Sonntag, 19. August 2012

135 »Gold, Gold ... Gold«

Teil 135 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein








Santo Domingo
Foto: Håkan Svensson (Xauxa)
»Als Pizarro am 15. November 1533 in Cusco (Cuzco) einritt, muss die Stadt unermesslich reich und schön gewesen sein. Pizarro ließ fast alles Gold und Silber zusammentragen und einschmelzen, die Paläste zerstören, doch gegen viele Mauern hatte er – zum Glück – keine Chance. Sie dienten dann meist Grundmauern der Kirchen, die die Spanier auf ihnen errichteten – Sinnbild einer aufgepfropften, fremden Kultur.« Mit diesen knappen Worten fasst Kai Ferreira Schmidt (1) treffend den Zusammenprall zweier Kulturen in Peru zusammen: Christliches Abendland begegnet dem »heidnischen« Inka-Reich. In kürzester Zeit wird eine uralte Kultur ausgeplündert und ausgelöscht. Im Foto markiert: die stattliche Inkamauer im christlichen Gotteshaus, die allen Erdbeben trotzte ...

Wer im Theaterstück »Eroberung des Inkareiches« den Part der Barbaren spielt ... verdeutlichen Pizarros Gefangennahme des Inka-Herrschers und die anschließende Lösegelderpressung. Ein großer Raum – fünf Meter lang, drei Meter hoch – wurde von den Inkas mit Kostbarkeiten aus Gold gefüllt, der Inka-Herrscher aber dann doch nicht – wie versprochen – freigelassen, sondern erwürgt. Die Vertreter europäischer Kultur erwiesen sich als übelste Verbrecherbande. Die Plünderer hatten bereits riesige Reichtümer zusammengerafft ... das gewaltige Lösegeld für Atahualpa bereitete ihnen dann Probleme (2):

Santo Domingo,
Inkamauer von innen
»Dieser Handel war ganz nach dem Geschmack der Spanier. Sie hatten schon gewaltige Beute gemacht, doch jetzt gingen ihnen die Augen über, als sie sahen, wie die Kammer gefüllt wurde. Und dann wußten sie nicht, wie sie all die kunstvollen Teller, Schüsseln, Gefäße, Schmuckstücke und Kunstwerke untereinander verteilen sollten.
So mussten fünf Wochen lang indianische Goldschmiede die Erzeugnisse ihrer Kunstfertigkeit in gleichmäßige Barren von gleichem Gewicht einschmelzen – ein überzeugender Beweis für das überragende Kulturniveau des abendländischen Menschen.«
Was für eine Barbarei! So wurden Kunstschätze in unvorstellbaren Massen unwiederbringlich zerstört. Dieses Schicksal wurde auch den Kostbarkeiten aus dem Qoricancha zuteil. Qoricancha war keineswegs nur ein Tempel, sondern ein sakraler Bezirk in Cuzco ... das zentrale Heiligtum des Inkareiches. Was die Inka-Baumeister errichteten, das hatte Bestand! So wurden der zum Teil kunstvoll rund geschwungene Inkamauer an der Rückseite von Santo Domingo von mehreren Erdbeben keine nennenswerten Schäden zugefügt.

Die millimetergenau zugeschnittenen und glatt polierten Steine der Inkas behielten weitestgehend ihren Platz ... späteres Mauerwerk fiel oft in sich zusammen.

Santo Domingo,
Inkamauer von innen
Der legendäre erste Inka-Herrscher, Manco Capac, hatte sich eine fürstliche Residenz bauen lassen. Der Inka Capac Yupanki weihte die altehrwürdigen Bauten dem Sonnengott Inti. So wurde aus einem weltlichen ein sakral-göttlicher Palast.
Die Gold- und Silberschätze aus dem Tempel-Areal sind von den Spaniern geraubt worden ... die Tempelmauern, so nahm man an, hatten die Conquistadores allesamt eingerissen. Dann kam es im Jahr 1950 zu einer schlimmen Erdbebenkatastrophe ... und die Naturgewalten brachten Überreste des ehemaligen Sonnenheiligtums zutage! Im Kloster und in der Kirche Santo Domingo sind heute noch Teile der einstigen Sakralbauten zu besichtigen.

Betritt man das Kloster, so sieht man schon vom Eingang her den weiträumigen Hof der Mönche. Rechts und links von den Kreuzgängen finden sich die traurigen Überbleibsel uralter Inka-Baukunst.

Das düster wirkende Mauerwerk
war einst von Gold und Silber
überzogen. Foto: W-J.Langbein
Auf mich macht das Gemäuer einen tristen Eindruck ... zu Zeiten der Inkas aber glänzte hier das pure Gold! Zur linken Seite hin trifft man auf Überbleibsel des »Tempels des Regenbogens«. In steinernen Trapez-Nischen wurden hier Götterstatuen aus purem Gold verehrt. Die Spanier ließen sie einschmelzen. Im »Zentralheiligtum« herrschte zu Zeiten der Inkas absolute Stille. Auf goldenen Thronen saßen die Mumien der Inka-Herrscher. Ihre Gesichter waren von Masken aus Gold bedeckt. Als Zeichen der Autorität hielten die Mumien Szepter ... aus Gold. Ihre Kleidung entsprach dem hohen Rang der Herrscher, aus kostbarer Vicuna-Wolle gewebt. Üppiger Goldschmuck zierte die als »heilig« angesehenen Mumien. Die Spanier schändeten die Toten. Rissen ihnen Goldmasken und Goldschmuck ab, raubten die goldenen Ehrenzeichen und verbrannten die Toten.

Es grenzt an ein Wunder, dass heute noch im christlichen Heiligtum Santo Domingo altehrwürdiges Inka-Mauerwerk zu sehen ist. So überstanden Teile des Mondtempels die Zerstörungswut der Spanier und der christlichen Bauherren. Im Mondtempel, so wird überliefert, huldigte man dem Mond, der als massive Scheibe aus Silber präsent war. Verehrung des Mondes weist auf die Tradition der Göttin hin ... die im Christentum auch heute noch nicht nur geduldet, sondern gefördert wird. Allerdings wurde aus der heidnischen Mondgöttin die christliche »Mutter Gottes«. In zahllosen Darstellungen aus vielen Jahrhunderten steht sie ... auf einer Mondsichel.

Santo Domingo - Der Tempel in der
Kirche - Foto: Upload Bot (Colegota)
So nimmt es nicht wunder, dass die Mumien der verstorbenen Frauen der mächtigen Inka-Herrscher im Mondtempel auf silbernen Thronen saßen. Und es bedarf eigentlich nicht der Erwähnung, dass auch diese Toten von den Spaniern geschändet, beraubt und verbrannt wurden! Wo blieb da der Respekt vor der Totenruhe?

Von den Gold- und Silberschätzen der Inkas ist so gut wie nichts geblieben. Von den Bauten des Tempel-Bereichs von Cuzco überstanden Mauerreste die Jahrhunderte ... und die sind nach wie vor imposant! So erinnern manche Türen zwischen einzelnen »Zimmern« an Tresore unserer Zeit. Sie sind aber nicht aus Metall, sondern aus Stein. Es ist immer wieder erstaunlich, mit welcher Präzision oftmals härtester Stein geschnitten und poliert wurde!

Wenn man es schafft, den aufmerksamen »Wächtern« der Kirche zu entkommen, dann kann man auch da oder dort gespannte Seile missachten und so manches »versteckte« Mauer-Relikt aus Inka-Zeiten bewundern. Ich stand vor so manchem »Eingang« aus Stein ... und fragte mich, wie wohl die Tür ausgesehen haben mag. Waren die Türen ebenso massiv wie die »Rahmen«? Dienten sie als Schutz für die Kostbarkeiten aus Gold und Silber? Ich glaube nicht: Den Inkas waren die Heiligtümer ihrer Göttinnen und Götter sakrosankt. Kein noch so armer Bauer hätte sich an den Kostbarkeiten vergriffen!

Tresortüren aus Stein
Fotos: W-J.Langbein
Was mir trotz mehrerer Anläufe nicht gelang ... Die Kirche von Santo Domingo wurde auf Tempelmauern der Inkas gebaut. Und die wichtigsten Tempel der Inkas waren nicht zufällig positioniert: Sie standen auf unterirdischen Gängen, auf einem angeblich gewaltigen unterirdischen System von Tunneln. Von den Tempeln aus konnte man in die mysteriöse Unterwelt hinabsteigen. In dieser Unterwelt sollen noch heute gewaltige Goldschätze versteckt sein, die von mutigen Inkas vor den geldgierigen Spaniern in Sicherheit gebracht werden konnten.

Mir wurde wiederholt versichert, dass mehrere Eingänge in die Unterwelt von Cuzco entdeckt wurden ... auch in der Kirche von Santo Domingo. Man zeigte mir einen Bretterverschlag, hinter dem sich angeblich so eine Tür befinden soll! Warum bleibt sie verschlossen? Warum wurde es nicht schon lange einer Kommission von internationalen Forschern ermöglicht, in die mysteriöse Unterwelt zu steigen.
Ein Pater erklärte mir in Santo Domingo: »Das Lösegeld für Atahualpa kam aus allen Teilen des Inkareiches. Die schwer bepackten ›Karawanen‹ waren oft viele Wochen unterwegs, bis sie in Cuzco ankamen! Nachdem Atahualpa ermordet worden war, trafen immer noch unermessliche Schätze ein. Es soll einer nahen Verwandten Atahualpas gelungen sein, beträchtliche Schätze vor den Spaniern zu verbergen und in den Chinkanas unter Cuzco zu verbergen!«

Von den Spaniern
zerschlagenes
Mauerwerk.
Foto: W-J.Langbein
Bewundernswert ist die Steinmetzkunst aus Inka-Zeiten. Keine Frage: Die Baumeister der »wilden« Inkas waren jenen der »zivilisierten« Europäer überlegen! Die Inkas hatten wahre Meister der Goldschmiedekunst und der Steinbearbeitung ... die Eroberer waren »Meister« im Rauben, Zerstören und Töten! Wenn Nachfahren der stolzen Inkas wissen, wo noch Goldschätze aus Atahualpas Zeiten verborgen sind .... warum sollten sie das Geheimnis den Nachkommen jener Räuber offenbaren, die einst den Inka-Regenten ermordeten und die Kultur der Inkas zerstörten?

Fußnoten
1 Schmidt, Kai Ferreira: »Peru Bolivien«, 2. vollständig überarbeitet und erweiterte Auflage, Markgrönningen, 6/ 2000, S. 192 unten und S. 193 oben
2 Leithäuser, Joachim G.: »Ufer hinter dem Horizont«, Berlin 1968, S. 191


»Der Astronaut von Palenque«,
Teil 136 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 26.08.2012


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