Ursula Prem |
Einkaufen im Internet ist in: In Zeiten überfüllter Innenstädte mit schlechten oder überteuerten Parkmöglichkeiten erspart es die unangenehme Schlepperei von Einkaufstüten durch die halbe Stadt. Keine besoffenen Heinis, die einem die Kleidung mit Glühweinkotze überziehen, während man selbst durch den Schneematsch zum nächsten Kaufhaus robbt, um sich ein möglichst hässliches, heruntergesetztes Teil zu sichern, das man Schwiegermama zu Weihnachten verehren kann: »Ein Faltenrock, liebe Schwiegermama, passend zu Deinem Gesicht ...«.
Einkaufen ohne
Stress im Internet: Herz, was willst Du mehr? Der Faltenrock wird
frei Haus geschickt, auf Wunsch gleich als Geschenk verpackt. Dazu
noch der neue Barthaartrimmer, die Play-Station für Sohnemann, ein
weltraumgetestetes Edelstahl-Kochtopfset für die Ehefrau und die
kleinen, schwarzen Dessous für die Geliebte. Große
Online-Kaufhäuser machen es möglich: Alles kommt rechtzeitig an,
ein friedvolles Weihnachtsfest ist mal wieder geribbelt.
Zurück an den Absender
Nach der großen
Bescherung der obligatorische Umtausch. Wie gut, dass es kostenlose
Retouren gibt! Den Spruch mit dem Faltenrock empfand Schwiegermama
als völlig unpassend, also zurückschicken, das Ding: Das
chinesische Tee-Service, das sie stattdessen haben möchte, ist zwar
etwas teurer, aber Strafe muss nun mal sein. Der Barthaartrimmer
rupft etwas und hat auch nur die zweithöchste Bewertungsstufe auf
der angesagtesten Produktbewertungsplattform erhalten, was man im
Kaufrausch übersehen hatte: Rein ins Paket, das Ding ist
durchgefallen! Und dass Sohnemann verkündet hat, mit 17 Jahren sei
er nun definitiv zu alt für die Play-Station, er wünsche sich
stattdessen einen E-Reader der neuesten Generation, ist auch kein
Problem. Die Lösung lautet, na wie wohl? – Klar: zurückschicken!
Schwieriger ist es
mit dem Kochtopfset: Der Ehefrau ist vor Ärger die Suppe angebrannt,
weil sie das Päckchen mit den Dessous in der Manteltasche ihres
Mannes gefunden hatte. Nun lässt der Topf sich nicht mehr richtig
säubern, die Ware sieht einwandfrei gebraucht aus. – Kein Problem: zurückschicken! Ein kulanter Händler regelt den Fall diskret,
ansonsten überziehen wir ihn einfach mit einem Facebook-Shitstorm,
der sich gewaschen hat. Aus demselben Grund wird er schon nicht
meckern, dass die Dessous ein wenig streng riechen, nachdem Mama mit
maliziösem Lächeln Katzenpisse damit aufgewischt hat: Zurück an
den Absender, der kapitalistische Ausbeuter hat es nicht anders
verdient!
Wo Recht zum Betrug wird
Ja, an Weihnachten
läuft die Generation Retoure zur Hochform auf. Doch auch im Rest des
Jahres lässt sie sich nicht lumpen: Was wäre eine Cocktailparty
ohne das Kleine Schwarze, das man schon immer haben wollte, es sich
aber nicht leisten kann? – Ganz einfach: Mittwoch bestellen, Montag
zurückgeben, das Wochenende ist gerettet. – Das erotische
Fotoshooting im Kreise des katholischen Frauenverbands? Undenkbar
ohne die sündigen Stilettos, die man drei Tage vorher bestellt und
einfach am Tag danach zurückschickt. – Ein Sachbuch für ein
Schulreferat? Kein Thema: bestellen, Infos rauskopieren, zurück an
den Absender. Ganz selbstverständlich. Ohne einen Gedanken an die
vielen, schlecht bezahlten Packer zu verschwenden, die sich mit dem
Ein- und Auspacken des ganzen Krempels beschäftigen müssen. An die
Paketboten, die sich tagaus, tagein zu Billigstlöhnen abschleppen
und so das perverse System erst ermöglichen.
Leider spielt das
deutsche Fernabsatzgesetz solchen astreinen Betrügereien in die
Hände: 14 Tage Zeit, bevor zurückgeschickt werden muss,
selbstverständlich kostenneutral für den gebeutelten Verbraucher.
Und so wird bestellt, bis die Leitungen glühen. Ich frage mich echt:
Sind wir alle wahnsinnig geworden?
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