Freitag, 1. April 2011

Stresstests für europäische Atomkraftwerke – Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Trotz des aktuellen Atomdramas in Japan wollen viele Politiker und Wirtschaftslenker das Offensichtliche nicht glauben: dass Atomkraft nicht beherrschbar ist. Noch immer denken sie, es genüge, die Sicherheitsstandards immer weiter nach oben zu schrauben und das Restrisiko mit einer Mischung aus Verdrängung und Gebeten in Schach zu halten. Ganz wohl ist ihnen auch nicht bei der Sache, weshalb sie Atomkraftwerke flugs zur »Brückentechnologie« erklärt haben, die so lange zu akzeptieren sei, bis andere Lösungen gefunden sein würden. Brückentechnologie, das ist für Politiker ein gutes Prinzip. Es dient dazu, den Eindruck zu erwecken, das Problem würde entschlossen angegangen. Gleichzeitig kann es so großzügig ausgelegt werden, dass die Einlösung der Versprechungen erst am Sankt Nimmerleinstag erfolgen muss, sprich: nie.

Restrisiko – Belogen wurden wir schon immer!
Als Franz-Josef Strauß und die hinter ihm stehenden Lobbyisten der damaligen Bundesrepublik mit aggressivsten Mitteln ein Atomkraftwerk nach dem anderen aufzwangen, liebten sie das Spiel mit großen Zahlen. Das Restrisiko liege bei 100.000 Jahren, verkündeten sie großspurig und meinten damit, dass je 100.000 Betriebsjahren mit einem Super-GAU zu rechnen sei. Keine Ahnung, woher diese Kerle das wissen wollten. Rechnen wir mal nach, ob diese stochastischen Taschenspielertricks auch nur annähernd den Tatsachen entsprechen.

Teilen wir also 100.000 durch die Zahl der aktuell weltweit betriebenen Atomkraftwerke, die bei 438 liegt. So kommen wir auf 228 Jahre. Alle 228 Jahre ein Super-GAU, wenn die bisherige Berechnung des Restrisikos auch nur annähernd korrekt gewesen wäre. In Wirklichkeit stehen wir jetzt vor dem zweiten Super-GAU innerhalb von 25 Jahren. Noch Fragen zur Redlichkeit derer, die der Menschheit das eingebrockt haben?

Hören wir auf, denen zu glauben und fragen wir nach!
Fragen wir doch unsere Herren und Damen Weltenlenker mal, was genau bei einem Stresstest geschieht. Immerhin wurden solche Tests jetzt für alle europäischen Atomkraftwerke beschlossen. Wie läuft der Stresstest für ein Kernkraftwerk ab? Erinnern wir uns daran: Die Katastrophe von Tschernobyl geschah aufgrund einer fehlerhaft ausgeführten Versuchsanordnung, die beweisen sollte, dass die Kühlung des Kraftwerks auch im Notfall funktionieren würde. Würde man solch eine Versuchsanordnung heute als Stresstest bezeichnen? Fragen über Fragen, und nur wenige Antworten. Steht Europa eine Reihe von Versuchen bevor, die für die Zeit der Durchführung das Restrisiko massiv erhöhen? – Statt uns also durch Floskeln von europäisch einheitlichen Standards und ähnlichem Schmonses einsingen zu lassen, sollten wir nicht mehr aufhören, Fragen zu stellen.

Noch ein Wort zum Thema Wahrscheinlichkeitsrechnung
Ob es Atomkraftbefürworter gibt, die Lotto spielen? – Keine Ahnung. Ich denke mal, eher nicht, da sie doch so in die Wahrscheinlichkeitsrechnung verliebt sind. Die Wahrscheinlichkeit eines Hauptgewinns im Lotto ist nämlich geringer als das Restrisiko für einen Super-GAU. Und dennoch spielen Millionen von Menschen jede Woche. Weil sie wissen, dass es Ereignisse gibt, die entgegen jeder Wahrscheinlichkeit eintreten. Und es geschieht auch regelmäßig: Obwohl die Chancen des Einzelnen auf einen Sechser gegen Null gehen, laufen etliche Lottomillionäre herum, die sich darüber freuen können, dass sie auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen nichts geben. Noch Fragen zum Thema Restrisiko?

Hier zum Thema weiterlesen:
http://nachrichten.t-online.de/stresstest-sieben-deutsche-akw-stehen-vor-dem-aus/id_45381574/index

Die Bücher von Ursula Prem

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