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Sonntag, 25. Juni 2017

388 »Kein Ballon für den Inka!«

Teil  388 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein
                      

Fotos 1 und 2: Nazca
Der Pilot meint es gut mit mir. Er bringt seine kleine Propellermaschine in Schieflage, so dass sich nun die berühmte Ebene von Nazca unter mir schier endlos ausbreitet. So habe ich einen perfekten Blick nach unten und kann so gut es geht fotografieren. Die zerkratzte, teilweise fast milchig-trübe kleine Fensterscheibe trübt aber die Freude. Trotzdem ist der Anblick fantastisch. Weder Fotos, noch Filme können die fantastisch anmutende Wirklichkeit von Nazca wirklich wiedergeben. Das Staunen lernt man, wenn man die Hochebene aus einem Flugzeug sieht. Sie wurde als riesige »Leinwand« benutzt. Freilich wurde nicht mit Farben gemalt.

Unter mir breitet sich die trockene, wüstenartige Hochebene von Nazca aus. Zwischen dem Río Nazca und dem Río Ingenio wurden vor rund zwei Jahrtausenden auf gut 500 Quadratkilometer riesige Darstellungen von Tieren vom Affen bis zum Walfisch in den trockenen Boden gescharrt, die im vollen Umfang nur vom Himmel aus erfasst werden können. Die kilometerlangen Linien und Bahnen sind sogar vom Weltall aus zu erkennen. Satellitenbilder lassen staunen.

1927 gilt als das Jahr der Entdeckung der Riesenbilder. 90 Jahre später weiß man immer noch nicht, wie viele der riesenhaften Bildnisse insgesamt einst im Boden verewigt wurden. Die unbekannten Künstler kratzten lediglich eine dunkle Schicht des bräunlichen Bodens weg, bis der hellere Untergrund zum Vorschein kam. Sie »zeichneten« gigantische Geoglyphen für wen auch immer. Im Lauf der Jahrhunderte verschwanden viele Erdzeichnungen wieder unter einer Staubschicht, die wieder verkrustete. Manchmal tauchen sie in unseren Tagen wieder auf, wie jene 24 Scharrbilder, die erst im Sommer 2015 von Forschern der Universität von Yamagata etwa 1,5 Kilometer nördlich von Nazca »entdeckt« wurden. Seit 2004 haben die emsigen Wissenschaftler aus Japan immerhin 50 Geoglyphen wieder gefunden, die vermutlich von starken Bodenwinden neuerlich freigelegt worden waren. Sie sollen besonders alt, noch vor dem Riesenkolibri geschaffen worden sein.

Für wen waren die gewaltigen Geoglyphen gedacht? Wer sollte sie sehen? Jim Woodman behauptet: Nazca war ein Startplatz für Heißluftballone. Seit vierzig Jahren bekomme ich immer wieder zu hören: »Jom Woodman hat seine Theorie vom Flug mit Heißluftballons über Nazca experimentell bewiesen!« Hat er das? Nicht wirklich!

Foto 3: Santo Domingo, Vordereingang, Foto Ingeborg Diekmann

 Jim Woodman ließ von der Firma Raven einen riesigen »Ballon« aus Baumwollstoff anfertigen. Für »Condor 1« durften nur Materialien verwendet werden, die auch den Menschen der Nazca-Kultur zur Verfügung standen. Der Koloss wurde auf der Hochebene von  Nazca mit heißem Rauch aus einem mächtigen Holzfeuer »betankt«. Die feinen Rußpartikel dichteten die Ballonhülle von innen ab, so dass die Hitze des Feuers nicht mehr entweichen konnte. So blähte sich der Ballon nach stundenlanger Befeuerung in der Nacht auf, erreichte am Morgen schließlich die Höhe eines zehnstöckigen Hauses.

Unter dem Ballon hing eine beängstigend kleine »Gondel«, aus Binsen geflochten, 2,5 Meter lang und 1,5 Meter hoch. Darauf nahmen Jim Woodman und Julian Nott Platz, sprich sie klemmten sich die schmale »Gondel« zwischen die Beine. Dann ging es auch schon los. Die Leinen wurden gekappt. Die Reise zur Sonne konnte beginnen (1):

Foto 4: Rückseite von Santo Domingo mit  Inkamauer

»Der Aufstieg dauerte 45 Sekunden, ehe er aufhörte. Es war, als ob ein Fahrstuhl nach langer Fahrt im obersten Stock ankäme. Es schien, als ob wir für einen Augenblick aufwärts gezogen würden und dann wieder ins Gleichgewicht zurückfielen. Als ich von unserem Binsenboot nach unten schaute, baumelten wir fast 130 Meter über der Wüste. Die Aussicht war unglaublich.«  Nach nur zwei Minuten ging es wieder rapide abwärts. Woodman und Nott kamen wieder heil am Boden an, sprangen von ihrer »Banane« und der Ballon schoss wieder in die Höhe. 400 Meter über den Riesenbildern driftete er, vom Wind getrieben, dahin, um dann (2) »mehrere Kilometer entfernt auf dem Wüstenboden« aufzuschlagen. Knapp eine Viertelstunde hatte sich »Condor 1« am Himmel gehalten. Bis zur Sonne hatte es der Ballon nicht geschafft.

Man stelle sich vor: Der Leichnam des einstigen Inka wurde mit so einem Ballon gen Himmel geschickt, um nach Minuten wieder vom Himmel zu fallen. Ein würdevoller Abschied von einem mächtigen Herrscher sieht anders aus. Nach Jim Woodman diente bei der Luftbestattung des Inka die Feuerhitze nur als Starthilfe. Sobald der Ballon ausreichend Höhe erreicht haben würde, sollte die Sonne das Luft-Rauch-Gemisch im Ballon ausreichend erwärmen, um ihn stundenlang am Himmel zu halten.

Foto 5: Blick in die Inka-»Gruft«.

Ein Absturz auf den Wüstenboden wäre, so Woodman, dem Inka erspart geblieben. Die Winde hätten sein Ballongeführt gen Westen getrieben. Irgendwo wäre er dann mit Ballon im Pazifik versunken. Unbewiesen ist bis heute, dass die Sonnenwärme tatsächlich so einen »Nazca-Ballon« stundenlang am Himmel schweben lassen würde. Einen entsprechenden Versuch hat Jim Woodman erst gar nicht gewagt. Und dann wären da noch die von Woodman bemühten Winde, die aber in der Regel von West nach Ost wehen. Der »Inka-Ballon« wäre also nicht aufs Meer, sondern landeinwärts gedriftet und über Land abgestürzt. Es ist also falsch, wenn Woodman schreibt (3): »›Der Ballon müßte wahrscheinlich im Pazifik heruntergegangen sein. Der tote Inka, der darin fuhr, kehrte zurück zur Sonne – so mußte es aussehen.‹›Sagen die Legenden nicht so.?‹« Nein, Mr. Woodman, die Legenden sagen nicht so. Der tote Inka reiste nicht per Heißluftballon gen Himmel, um dann – pietätlos – abzustürzen. Eine solche Vorgehensweise wäre mit der immensen Verehrung der sterblichen Überreste der Inka nicht vereinbar gewesen.

Vielmehr wurden den toten Inka-Herrschern als Mumie große Ehren zuteil. In Cuzco trug man die reich geschmückten Mumien durch die Straßen. In edelste Gewänder gehüllt wurden sie wie lebende Menschen behandelt, mit Speisen und Getränken versorgt und bei Dürrekatastrophen durch die Felder getragen, um es wieder regnen zu lassen. Auch an Festivitäten ließ man sie teilnehmen, wie zu Lebzeiten von einem Heer von Dienern umsorgt.

Foto 6: Unvorstellbare Schätze fanden die Spanier im Sonnentempel.

Anschließend brachte man sie wieder in den Coricancha-Tempel, in den »Sonnentempel« von Cuzco, also ins Zentralheiligtum. Nach Garcilaso de Vega, setzte man die Mumien auf goldene Throne im Allerheiligsten. Die Versammlung der Inka-Mumien mutet heute gruselig an. Dort glänzte eine mannshohe Scheibe aus massivem Gold, die die Sonne darstellen sollte. So gesehen reiste jeder tote Inka tatsächlich zur Sonne, die aber stand nicht am Himmel, sondern im Sonnentempel von Cuzco. Übrigens das Herz der Inka wurde in Ollantaytambo bestattet.

Auch Ollantaytambo beeindruckt heute noch. Mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit wurden gewaltige Steinquader transportiert und millimetergenau zusammengefügt. Wie die Inka die edlen Toten mumifizierten, welche Techniken sie anwandten, ist bis heute weitestgehend unbekannt.

Foto 7: Mauerwerk von Ollantaytambo.

 Die Zerstörungswut der spanischen Eroberer hatte auch vor dem Inkaheiligtum nicht halt gemacht. Vom einst stolzen Bau war nur noch eine Ruine erhalten mit einzelnen Räumen, als anno 1650 Cuzco von einem schweren Erdbeben heimgesucht wurde. Über den Trümmern des Tempels wurde das Kloster von Santo Domingo erbaut. Nur vier Räume des einst gewaltigen Tempels wurden von den Klosterbrüdern weiter genutzt. Anno 1950 gab es wieder ein sehr schweres Erdbeben und siehe da… Es wurden Mauerreste des Tempels freigelegt.

Heute kann man in die »Unterwelt« des Klosters steigen und auch den Raum besuchen, der den Inka-Mumien als »Mausoleum« diente. Die herrlichen sakralen Kunstwerke der Inka gibt es natürlich nicht mehr. Die »zivilisierten« Eroberer haben sie eingestampft und zu Barren gegossen. So konnte das Inka-Gold viel leichter nach Europa geschafft werden.

Fotos 8 und 9: Inka-Mauerwerk - oder älter?

Mich beeindruckt die unglaubliche Präzision, mit der die Steine des Tempels zu Inkazeiten – oder schon früher – millimetergenau bearbeitet werden konnten. Die Steine wirken wie maschinell poliert. Geht man um die Kirche von Santo Domingo herum, erkennt man an der Rückseite Teile der alten »Inkamauer«, so sie denn überhaupt ein Werk der Inka ist. Ich halte es für durchaus möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass die Inka ihrerseits einen noch älteren Vorgängerbau übernommen haben. Darüber kann man diskutieren. Zweifelsfrei aber steht fest, dass die Hochebene von Nazca nicht als Startplatz für Inka-Heißluftballons diente. Die Inka hatten keine Verbindung zu Nazca. Und die Nazca-Kultur – mindestens ein Jahrtausend älter als die der Inka – schickte auch keine Toten per Heißluftballon gen Himmel. Die Toten von Nazca wurden feierlich begraben. Je vornehmer der Tote war, desto tiefer hob man sein Grab aus.

Foto 10: Bahnen, Bahnen, Bahnen ...

Am 31. Januar 1977 vermeldete DER SPIEGEL (4): »Mit einem aufsehenerregenden Experiment hat der Amerikaner Jim Woodman nachzuweisen versucht, daß südamerikanische Indianer bereits 500 nach Christus die Technik der Heißballonfahrt beherrschten.« Einer kritischen Überprüfung hält Woodmans These freilich nicht stand. Die Hochebene von Nazca bleibt nach wie vor rätselhaft. Eine »großartige Anlage eines Totenkults« war, wie DER SPIEGEL abschließend suggeriert, die »Nazca-Ebene mit ihren mythischen Zeichnungen« jedenfalls nicht.

Der Pilot meint es gut mit mir. Er bringt seine kleine Propellermaschine in Schieflage, so dass sich nun die berühmte Ebene von Nazca unter mir schier endlos ausbreitet. So habe ich einen perfekten Blick nach unten und kann so gut es geht fotografieren. Bahnen.. Bahnen.. Bahnen, soweit das Auge reicht! Ich fotografiere begeistert. Das macht auch mein Reisekollege, dem freilich der manchmal doch etwas wackelige Flug der kleinen Propellermaschine zu schaffen macht. Nach der Landung kriecht er, mit Übelkeit kämpfend aus der Maschine und wankt, kreidebleich, einige Schritt zum Rand der Start- und Landepiste, die freilich eher an einen besseren Feldweg erinnert. Erschöpft lässt er sich im Rasen nieder und starrt teilnahmslos in den Himmel.

Fußnoten
1) Woodman, Jim: »Nazca/ Mit dem Inka-Ballon zur Sonne«, München 1977, Seite 206, Zeilen  5-11 von oben
2) ebenda, Seite 210, Zeilen 3 und 4
3) ebenda, Seite 96, Zeilen 9-13 von unten
4) »Flug der Könige«, DER SPIEGL 6/ 1977


Foto 11: Großer, großer Vogel

Zu den Fotos
Fotos 1 und 2: Nazca ... Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Santo Domingo, Vordereingang, Foto Ingeborg Diekmann
Foto 4: Rückseite von Santo Domingo mit  Inkamauer, wikimedia commons, Foto Håkan Svensson (Xauxa)
Foto 5: Blick in die Inka-»Gruft«. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Unvorstellbare Schätze fanden die Spanier im Sonnentempel. Fotos und Collage Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Mauerwerk von Ollantaytambo. Foto Walter-Jörg Langbein
Fotos 8 und 9: Inka-Mauerwerk - oder älter? Fotos Walter-Jörg Langbein
Foto 10: Bahnen, Bahnen, Bahnen ... Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 11: Großer, großer Vogel. Foto Walter-Jörg Langbein

389 »Von Pyramiden und von der Angst vor den Toten«,
Teil  389 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,                       
erscheint am 2.7.2017



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Sonntag, 19. August 2012

135 »Gold, Gold ... Gold«

Teil 135 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein








Santo Domingo
Foto: Håkan Svensson (Xauxa)
»Als Pizarro am 15. November 1533 in Cusco (Cuzco) einritt, muss die Stadt unermesslich reich und schön gewesen sein. Pizarro ließ fast alles Gold und Silber zusammentragen und einschmelzen, die Paläste zerstören, doch gegen viele Mauern hatte er – zum Glück – keine Chance. Sie dienten dann meist Grundmauern der Kirchen, die die Spanier auf ihnen errichteten – Sinnbild einer aufgepfropften, fremden Kultur.« Mit diesen knappen Worten fasst Kai Ferreira Schmidt (1) treffend den Zusammenprall zweier Kulturen in Peru zusammen: Christliches Abendland begegnet dem »heidnischen« Inka-Reich. In kürzester Zeit wird eine uralte Kultur ausgeplündert und ausgelöscht. Im Foto markiert: die stattliche Inkamauer im christlichen Gotteshaus, die allen Erdbeben trotzte ...

Wer im Theaterstück »Eroberung des Inkareiches« den Part der Barbaren spielt ... verdeutlichen Pizarros Gefangennahme des Inka-Herrschers und die anschließende Lösegelderpressung. Ein großer Raum – fünf Meter lang, drei Meter hoch – wurde von den Inkas mit Kostbarkeiten aus Gold gefüllt, der Inka-Herrscher aber dann doch nicht – wie versprochen – freigelassen, sondern erwürgt. Die Vertreter europäischer Kultur erwiesen sich als übelste Verbrecherbande. Die Plünderer hatten bereits riesige Reichtümer zusammengerafft ... das gewaltige Lösegeld für Atahualpa bereitete ihnen dann Probleme (2):

Santo Domingo,
Inkamauer von innen
»Dieser Handel war ganz nach dem Geschmack der Spanier. Sie hatten schon gewaltige Beute gemacht, doch jetzt gingen ihnen die Augen über, als sie sahen, wie die Kammer gefüllt wurde. Und dann wußten sie nicht, wie sie all die kunstvollen Teller, Schüsseln, Gefäße, Schmuckstücke und Kunstwerke untereinander verteilen sollten.
So mussten fünf Wochen lang indianische Goldschmiede die Erzeugnisse ihrer Kunstfertigkeit in gleichmäßige Barren von gleichem Gewicht einschmelzen – ein überzeugender Beweis für das überragende Kulturniveau des abendländischen Menschen.«
Was für eine Barbarei! So wurden Kunstschätze in unvorstellbaren Massen unwiederbringlich zerstört. Dieses Schicksal wurde auch den Kostbarkeiten aus dem Qoricancha zuteil. Qoricancha war keineswegs nur ein Tempel, sondern ein sakraler Bezirk in Cuzco ... das zentrale Heiligtum des Inkareiches. Was die Inka-Baumeister errichteten, das hatte Bestand! So wurden der zum Teil kunstvoll rund geschwungene Inkamauer an der Rückseite von Santo Domingo von mehreren Erdbeben keine nennenswerten Schäden zugefügt.

Die millimetergenau zugeschnittenen und glatt polierten Steine der Inkas behielten weitestgehend ihren Platz ... späteres Mauerwerk fiel oft in sich zusammen.

Santo Domingo,
Inkamauer von innen
Der legendäre erste Inka-Herrscher, Manco Capac, hatte sich eine fürstliche Residenz bauen lassen. Der Inka Capac Yupanki weihte die altehrwürdigen Bauten dem Sonnengott Inti. So wurde aus einem weltlichen ein sakral-göttlicher Palast.
Die Gold- und Silberschätze aus dem Tempel-Areal sind von den Spaniern geraubt worden ... die Tempelmauern, so nahm man an, hatten die Conquistadores allesamt eingerissen. Dann kam es im Jahr 1950 zu einer schlimmen Erdbebenkatastrophe ... und die Naturgewalten brachten Überreste des ehemaligen Sonnenheiligtums zutage! Im Kloster und in der Kirche Santo Domingo sind heute noch Teile der einstigen Sakralbauten zu besichtigen.

Betritt man das Kloster, so sieht man schon vom Eingang her den weiträumigen Hof der Mönche. Rechts und links von den Kreuzgängen finden sich die traurigen Überbleibsel uralter Inka-Baukunst.

Das düster wirkende Mauerwerk
war einst von Gold und Silber
überzogen. Foto: W-J.Langbein
Auf mich macht das Gemäuer einen tristen Eindruck ... zu Zeiten der Inkas aber glänzte hier das pure Gold! Zur linken Seite hin trifft man auf Überbleibsel des »Tempels des Regenbogens«. In steinernen Trapez-Nischen wurden hier Götterstatuen aus purem Gold verehrt. Die Spanier ließen sie einschmelzen. Im »Zentralheiligtum« herrschte zu Zeiten der Inkas absolute Stille. Auf goldenen Thronen saßen die Mumien der Inka-Herrscher. Ihre Gesichter waren von Masken aus Gold bedeckt. Als Zeichen der Autorität hielten die Mumien Szepter ... aus Gold. Ihre Kleidung entsprach dem hohen Rang der Herrscher, aus kostbarer Vicuna-Wolle gewebt. Üppiger Goldschmuck zierte die als »heilig« angesehenen Mumien. Die Spanier schändeten die Toten. Rissen ihnen Goldmasken und Goldschmuck ab, raubten die goldenen Ehrenzeichen und verbrannten die Toten.

Es grenzt an ein Wunder, dass heute noch im christlichen Heiligtum Santo Domingo altehrwürdiges Inka-Mauerwerk zu sehen ist. So überstanden Teile des Mondtempels die Zerstörungswut der Spanier und der christlichen Bauherren. Im Mondtempel, so wird überliefert, huldigte man dem Mond, der als massive Scheibe aus Silber präsent war. Verehrung des Mondes weist auf die Tradition der Göttin hin ... die im Christentum auch heute noch nicht nur geduldet, sondern gefördert wird. Allerdings wurde aus der heidnischen Mondgöttin die christliche »Mutter Gottes«. In zahllosen Darstellungen aus vielen Jahrhunderten steht sie ... auf einer Mondsichel.

Santo Domingo - Der Tempel in der
Kirche - Foto: Upload Bot (Colegota)
So nimmt es nicht wunder, dass die Mumien der verstorbenen Frauen der mächtigen Inka-Herrscher im Mondtempel auf silbernen Thronen saßen. Und es bedarf eigentlich nicht der Erwähnung, dass auch diese Toten von den Spaniern geschändet, beraubt und verbrannt wurden! Wo blieb da der Respekt vor der Totenruhe?

Von den Gold- und Silberschätzen der Inkas ist so gut wie nichts geblieben. Von den Bauten des Tempel-Bereichs von Cuzco überstanden Mauerreste die Jahrhunderte ... und die sind nach wie vor imposant! So erinnern manche Türen zwischen einzelnen »Zimmern« an Tresore unserer Zeit. Sie sind aber nicht aus Metall, sondern aus Stein. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Präzision oftmals härtester Stein geschnitten und poliert wurde!

Wenn man es schafft, den aufmerksamen »Wächtern« der Kirche zu entkommen, dann kann man auch da oder dort gespannte Seile missachten und so manches »versteckte« Mauer-Relikt aus Inka-Zeiten bewundern. Ich stand vor so manchem »Eingang« aus Stein ... und fragte mich, wie wohl die Tür ausgesehen haben mag. Waren die Türen ebenso massiv wie die »Rahmen«? Dienten sie als Schutz für die Kostbarkeiten aus Gold und Silber? Ich glaube nicht: Den Inkas waren die Heiligtümer ihrer Göttinnen und Götter sakrosankt. Kein noch so armer Bauer hätte sich an den Kostbarkeiten vergriffen!

Tresortüren aus Stein
Fotos: W-J.Langbein
Was mir trotz mehrerer Anläufe nicht gelang ... Die Kirche von Santo Domingo wurde auf Tempelmauern der Inkas gebaut. Und die wichtigsten Tempel der Inkas waren nicht zufällig positioniert: Sie standen auf unterirdischen Gängen, auf einem angeblich gewaltigen unterirdischen System von Tunneln. Von den Tempeln aus konnte man in die mysteriöse Unterwelt hinabsteigen. In dieser Unterwelt sollen noch heute gewaltige Goldschätze versteckt sein, die von mutigen Inkas vor den geldgierigen Spaniern in Sicherheit gebracht werden konnten.

Mir wurde wiederholt versichert, dass mehrere Eingänge in die Unterwelt von Cuzco entdeckt wurden ... auch in der Kirche von Santo Domingo. Man zeigte mir einen Bretterverschlag, hinter dem sich angeblich so eine Tür befinden soll! Warum bleibt sie verschlossen? Warum wurde es nicht schon lange einer Kommission von internationalen Forschern ermöglicht, in die mysteriöse Unterwelt zu steigen.
Ein Pater erklärte mir in Santo Domingo: »Das Lösegeld für Atahualpa kam aus allen Teilen des Inkareiches. Die schwer bepackten ›Karawanen‹ waren oft viele Wochen unterwegs, bis sie in Cuzco ankamen! Nachdem Atahualpa ermordet worden war, trafen immer noch unermessliche Schätze ein. Es soll einer nahen Verwandten Atahualpas gelungen sein, beträchtliche Schätze vor den Spaniern zu verbergen und in den Chinkanas unter Cuzco zu verbergen!«

Von den Spaniern
zerschlagenes
Mauerwerk.
Foto: W-J.Langbein
Bewundernswert ist die Steinmetzkunst aus Inka-Zeiten. Keine Frage: Die Baumeister der »wilden« Inkas waren jenen der »zivilisierten« Europäer überlegen! Die Inkas hatten wahre Meister der Goldschmiedekunst und der Steinbearbeitung ... die Eroberer waren »Meister« im Rauben, Zerstören und Töten! Wenn Nachfahren der stolzen Inkas wissen, wo noch Goldschätze aus Atahualpas Zeiten verborgen sind .... warum sollten sie das Geheimnis den Nachkommen jener Räuber offenbaren, die einst den Inka-Regenten ermordeten und die Kultur der Inkas zerstörten?

Fußnoten
1 Schmidt, Kai Ferreira: »Peru Bolivien«, 2. vollständig überarbeitet und erweiterte Auflage, Markgrönningen, 6/ 2000, S. 192 unten und S. 193 oben
2 Leithäuser, Joachim G.: »Ufer hinter dem Horizont«, Berlin 1968, S. 191


»Der Astronaut von Palenque«,
Teil 136 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 26.08.2012


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