Freitag, 19. November 2010

Freitagskolumne - »Post an Wagner«: König Carl Gustaf von Schweden

Eine Antwort auf Franz Josef Wagners Kolumne

Lieber Franz Josef Wagner,

Märchenehen haben einen großen Vorteil im Vergleich zu wirklichen Beziehungen: sie sind nur bis zum Tag der Hochzeit interessant. Danach endet das Märchen und es bleibt unserer Phantasie überlassen, wie es bei Schneewittchen, dem Froschkönig, Aschenputtel oder dem Tölpelhans weitergeht. War Schneewittchens König je im Puff? Ist Aschenputtel fremdgegangen? Des Märchenerzählers Höflichkeit schweigt sich darüber aus. Und es ist auch besser so. Grimms Märchen wären nicht halb so bezaubernd, würden sie die Frage stellen, ob der König »rumvögelt«.

Monarchien der heutigen Zeit sind ein Märchenersatz, bei welchem nur die Tatsache stört, dass die auftretenden Schauspieler Menschen sind und keine Märchenfiguren. Goldene Kutschen, rauschende Ballkleider und traditionelle Rituale können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Menschen hinter den Kulissen irgendwie deplatziert wirken. Magersüchtige Prinzessinnen, geschiedene Kronprinzen oder sexuell aktive Könige passen einfach nicht so recht ins Bild.

Mit der von Ihnen zitierten »gottgefälligen Tugendhaftigkeit« ist das so eine Sache: Was genau nun Gott gefällt, das hängt doch immer vom Weltbild dessen ab, der ihn erschaffen hat. Unglückliche Menschen erschaffen andere Götter als glückliche. Ja, unsere Tragik ist: glückliche Menschen neigen überhaupt nicht dazu, Götter zu erschaffen. Deshalb sind die meisten Götter, von denen die Menschheit im Laufe ihres Bestehens geplagt waren, reine Tyrannen. So auch der Gott, der die sogenannte christliche Kultur geprägt hat. Der Franz Josef Wagner das Bewusstsein verleiht, großmütig erklären zu können: »Ich verdamme diesen König nicht.« Der Unterweltgrößen den Nährboden schafft, sogar Könige wie Carl Gustaf zu erpressen, weil die gesamte Kultur von Begriffen wie »Verdammung«, »Sünde« oder »gottgefälliger Tugend« geprägt ist. Und der schmierigen Schreiberlingen ermöglicht, ihren Reibach mit einem Bestseller über die sexuellen Gewohnheiten eines Königs zu machen.

Wie würde eine erwachsene Gesellschaft ohne Befall durch das Religionsvirus auf solch eine Nachricht reagieren? - Ganz einfach: Sie wäre keine Nachricht. Kein Bestseller. Keine Erpressungsgrundlage. Die Sache würde schlicht und einfach niemanden interessieren. Die Menschen würden sich schulterzuckend den wichtigen Dingen zuwenden und die Bewertung der Vorgänge der einzigen Person überlassen, die wirklich davon betroffen ist: Königin Silvia nämlich. Die aber hätte für solche Gedanken möglicherweise wenig Zeit, da sie dann ebenfalls mit ihren Liebhabern beschäftigt wäre. Was für eine entspannte Welt könnte das sein, so erlöst von Gott ...

Herzlichst,

Ursula Prem

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