Freitag, 22. Juni 2012

Wo bleibt der Aufschrei der Eltern? - Die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Die Diskussion rund um das Betreuungsgeld bringt es ans Tageslicht: Eltern sind in unserer Gesellschaft nicht besonders hoch angesehen. Nicht nur viele Politiker versteigen sich zu der Behauptung, es sei für Kinder schädlich, ihre früheste Lebensphase in der Obhut der Eltern zu verbringen, statt in einer staatlichen Kinderkrippe: In dasselbe Horn blasen nun »namhafte Wissenschaftler« in ihrem »nationalen Bildungsbericht«. Wie FOCUS Online am 20.6.2012 meldet, kommt der Bildungsbericht zu dem Ergebnis, dass Kinder in der vierten Grundschulklasse einen Lernvorsprung von einem Jahr aufweisen, wenn sie mindestens drei Jahre vor der Einschulung eine Kita besucht haben. Vor der Einführung des Betreuungsgeldes sei aus diesem Grund zu warnen.

Mit der Einhaltung der Mindestanforderungen an wissenschaftliche Exaktheit scheint es nicht allzu weit her zu sein, wenn man diese Argumentation durchdenkt. »Drei Jahre vor der Einschulung«, das betrifft die normale Kindergartenzeit ab dem 3. Geburtstag. Ein Zeitraum, der mit dem Betreuungsgeld nicht die Bohne zu tun hat, denn dieses soll ja für die ersten Lebensjahre gezahlt werden, wenn Eltern keine KinderKRIPPE in Anspruch nehmen. Wie aber steht es mit dem behaupteten Bildungsvorsprung von Kindergartenkindern? Laut Bildungsbericht werden »1/4 der Drei- bis unter Siebenjährigen als sprachförderungsbedürftig« eingestuft. Die Zahlen zur Nutzung von Kindergärten, wie Wikipedia sie ausweist, besagen jedoch, dass fast 87 % der Kinder in Deutschland einen Kindergarten besuchen. Folgt man der Logik des Bildungsberichtes, müsste die Quote der Sprachförderungsbedürftigen bei 13 % liegen, der Zahl der Kindergartenverweigerer. Verknüpft man die Zahlen, so ergibt sich hingegen, dass mindestens 12 % aller Kinder sprachförderungsbedürftig sind, obwohl sie einen Kindergarten besucht haben.


Political Correctness auf Kosten von Eltern


So langsam frage ich mich echt, wo der Aufschrei der Eltern bleibt, die am laufenden Band mit fragwürdigen Studien beleidigt werden. Bringt man die Aussagen auf den Punkt, so lautet das Fazit: Eltern in Deutschland sind zu blöd, um den geistigen Anforderungen gewachsen zu sein, die unter Dreijährige an sie stellen. Klar: Das Bild, das von deutschen »Durchschnittseltern« jeden Nachmittag im Proll-TV gezeichnet wird, beeinflusst die öffentliche Wahrnehmung und lässt uns nach studierten und zertifizierten Pädagogen rufen, die selbst das Windelwechseln zur universitären Geheimwissenschaft erheben, mit der dümmliche Muttis und ignorante Papis überfordert sind.

Klar ist, dass es Situationen gibt, in denen Eltern einfach unfähig sind. Doch dies betrifft nach wie vor eine Minderheit. Würde ein Politiker es wagen, diese Minderheit klar zu benennen, wäre ein Aufschrei die Folge. Also wird der Versuch gestartet, alle Eltern in einen Topf zu werfen und von den Vorteilen flächendeckender staatlicher Betreuung zu überzeugen. Am Ende dieser Entwicklung wird eine diktatorische Entwicklung stehen. War es früher »undenkbar«, Kinder einfach irgendwo abzugeben, wird die staatliche Erzieherin künftig schon im Kreisssaal anwesend sein, um das Kind in Empfang zu nehmen. Was dabei wieder mal auf der Strecke bleibt, ist die Entscheidungsfreiheit der Eltern darüber, wie sie ihr Leben mit Kindern gestalten wollen.

Betreuungsgeld ja oder nein?


Klar ist eines: Je mehr öffentliche Hilfen flächendeckend in die Kindererziehung investiert werden, desto mehr Lufthoheit sichert sich Vater Staat über den Kriegsschauplatz Kinderbett. Wer zahlt, schafft an: Ideen, flächendeckende staatliche Leistungen mit Auflagen zu verbinden, liegen bereits genügend in der Schublade. Vom Zwang zur Vorsorgeuntersuchung zum staatlichen Impfzwang ist es nur noch ein kleiner Schritt. Aus diesem Grund sollten wir genau überlegen, von welchen Fördertöpfen wir uns abhängig machen wollen. Warum nicht einfach auf Betreuungsgeld und subventionierte Betreuungsplätze verzichten und im Gegenzug alle Kosten für die Kinderbetreuung komplett steuerfrei stellen? Zusammen mit einer Härtefallregelung für Alleinerziehende und Geringverdiener würde dies zu einer Entbürokratisierung führen, die dafür sorgt, dass man im Land auch dann wieder atmen kann, wenn man Kinder hat. 

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