Ursula Prem |
Die Stresstests für Europas Kernkraftwerke sind abgeschlossen. 145 Atommeiler von Finnland bis Südfrankreich waren nach dem Super-GAU von Fukushima einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden, und die Ergebnisse sind niederschmetternd, wenngleich sie nicht anders zu erwarten waren. Fast alle europäischen Kernreaktoren weisen Sicherheitslücken auf: fehlende Frühwarnsysteme für Erdbeben, unzureichende Ausrüstung bei schweren Unfällen, mangelhafte Abluftsysteme und andere fatale Nachlässigkeiten, die im Ernstfall den entscheidenden Unterschied machen könnten. Kommt es zu einem größeren Erdbeben, ist Europas strahlende Zukunft so gut wie gesichert. Eine entsprechende Nachrüstung der europäischen Nuklearanlagen wäre notwendig, kann von der EU-Kommission jedoch nicht zwingend vorgeschrieben werden. Anders als bei der vorgeschriebenen Größe von Erdbeeren, der gesetzlichen Mindestdicke von Bananen oder der Zwangskonsistenz von Pizza (laut EU-Norm »weich im Biss«) scheint die Handlungskompetenz der EU bei lebenswichtigen Fragen nicht gegeben zu sein.
Kurzatmige politische Strukturen
Das größte
Sicherheitsrisiko der Atomanlagen liegt in einer politischen
Struktur, die im Vier-Jahres-Turnus denkt. Halten die AKWs »mit
Gottes Hilfe« bis zur nächsten Wahl, gibt es keinen Grund für
wilden Aktionismus. Die Aufsicht über eine Technologie, deren
halbwegs dauerhafte Beherrschung einen Jahrtausende langen Atem
braucht, liegt in den Händen einer Bande, deren Vorstellungen von
einer sicheren Zukunft in ihrer Wiederwahl und einem satten
Pensionsanspruch liegen. Beruhigend, nicht wahr?
Ein brauchbarer
Vorschlag immerhin kommt von EU-Energiekommissar Günther Oettinger,
der dafür plädiert nun endlich eine Versicherungspflicht für
Kernkraftwerke einzuführen. Die Haftpflichtrisiken der Kernenergie
liegen, anders als im Falle aller anderen Branchen, nicht bei den
Betreibern, sondern beim Staat. Anders bei Windkraftanlagen: Hier
haften sowohl der Betreiber als auch der Grundstückseigentümer für
alle Schäden. Aufgrund dieser einmaligen Wettbewerbsverzerrung
singen Politiker und Stromkonzerne uns mit gut geölten Stimmen seit
Jahrzehnten das Lied vom billigen Atomstrom vor, das nichts als eine
Lüge ist. Entsprechende Versicherungsprämien zulasten der Betreiber
von AKWs würden zu realistischeren Preisen für Atomstrom führen
und die Energiewende sehr schnell auch wirtschaftlich attraktiv
machen. In der Tat wären die fälligen Versicherungsprämien
wahrscheinlich sogar so hoch, dass ein wirtschaftlicher Betrieb von
AKWs nicht mehr möglich wäre und sie umgehend abgewickelt werden
müssten. Ein guter Gedanke, nicht wahr?
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