Freitag, 19. August 2011

Zahlungsmoral - Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Nicht mal im Sommer vergeht ein Tag ohne neue geniale Ideen zulasten der Bürger. Plötzlich ist das Phantom überall: »Euro-Bonds« geistern durch alle Medien. Dahinter steckt der Gedanke, dass die Euro-Staaten Kredite nicht mehr souverän aufnehmen sollen, sondern ein gemeinschaftliches Schuldenloch geschaffen würde, zu einem einheitlichen Zinssatz. Klar, dass besonders Staaten am Rande der Pleite diese Idee favorisieren: Da ihre Verbindlichkeiten sich künftig auf mehrere Schultern verteilen würden, bekämen sie weitere Kredite zu wesentlich günstigeren Zinsen. Die Kehrseite: Wirtschaftsstärkere Länder müssten künftig höhere Zinsen bezahlen, als zuvor ohne Euro-Bonds.

Deutschland würde auch bei dieser Finanzkonstruktion wieder einmal zum Zahlesel. Da auch unsere Politiker nicht daran denken, auf die Aufnahme weiterer Kredite zu verzichten und stattdessen wirklich wirksam zu sparen, müsste letztendlich der deutsche Steuerzahler mit für die schlechte Kreditwürdigkeit anderer Euro-Staaten aufkommen. Die Schuldenkurve des deutschen Staates würde sich nochmal drastisch verschärfen, und das ohne nennenswerten Mehrwert für das Gemeinwesen. Wie lange es dann noch dauern würde, bis Deutschland selbst am Rande der Staatspleite stünde, kann man nur schätzen. Welche noch wirtschaftsstärkeren Länder dann bereitstehen werden, um ihrerseits Deutschland unter die Arme zu greifen? - Keine Ahnung.

Klar ist schon jetzt: Wie man es macht, ist es verkehrt. Die Milliardenhilfen, die von Deutschland nach Griechenland umverteilt wurden, brachten Angela Merkel einen wenig schmeichelhaften Hitler-Vergleich der britischen Presse ein, die unterstellte, Deutschland wolle sich durch Finanzhilfen statt durch militärische Invasion die Herrschaft über Europa sichern.

Wie im Großen, so im Kleinen
Der schlampige Umgang mit den Finanzen, den die Großen uns an allen Ecken und Enden vorleben, greift inzwischen auch auf die Bürger über. Fragen Sie einen Unternehmer beliebiger Größenordnung, und Sie werden einen längeren Vortrag über die immer schlechter werdende Zahlungsmoral zu hören bekommen. Oft sind die Außenstände mancher Unternehmen größer, als die auf regulärem Weg erzielten Einnahmen. Längst ist es üblich geworden, für sein Geld zweimal zu arbeiten: Einmal, wenn man es verdient, und einmal, wenn man es eintreibt. Schriftwechsel und Mahnverfahren fressen einen nicht geringen Teil der Arbeitszeit von Selbständigen und Freiberuflern völlig unproduktiv auf. Dabei sind die Methoden, sich um gerechtfertigte Zahlungen zu drücken, durchaus phantasievoll: Ob ein völlig verspäteter Rücktritt von einem Auftrag, ungerechtfertigte Reklamationen oder die kommentarlose Verweigerung der Zahlung - Wege gibt es viele. Alte Kaufmannsehre? - Fehlanzeige!

Man erkennt: Kaufmännisches Denken ist auf dem Rückzug. Oft treten merkwürdig-emotionale Argumentationen an die Stelle eines sauberen Finanzgebarens: »Sie waren mir immer so sympathisch, und jetzt überziehen Sie mich mit einem Mahnverfahren und spielen Ihr kleines bisschen Macht gegen mich aus?«, erkundigt sich ein Schuldner schon mal konsterniert, der sicher nie einen schrecklicheren Menschen kennengelernt hat als den, dem er vor einiger Zeit noch einen Auftrag erteilt hat. Da muss man schon fast lachen, wenn man sieht, wie Angela Merkel flugs zum »Hitler« erklärt wird: Warum schließlich sollte es auf höchster Ebene auch feiner zugehen, als zwischen einem kleinen Freiberufler und seinen Kunden?

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