Samstag, 14. Mai 2011

»Ein Buch lesen! - Privat« Heute: Ursula Prem

Im V. und letzten Teil unserer Interview-Serie »Ein Buch lesen! - Privat« stellt sich heute Ursula Prem den Fragen von Grete C. Roth.

g.c.roth: Ursula, Du gehörst zu den Menschen, die man auch Energiebündel nennt. Du sprühst geradezu Ideen aus und bist eigentlich ständig aktiv. Welche Themen interessieren dich im Alltag neben Deiner Arbeit als Autorin?

Ursula Prem
Ursula Prem: Es gibt nur wenige Themen, die mich nicht interessieren. Ob Politik, technische Entwicklungen, Musik, Theater oder Philosophie: Jedes Ding ist eine Möglichkeit, zu verstehen, wie die Welt funktioniert, wenigstens ansatzweise. Manchmal bedauere ich, dass die Zeit nicht ausreicht, um jeden Faden aufzunehmen und bis zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen. Deshalb wohl bereitet mir das Schreiben meiner Freitagskolumne so viel Vergnügen: Es ist eine Gelegenheit, mich eingehend mit einem Thema auseinanderzusetzen und die eigenen Gedanken dazu in eine schlüssige Reihenfolge zu bringen.

g.c.roth: Womit wir wieder beim Schreiben wären. Welche Motivation treibt Dich dabei an?

Ursula Prem: Je nach Art des jeweiligen Textes sind die Motivationen ganz unterschiedlich. Handelt es sich um einen politischen Text, so treibt mich meist die Erkenntnis, dass die Welt vielschichtig und unübersichtlich wie noch nie zuvor geworden ist. Dies führt dazu, dass die größten Sauereien gesellschaftlich akzeptiert werden, einfach deshalb, weil die Zusammenhänge nicht mehr durchschaubar sind.

Die überbordende Bürokratie bei uns. Die Tatsache, dass unser Staat eine gigantische Steuergeldverschwendungsmaschine ist, die sich längst verselbständigt hat und unter der wir alle zu leiden haben. Der Umwelt- und Energiesektor. Nirgendwo herrscht Ordnung. Alles wird durch diffuses Bürokratengeschwafel vernebelt, bis niemand sich mehr auskennt. Im Schatten all der Sprechblasen blühen Ungerechtigkeiten und wiehern die Amtsschimmel, alles rechtsstaatlich abgedeckt. Wer wird schon einen Aufstand machen gegen etwas, das er nicht ansatzweise versteht?

Genau das ist es, was mich antreibt: Themen zu durchleuchten, sie für die Allgemeinheit fassbar zu machen und mich dabei um eine deutliche Sprache zu bemühen. Hierzu bietet das Internet phantastische Möglichkeiten. Das Schweigen, zu dem die Allgemeinheit verdonnert war, so lange die herkömmlichen Medien das Feld beherrschten, ist zu Ende.

Schreibe ich einen belletristischen Text, so motiviert mich dazu das Vergnügen am Entwickeln von Geschichten. Oft bemerke ich dabei Parallelen zur Tätigkeit auf der Opernbühne. Auf einer Bühne entwickelt man ein starkes, richtiggehend körperliches Gespür für dramatische Spannung zwischen den handelnden Figuren innerhalb eines dreidimensionalen Raumes. Aus diesen Erfahrungen schöpfe ich beim Schreiben sehr stark. 

Neuerscheinung:
ABC Walpurgisnacht!
von Ursula Prem
g.c.roth: Welche Bücher hast Du bisher veröffentlicht?

Ursula Prem: Los ging es 2006 mit meinem ersten Roman »Vorsicht Liebensgefahr!«, einem handfesten Psychothriller, in dem es ziemlich zur Sache geht. 2008 folgte der Mysterythriller »2010 - Denn Hass zieht dunkle Kreise«. Danach folgte »Einmaleins Walpurgisnacht! – Rechnen ist (k)eine Hexerei«. Dabei handelt es sich um ein Vorlesebuch für Kinder, in welches ich sämtliche Reihen des Kleinen Einmaleins in Reimform eingebettet habe. Seit seinem Erscheinen im Frühjahr 2009 schaffte das Büchlein es wiederholt in die Kinderbuch-Bestsellerliste seines Verlags, worüber ich mich sehr freue. Übrigens existiert auch eine englische Ausgabe mit dem Titel »Witches’ Tables! - Arithmetic is (not) magic«.
Kürzlich erschienen ist ein Übungsbuch für die Multiplikation, das eine Vielzahl einfach strukturierter aber wirkungsvoller Übungsaufgaben für Grundschüler enthält. Es trägt den Titel »Einfach nur lernen! - Multiplikation«. Zudem ist diesen Monat Band II meiner Walpurgisnacht-Reihe auf den Markt gekommen: »ABC Walpurgisnacht!: Buchstaben sind keine Hexerei«.
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Vorsicht Liebensgefahr!
von Ursula Prem
g.c.roth: Nach Erscheinen Deines Buches »Vorsicht, Liebensgefahr!«, wurde gemunkelt, dass es die Leiche in deinem Bad tatsächlich geben soll. Machen sich solche Gerüchte in der Nachbarschaft bemerkbar?

Ursula Prem: Hin und wieder wurde ich mit diesem Verdacht konfrontiert, ja. Wer mich kennt, der weiß, dass ich sowohl handwerklich als auch kräftemäßig dazu in der Lage wäre, eine Leiche in einem Badezimmer zu vergraben und hinterher alles wieder sauber zu verfliesen. Auch die räumlichen Gegebenheiten des Badezimmers, beispielsweise, dass es nicht unterkellert ist, ähneln denen im Buch frappierend. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass es einige Zeitgenossen gibt, die sich nicht sicher sind, wieviel Wahrheit das Buch enthält. Und ich muss sagen: Je mehr Zeit vergeht, desto mehr zähle ich mich sogar selbst dazu … ;-)

g.c.roth: Im Augenblick arbeitest Du an einer Reihe von Lernbüchern für Schüler der Grundschulen. Was hat Dich dazu bewogen, diese Buchreihe zu starten?

Einfach nur lernen! - Multiplikation
von Ursula Prem
Ursula Prem: Die »Einfach nur lernen!«-Reihe, deren erster Band »Multiplikation« vor wenigen Monaten erschienen ist, habe ich aufgrund der Erfahrungen gestartet, die ich dank meiner Tochter mit dem Schulsystem machen durfte. Auch die Schulen bleiben von der allgemein zu beobachtenden Tendenz zur Vernebelungstaktik nicht verschont. Schon Grundschüler wühlen sich heute durch enorme Papierberge, die weitgehend lustige Männchen zum Ausmalen enthalten. Es wird vieles erklärt, aber nur wenig geübt. Dies führt dazu, dass vieles gewusst, aber nur wenig gekonnt wird. Außerdem entmutigt es die Schüler außerordentlich, wenn sie den Sinn ihrer Arbeit nicht mehr erfassen können. Aus diesen Beobachtungen heraus bin ich auf die Idee gekommen, die Reihe zu starten. Entstehen sollen vier Bände, analog zu den vier Grundrechenarten. Sie fußen auf dem Prinzip der Konzentration auf das Wesentliche. Diese ist uns leider auf allen Linien abhanden gekommen.

Einmaleins
Walpurgisnacht!
von Ursula Prem
Meine Walpurgisnacht-Bücher würde ich hingegen nicht als Lernbücher bezeichnen. Sie richten sich zwar an Vor- und Grundschulkinder und enthalten Grundschullernstoff, sollten aber als witzige Vorlesebücher genossen werden, die man immer wieder mal gerne zur Hand nimmt. Wer Kinder im Vorschulalter hat, wird die Erfahrung gemacht haben, dass sie komplette Märchen sehr schnell Wort für Wort auswendig können, wenn sie einige Male vorgelesen werden. Wort für Wort prägen die Texte sich ein. Das hat mich auf den Gedanken gebracht, wichtige Inhalte wie das Kleine Einmaleins oder das ABC in ein märchenhaftes Sujet einzubetten. Mit dem Einmaleins zu rechnen, das ist in dieser Altersstufe noch gar nicht Thema. Aber das mühsame Auswendiglernen der Einmaleinsreihen, das wird auf diese Weise schon im Vorfeld überflüssig gemacht.

g.c.roth: Hast Du neben den Kinderbüchern weitere Bücher / Krimis / Romane in Planung?

Ursula Prem: Ein in seiner Rohfassung fast fertiger historischer Roman liegt schon lange auf meiner Festplatte. Ihn in Form zu bringen ist eine große Herausforderung, der ich mich mit Sicherheit widmen werde. Bisher fehlte mir dazu ein wenig die Motivation. Schon jetzt, in seiner unfertigen Fassung, in der noch vieles unausgeführt ist, besteht das Manuskript aus über 500 deutschen Normseiten. Unter 700 wird die Endfassung sicher nicht abgehen, eher werden es mehr. Das ist natürlich ein Unding für eine On-Demand-Veröffentlichung im Digitaldruck, denn der Ladenpreis wäre unerschwinglich. Nun stehe ich vor der Entscheidung, die Story entweder in drei Bände aufzuteilen, oder aber eine reine E-Book-Schiene zu fahren, wie das neue Amazon-Kindle-System sie bietet. Vorher aber möchte ich auf jeden Fall noch einige Kinderbücher auf den Weg bringen.

g.c.roth: Wie entstehen Deine Bücher? Hast Du die Handlung bereits fertig im Kopf, wenn Du beginnst, oder entwickelst Du die Story erst während Du schreibst?

2010 - Denn Hass
zieht dunkle Kreise
von Ursula Prem
Ursula Prem: Diesen Prozess vergleiche ich gerne mit einer Reise: Ich kenne den Start- und den Zielpunkt, auch meine Umsteigebahnhöfe. Das ist umso notwendiger, je komplexer eine Geschichte aufgebaut ist. Was genau mir aber auf der Reise begegnet, die Atmosphäre meines Trips, zufällige Mitreisende, all sowas entsteht spontan während des Schreibprozesses. Auch hier sehe ich Parallelen zur Tätigkeit auf einer Bühne. George Tabori sagte einmal: »Man kann nicht Kunst mit dem Atem von gestern machen.« Und genau so ist es. Das Wiederkäuen von vorgestanzten Gedanken, die gestern schon von vorgestern waren, bringt mir im Schreibprozess wenig.

g.c.roth: Du betreibst viele Seiten im Internet als Bloggerin, ist das nicht sehr zeitaufwändig?

Ursula Prem: Das Schreiben von Büchern alleine bringt nicht viel, wenn niemand von der Existenz der Bücher weiß. Deshalb dienen meine zahlreichen Webpräsenzen auch der Eröffnung von Werbekanälen für meine Bücher. Da sich im Internet alles mit allem vernetzt, ist dies ein guter, wenngleich zeitraubender Weg. Da ich jedoch die Möglichkeit liebe, mich in Themen einmischen zu können, die mir auf dem Herzen liegen, betrachte ich das nicht als Last, sondern bin mit großer Freude bei der Sache. Eins meiner Lieblingsprojekte dabei ist natürlich unser Gemeinschaftsblog »Ein Buch lesen!«. Plattformen, die von mehreren Leuten betrieben werden, wachsen nicht nur ungleich schneller, sondern bieten tolle Möglichkeiten der Vernetzung und gegenseitigen Unterstützung, die man alleine so nie auf die Beine stellen könnte.

Ursula Prem als Brünnhilde, bei einer Probe
zu Wagners Götterdämmerung in
Mexiko City. Foto: Martinez
g.c.roth: Du warst bis vor einigen Jahren noch als Opernsängerin aktiv und erfolgreich unterwegs. Einige Kostproben Deiner wunderbaren Stimme kann man auch im Internet genießen. Ist diese Phase komplett abgeschlossen, oder werden wir Dich wieder auf der Bühne sehen und hören?

Ursula Prem: Nein, als abgeschlossen betrachte ich diese Phase nicht. Jedoch habe ich mich zu einer langen Unterbrechung entschlossen, da meine Tochter absolute Priorität hat. Mal eben acht Wochen zu verreisen, um irgendwo eine neue Götterdämmerung einzustudieren, und das öfter im Jahr, das ist einfach nicht drin. Und so genieße ich jetzt die Gelegenheit, nach 17 Jahren Dauerpräsenz auf der Bühne etwas komplett anderes zu machen. Dass ich in ein paar Jahren wieder angreifen werde, denke ich schon. Es gibt da noch ein paar Rollen, die ich noch nie gesungen habe, und die unerhört reizvoll sind, wie beispielsweise die Titelpartie in »Elektra« von Richard Strauss …

g.c.roth: Vielen Dank Ursula für diesen kleinen Einblick in Dein Leben. Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude und Erfolg als Autorin.


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