Anfang der ganzdeutschen Nullerjahre fiel mir beim 2002 begonnenen „Dankeschön“-Spendenprozess unter der Regie von Landrichter Martin Baur[1] und dessen Kreativdeutung der „Dankeschön“-Spenden Köl´scher Stadtratssozis von Müllmultimillionär Trienekens Gnaden aus Viersen etwas ganz Unjuristisches auf: Es ging in einer Dimension darum, welche Parteipolitfraktion die Kölner Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht und welche die NRW-Generalstaatsanwaltschaft in Köln beeinflussen und veranlassen kann.
Zehn Jahre später gibt es bundesweit, wenn es um öffentliche Prozess- und Gerichtssachen geht, auf verschiedenen politischen Ebenen, Niveaus und Richtungen weitere Veranlasser und Beeinflusser: Journalisten, vor allem im Selbstverständnis „linksliberaler“ Ausrichtung. Das sind solche, die meinen, sie und ihre quality journals wären über jeden Vorwurf, sie wirkten als Teil einer allgegenwärtigen Verdummungsindustrie[2], erhaben.
Aus dem Kachelmannprozess 2010/11 erinnere ich drei feminale Medienpromis: Alice Schwarzer (BILD), Gisela Friedrichsen (SPIEGEL), Dr. Sabine Rückert (ZEIT): ob Frau Schwarzer wegen ihres publizistischen Einflusses tendenziell das entwickelte, was als personale Allmachtsphantasien oder individuelle Grandiositätsgefühle diagnostiziert wird, möchte ich nicht beurteilen. Frau Rückerts damalige Publizistik erinnere ich deshalb, weil diese Journalistin nicht nur berichtete, sondern mitzubestimmen versuchte, wer Herrn Kachelmann verteidigen möge. Und anstatt des Kölner Anwalts Dr. Reinhard Birkenstock[3], der Kachelmann aus dem Untersuchungsgefängnis freibekam, einen „Konfliktverteidiger“[4] – den Hamburger Promiadvokaten Johann Schwenn[5] – empfahl.
Dies tat die seit Anfang Dezember 2012 zur stellvertretenden Chefredakteurin von „Die Zeit“[6] aufgestiegene Journalistin wieder im (meist „Fall Mollath“ genannten) aktuellen bayrischen Justizskandal mit ihrer öffentlichen Kritik daran, dass der bekannte Hamburger Rechtsadvokaten Dr.h.c. Gerhard Strate[7] nicht sofort mandatiert wurde.
Journalistin Rückert hatte 2007 einen der Hauptverantwortlichen für die 2006 erfolgte Wegsperraktion von Gustl Mollath, den Berliner Gerichtspsychiater Dr. Hans-Ludwig Kröber[8], als „Gutachter“ öffentlich hofiert[9]. Und dessen Kritiker in „Die Zeit“ Mitte Dezember 2012 „Internet-Mob“ genannt[10].
Diese Vorgänge um Frau Rückert halte ich nicht nur für selbstzerstörerisch mit Blick auf jede „linksliberale“ Publizistik. Meiner Meinung nach signalisieren sie auch Umgruppierungen innerhalb der ganzdeutschen Verdummungsindustrie und ihrer dort wirkenden Sekundäreliten als Ausdruck bekannter Krisenprozesse der gesamten Medienbranche.
Was inzwischen in diesem Feld ablief und abläuft wird – im Wortsinn – sichtbar beim Journalisten Peter Mühlbauer von „Telepolis“. Dessen Empfehlung an alle „Hartzvierer“: zur „Vermeidung finanzieller Nachteile unbedingt […] gegen jeden einzelnen Bescheid das Rechtsmittel des Widerspruchs einzulegen", also individuell und gegen jeden Bescheid „Rechtsmittel einlegen“. Dabei verlinkt Journalist Mühlbauer auf einen Potsdamer Rechtsadvokaten[11]. Auch das halte ich für eine rechtsstaatsferne Entwicklung der „Vierten Gewalt“ und nenne diese gefährlichen Praktiken – mal zugespitzt – „Plastikschurnalismus. Und den kannste bekanntlich nicht mal inner Pfeife rauchen …“[12]
[1] rechtskultur.de 5 (2006/07): 28/29; LG
Köln 114 Qs 5/03, Beschluß 280503, 14 Blatt, unveröffentlicht; nach FAZ 07.07.2006:
4 [und] ngo-online: 12.07.2006 vom Bundesgerichtshof (BGH) teilaufgehoben
Richard Albrecht ist „gelernter“ Journalist, extern provomierter und habilitierter Sozialwissenschaftler und lebt seit seiner Beurlaubung als Privatdozent (1989) als Freier Autor & Editor in Bad Münstereifel. Bio-Bibliographie -> http://wissenschaftsakademie.net
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