der Anlage von Tiahuanaco.
Foto Walter-Jörg Langbein
Die riesige Anlage von Tiahuanaco und Puma Punku diente viele Jahrhunderte als Steinbruch. Die Bewohner des neuzeitlichen Dörfchens Tiwanaku schleppten riesige Mengen von Steinmaterial ab, um die eigenen Behausungen zu verschönern. Ephraim George Squier (4):

»Das erste, was dem Besucher des Dorfes Tiahuanuco auffällt, ist die große Anzahl schön behauener Steine, welche in die rohesten Mauern verbaut worden sind und in dem Pflaster der schmutzigsten Hofräume stecken. Sie sind als Schwellen, Thüren und Fensterpfosten, Sitze, Tische und Wasserbehälter verwendet.

Die Kirche ist durchweg aus solchen Steinen errichtet. Das Kreuz vor derselben steht auf einem Steinsockel, der das von ihm getragene Symbol bei weitem an Geschicklichkeit der Steinmetzarbeit übertrifft. Allenthalben umher finden sich die Spuren des Altertums. Die benachbarten Ruinen sind ein wahrer Steinbruch gewesen, aus welchem man die behauenen Steine nicht nur für Tiahuanuco und alle die Dörfer und Kirchen des Thales, sondern auch zum Bau der Kathedrale in La Paz, der Hauptstadt Boliviens entnommen hat... Die Baudenkmäler der Vergangenheit haben die meisten Materalien für die öffentlichen Gebäude, Brücken und Kunststraszen der Gegenwart geliefert.«

Einer der mysteriösen Steine nach Hans Schindler-Bellamy.
Foto Archiv Walter-Jörg Langbein


Was da an Kostbarkeiten für immer zerstört wurde, das lässt sich nicht einmal erahnen und erschüttert zutiefst. Prof. Hans Schindler-Bellamy stellte mir millimetergenaue Zeichnung von verschonten Steinen zur Verfügung, die erahnen lassen, dass der ursprüngliche Baukomplex von Tiahuanaco-Puma Punku eines der großen Weltwunder unseres Planeten war!

Ephraim George Squier stell bewundernd fest (5): »Ich darf mit voller Erwägung meiner Worte einfür allemal sagen: In keinem Teile der Welt habe ich mit solch mathematischer Genauigkeit und mit so erstaunlicher Geschicklichkeit behauene Steine gesehen, wie in Peru, und in keinem Teile Perus giebt (sic) es deren, welche die über die Fläche bei Tiahuanuco verrstreut liegenden überträfen.«

Die Tempelanlage von Tiahuanaco scheint von einer alten Kultur errichtet worden zu sein, von der wir nichts mehr wissen. Diese Kultur hinterließ Wunderwerke, deren Ruinen noch im 19. Jahrhundert mit barbarischer Konsequenz zerstört wurden.

Anmerkung


Die Rechtschreibung, die in den Zitaten von Squier zur Anwendung kam, blieb unverändert. Beispiele: »sz« statt »ß« und »Tiahuanauco« statt »Tiahuanaco«.

Der Viracocha-Gott vom Sonnentor.
Foto: Ingeborg Diekmann, Bremen
Fußnoten:


1) Brien Foerster: The enigma of Tiwanaku and Puma Punku, Create Space Independent Publishing Platform, ohne Ortsangabe, 2013

2) Ephraim George Squier: »Peru - Incidents and Explorations in the Land of the Incas«, 1877. Mir liegt die Erstauflage der Übersetzung ins Deutsche vor: »Peru - Reise- und Forschungs-Erlebnisse in dem Lande der Incas«,  Leipzig 1883,
Kapitel XV: »Tiahuanuco (sic), das Baalbec der neuen Welt«, S. 337-3723

3) ebenda, Seiten 349 ud 350
4) ebenda, Seite 339
5) ebenda, Seite 345






»Der ›Inka-Tempel‹
und Maria...«,
Teil 212 der Serie
»Monstermauern, Mumien
und Mysterien«                         
von Walter-JörgLangbein,                                                                                              
erscheint am 09.02.2014

Ausblick auf Folge 212. Foto Walter-Jörg Langbein














Besuchen Sie auch unser Nachrichtenblog!

Sonntag, 15. Juli 2012

130 »Abschied von Puma Punku«

Das Geheimnis der Anden IX,
Teil 130 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Das Sonnentor als Teil einer imposanten Anlage.
Fotos: Archiv Hans Schindler-Bellamy,
Ingeborg Diekmann (kl. Foto)
Einst gab es einen riesigen Baukomplex in den Hochanden des heutigen Bolivien. Die heutigen Ruinen von Tiahuanaco und Puma Punku lassen kaum noch erahnen, wie die weitestgehend verwüstete und vernichtete Stätte ausgesehen haben mag. Meine Meinung: Sie bildeten einst einen großen Komplex. Prof. Hans Schindler-Bellamy legte mir vor mehr als dreißig Jahren eine sorgsame zeichnerische Rekonstruktion der einst stolzen Bauten vor. Er breitete Fotos und Zeichnungen auf dem Boden eines luxuriösen Hotels in München aus. »Das war nicht das Werk von steinzeitlichen Menschen!« wiederholte er immer wieder. Ich konnte ihm nur beipflichten.

Die Erbauer der prachtvollen Anlagen hinterließen uns, so der hochgebildete Gelehrte, nicht ein Buch, das wir lesen können ... »Aber die Symbolik des Sonnentores beschreibt in einer mathematischen Sprache ungeheureres Wissen, zum Beispiel Astronomie!« Prof. Hans Schindler-Bellamy war überzeugt, die Sprache des Sonnentores entschlüsselt zu haben und wie ein Buch lesen zu können. (1) Es ist nicht die »primitive« Sprache eines Steinzeitvolkes. Sie wurde – zum Beispiel – in das legendäre »Sonnentor« von Tiahuanaco graviert. Offenbar sollten es spätere Generationen wie ein Buch lesen können.

Das »Sonnentor von Tiahuanaco« war demnach einst Teil einer imposanten Fassade. Heute steht es einsam und verloren auf freier Fläche, notdürftig repariert. Im Trümmerfeld bei Tiwanaku entdeckte ich den traurigen Rest eines ähnlichen Tores. Offenbar wurde es einst zerschlagen. Einen Teil hat man abtransportiert und vielleicht in einer Kirche verbaut ... oder zu Schotter für die Eisenbahntrasse verarbeitet. Vielleicht liegt aber der Rest des Tores irgendwo im Erdreich verborgen.

Rückseite des weltberühmten
Sonnentores (oben).
Unten Fotomontage.
Fotos W-J.Langbein
In einer Fotomontage setzte ich das Bruchstück eines weiteren Tores in das Foto des weltbekannten Sonnentores. Kein Zweifel: Das Teilstück gehörte einst zu einem weiteren Tor. Wie viele solcher Tore mag es einst gegeben haben? Wie viele wurden zerschlagen, wie viele wurden weggeschleppt und verbaut?

Ich erinnere mich gut daran: Mit dem greisen Professor kroch ich am Boden seines Hotelzimmers zwischen Plänen, Büchern, Zeichnungen und Fotos umher. Wir betrachteten faszinierende Fotos der Stätte Puma-Punku/Tiahuanaco, wir verglichen rund 100 Jahre alte Aufnahmen mit heutigen. Wir überprüften zeichnerische Rekonstruktionen mit Fotos von Ruinen, die die Zeiten überdauert hatten.

»Vor Jahrtausenden verschwanden die eigentlichen Erbauer von Puma Punku und Tiahuanaco ...« meinte nachdenklich Prof. Hans Schindler-Bellamy. »War es ein freiwilliger Abschied?« Wir wissen es nicht. Gab es eine gewaltige Katastrophe? Übernahmen vermeintlich »primitivere« Stämme die Ruinen, viele Generationen nach dem Verschwinden der Erbauer? Wir würden wahrscheinlich Antworten auf unsere Fragen in jenen alten Texten finden, die von den spanischen Eroberern planmäßig gesucht und dann verbrannt worden sind. Der Chronist Fernando Montesino jedenfalls behauptet, die mysteriösen Steinbauten seien vor der Sintflut errichtet worden. Gab es eine solche Katastrophe? Die Aymara – so wird behauptet – haben angeblich die einst so stolzen Bauten erbaut. Die Aymara aber weisen das weit von sich. Die steinernen Städte seien sehr viel älter ... Sie stammen – so die Aymara – aus Zeiten, da es den heutigen Menschen noch gar nicht gab. Damals sei der Titicaca-See sehr viel größer als heute gewesen.

 Versuch der Rekonstruktion
 Foto: Ingeborg Diekmann
Sollte der »Fantast« Prof. Dr. Arthur Posnansky (1873-1946) die Wahrheit entdeckt haben (2)? Der Gelehrte ging von wiederholten gewaltigen Überschwemmungen aus ... von einem Titicacasee, der die Treppen von Tiahuanaco umspülte. Kalkspuren auf Steinen von Tiahuanaco sollen das beweisen. Noch heute soll auf der Hochebene von Puma-Punku und Tiahuanaco der einstige Küstenverlauf deutlich zu erkennen sein. Mir drängte sich vor Ort dieser Eindruck auf: Da und dort scheinen bei sporadischen archäologischen Arbeiten willkürlich Gräben gezogen oder Löcher ausgehoben worden zu sein. Da und dort liegen noch Schaufeln und Hacken herum. Ob den Wissenschaftlern das Geld ausgegangen ist? Es sieht so aus, als habe man die Arbeiten abrupt abgebrochen. Ich krabble in so einen Graben.

Sauber bearbeitete Steine scheint fest im einstmals schlammigen Morast förmlich verbacken worden zu sein. Es kommt mir so vor, als ob ein Erdbeben Gebäude umgestürzt hat, als ob die Trümmer dann von einer gewaltigen Flutwelle mit Schlamm bedeckt worden seien. Als sich die Wassermassen zurückzogen, blieb vieles im Schlamm verborgen. Nach und nach verfestigte sich der Schlamm. Für die christlich-missionierten Ureinwohner durfte eine solche Flut-Katastrophe nur jene des Alten Testaments gewesen sein.

So manches Mal habe ich Puma Punku und Tiahuanaco besucht. So manches Mal habe ich Abschied von den mysteriösen Ruinen genommen ... und mir einen Schatz aus Erinnerungen zusammengetragen. Was, so frage ich mich, ist das Geheimnis der Ruinen in den Hochanden?

Tonnenschwere
Steinmonster
Fotos: W-J.Langbein
Sind es die viele Tonnen schweren Steinmonster, von denen auch heute noch manche halb im Erdreich stecken? Sind es die zum Teil über 100 (einhundert!) Tonnen schweren Platten aus massivem Stein, die man – wie auch immer – transportiert hat? Sind es die kleinen gelben Blümchen, die in einer Höhe von 4.000 Metern über dem Meeresspiel förmlich strahlen?

Sind es die unglaublichen Steinmassen, die präzise bearbeitet wurden? Ist es die Präzision einzelner Steinquader, die nie und nimmer mit primitiven Werkzeugen so exakt zugeschnitten worden sein konnten? Wie wurden sie geschaffen ... und zu welchem Zweck? Schon vor rund 130 Jahren wurden tonnenschwere Steinquader millimetergenau vermessen, die einfach paradox sind. Sie sind Fremdkörper in der Geschichte.

Beispiel: Wer kreierte in »grauer Vorzeit« einen gut acht Tonnen (!!!) schweren Steinquader ... um ihn dann mit unbekannten Werkzeugen zu traktieren? Wer schnitt vielzackige Kanten in den Stein, wer fräste Vertiefungen? Wer hat diese Steinbearbeitungen geplant? Wie wurden die Pläne festgehalten ... von einem Volk, das keine Schrift kannte?

Ich muss immer wieder fragen: Wie konnte diese Präzision erreicht werden ... ohne Metallschablonen, ohne hochtourige Bohr/Schneide-Maschinen? Mir ist nicht bekannt, dass auch nur ein einziger solcher Stein in unseren Tagen kopiert wurde ... unter Verwendung primitiver Werkzeuge! Heute würde man Diamantbohrer verwenden, mit hoher Drehgeschwindigkeit. Man würde Stahlschablonen fest fixieren, die zu bearbeitenden Brocken in mächtige Klammern spannen. Man würde heute modernste Geräte einsetzen ... und hätte doch seine liebe Not, wollte man wiederholen, was vor ewigen Zeiten angeblich mit primitiven Werkzeugen gelungen ist!

Unglaublich komplex bearbeitete Steinquader
Fotos: Bellamy /Archiv Langbein
Die »Hünengräber« Norddeutschlands sind Zeugnisse erstaunlicher Fähigkeiten der Menschen vor Jahrtausenden. Sie konnten mit Brocken gewaltiger Masse scheinbar spielerisch umgehen. Sie konnten sie über große Entfernungen schleppen. Die Erbauer von Puma-Punku waren dazu auch in der Lage. Sie konnten aber zudem die Monstersteine millimetergenau schneiden, fräsen, schleifen, bohren.

Immer wieder höre ich von sogenannten »Skeptikern«, es gebe gar kein »Geheimnis« Puma-Punku/ Tiahuanaco. Wirklich nicht: Dann ans Werk: Man fertige mit einfachsten Mitteln so ein kurioses Steingebilde, sagen wir aus härtestem Diorit ... Man schleppe einen 130-Tonnen-Block mit primitivsten Mitteln nur ein paar Kilometer querfeldein, in der dünnen Luft der Hochanden! Wenn es so einfach war, jene steinernen Kuriosa zu erschaffen ... dann möge man bitte wiederholen, was den »Steinzeitmenschen« angeblich so leicht von der Hand ging. Man muss sich dann aber auch wirklich auf die primitiven Methoden beschränken, die man den Menschen von Puma-Punku zubilligt. Bis heute ist das nicht gelungen!

Ich habe den Eindruck, dass sich mancher »Experte« rasch von Puma-Punku/Tiahuanaco verabschiedet, ohne über die eigentlichen Geheimnisse nachzudenken.

Vielleicht muss man wirklich vor Ort vor diesen riesigen Steinmonstern stehen, um wahrzunehmen, dass »primitive Werkzeuge« nicht ausgereicht haben können, um die Meisterleistungen von Puma-Punku zu vollbringen! Man mag darüber streiten, ob Puma-Punku vor 1.500 oder vor 15.000 Jahren gebaut wurde. Das ist nicht die zentrale Frage! Ob Puma-Punku vor 15, vor 150, vor 1.500 oder 15.000 Jahren kreiert wurde ... mit »primitiven« Werkzeugen ging es nicht!

Steine ... wie »gegossen«
Foto: W-J.Langbein
Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Eine Antwort freilich ist auszuschließen: Das Steinzeitvolk der Aymara hat Puma-Punku nicht gebaut!

Ich glaube – um es etwas provokant zu formulieren – sogenannte »Experten« verabschieden sich viel zu schnell von Puma-Punku, weil es vor unserer Zivilisation mit ihren technischen Möglichkeiten nichts Vergleichbares gegeben haben darf! Also wollen sie die »unmöglichen« Steinbearbeitungen aus den Hochanden gar nicht wirklich kennen.

Der Weg nach Puma-Punku in den Hochanden Boliviens ist auch heute noch steinig, mühsam und nicht ungefährlich. So manches Vehikel stürzte beim Erklimmen der Serpentinen ab ... schon mancher Mensch kam ums Leben. Mir scheint: Der Weg nach Puma-Punku ist besonders jenen Experten viel zu weit und zu beschwerlich, die nicht zugeben mögen / können (??), dass die Vergangenheit immer noch so manch' ungelöstes Rätsel zu bieten hat. Manchmal sind die Bretter vor unseren Köpfen härter als Granit ...

Wissenschaft soll Wissen schaffen. Wirkliche Wissenschaftler geben zu, wenn es auf manche Frage keine plausible Antwort gibt.

Fußnoten
1 Die umfangreichen Ausführungen von Prof. Hans Schindler-Bellamy würden den Rahmen dieser Serie sprengen. Ich muss und kann daher nur auf die leider nur noch antiquarisch beziehbaren, rar gewordenen Werke des Gelehrten hinweisen ...
Bellamy, H.S. Und Allan, P.: »The Calendar of Tiahuanaco/ The Measuring System of the Oldest Civilization«, London 1956
Bellamy, H.S. und Allan, P.: »The Great Idol of Tiahuanaco«, London 1959
2 Posnansky, Arthur: »Tihuanacu, the Cradle of American Man«, Bände I und II, ins Englische übersetzt von James F. Sheaver, New York und La Paz, Bolivien, 1945 und Bände III und IV, ins Englische übersetzt von James F. Sheaver, New York und La Paz, Bolivien, 1957

Dank und Lektüre-Empfehlung
Ohne Erich von Dänikens wunderbare Bücher – seit »Erinnerungen an die Zukunft« – hätte ich mich nie nach Puma-Punku aufgemacht. Ein herzliches Dankeschön an E.v.D.!

Sehr empfehlenswert ist das meiner Meinung nach faszinierendste aktuelle Buch zum Thema überhaupt, verfasst von Erich von Däniken.

Däniken, Erich von: »Götterdämmerung«, Rottenburg 2009



»Eine steinerne Nachlese«,
Das Geheimnis der Anden X,
Teil 131 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 22.07.2012


Besuchen Sie auch unser Nachrichtenblog!

Sonntag, 17. Juni 2012

126 »Der steinerne Riese von Tiahuanaco«

Das Geheimnis der Anden V,
Teil 126 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Der Koloss, noch im Freilichtmuseum
stehend - Foto W-J.Langbein
Im halbunterirdischen Museum von La Paz stand viele Jahrzehnte ein wahrer Gigant. Die riesenhafte Statue misst stolze 7,20 Meter, bei einem geschätzten Gewicht von zwanzig Tonnen. Anno 1932 wurde er hoch oben in den Anden Boliviens ausgegraben. Die vorzüglich erhaltene Statue befand sich tief im Erdreich der Tempelanlage, unterhalb des »versenkten Tempels« von Tiahuanaco. Als offizieller »Entdecker« gilt Wendell Clark Bennett (1905-1953). Bennett kam mit 48 Jahren bei einem mysteriösen Badeunfall ums Leben.

Auch heute noch werden wahre archäologische Schätze im Erdreich von Tiahuanaco vermutet. Leider fehlen die Finanzen, um ausgiebige Ausgrabungen vornehmen zu lassen. Wenn ich nach Jahren wieder einmal Tiahuanaco besuchte, konnte ich keine Fortschritte erkennen.

Verantwortlich für die Ausgrabung von anno 1932 war das »American Museum of National History«, New York. Die zuständigen Behörden hatten präzise Vorgaben vertraglich fixiert: So waren »mehrere Einzel-Grabungen« von jeweils »höchstens zehn Quadratmetern Fläche« gestattet. Als ortskundiger Experte vor Ort machte sich Prof. Dr. Arthur Posnansky (1873-1946) verdient. Er war es, dem die Entdeckung der im harten Erdreich steckenden Riesenstatue zu verdanken ist!

Historische Aufnahme
Foto: H.Schindler-Bellamy
Der Experte aus La Paz fiel in der archäologischen Zunft allerdings in Ungnade. Wagte er doch das Bild, das die klassische Schulwissenschaft von Tiahuanaco zeichnete ... anzuzweifeln, ja abzulehnen. Nach Prof. Posnansky ist die riesige Kultanlage eher 15.000 als 1.500 Jahre alt. Nach Prof. Posnansky gab es bereits vor mindestens 15.000 Jahren eine hoch stehende Zivilisation in den Hochanden des heutigen Bolivien, die geradezu Wunderwerke aus Stein schufen.

Prof. Arthur Posnansky war von einem zyklischen Ablauf der Weltgeschichte überzeugt. So vertrat er die These, dass uralte Kultstätten wie Tiahuanaco in regelmäßigen Abständen durch gewaltige Kataklysmen apokalyptischen Ausmaßes vollkommen vernichtet wurden. Unvorstellbare Welt-Fluten, vergleichbar mit der biblischen Sintflut, sollen unermessliche Schäden verursacht haben.

1932 wurde nun bei Tiefengrabungen im verkrustet-verbackenen Schlamm unter dem »versenkten Tempel« von Tiahuanaco ... ein gewaltiger Monolith gefunden. Der Koloss machte – so groß er mit 7,20 Metern auch war – zunächst einen eher unscheinbaren Eindruck. Als aber die Archäologen dem Steinmonster mit Bürsten zuleibe rückten ... kam eine geradezu perfekt erhaltene Riesenstatue zum Vorschein. Unter der schützenden Erdschicht waren exakte Gravuren von unglaublicher Detailfreude konserviert worden.

Einige der Gravuren auf der
Rückseite des Idols
Foto: H.S.-Bellamy
Der Riesenmonolith wurde mit mächtigen Seilwinden aus der Grube gewuchtet ... und mit gewaltigem Aufwand nach La Paz in das dortige Freilichtmuseum geschafft. Ob seiner beachtlichen Größe bekam die Riesenstatue den Namen »Das große Idol von Tiahuanaco«. Seit etwa dreißig Jahren gibt es nun vor Ort Bestrebungen, den Koloss wieder in die Ruinen von Tiahuanaco zu schaffen.

Meine Meinung: »Das große Idol von Tiahuanaco« muss von herausragender Bedeutung für die Kultanlage von Tiahuanaco gewesen sein. »Die Statue gehört nicht in das Getöse der verpesteten Millionen-Metropole von La Paz, sondern nach Tiahuanaco, zurück in die Hochanden!« forderten nicht nur Lokalpatrioten. 2002 wurde sie – nach 70 Jahren – endlich wieder zurück gebracht.

Wiederholt habe ich staunend vor dem Riesenkoloss in La Paz gestanden, der alle anderen Artefakte im Freilichtmuseum geradezu klein erscheinen ließ. Selbst der Kolossalstatue, der zu Füßen der Riesenstatue lag, wirkte geradezu zierlich im Vergleich. Inzwischen ist das steinerne Haupt aus dem Museum entfernt worden. Man sieht es – wie auch »Das große Idol von Tiahuanaco« – nur noch auf alten, schon historischen Aufnahmen. Auch dieses mysteriöse steinerne Haupt stammte ursprünglich aus der Anlage von Tiahuanaco. Der zugehörige Rumpf wurde bis heute nicht gefunden. Allerdings wurde ja erst ein Prozent des Areals hoch in den Anden ausgegraben!

Der »große Steinkopf« aus dem
Freilichtmuseum - Foto:
Hans Schindler-Bellamy
Wiederholt habe ich staunend vor dem riesenhaften »Idol« gestanden. Ich bewunderte immer wieder die erstaunliche Größe des steinernen Riesen ... und habe dabei das eigentliche Geheimnis der Statue nicht erkannt! Prof. Hans Schindler-Bellamy legte mir bei mehreren persönlichen Begegnungen brisante Unterlagen vor: zum Beispiel millimetergenaue Zeichnungen der mysteriösen Bildwerke, die mit perfekter Präzision in den Rücken des Giganten gefräst worden sind.

Für den Gelehrten aus Wien stellt Tiahuanaco eines der großen Rätsel unseres Planeten dar. Prof. Schindler-Bellamy (1) in einem Vortrag 1975 in Zürich: »Die erstaunlichste Tatsache aber ist: Die Kultur von Tiahuanaco hat keine Wurzeln in diesem Raum! Sie ist weder dort aus unbedeutenden Anfängen heraus entstanden noch ist irgendwo anders ein solcher Ort des Ursprungs bekannt. Es mutet so an, als ob sie praktisch vollentwickelt ›plötzlich erschien‹«.

Prof. Schindler-Bellamy versicherte mir: »Mit steinzeitlichen Werkzeugen konnten diese komplexen Bildnisse nicht in den harten Stein gefräst werden! Die Steinmetze müssen ›modernes‹ Werkzeug besessen haben!« Mit derartigen »modernen Werkzeugen« wurden auch zahllose Zeichnungen mit größter Detailfreude in den – inzwischen aus dem Freilichtmuseum verschwundenen - »großen Steinkopf« gefräst: in härtesten Stein, millimeterbreit ... Prof. Hans Schindler-Bellamy: Leider wurden die Gravuren im »großen Kopf« nie wirklich untersucht.

Vorder- und Rückseite
des »großen Idols«
Fotos:
Archiv Langbein
Fast etwas provokativ fragte ich den Gelehrten, ob diese Verzierungen eine tiefere Bedeutung hätten. Milde antwortete der Wissenschaftler: »Man kann diese komplexen Zeichnungen wie ein Buch lesen!« Prof. Schindler-Bellamy hat das Sonnentor von Tiahuanaco als Kalender entschlüsselt (2):

»Unsere umfassende Analyse der Skulpturen auf dem Sonnentor führte uns zu der erstaunlichen Erkenntnis, dass der Kalender weniger eine Auflistung der Tage für den ›Mann auf der Straße‹ des damaligen Tiahuanaco war (etwa um den Markttag oder die Freizeit anzuzeigen), sondern tatsächlich und insbesondere ein einzigartiges Dokument der astronomischen, mathematischen und den damit in Verbindung stehenden Wissenschaften, ein Dokument des wesentlichen Inhalts des Wissens der Begründer der Tiahuanaco-Kultur.«

Prof. Hans Schindler-Bellamy weiter (3): »Der Kalender zeigt sowohl den Jahresbeginn an, als auch die Tag- und Nachtgleichen, die Sonnenwenden, die Häufigkeit der Schalttage, Mitteilungen über die Schiefe der Ekliptik und die geographische Breite sowie viele andere geographische und astronomische Hinweise, die von uns Heutigen berechnet werden können und die offensichtlich auch den Wissenschaftlern von Tiahuanaco nicht unbekannt waren. Sie wussten zum Beispiel, dass die Erde eine Kugel ist, die sich um die eigene Achse dreht (nicht, dass die Sonne die flache Erde umkreist), weil sie auch genau die Zeit vorausberechneten, in denen Sonnenfinsternisse in anderen Teilen der Welt zu sehen waren. Man beginnt sich zu fragen, ob sie nicht wirklich dazu in der Lage waren, rund um die Welt zu reisen, und darüber zu spekulieren.« (4)

Einer der gravierten Riesen
von Tiahuanaco - Fotos:
Anakin (rechts)
und W-J.Langbein
Bei diesen sensationellen Erkenntnissen blieb es aber nicht. Peter Allan und Prof. Hans Schindler-Bellamy nahmen sich auch die Gravuren auf der Rückseite des »großen Idols« vor ... und siehe da: Sie stellten ebenfalls einen höchst komplexen Kalender dar ... wie die Gravuren auf dem Sonnentor. Die ältesten Daten auf der großen Statue reichen fast 30.000 Jahre zurück in die Vergangenheit! Vergeblich hat Prof. Schindler-Bellamy gehofft, dass seine Untersuchungen etwa an anderen Riesenstatuen von Tiahuanaco fortgesetzt werden würden. Das ist bis heute leider nicht geschehen.

Fußnoten
Auch diese Folge meiner Serie basiert auf meinen Recherchen vor Ort, also in Tiahuanaco und La Paz. Vor Ort sprach ich mit Experten und sah Fachliteratur ein.
1 Schindler-Bellamy, Prof. Hans: »Tiahuanaco und das Sonnentor«, Vortragsmanuskript, Zürich 1975

2 ebenda
3 ebenda

4 Die Thematik »Tiahuanaco-Kalender« ist sehr komplex und kompliziert. Prof. Schindler-Bellamys Hauptgedanken zu wiederholen, würde den zur Verfügung stehenden Rahmen bei weitem sprengen. Ich muss daher auf die von ihm verfasste Literatur verweisen:
Bellamy, H.S.: »Built before the Flood«, London 1953
Bellamy, H.S. und Allan, P.: »The Great Idol of Tiahuanaco«, London 1959
Beide Werke sind nur noch antiquarisch erhältlich. Sie liegen meines Wissens nur in englischer Sprache vor.

Persönliche Widmung von Prof. Hans Schindler-Bellamy
Foto: Archiv Langbein
Dank

Gern spreche ich Prof. Hans Schindler-Bellamy meinen aufrichtigen Dank aus: für aufschlussreiche Gespräche und hervorragendes Manterial (Bücher, Manuskripte und Fotos).

Danken darf ich auch an dieser Stelle Erich von Däniken, der mich schon vor vielen Jahrzehnten auf die großen Rätsel unseres Planeten aufmerksam machte! Sehr zu empfehlen ist ...

Däniken, Erich von: »Götterdämmerung«, Rottenburg 2009



Literaturtipp:
Lesen Sie auch »2012 - Endzeit und Neuanfang« von Walter-Jörg Langbein

Die Göttin und kuriose Steine,
Das Geheimnis der Anden VI,
Teil 127 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 24.06.2012


Labels

Walter-Jörg Langbein (656) Sylvia B. (101) Osterinsel (79) Tuna von Blumenstein (37) Peru (34) Karl May (27) Nan Madol (27) g.c.roth (27) Maria Magdalena (22) Jesus (21) Karl der Große (19) Make Make (19) Externsteine (18) Für Sie gelesen (18) Bibel (17) Rezension (17) der tiger am gelben fluss (17) Autoren und ihre Region (16) Apokalypse (15) Vimanas (15) Atlantis der Südsee (13) Weseke (13) Blauregenmord (12) Der Tote im Zwillbrocker Venn (12) Nasca (12) Palenque (12) meniere desaster (12) Pyramiden (11) Krimi (10) Malta (10) Ägypten (10) Forentroll (9) Mexico (9) National Geographic (9) Straße der Toten (9) Lügde (8) Briefe an Lieschen (7) Der hässliche Zwilling (7) Monstermauern (7) Sphinx (7) Tempel der Inschriften (7) Winnetou (7) Marlies Bugmann (6) Mord (6) Märchen (6) altes Ägypten (6) 2012 - Endzeit und Neuanfang (5) Atahualpa (5) Hexenhausgeflüster (5) Lyrik (5) Mexico City (5) Mord in Genf (5) Satire (5) Thriller (5) Atacama Wüste (4) Cheopspyramide (4) Dan Brown (4) Ephraim Kishon (4) Hexenhausgeflüster- Sylvia B. (4) Leonardo da Vinci (4) Machu Picchu (4) Sacsayhuaman (4) Teutoburger Wald (4) große Pyramide (4) Meniere (3) Mondpyramide (3) Mord im ostfriesischen Hammrich (3) Mysterien (3) Sakrileg (3) Shakespeare (3) Bevor die Sintflut kam (2) Das Sakrileg und die heiligen Frauen (2) Friedhofsgeschichten (2) Goethe (2) Lexikon der biblischen Irrtümer (2) Markus Lanz (2) Münsterland-Krimi (2) Vincent van Gogh (2) Alphabet (1) Bestatten mein Name ist Tod (1) Hexen (1) Lyrichs Briefe an Lieschen (1) Lyrichs Briefe an Lieschen Hexenhausgeflüster (1) Mord Ostfriesland (1) Mord und Totschlag (1) Münsterland (1) einmaleins lernen (1) meniére desaster (1)