Samstag, 8. Januar 2011

Samstagsrezension: Das wird mir alles nicht passieren- Marlene Streeruwitz

Marlene Streeruwitz legt in diesem Büchlein 11 Geschichten vor, in denen  deren 11 Figuren, wie man dem Klappentext entnehmen kann, eines gemeinsam haben:"...die Entscheidung, sich ihren äußeren Bedingungen unterzuordnen oder auf eine autonomere Lebensgestaltung zu bestehen."

Die Geschichten beginnen mit den Sätzen: "Es war nicht wegen Sex."; "Es war nicht wegen des Geldes"; "Es war nicht wegen des Schmerzes"; "Es war nicht wegen der Anstrengung"; "Es war nicht wegen der Zeit"; " "Es war nicht wegen der Religion"; etc. . Wenn die Bedenken und der Groll, der in den Geschichten zum Ausdruck kommt, nicht aufgrund dieser vorgelagerten Problematiken entstanden sind, was war es dann?

Sind die Frauen ungehalten, weil ihre Männer in ihren alten Rollen stecken geblieben sind? Sind es die Erwartungshaltungen? Oder ist es die Verärgerung über ihre eigene Inkonsequenz?

Mich irritiert die Opferrolle, in die sich die weiblichen Protagonisten hinein reflektieren, denn die meisten dieser Frauen sind ihren Männern intellektuell ebenbürtig oder gar überlegen. Ihre alten Rollenmuster passen nicht zum Stand ihrer Ausbildung und zu ihren beruflichen Erfolgen. Das Problem, dass die Frauen in den Geschichten haben, ist ein hausgemachtes. Sie sind nicht imstande, alten Rollen, die sie im Grunde qua Ausbildung und Beruf schon längst abgelegt haben, auch wirklich in jeder Beziehung ade zu sagen. Ihre Erwartungshaltungen an die Männer sind lächerlich. Würden sie die Erwartungshaltungen auf Null schalten, wären sie wirklich emanzipiert.

Wenn ein Mann zu dick geworden ist oder über Gebühr trinkt bzw. isst oder fremd geht oder einem auf der Tasche liegt (wie in den Geschichten), ist es heute letztlich die Entscheidung des Herzens, ob man bleibt oder nicht, besonders dann, wenn man finanziell unabhängig ist. Das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Ich kann  das Problem nicht erkennen. Zu bleiben, weil man das Alleinsein scheut, zeigt,  dass man noch an sich und seiner Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Situationen arbeiten muss. Fest steht, keiner sollte sich zum Affen des anderen  machen oder dessen Adlat sein.

Die Unausgewogenheit im Rahmen von Beziehungen ist m.E. in Ländern, in denen Frauen einen analogen oder gar besseren Ausbildungsstand als Männer haben,  kein Problem mehr, das feministisch ausgelotet werden muss, sondern es ist einer Frage überbordender Egos, die Männer und Frauen in gleichem Maße haben können und das Zusammenleben schwierig machen. Wer sich in einer Beziehung unwohl fühlt, muss sich abgrenzen, oder aus einer Beziehung aussteigen. Das gilt für Mann und Frau gleichermaßen. So einfach ist das, seit die alten Rollen  nicht mehr greifen. Dabei hat der Feminismus keineswegs ausgedient, sondern er hat sein Gewicht verlagert. Die Frage, die sich heute stellt, ist jene, wie Frauen und Männer ihr Ego bezähmen, um unsere Gesellschaft humaner zu gestalten. Man muss an der Ausgewogenheit in Beziehungen arbeiten. Wer eine solche Ausgewogenheit nicht akzeptieren möchte, muss alleine leben.  Dies haben die meisten jüngeren  Frauen und Männer m.E. schon lange begriffen und neue Beziehungsstrukturen entwickelt.


Habe die Geschichten mit großem Interesse gelesen, weil sie mir verdeutlicht haben, dass man Erwartungshaltungen an Dritte besser nicht stellen sollte, wenn man entspannt leben möchte.



2 Kommentare:

  1. Liebe Helga,

    vielen Dank für diese Rezension. Das klingt nach einem wirklich interessanten Buch, was ich sicher bei Gelegenheit lesen werde. Auch wenn ich mich selbst nie zum engsten Kreis des Feminismus gezählt habe, bin ich doch froh, dass es ihn gibt. Andernfalls hätte ich ihn wohl erfinden müssen. Ein Leben ist zu kurz, als dass es in fruchtlosen Beziehungen verschwendet werden sollte, zumal es viele wesentlich spannendere Dinge auf der Welt gibt als die Frage: "Schatzilein, was hast Du uns denn heute Schönes gekocht?"

    Liebe Grüße,

    Ursula

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  2. Liebe Helga,

    ich stimme Dir zu. Du hast in dieser Rezension das zum Ausdruck gebracht, was viele Frauen unbedingt noch lernen müssten. Sich auf die gleiche Stufe mit dem Partner zustellen und sich auf keinen Fall zu unterwerfen. Eine Beziehung kann nur Bestand haben in gegenseitiger Liebe, Vertauen und Achtung vor dem anderen. Gründe wie: Ich kann alleine nicht leben, ich bin finanziell nicht in der Lage dazu usw. lasse ich nicht gelten. Lieber arm, und ohne Druck frei leben können, das sollte jede Frau beherzigen. Glücklicherweise haben das die jungen Leute fast alle begriffen.

    Liebe Grüße
    Rita

    AntwortenLöschen

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