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Sonntag, 17. Juni 2012

126 »Der steinerne Riese von Tiahuanaco«

Das Geheimnis der Anden V,
Teil 126 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Der Koloss, noch im Freilichtmuseum
stehend - Foto W-J.Langbein
Im halbunterirdischen Museum von La Paz stand viele Jahrzehnte ein wahrer Gigant. Die riesenhafte Statue misst stolze 7,20 Meter, bei einem geschätzten Gewicht von zwanzig Tonnen. Anno 1932 wurde er hoch oben in den Anden Boliviens ausgegraben. Die vorzüglich erhaltene Statue befand sich tief im Erdreich der Tempelanlage, unterhalb des »versenkten Tempels« von Tiahuanaco. Als offizieller »Entdecker« gilt Wendell Clark Bennett (1905-1953). Bennett kam mit 48 Jahren bei einem mysteriösen Badeunfall ums Leben.

Auch heute noch werden wahre archäologische Schätze im Erdreich von Tiahuanaco vermutet. Leider fehlen die Finanzen, um ausgiebige Ausgrabungen vornehmen zu lassen. Wenn ich nach Jahren wieder einmal Tiahuanaco besuchte, konnte ich keine Fortschritte erkennen.

Verantwortlich für die Ausgrabung von anno 1932 war das »American Museum of National History«, New York. Die zuständigen Behörden hatten präzise Vorgaben vertraglich fixiert: So waren »mehrere Einzel-Grabungen« von jeweils »höchstens zehn Quadratmetern Fläche« gestattet. Als ortskundiger Experte vor Ort machte sich Prof. Dr. Arthur Posnansky (1873-1946) verdient. Er war es, dem die Entdeckung der im harten Erdreich steckenden Riesenstatue zu verdanken ist!

Historische Aufnahme
Foto: H.Schindler-Bellamy
Der Experte aus La Paz fiel in der archäologischen Zunft allerdings in Ungnade. Wagte er doch das Bild, das die klassische Schulwissenschaft von Tiahuanaco zeichnete ... anzuzweifeln, ja abzulehnen. Nach Prof. Posnansky ist die riesige Kultanlage eher 15.000 als 1.500 Jahre alt. Nach Prof. Posnansky gab es bereits vor mindestens 15.000 Jahren eine hoch stehende Zivilisation in den Hochanden des heutigen Bolivien, die geradezu Wunderwerke aus Stein schufen.

Prof. Arthur Posnansky war von einem zyklischen Ablauf der Weltgeschichte überzeugt. So vertrat er die These, dass uralte Kultstätten wie Tiahuanaco in regelmäßigen Abständen durch gewaltige Kataklysmen apokalyptischen Ausmaßes vollkommen vernichtet wurden. Unvorstellbare Welt-Fluten, vergleichbar mit der biblischen Sintflut, sollen unermessliche Schäden verursacht haben.

1932 wurde nun bei Tiefengrabungen im verkrustet-verbackenen Schlamm unter dem »versenkten Tempel« von Tiahuanaco ... ein gewaltiger Monolith gefunden. Der Koloss machte – so groß er mit 7,20 Metern auch war – zunächst einen eher unscheinbaren Eindruck. Als aber die Archäologen dem Steinmonster mit Bürsten zuleibe rückten ... kam eine geradezu perfekt erhaltene Riesenstatue zum Vorschein. Unter der schützenden Erdschicht waren exakte Gravuren von unglaublicher Detailfreude konserviert worden.

Einige der Gravuren auf der
Rückseite des Idols
Foto: H.S.-Bellamy
Der Riesenmonolith wurde mit mächtigen Seilwinden aus der Grube gewuchtet ... und mit gewaltigem Aufwand nach La Paz in das dortige Freilichtmuseum geschafft. Ob seiner beachtlichen Größe bekam die Riesenstatue den Namen »Das große Idol von Tiahuanaco«. Seit etwa dreißig Jahren gibt es nun vor Ort Bestrebungen, den Koloss wieder in die Ruinen von Tiahuanaco zu schaffen.

Meine Meinung: »Das große Idol von Tiahuanaco« muss von herausragender Bedeutung für die Kultanlage von Tiahuanaco gewesen sein. »Die Statue gehört nicht in das Getöse der verpesteten Millionen-Metropole von La Paz, sondern nach Tiahuanaco, zurück in die Hochanden!« forderten nicht nur Lokalpatrioten. 2002 wurde sie – nach 70 Jahren – endlich wieder zurück gebracht.

Wiederholt habe ich staunend vor dem Riesenkoloss in La Paz gestanden, der alle anderen Artefakte im Freilichtmuseum geradezu klein erscheinen ließ. Selbst der Kolossalstatue, der zu Füßen der Riesenstatue lag, wirkte geradezu zierlich im Vergleich. Inzwischen ist das steinerne Haupt aus dem Museum entfernt worden. Man sieht es – wie auch »Das große Idol von Tiahuanaco« – nur noch auf alten, schon historischen Aufnahmen. Auch dieses mysteriöse steinerne Haupt stammte ursprünglich aus der Anlage von Tiahuanaco. Der zugehörige Rumpf wurde bis heute nicht gefunden. Allerdings wurde ja erst ein Prozent des Areals hoch in den Anden ausgegraben!

Der »große Steinkopf« aus dem
Freilichtmuseum - Foto:
Hans Schindler-Bellamy
Wiederholt habe ich staunend vor dem riesenhaften »Idol« gestanden. Ich bewunderte immer wieder die erstaunliche Größe des steinernen Riesen ... und habe dabei das eigentliche Geheimnis der Statue nicht erkannt! Prof. Hans Schindler-Bellamy legte mir bei mehreren persönlichen Begegnungen brisante Unterlagen vor: zum Beispiel millimetergenaue Zeichnungen der mysteriösen Bildwerke, die mit perfekter Präzision in den Rücken des Giganten gefräst worden sind.

Für den Gelehrten aus Wien stellt Tiahuanaco eines der großen Rätsel unseres Planeten dar. Prof. Schindler-Bellamy (1) in einem Vortrag 1975 in Zürich: »Die erstaunlichste Tatsache aber ist: Die Kultur von Tiahuanaco hat keine Wurzeln in diesem Raum! Sie ist weder dort aus unbedeutenden Anfängen heraus entstanden noch ist irgendwo anders ein solcher Ort des Ursprungs bekannt. Es mutet so an, als ob sie praktisch vollentwickelt ›plötzlich erschien‹«.

Prof. Schindler-Bellamy versicherte mir: »Mit steinzeitlichen Werkzeugen konnten diese komplexen Bildnisse nicht in den harten Stein gefräst werden! Die Steinmetze müssen ›modernes‹ Werkzeug besessen haben!« Mit derartigen »modernen Werkzeugen« wurden auch zahllose Zeichnungen mit größter Detailfreude in den – inzwischen aus dem Freilichtmuseum verschwundenen - »großen Steinkopf« gefräst: in härtesten Stein, millimeterbreit ... Prof. Hans Schindler-Bellamy: Leider wurden die Gravuren im »großen Kopf« nie wirklich untersucht.

Vorder- und Rückseite
des »großen Idols«
Fotos:
Archiv Langbein
Fast etwas provokativ fragte ich den Gelehrten, ob diese Verzierungen eine tiefere Bedeutung hätten. Milde antwortete der Wissenschaftler: »Man kann diese komplexen Zeichnungen wie ein Buch lesen!« Prof. Schindler-Bellamy hat das Sonnentor von Tiahuanaco als Kalender entschlüsselt (2):

»Unsere umfassende Analyse der Skulpturen auf dem Sonnentor führte uns zu der erstaunlichen Erkenntnis, dass der Kalender weniger eine Auflistung der Tage für den ›Mann auf der Straße‹ des damaligen Tiahuanaco war (etwa um den Markttag oder die Freizeit anzuzeigen), sondern tatsächlich und insbesondere ein einzigartiges Dokument der astronomischen, mathematischen und den damit in Verbindung stehenden Wissenschaften, ein Dokument des wesentlichen Inhalts des Wissens der Begründer der Tiahuanaco-Kultur.«

Prof. Hans Schindler-Bellamy weiter (3): »Der Kalender zeigt sowohl den Jahresbeginn an, als auch die Tag- und Nachtgleichen, die Sonnenwenden, die Häufigkeit der Schalttage, Mitteilungen über die Schiefe der Ekliptik und die geographische Breite sowie viele andere geographische und astronomische Hinweise, die von uns Heutigen berechnet werden können und die offensichtlich auch den Wissenschaftlern von Tiahuanaco nicht unbekannt waren. Sie wussten zum Beispiel, dass die Erde eine Kugel ist, die sich um die eigene Achse dreht (nicht, dass die Sonne die flache Erde umkreist), weil sie auch genau die Zeit vorausberechneten, in denen Sonnenfinsternisse in anderen Teilen der Welt zu sehen waren. Man beginnt sich zu fragen, ob sie nicht wirklich dazu in der Lage waren, rund um die Welt zu reisen, und darüber zu spekulieren.« (4)

Einer der gravierten Riesen
von Tiahuanaco - Fotos:
Anakin (rechts)
und W-J.Langbein
Bei diesen sensationellen Erkenntnissen blieb es aber nicht. Peter Allan und Prof. Hans Schindler-Bellamy nahmen sich auch die Gravuren auf der Rückseite des »großen Idols« vor ... und siehe da: Sie stellten ebenfalls einen höchst komplexen Kalender dar ... wie die Gravuren auf dem Sonnentor. Die ältesten Daten auf der großen Statue reichen fast 30.000 Jahre zurück in die Vergangenheit! Vergeblich hat Prof. Schindler-Bellamy gehofft, dass seine Untersuchungen etwa an anderen Riesenstatuen von Tiahuanaco fortgesetzt werden würden. Das ist bis heute leider nicht geschehen.

Fußnoten
Auch diese Folge meiner Serie basiert auf meinen Recherchen vor Ort, also in Tiahuanaco und La Paz. Vor Ort sprach ich mit Experten und sah Fachliteratur ein.
1 Schindler-Bellamy, Prof. Hans: »Tiahuanaco und das Sonnentor«, Vortragsmanuskript, Zürich 1975

2 ebenda
3 ebenda

4 Die Thematik »Tiahuanaco-Kalender« ist sehr komplex und kompliziert. Prof. Schindler-Bellamys Hauptgedanken zu wiederholen, würde den zur Verfügung stehenden Rahmen bei weitem sprengen. Ich muss daher auf die von ihm verfasste Literatur verweisen:
Bellamy, H.S.: »Built before the Flood«, London 1953
Bellamy, H.S. und Allan, P.: »The Great Idol of Tiahuanaco«, London 1959
Beide Werke sind nur noch antiquarisch erhältlich. Sie liegen meines Wissens nur in englischer Sprache vor.

Persönliche Widmung von Prof. Hans Schindler-Bellamy
Foto: Archiv Langbein
Dank

Gern spreche ich Prof. Hans Schindler-Bellamy meinen aufrichtigen Dank aus: für aufschlussreiche Gespräche und hervorragendes Manterial (Bücher, Manuskripte und Fotos).

Danken darf ich auch an dieser Stelle Erich von Däniken, der mich schon vor vielen Jahrzehnten auf die großen Rätsel unseres Planeten aufmerksam machte! Sehr zu empfehlen ist ...

Däniken, Erich von: »Götterdämmerung«, Rottenburg 2009



Literaturtipp:
Lesen Sie auch »2012 - Endzeit und Neuanfang« von Walter-Jörg Langbein

Die Göttin und kuriose Steine,
Das Geheimnis der Anden VI,
Teil 127 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 24.06.2012


Sonntag, 3. Juni 2012

124 »Von Toren aus Stein«

Das Geheimnis der Anden III,
Teil 124 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


Der Verfasser im
»Tunnel« - Foto
Selbstauslöser,
Archiv Langbein
Ein schmales, niedriges Törchen aus Stein ist hinter einem Bretterverschlag verborgen. Ein missmutig drein blickender Wächter schiebt einsam Posten. Wenn sich ein neugieriger Besucher auch nur in seine Nähe verirrt, wird er auch schon mit wilden Gesten vertrieben. Als ich schon aus einiger Entfernung mit einem Kistchen edler Zigarren winke ... darf ich näher treten. Und als ich dem schon deutlich freundlicheren Zerberus gar eine der Zigarren anbiete, lacht er freundlich.

Wir schmauchen beide meine Havannas und klopfen uns gegenseitig auf die Schultern. Schließlich schenke ich ihm das ganze Kistchen Zigarren ... und der Mann verlässt demonstrativ seinen Posten. Er hat verstanden, dass ich gern durch das »Törchen« in die Unterwelt von Tiahuanaco kriechen möchte. Unter seinen Augen darf ich das nicht. Also entfernt er sich diskret.

Auf Ellenbogen und Knien krieche ich durch den sehr schmalen und niedrigen Eingang ... hinein in die Dunkelheit eines »Tunnels«. Es riecht muffig. Wie weit mag mich der Minigang führen? Ob er abrupt im Nichts endet? Ich werde es erfahren!

Meine Taschenlampe gibt schon nach wenigen Metern ihren Geist auf. Ich taste mich langsam weiter, meine Hände streichen über den Boden, die Seitenwände und die Decke ... Glatt polierte Platten sind nahtlos aneinander gefügt. Zentimeter für Zentimeter spüre ich ... nichts, nicht die Spur einer Fuge.

Licht am Ende des
Tunnels - Foto:
W-J.Langbein
Plötzlich stoße ich mich an einem Hindernis. Ein Stein liegt im Weg. Ich wage ein Experiment. Tatsächlich gelingt es mir, meinen Fotoapparat auf »Selbstauslöser« einzustellen, auf dem Hindernis zu deponieren ... und ein Foto von mir im »Tunnel« aufzunehmen. Ich muss zugeben: Mehrere Versuche hab ich gewagt, alle bis auf einer schlugen fehl. Eine einzige Aufnahme lässt erahnen, wie »abenteuerlich« mir meine Kriecherei in der Dunkelheit vorkam!

Wie weit ich krieche ... ich weiß es nicht. Wie lange ich unterwegs bin ... ich weiß es nicht. Und plötzlich taucht Licht am Ende des »Tunnels« auf ... Meine Augen haben sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt. Der Lichtpunkt blendet mich förmlich. Ich mache ein Foto. Deutlich sind die glatt polierten Wände zu erkennen. Später erfahre ich: der »Tunnel« war ein simpler Abwasserkanal von einst.

Was ich nicht verstehe: Wieso hat man die Wände eines Abwasserkanals so extrem glatt poliert? Warum hat man die einzelnen Platten millimetergenau zugeschnitten, so dass sie sich ohne erkennbare Fuge förmlich aneinander schmiegen ... während an »Stempelwänden« von Tiahuanaco geradezu stümperhaft Stein auf Stein gesetzt wurde? Da hat man seltsam fremdartig wirkende Köpfe aus Stein in Wänden verarbeitet. Hier kamen nur roh behauene Steine zum Einsatz. Zentimeterdicke »Fugen« weisen auf stümperhafte Arbeit hin. Warum hat man im verborgenen »Abwasserkanal« so präzise ... bei den »Tempelwänden« so schlampig gearbeitet?

Steinerner Kopf in einer Tempelwand
Foto: W-J.Langbein
Die steinernen Köpfe – jeder weist individuelle Kopfform und Gesichtszüge auf – wurden bei Ausgrabungsarbeiten gefunden. Wo sie einst im Bauwerk von Tiahuanaco platziert waren ... wir wissen es nicht. Mauerwerk wurde schlampig »rekonstruiert«, wo seit Generationen nur einsame Monolithen standen. Steinerne Köpfe wurden nach Gutdünken eingesetzt, wo sich eine passende Lücke ergab ... Kurzum: Die bewundernswert präzisen Steinmetzarbeiten im Tunnel sind Originale der Erbauer von Tiahuanaco. Die »rekonstruierten« Mauern mussten so primitiv ausfallen, weil die Archäologen die Erbauer zu den primitiven Steinzeitmenschen zählten.

Die Gesichter dieser Köpfe wirken fremdartig, zum Teil fast fratzenhaft. Sollten reale Individuen gezeigt werden? Sollten unterschiedliche Rassen im Stein verewigt werden? Leider können wir die starren Mienen nicht wie ein Buch lesen. Was sie uns wohl zu erzählen hätten? Prof. Hans Schindler-Bellamy, österreichischer Archäologe, erkundete intensiv Tiahuanaco, zum Verfasser: »Womöglich begann die Geschichte Südamerikas vor vielen Jahrtausenden in Tiahuanaco. Womöglich war sie sehr viel älter als die Kulturen von Sumer und Ägypten!«

Das Werk von
Archäologen
Foto: W-J.Langbein
Zur Erinnerung: Das »Museo Submisubterraneo Tiwanaku«, La Paz, ist ein Freilichtmuseum der besonderen Art: Die archäologischen Kostbarkeiten werden auf einem weitestgehend im Erdboden versenkten Platz zur Schau gestellt. Diese besondere Form wurde ganz bewusst gewählt. Die Erbauer des Museums imitierten einen »Tempel« von Tiahuanaco, 4.000 Meter über dem Meeresspiegel!

Nähert man sich der Anlage von Tiahuanaco auf einem kleinen Trampelpfad, so stößt man auf einen im Boden versenkten Tempel. In den Wänden sind seltsame Kopfskulpturen eingelassen, nach Gutdünken der Archäologen. Prof. Hans Schindler-Bellamy: »Dieser versenkte Platz ist so etwas wie ein Vorhof zum eigentlichen ›Tempel‹ von Tiahuanaco gewesen!«

Vom »versenkten Tempel«, den das Freilichtmuseum von La Paz imitiert, führt – nach Westen – eine steinerne Treppe empor zu einem Tor. Dieses Tor, flankiert von zwei tonnenschweren Monolithen, ist weit mehr als »nur« ein Eingang. Just zur Tag-und-Nachtgleiche geht die Sonne präzise in diesem steinernen Tor auf. Und wenn man vom versenkten Tempel aus gen Westen blickt ... just zum Termin der Tag- und Nachtgleiche ... konnte man erkennen, dass ein steinerner Riese mit roboterhaften Zügen exakt diese Position der Sonne markierte!

Versenkter Tempel von Tiahuanaco
Foto: Dr.Eugen Lehle
So beeindruckend das heutige Tiahuanaco auch ist ... wie imposant muss das Original gewesen sein, bevor es von Vertretern der ach so hoch stehenden europäischen Kultur verwüstet wurde! So beklagt Edmund Kiss in seinem Werk über »Das Sonnentor von Tihuanaku« (1): »Es ist ein Wunder, dass in Tihuanaku überhaupt noch Stein vorhanden ist, und wenn die übrig gebliebenen Blöcke nicht so schwer wären, dass sie sich dem Abtransport passiv widersetzten, und wenn sie nicht so fest wären, dass sie den Pistolenschießübungen fremder Touristen Trotz böten, und selbst Sprengversuche mit Pulver und Dynamit nicht immer zu dem gewünschten Ergebnis geführt haben, so wäre ganz sicher nichts mehr übrig.«

Weiter schreibt Kiss (2): »Zweifellos ist das Ruinenfeld schon seit Jahrtausenden von den vielen Völkern und ihren Herren … ausgeplündert worden, angefangen bei den Inkas bis zurück zu den Völkern aus dem Dunkel der vorgeschichtlichen Zeit. Dennoch war das, was an Plünderungen geschehen war, nichts gegen das, was das vordringende Christentum der Conquista in dieser Hinsicht geleistet hat. Spanische Chronisten der ersten Jahrzehnte der Eroberung erzählen von ragenden Mauern, die sie in Tihuanaku vorgefunden hätten.«

Die Treppe zum steinernen Tor
Foto: W-J.Langbein
Sie wurden als Steinbrüche benutzt, in christlichen Kirchen verbaut ... und mehr schlecht als recht von Archäologen »rekonstruiert«. Bedauernd stellt Kiss fest (3): »So ist die Kalasasaya, die weiträumige Sonnenwarte der vorgeschichtlichen Astronomen, verstümmelt worden.«

Als ich in den engen und niedrigen Gang kroch, hatte ich eine vage Hoffnung. Laut Prof. Hans Schindler-Bellamy gab es vor rund 90 Jahren auf dem Areal von Tiahuanaco noch Zugänge zu unterirdischen Räumen, deren Wände glatt wie Glas gewesen seien. Die mit unglaublicher Präzision zugeschnittenen Blöcke sollen millimetergenau aufeinander abgestimmt und zusammengefügt worden sein ... vor vielen Jahrtausenden. Diese Zugänge wurden, so Prof. Hans Schindler-Bellamy, zugeschüttet. Ich muss zugeben: Zumindest ein klein wenig hoffte ich, in einen dieser verschollenen Räume zu gelangen ... Eine solche Entdeckung war mir aber nicht gegönnt. Ich gelangte irgendwann wieder ins Freie ...

Wird man diese Räume je wieder entdecken? Sucht man überhaupt nach ihnen? Fakt ist: Allenfalls ein Prozent von Tiahuanaco wurde bislang ausgegraben. Es fehlt am Geld. Und ausländische Investoren kommen aus Nationalstolz nicht zum Zuge ...


Fußnoten
1 Kiss, Edmund: »Das Sonnenthor von Tihuanaku«, Leipzig 1937, S. 41 u. 42
2 ebenda, S.42
3 ebenda


Das Sonnentor
Das Geheimnis der Anden IV,
Teil 125 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein«,
erscheint am 10.06.2012



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