Sonntag, 30. Juni 2019

493. »Kann man Geister fotografieren?«

Teil 493 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein


»Mariä Schutz« ist eine Friedhofskapelle, die auf eine lange, ehrwürdige Vergangenheit zurückblicken kann. Sie wird oft auch »Alte Pfarrkirche« genannt, war sie doch einst die »Laienkirche« von Fischbachau. Begonnen wurde ein erster Vorgängerbau bereits anno 1085 und  anno1087 geweiht. Die in ihrer Schlichtheit beeindruckenden früh-barocken Stuckaturen sind vergleichsweise jung. Sie wurden anno 1630 nach Art der Miesbacher Meister angebracht.Nach einem beeindruckenden Besuch der Kapelle des einstigen Klosters von Birkenstein führen mich kundige und Freunde aus Gerblinghausen zur Kapelle »Mariä Schutz« (1). 

Foto 1: »Mariä Schutz«

Geradezu idyllisch ist der alte Friedhof. Schmiedeeiserne Kreuze, Heiligenfiguren aus Stein und vom Zahn der Zeit arg in Mitleidenschaft gezogene Holztafeln mit uralten bayerischen Namen verleihen dem Gottesacker besonderen Charakter. Hier ruhen die Toten, die »Entschlafenen« wie manche gern umschreiben. Noch heute wagen sich manche Zeitgenossen zu nächtlicher Stunde nicht auf so einen Friedhof. Auch wenn sie es nicht zugeben, vielleicht sogar selbst gar nicht glauben wollen: Sie haben Angst vor »Geistern«. An Geister glaubt der vermeintlich aufgeklärte Mensch mit kühlem Sachverstand natürlich nicht. Nach dem Tod kommt nichts, meinen sie. Andere sind ganz anderer Ansicht. 

Foro 2: Sitting Bull
»Geister gibt es ohne Zweifel, denn sonst könnte man sie nicht fotografieren!« meinen die. Und das schon seit den Kindertagen des Fotografierens. Wirklich? Anno 1872 wurden in England das Medium Mrs. Guppy und der Fotograf Mr. Hudson hofiert. Die Lady rief mental Geister herbei, der Fotograf verewigte sie mit seinem primitiven Apparat. Ein anderes Medium, Mrs. A. E. Deane, war gleichfalls dazu in der Lage, die Geister von Toten herbeizuzitieren, die dann bei Seancen fotografiert wurden. Bei einer Sitzung erschien beispielsweise der Geist eines toten Mädchens. Er wurde gebeten, einen bestimmten Geist herbeizurufen: den des legendären Indianerhäuptling Sitting Bull. Der stolze Jenseitige tauchte wenige Minuten später auf. Ein Vergleich mit dem Titelbild von »My Magazine«, Oktober 1920, ergab eine mehr als erstaunliche Ähnlichkeit.

Foto 3: P. von Hindenburg
Auf Schloss Ostrau begegnete Paul von Hindenburg (*2.10.1847, †2.8.1934), der spätere Reichspräsident, auf der breiten Freitreppe des bei Koethen in Anhalt gelegenen Schlosses einem leibhaftigen Geist. Zunächst hielt von Hindenburg die Erscheinung für eine vornehme Dame aus Fleisch und Blut. Er stellte sich ihr vor. Sie reagierte nicht. Von Hindenburg hielt die Dame für schwerhörig. Als er später sein Erlebnis schilderte, dabei die Dame sehr präzise beschrieb, erfuhr er Erstaunliches: »Das war unser Schlossgeist!« In England ist besonders der »Tower« als Erscheinungsort von Geistern bekannt. Fast ebenso berüchtigt ist Clamis Castle. Der Überlieferung nach soll hier McBeth König Duncan ermordet haben. Auf Claimis Castle, so lautet eine uralte Überlieferung, erscheint immer dann, wenn einem Mitglied des Königshauses ein Unheil droht eine »grüne Frau«. Geisterfotograf William Hoppe soll es gelungen sein, die Dame auf die fotografische Platte zu bannen. Mittels Selbstauslöser lichtete er nicht nur die Spukgestalt, sondern auch noch sich selbst ab.

Ein Betrug scheint ausgeschlossen zu sein. Die Fotoplatte kann nicht manipuliert, sprich vorbelichtet worden sein. Sie wurde nämlich von einem Journalisten ausgewählt. Wenige Tage nach dem so dokumentierten Auftauchen der »grünen Frau« starb König Eduard VIII. Kurz nach der Ermordung von US-Präsident Abraham Lincoln am 15. April 1865 wandte sich die Witwe des legendären Staatsmannes Mary Todd Lincoln (*1818; †1882) an William Mumler, einen bekannten Geisterfotografen jener Zeit. Sie gab einen falschen Namen an. Und doch tauchte auf dem »Geisterfoto« ein Phantom auf, das mit Fantasie als Abraham Lincoln identifiziert werden kann.

Foto 4: Abraham Lincoln
Foto 5: Mary Todd Lincoln
Diese Beispiele sind willkürlich gewählt. Es würde den Rahmen des vorliegenden Buches sprengen, auch nur die wichtigsten Geisterfotos aufzulisten. Die Fülle an Material, wovon gewiss ein erheblicher Teil schlichtweg gefälscht ist, wirft eine Frage auf: Was sind Geister eigentlich? Oder profaner: Woraus bestehen sie? In den 1870er Jahren gelang es dem Medium Wilma Hardy durch reine Gedankenkraft, »Geisterhände« aus dem Nichts auftauchen zu lassen. Der Bostoner Geologe William Denton beobachtete das Phänomen kritisch. Es gelang ihm von den »Geisterhänden« sogar Gipsabdrücke anzufertigen. Ähnliche Materialisationen konnte auch das französische Medium Marthe Bértraud bewerkstelligen. Zu Beginn unseres Jahrhunderts tauchten bei Seancen mit ihr »schleierartige Materialisationen« auf, die die Gestalt von Köpfen, Armen oder ganzen Menschen annahmen.

Die Erscheinungen waren dabei so plastisch, dass es manchen Zeitgenossen schwer fiel, an Übersinnliches zu glauben. Lag da nicht vielleicht doch ein geschickter Trick vor? Schaffte es das Medium, etwas durchaus Materielles mit Hilfe von Taschenspielertricks als etwas »Jenseitiges« auszugeben? Der Münchner Arzt und Erforscher des Übersinnlichen, Freiherr von Schrenck-Notzing (*1862, †1929), war bestens vertraut mit solchen Tricks. Er kannte sie alle. Und er unternahm strenge, ja peinliche Kontrollen, um jede Möglichkeit eines Betrugs auszuschließen. So musste sich Medium Marthe Bértraud vor jeder Seance nackt ausziehen.

Foto 6: Mary Todd Lincoln
Ihr Körper wurde peinlich genau auf eventuell versteckte Hilfsmittel hin untersucht. Nichts Verdächtiges wurde gefunden. Freiherr von Schrenck-Notzing gab ihr sogar Brech- und Abführmittel ein, um  auch jede nur denkbare Trickserei zu vereiteln. Schließlich musste Marthe Bértraud ein enges, knapp sitzendes Trikot anlegen. Ihr Kopf wurde mit einer Haube umhüllt. Und trotzdem entstanden die geheimnisvollen Materialisationen. Es bildeten sich dunstartige Wolken aus dem Nichts. »Geister« formierten sich. Dr. Schrenck-Notzing fand heraus, dass auch männliche Medien Geister erscheinen lassen konnten, zum Beispiel die Gebrüder Willy und Rudi Schneider aus Braunau am Inn. Auch bei beiden Brüdern schlossen kriminalistische Überwachungsmethoden aus, dass betrogen wurde. Die beiden Männer waren dazu in der Lage, Geister herbeizurufen, die vor den Augen der Zeugen als nebulöse, halb durchsichtige Wesen entstanden.

Als im Dezember 1929 an Bord des Schiffes SS. Watertown zwei Mitglieder der Besatzung starben, wurden sie, altem Brauchtum folgend, auf See bestattet. Einen Tag später geschah Unbegreifliches. Von einer bestimmten Stelle an Bord aus betrachtet, sah man die Gesichter der Toten im Meer. Und das Tag für Tag, erstaunlich deutlich. Die seltsame Geistererscheinung trat auch auf den folgenden beiden Reisen der SS. Watertown auf. Die Gesichter der Toten im Wasser verfolgten das Schiff. Mehrere Fotos beweisen die Realität des Unbegreiflichen. Noch ein Beispiel: 1959 hielt der Geistliche R. S. Blance  eine ehemalige Kultstätte der Ureinwohner Australiens auf im Bilde fest. Als das Foto von einem professionellen Labor entwickelt worden war, war deutlich eine geheimnisvolle, halb durchsichtige Gestalt zu sehen.

Foto 7: So soll »Mary King’s Close« ausgesehen haben.

Geister tauchten auf frühen Fotos des 19. Jahrhunderts auf. In unseren Tagen lassen sie sich per Video aufnehmen. Architekt David Roulston aus Glasgow verbrachte beispielsweise im Juni 1995 eine Nacht im alten Gemäuer von »Mary King’s Close« in Edinburgh. Dem 47-Jährigen wurde bald unheimlich zumute. Er spürte unerklärliche Kältewellen. Da er eine Videokamera dabei hatte, filmte er wahllos. Als er dann Tage später die Aufnahmen zuhause ansah, wurde ihm erst wirklich unheimlich. Da tauchte ein unheimliches schemenhaftes Gesicht aus dem Nichts auf. Dieses unheimliche Etwas hat als »monströse Form« nach amtlichen Dokumenten bereits im 17. Jahrhundert dort sein Unwesen getrieben.

Wenn eine Straße idealer Aufenthaltsort für Geister ist, dann ist es »Mary King’s Close«. Hier grassierte anno 1645 eine fürchterliche Pestepidemie. Die Krankheit breitete sich rasend schnell aus in Edinburgh. Viele Menschen wurden dahingerafft. Wie viele Opfer zu beklagen waren, lässt sich nicht mehr feststellen. Die entsetzten Stadtväter Edinburghs sahen sich genötigt, etwas zu unternehmen. Da sie »Mary King’s Close« für den Ausgangspunkt der tödlichen Krankheit hielten, fassten sie einen Beschluss, der umgehend in die Tat umgesetzt werden musste. Die schmale Gasse wurde einfach an beiden Enden zugemauert. 

Der Legende nach wurde die Gasse zum Gefängnis für viele Menschen, die nicht entkommen konnten. Waren sie schon von der Pest befallen? Wieder gab es Todesopfer zu beklagen. Erst im Frühjahr 2003 wurde die Gasse des Todes wieder geöffnet und zur makaberen Attraktion für ganz spezielle Führungen (2).

Foto 8: »Mariä Schutz«. Foto Heidi Stahl
Spukte es in der »Mary King’s Close«-Gasse? Oder gibt es eine weniger gespenstische Erklärung für seltsame Erscheinungen in dem keine zwei Meter breiten Gässchen? Einst endete es an einem See. Die Bevölkerung wuchs und wuchs, immer mehr Menschen hausten in den Elendsvierteln. So wurde der See in »Baugelände« verwandelt, das heißt man versuchte, das Gewässer zuzuschütten. So entstand ein stinkender Sumpf, dessen wabernde Dämpfe angeblich abends wie »Gespenster« aussahen. Und angeblich löste das Einatmen dieser ungesunden Schaden Halluzinationen aus.
Fragen über Fragen ergeben sich! Wenn es Geister gibt, sind das die Seelen von Verstorbenen? Halten sie sich in einem wie auch immer gearteten Zwischenreich auf? Und können sie ihre Welt verlassen und die unsere besuchen? Nach Prof. Markolf H. Niemz sind Raum und Zeit eine Illusionen und »Licht« kann die Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits überwinden. »Licht« aber sollte fototechnisch dokumentierbar sein.

Literatur
Foto 9: Sensationell!
Aries, Judas: »Gefährder Einstein/ Wie Sie Gott mit GOTT zu Fall bringen«, Norderstedt 2019 (Foto 9!)
Holbe, Rainer: »Phantastische Phänomene«, München 1993
Keller, Werner: »Was gestern noch als Wunder galt«, Zürich 1973
»One dog night« in »Fortean Times« Nr. 83
Niemz, Prof. Markolf H.: »Lucy mit c: Mit Lichtgeschwindigkeit ins Jenseits«, Norderstedt 2005
Niemz, Prof. Markolf H.: »Lucy im Licht: Dem Jenseits auf der Spur«, München 2007
Niemz, Prof. Markolf H.: »Lucys Vermächtnis: Der Schlüssel zur Ewigkeit«, München 2009
Niemz, Prof. Markolf H.: »Bin ich, wenn ich nicht mehr bin? Ein Physiker entschlüsselt die Ewigkeit«,  Freiburg 2011
Niemz, Prof. Markolf H.: »Ichwahn: Ein Physiker erklärt, warum Abgrenzung gegen unsere Natur ist. Der Schlüssel für ein neues Miteinander, München 2017

Fußnoten
1) Friedhofskirche »Mariä Schutz«, Martinsweg 3, D-3730 Fischbachau, Telefon  08028.90670
2) https://www.realmarykingsclose.com/plan-your-visit/opening-times-prices/ (Stand 23. Mai 2019)

Foto 10: Kirchhof »Mariä Schutz«.
Zu den Fotos
Foto 1: »Mariä Schutz«, Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2:  Häuptling Sitting Bull um 1883. Foto wikimedia commons/ Daniel Guggisberg historical photographs collection
Foto 3: Paul vom Hindenburg, um 1914. Foto gemeinfrei/ Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Abraham Lincoln/ Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Mary Todd Lincoln/ Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 6: Mary Todd Lincoln/ Foto Archiv Walter-Jörg Langbein
Foto 7: So soll »Mary King’s Close« ausgesehen haben. public domain
Foto 8: »Mariä Schutz«. Foto Heidi Stahl
Foto 9:
Foto 10: Kirchhof »Mariä Schutz«. Foto Heidi Stahl

494. »Berichte vom Leben nach dem Tod«
Teil 494 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 07. Juli 2019



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