Teil 489 der
Serie
»Monstermauern,
Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg
Langbein
Edgar Allan Poe (*1809;†1849):
»Dies noch: Unrecht habt ihr kaum,
Die ihr meint, ich lebte Traum;
Schaun und Scheinen ist nur Schaum,
Nichts als Traum in einem Traum?«
»You are not wrong, who deem
That my days have been a dream.
Is all that we see or seem
But a dream within a dream?«
»Dies noch: Unrecht habt ihr kaum,
Die ihr meint, ich lebte Traum;
Schaun und Scheinen ist nur Schaum,
Nichts als Traum in einem Traum?«
»You are not wrong, who deem
That my days have been a dream.
Is all that we see or seem
But a dream within a dream?«
Der Mensch sieht nicht die Wirklichkeit, sondern lediglich ihren Schatten. So lässt sich das berühmte »Höhlengleichnis« des griechischen Philosophen Plato (*428/ 427: †348/347 v.Chr.) in einem Satz erklären. Der Mensch lebt, so steht es am Anfang von Platons siebten Buches »Politeia«. Er hockt in einer düsteren, ja beklemmenden Höhle. Sein ganzes Leben muss er hier wie ein Gefangener verbringen. Weil er fixiert ist, kann er nur auf eine Wand starren.Weit hinter seinem Rücken lodert ein Feuer. Vor dem Feuer spielt sich das reale Leben ab, das der Höhlenmensch in Platons nur als Schattenbild auf der Wand wahrnimmt.
Foto 1: Das »Höhlengleichnis« (In der Höhle) |
Was würde geschehen, so fragt im Gleichnis Sokrates seinen Gesprächspartner namens Glaukon, wenn so ein Höhlenmensch freikäme. Er könnte sich nun dem Ausgang seines Gefängnisses zuwenden. Das Licht des Feuers würde ihn auf schmerzliche Weise blenden. Da der Mensch das bequem-angenehme Bekannte der unangenehmen, schmerzlichen Erkenntnis vorzieht, wird sich der Mensch wieder mit den Schattenbildern an der Wand begnügen und wieder seine gewohnte Position einnehmen.
Freiheit aber wird der Mensch, um im »Höhlengleichnis« zu bleiben, nur finden, wenn er die Höhle verlässt. Die Erkenntnis, dass die Welt außerhalb der Höhle die Wirklichkeit ist und nicht das Schattenbild an der Wand, wird zunächst sehr ungewohnt, ja schmerzlich sein. Dennoch wird er wissbegierig die wirklich Realität erkunden wollen. Die Schattenwand im Gleichnis steht für die Welt der Höhlenmenschen, wie sie Gefangenen mit ihren Sinnen erfassen. Die Trugbilder an der Wand sehen sie als die Realität schlechthin an. Damit geben sie sich zufrieden und versuchen erst gar nicht, die wahre Realität zu ergründen.
Ergeht es uns anders als den Höhlenmenschen im Gleichnis vor fast zweieinhalb Jahrtausenden? Die Höhlenmenschen sind fixiert, können nur die Schattenbilder wahrnehmen, die sie für die Gesamtheit der Wirklichkeit halten. Wenn wir in einer Computersimulation leben, dann sind wir auch »gefesselt« und nehmen nur wahr, was die Computerprogrammierer uns zu sehen, zu riechen, zu schmecken und zu hören gestatten. Sind wir wie »Pu der Bär« aus dem weltberühmten Kinderbuch von Alan Alexander Milne (*1882 in London; †1956 in Hartfield)? Aber Vorsicht: Pu scheint zwar etwas begriffsstutzig zu sein, er versteht die Wirklichkeit aber viel besser als vermeintlich hochintelligente Menschen. Frage: Wenn wir gar nicht wirklich, sondern nur eine computererzeugte Illusion sind, sind wir dann dazu in der Lage, das zu erfassen?
Foto 2: Die Welt vor der Höhle... in Platos »Höhelengleichnis« |
Mark Twain (*1835; †1910), weltberühmter Verfasser von »Tom Sawyer« und »Huckelberry Finn« konnte sich einen Supercomputer, der den Kosmos als eine Illusion fabrizieren lässt, natürlich nicht vorstellen. 1897 bis 1908 arbeitete er an einem fantastisch anmutenden Roman. Es entstanden unzählige Versionen von ganz unterschiedlicher Länge. Die längste Fassung trug den Titel »No. 44, the Mysterious Stranger« (Etwa: »Nummer 44, der geheimnisvolle Fremde« und umfasste 65.000 Worte. Die kürzeste Version (»Schoolhose Hill«, etwa »Der Schulhaus Hügel«) war sehr viel kürzer (15.300 Worte). Erst 2012 erschien eine Übersetzung von Oliver Fehn ins Deutsche: »Der geheimnisvolle Fremde«.
Ein Teenager namens »Satan« enthüllt eine wahrlich bemerkenswerte Sichtweise von der Realität, die stark an das vom schwedischen Philosophen Nick Bostrom entwickelte kosmische Bild. Gewiss, Markt Twain beschreibt nicht die scheinbare Wirklichkeit als Produkt einer Computersimulation, aber sehr wohl als Illusion, als Schein (1):
»›Auch das Leben selbst ist nur ein Traum.‹ Meine Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt. Lieber Gott! Derselbe Gedanke war mir bei meinen Grübeleien schon tausendmal gekommen.›Nichts existiert wirklich, alles ist nur ein Traum. Gott – der Mensch – die Welt – die Sonne, der Mond, die Wildnis der Sterne – ein Traum, alles nur ein Traum. Nichts davon gibt es wirklich. Alles, was existiert, ist leerer Raum – und du!‹« Weiter heißt es (2) bei Mark Twain: »Es gibt keinen Gott, kein Universum, kein Menschengeschlecht, kein irdisches Leben, keinen Himmel, keine Hölle. Es ist alles nur ein Traum.«
Foto 3: Unbedingt lesenswert! |
Mein Freund und Autorenkollege Peter Hoeft hat zum Thema »Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Leben wir in einer Simulation?« ein außergewöhnliches Buch verfasst (5). Er schreibt (6): »Viele ganz normale Menschen sehen Geister, UFOs und Aliens oder erleben paranormale Dinge. Doch wie real sind diese Erlebnisse? Handelt es sich vielleicht nur um Hologramme und Simulationen? Ist diese Welt möglicherweise nur eine Nachbildung der Wirklichkeit? Leben wir vielleicht in einer Simulation, einem gtigantischen ›Holodeck‹, wie Captain Picard, Data und Co. es immer wieder aufsuchen? Immer mehr Physiker, Kosmologen und Philosophen halten es durchaus für möglich!«
Konrad Ernst Otto Zuse (*1910; †1995 in Hünfeld) war ein deutscher Bauingenieur, Erfinder und Unternehmer. Was vielen Zeitgenossen bis heute leider nicht bekannt ist: Bereits 1941 entwickelte und baute Zuse den »Z3«, den ersten funktionsfähigen,vollautomatischen, funktionstüchtigen, programmgesteuerten und frei programmierbaren Computer der Welt. Und dieser Experte von Rang, so Peter Hoeft (7) »habe sich gefragt, ob vielleicht das Universum wie ein großer Computer funktioniere oder ob vielleicht eine Art kosmische Rechenmaschine kontinuierlich das Universum und alles, was darinnen ist erschafft.«
Ganz ähnlich fragt auch mein Freund und Kollege, der Wiener Sachbuchautor und Forschungsreisender in Sachen »unerklärliche Phänomene« Reinhard Habeck (*1962) in seinem Werk »Wesen, die es nicht geben dürfte« (8): »Sind wir alle bewege Hologramme, Projektionen aus einem höherdimensionalen Raum?« Meiner Meinung nach müssen die Erschaffer einer gigantischen Computersimulation gar nicht aus einer höheren Dimension stammen. Es könnte sich schlicht und einfach um Computer-Experten der Zukunft handeln, die unzählige Varianten des Universums als künstliche Scheinexistenz programmieren. Bedenkt man, mit welch exorbitanter Geschwindigkeit sich die Computertechnologie entwickelt, dann dürften solche Illusionen schon in relativ naher Zukunft möglich sein. Schon der amerikanische Quantenphysiker David Jopseph Bohm (*1917; †1992), Reinhard Habeck weist darauf hin, hielt es für denkbar (9), »dass die objektive Realität gar nicht existiere, dass das sichtbare Universum letztlich ein Fantasiekonstrukt sei, ein unermesslich komplexes und detailliertes Hologramm.«
Gern wird im Zusammenhang mit einer Welt als Computer-Simulation der Begriff »Hologramm« verwendet. Schon heute können wir Hologramme von Menschen aufbauen, die von realen Menschen optisch nicht zu unterscheiden sind. In einer Computer-Technologie, die aus heutiger Sicht die reinste Magie wäre, wird heute noch Unvorstellbares möglich sein. Wenn wir uns das Universum als riesiges Gehirn vorstellen, dann können in diesem Gehirn Bilder hervorgerufen, die eine physisch nicht existente Welt perfekt simulieren und real erscheinen lassen. Diese Bilder würden von simulierten Wesen als vollkommen real empfunden, so real wie uns ein Gesprächspartner erscheint.
Craig Hogan, »Professor of Astronomy and Physics« an der »University of Chicago« and Direktor des »Fermilab Center« (Schwerpunkte Teilchen- und Astrophysik) spekuliert nicht nur. Er glaubt sogar einen klaren Beweis für die These vom Universum als Simulation entdeckt zu haben (10): »Räumliche Hintergrundgeräusche am Rande des Universums, die mittels Gravitationsdetektoren messbar sind. Die Eigenart dieses ›Rauschens‹, so Hogan, weise auf ein ›holografisches Universum‹ hin. Das könnte bedeuten, dass Informationen aus höheren Dimensionen in niedrigere Dimensionen kodiert worden sind. Anders ausgedrückt: Sollte sich die These bewahrheiten, wären wir Menschen dreidimensionale (mit dem Faktor Zeit vierdimensionale) holografische Schatten – erzeugt durch das Geschehen in einer höher dimensionierten Welt.«
Foto 4: Habecks Faktenthriller |
Kehren wir noch einmal zum berühmten »Höhlengleichnis« Platons zurück. Die Höhlenmenschen starren fasziniert auf ihre Wand, auf der ihnen Schattenspiele vorgeführt werden (11). Diverse Gegenstände, Nachbildungen von menschlichen Wesen und Tieren Stein und aus Holz werden so vor der Lichtquelle Feuer getragen, dass sie Bilder an die Wand in der Höhle werfen. Da fragt man sich doch: Was zeigt man uns? Was für »Schattenspiele« werden für uns organisiert, die wir – wie die Höhlenmenschen – für DIE Realität halten. Welche Illusionen gaukelt man uns vor? Ja sind wir selbst nur Illusion, eine Computersimulation?
Und was geschieht, wenn wir wirklich erkennen, dass wir nur eine Illusion in einer Illusion sind? Können wir aus der simulierten Welt in die wirkliche, in die reale Welt gelangen?Und wer ist für die große Illusion verantwortlich? Wer ist der »kosmische Puppenspieler«, der einen Kosmos aus Illusionen erschafft? Wer kreiert die Illusion eines Universums, mit all seinen »Wundern«? Gott? Und warum gaukelt er wem eine Illusion als Wirklichkeit vor? Für wen?
Fußnoten
(1) Twain, Mark: »Der
geheimnisvolle Fremde/ Die Abenteuer des jungen Satan«, aus dem Amerikanischen
übersetzt und vervollständigt von Oliver
Fehn, Kindle Version, Pandämonium Verlag, 1. Auflage November 2012, Position
2856
(2)
ebenda, Position 2897
(3)
Dali, Salvador: »So wird man Dali«, Verlag Molden 1974, Seite 158
(4) »Die Zeichen unserer Zeit«, Hohenheim Verlag 2004, Seite 143
(4) »Die Zeichen unserer Zeit«, Hohenheim Verlag 2004, Seite 143
(5)
Hoeft, Peter: »Geister, UFOs, Aliens/ Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Leben
wir in einer Simulation?« Groß Gerau 2018
(6)
ebenda, Rückumschlag
(7) ebenda, Seite 8, Zeilen
8-11 von unten
(8) Habeck, Reinhard: »Wesen, die es nicht geben dürfte/ Unheimliche Begegnungen mit Geschöpfen der Anderswelt«, Wien 2012, Seite 111, 10. und 11. Zeile von unten
(8) Habeck, Reinhard: »Wesen, die es nicht geben dürfte/ Unheimliche Begegnungen mit Geschöpfen der Anderswelt«, Wien 2012, Seite 111, 10. und 11. Zeile von unten
(9) ebenda, Zeilen 6-8 von
unten
(10) Seite 111, 1. Und 2.
Zeile von unten und Seite 112, 1-9. Zeile von oben
(11) Platon: »Politeia«
514b–515a.
Literaturempfehlungen
Folgende Werke empfehle ich wärmstens
zur Lektüre! Beide Bücher sind
Spannend und informativ. Beide sind wichtig und regen zum Nachdenken an!
Spannend und informativ. Beide sind wichtig und regen zum Nachdenken an!
Habeck, Reinhard: »Wesen, die
es nicht geben dürfte/ Unheimliche Begegnungen mit Geschöpfen der Anderswelt«,
Wien 2012
Hoeft, Peter: »Geister, UFOs, Aliens/ Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Leben wir in einer Simulation?« Groß Gerau 2018
Zu den Fotos
Foto
1: Das »Höhlengleichnis« (In der Höhle). wikimedia commons/ 4edges
Foto 2: Die Welt vor der Höhle... in Platos »Höhelengleichnis« vwikimedia commons/ 4edges
Foto 3: Unbedingt lesenswert! Buchcover Peter Hoeft. Foto Archiv Langbein/ Verlag
Foto 3: Unbedingt lesenswert! Buchcover Peter Hoeft. Foto Archiv Langbein/ Verlag
Foto 4: Buchcover Reinhard Habeck. Foto Archiv Langbein/ Verlag
490 »Vom Glauben an ein Weiterleben nach dem Tod«,
Teil 490 der
Serie
»Monstermauern,
Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg
Langbein,
erscheint am 9.
Juni 2019
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