Freitag, 21. Januar 2011

Freitagskolumne: Zur aktuellen Kürzung der Solarförderung

Ursula Prem
Umweltminister Norbert Röttgen und die Solarwirtschaft haben sich heute auf eine Senkung der Subventionen für Photovoltaikanlagen geeinigt. Je nach Entwicklung der Branche werden die Fördersätze zum 1. Juli 2011 um 3-15 % gesenkt.
Röttgen argumentierte, eine Strompreiserhöhung aufgrund der Solarstromförderung könne zu Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung führen. Diese Erklärung wirft drängende Fragen bezüglich dieser mehr als fadenscheinigen Begründung auf:

  1. Warum sollte ein amtierender Bundesminister plötzlich Angst vor Akzeptanzproblemen haben? Hat die Bevölkerung jemals offiziell akzeptiert, dass von jedem getankten Liter Sprit 2/3 des Kaufpreises in Form von Steuern vom Staat abgesaugt werden? Und hat unser aller Ärger darüber die Herrschaften in Berlin jemals interessiert? Haben wir je Ja gesagt zum Dosenpfand, der Subventionierung von Häuslebauern oder gar der Teilnahme am Euro, für dessen gigantischen Rettungsschirm unseren Kindern und Enkel nun weitere Schulden aufgebürdet werden? – Nein. All das und sonstiger Wahnsinn besitzt in der Bevölkerung möglicherweise so viel Akzeptanz wie ein Rudel hungriger Rottweiler im Metzgerladen. Wer kann das wissen? Und wen hätte es je interessiert? Und wenn bisher nicht: Warum dann gerade jetzt, wenn es um die Solarenergie geht?
  2. Warum sollte man Angst haben, die Menschen würden einen kleinen Obulus für den Ausbau der künftigen Energieversorgung scheuen, während das wahre Ausmaß der Subventionierung der Atomenergie unerwähnt bleibt? Zum Glück gibt es das Internet. Und Greenpeace. Eine entsprechende Auflistung steht deshalb für jedermann einsehbar im Netz. Ja, wer wusste bisher schon, dass Atomkraftwerksbetreiber, im Gegensatz zu sonstigen Industrieunternehmen, nicht zur Abschließung einer entsprechenden Haftpflichtversicherung verpflichtet sind, die für die Folgen eines Super-GAUs zumindest finanziell aufkommen würde? Weil der Staat in diesem Fall für die Schäden eintritt? Oder gar niemand, also die Überlebenden selbst? Wer rechnet schon die Kosten der zahllosen Polizeieinsätze zum Schutz des Strahlenmülls ein, wenn wieder mal ein Atommülltransport über die Schienen rollt? Und wen interessieren die Lasten, die auf künftige Generationen zukommen, in Form maroder »Endlager« (in Wirklichkeit: Zwischenlager), die allesamt werden saniert werden müssen? – All das wurde geschickt herausgerechnet, um uns die Atomkraft weiterhin als saubere, vergleichsweise billige Energieform verkaufen zu können.
  3. Welche übergeordneten Interessen sind mit der Erhaltung der Atomkraft verknüpft, wenn alles daran gesetzt wird, gerade den Ausbau der künftigen Energieversorgung durch solche Aktionen zu hintertreiben, während andere Subventionen und Umverteilungsstrategien ungehindert weiterwuchern?
  4. Damit ich nun nicht falsch verstanden werde: Mit möglichst wenigen Subventionen auszukommen ist ein grundsätzlich erstrebenswertes Ziel. Welche echte Chance auf flächendeckenden Ausbau aber soll die einzig sinnvolle Energieform der Zukunft haben, wenn sie gegen verschämt versteckte Hochsubventionierung der Atomenergie ankämpfen muss, und somit unter einer glasklaren Wettbewerbsverzerrung zu leiden hat?
Das alles sind Fragen, die vielleicht von Bloggern gestellt werden, aber wohl kaum in Mainstream-Medien. Alle Teil des Systems? Das immer so weiterläuft und die Karre in den Dreck fährt? Eins ist klar: So lange offensiv zur Schau getragener Wille zur Energiewende nicht mit viel entschlosseneren Taten einher geht, wird das nichts werden …





Meldung zum Thema auf t-online: http://nachrichten.t-online.de/roettgen-lobt-solarkuerzung/id_44086202/index

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5 Kommentare:

  1. Liebe Ursula,

    mit Datum vom 10.11.2010 hat mir mein Stromversorger folgendes mitgeteilt:

    Zitat...aufgrund des Erneuerbaren-Energie-Gesetz (EEG-Gesetz) erhöht der Gesetzgeber die von allen Kunden zu tragenden Kosten von bisher rd. 2 ct./kWh auf 3,53 ct./kWh- also um rd. 1,5 ct./hWh...
    ...sind wir leider gezwungen, ab 01.01.2011 unsererseits Ihren Strompreis um 1,46 ct./kWh …zu erhöhen…
    …Ausschlaggebend für diese außergewöhnliche Erhöhung… ist der im Jahre 2011(!) ungewöhnlich stark angestiegene Anteil der sogenannten „Solarenergie“…
    …Leider wird dabei oft vergessen, dass die gesamte Stromkundschaft in Deutschland diese Subvention anteilig tragen muss…
    …Wir bedauern….
    …Da derzeit in der Öffentlichkeit (…) kritisch über diese Maßnahme diskutiert wird, hoffen wir, dass im Folgejahr eine Gesetzänderung stattfinden könnte, um weitere Preissteigerungen zu vermeiden… Zitatende

    Vielen Dank für deinen Beitrag.

    Sylvia

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  2. Liebe Sylvia,
    danke für Deinen Kommentar. Ich bin sicher, Dein Stromversorger wird seine Gründe haben, so explizit darauf hinzuweisen, dass die "sogenannte Solarenergie" an der Misere die Schuld trägt. Dass gleichzeitig zig Milliarden Steuergelder, zusätzlich zu den Stromkosten, im Atomenergiebereich versickern, schreibt er natürlich nicht. Warum auch? Die Summe wird ja auf der Stromrechnung nicht extra ausgewiesen, geht ihn also nichts an. Was für eine eklige Kampagne ...

    Liebe Grüße,

    Ursula

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  3. Nun, liebe Ursula,
    der Satz »ist der im Jahre 2011(!) ungewöhnlich stark angestiegene Anteil der sogenannten „Solarenergie“« lässt auf hellseherische Fähigkeiten schließen. In Zukunft werde ich das Stromorakel befragen, oder war es nur ein Tippfehler?
    :-)
    Liebe Grüße

    Sylvia

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  4. Hallo ihr beiden,
    erstmal vielen Dank, Ursula, für diese Kolumne, es ist wichtig, dass das Thema differenzierter dargestellt wird als von den Energieversorgern, deren Argumentation fast alle Mainstream-Medien undifferenziert folgen! Ein Aspekt, der noch hinzukommt, ist die Subvention von energieintensiven Unternehmen durch kleine oder Energie sparende Betriebe - und vor allem durch uns alle. Denn diese Industrien verbrauchen zwischen 1/3 und der Hälfte der Energie und müssen weder die Umlage noch Netzentgelte bezahlen. Das macht Milliarden aus und ist ein völlig verfehltes politisches Signal. Mehr dazu in einem der raren Mainstream-Medien, die das thematisieren: die "Monitor"-Sendung vom 2.2.2012.

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  5. Hallo @Anonym, danke für den Kommentar. Das Problem dürfte sein, dass energieintensive Betriebe ans Abwandern denken würden, wenn sie mit einer weiteren Umlage belegt werden. Es hat eben immer alles viele Ursachen und verschiedene, weitreichende Wirkungen. Ich frage mich jedoch: Für die Kosten des Atomstroms wurden wir nie mit einer Umlage belegt. Keine Transportsicherungskostenumlagen, kein Atommüllendlagerpfennig, scheinbar keine Belastung der Abnehmer für die Kosten einer adäquaten Haftpflichtversicherung. Da hat die Staatskasse kräftig zugeschossen, ohne dass es jemals thematisiert worden wäre. Einkassiert hat man es trotzdem: über raubtierhafte Steuersätze. Die ganzen medienwirksamen Umlagen und angeblich immensen Kosten für die Energiewende dienen nur einem Zweck: Den Ausstieg aus dem Ausstieg langfristig möglich zu machen.

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