Freitag, 29. April 2011

Der Weg in den Ameisenstaat – Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Seien wir wachsam, wenn Politiker über Familie und Bildung diskutieren! Die Sirenengesänge sind verlockend: Frühkindliche Förderung brauchen wir! So hört man es an allen Ecken und Enden, quer durch alle Parteien. Eine Aussage, der man nicht widersprechen wird, denn man will schließlich das Beste für die Kinder. Doch was meinen Politiker, wenn sie von frühkindlicher Förderung sprechen? Was ist der Kern ihrer Forderung?

Übersetzen wir den Politsprech mal in das, was wirklich damit gemeint ist:

  1. Wir halten Eltern für grundsätzlich zu blöd, sich um ihre Kinder zu kümmern.
  2. Im Elternhaus kann es Förderung nur geben, wenn die Eltern selbst akademisch gebildete Pädagogen sind.
  3. Alle anderen Eltern sind elende Versager, denen man die Kinder schnellstens wegorganisieren muss, am besten durch eine Kitapflicht ab drei Jahren, besser noch früher.
Fakt ist: Auch ohne explizite Kita-Pflicht besuchen schon heute bereits 86,9 % aller Kinder in Deutschland im Vorschulalter einen Kindergarten. Hinzu kommt eine 12-jährige Schulpflicht. Gelegenheit genug für den Staat, die Segnungen seiner Förderung wirksam werden zu lassen, sollte man meinen.

Verlocken lassen sollten wir uns auch nicht durch die Zusage von vermehrter Staatsknete für die Familienkasse. Bedenken wir: Alles Geld, das der Staat uns schenkt, wird uns vorher weggenommen. Es wird uns aus der rechten Tasche gestohlen. Wenn wir es schließlich in der linken Tasche wiederfinden, sind Bedingungen daran geknüpft, die uns um eine menschengemäße, autarke Lebensführung betrügen.

Als Alibi für die Notwendigkeit solcher »bevölkerungspolitischen Steuerungselemente« dient die Tatsache, dass es Menschen gibt, die mit der Betreuung und Erziehung ihrer Kinder überfordert sind. Natürlich gibt es die! Es hat sie zu allen Zeiten der Menschheit gegeben. Doch heutzutage werden sie instrumentalisiert, um die Gesamtbevölkerung in ein fein gewobenes Netz neuer Vorschriften einzuspinnen. Unsere Kinder als Opfer der Selbstverwirklichungsträume von Politikern.

Machen wir uns klar: »Dem Staat« sind unsere Kinder scheißegal. Sie sind eine statistisch-demographische Größe für die Rentenkasse, ein Versprechen an die Zukunft der sprudelnden Steuerquellen, die Verfügungsmasse der Zukunft. Für die Wirtschaft sind sie der Verbraucher- und Arbeitskräftepool kommender Jahre, je größer, je billiger zu haben. Das Kind als eigenständiger Mensch jedoch, das ist im System nicht vorgesehen. Anders gesagt: Könnte der homo oeconomicus künftig komplett durch Roboter ersetzt werden, dann würde der Staat nicht in Kinder investieren sondern in Maschinen. Und das, ohne mit der Wimper zu zucken.

Wollen wir unsere Kinder tatsächlich dem ausliefern? Wollen wir immer mehr staatliche Zuwendungen für sie bejahen und dem Staat dies zigfach zurückzahlen, nicht nur in Form von Steuergeldern, sondern, schlimmer noch: In Form des Verlusts unserer Eigenständigkeit und der unserer Kinder?

Nicht die Kinder passen nicht ins Wirtschaftssystem. Sondern das Wirtschaftssystem heutiger Form passt nicht zu den Bedürfnissen der Menschen. Seine Kinder selbst zu erziehen ist nicht nur ein Recht, sondern auch ein ureigenes Bedürfnis der meisten Menschen. Die Teilhabe am Wirtschaftsleben ist es ebenfalls. Daraus kann nur folgen, dass wir das Wirtschaftssystem so umgestalten müssen, dass beides sich verbinden lässt.

Lassen wir uns nicht länger zu Ameisen degradieren, die tagtäglich in ihre Ameisenfirmen zur Arbeit gehen, dafür ihre Kinder den Ameisenammen überlassen und abends in ihre Ameisenburgen verschwinden. Die Trennung zwischen »Arbeit« und »Privatleben« muss aufhören. Arbeit gehört weitestmöglich entzerrt und an Orte verlegt, an denen auch Kinder willkommen sind!

Wenn junge Menschen heute keinen Zugang zum Wirtschaftsleben finden, dann liegt der Grund darin, dass sie in ihrer Kindheit nur wenig Gelegenheiten hatten, aktive Erwerbsarbeit mitzuerleben. »Papa und Mama verschwinden morgens irgendwohin, und wenn sie wieder heimkommen, dann haben sie das Geld, mir eine Playstation zu kaufen.« Das ist alles, was Kinder heute vom Erwerbsleben mitbekommen. Was Erwerbsarbeit bedeutet, das ist ihnen in etwa so fremd wie das Leben der grünen Männchen vom Mars.

Diese Krankheit kann durch staatliche Frühförderungsprogramme nicht geheilt werden. Auch nicht durch Bildungszuschüsse oder akademisch gebildete Kindergärtnerinnen. Die Kinder leben in einer Parallelwelt, die wir für sie gebaut haben, bestehend aus rosarotem Kitsch, sinnlosem Technikschrott, einem gnadenlosen Bildungssystem und meist abwesenden Eltern. Noch Fragen, warum viele Menschen heute von der Rolle sind?

1 Kommentar:

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