»Licht der Welt oder: Wankt das Kondomverbot für katholische Christen?«
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Teil 1 der Serie von Walter-Jörg Langbein
- Autor des Buches Lexikon der biblischen Irrtümer -
Es war ein kleiner Schritt für die Menschheit in die richtige Richtung, aber ein Riesenschritt für den Papst. Papst Benedikt XVI. blieb aber weit davon entfernt, eine Freigabe von Kondomen zu verkünden. Tatsächlich rückte der Papst nur ein winziges Stück vom generellen Kondomverbot ab (1): »Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zur Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will.«
Es war ein kleiner Schritt für die Menschheit, die von der bösartigen Geißel AIDS gepeinigt wird und in furchteinflößendem Tempo anwächst. In einer Zeit, in der unzählige Menschen an AIDS sterben oder elendiglich verhungern muss ein Kondomverbot wie ein menschenverachtender Anachronismus wirken. Nun ist der Papst ein kleines Stück vom totalen Kondomverbot abgerückt... Das ist ein kleiner Schritt für die Menschheit in die richtige Richtung. Empfängnisverhütung hilft den Hunger, ausgelöst durch Überbevölkerung, mindern. Kondome dämmen die Ausbreitung von AIDS ein. Der Schritt war klein, aber es war ein überfälliger Schritt.
Für den Papst allerdings war es ein Riesenschritt. Insistierte doch die katholische Kirche bislang auf einem vollkommenen Verbot! Sieht doch die katholische Kirche »Fruchtbarkeit als Bestimmung des Menschen« an (2). Allerdings gilt das Gebot, sich zu paaren zwar für alle Tiere (3), aber nur für verheiratete Menschen (4): »Die eheliche Liebe wird von Gott gesegnet und dazu bestimmt, fruchtbar zu sein...›Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch‹ (1. Buch Mose Kapitel 1, Vers 28).«
Mit anderen Worten: Nach dem Verständnis der katholischen Kirche befiehlt Gott allen Tieren, sich zu vermehren... und den Eheleuten. Wenn es aber der göttliche Auftrag für Ehepaare ist, Planet Erde mit Nachkömmlingen zu überschwemmen, dann stellt Empfängnisverhütung Ungehorsamkeit Gott gegenüber dar. Nun will es auch die katholische Kirche verheirateten Paaren nicht abverlangen, ein Kind nach dem anderen in die Welt zu setzen. Pausen zwischendurch sind statthaft. Allerdings dürfen die Eheleute keine Empfängnisverhütung betreiben, etwa Kondome einsetzen. Sie müssen sich dann in Enthaltsamkeit üben und allenfalls in den »unfruchtbaren Perioden der Frau« miteinander intim werden (5).
Einsatz von Verhütungsmitteln wie Kondomen wird vom »Katechismus der katholischen Kirche« scharf verurteilt. In der Sprache eines strengen Paragraphenreiters heißt es da (6): »Hingegen ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzuges des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel«. Kurz und schlecht: Nach Lehre der katholischen Kirche ist Empfängnisverhütung verwerflich, also strikt verboten... weil sie das göttliche Gebot der Vermehrung aushebelt.
In der Bibel findet sich kein Hinweis auf Empfängnisverhütung. Also wird eine biblische Geschichte von katholischer Geistlichkeit gern fehlinterpretiert. Wir finden sie im Ersten Buch Mose (7):
Ein Mann namens Juda gab seinem erstgeborenen Sohn Ger die Thamar zur Frau. Zu biblischen Zeiten bestimmten die Väter, wen die Sprösslinge zu ehelichen hatten. Dieser Ger war nun kein gottgefälliger Mensch. Weil er gegen göttliches Gebot verstieß, gegen welches bleibt unklar, ließ Gott ihn sterben. Damit wurde Thamar zur Witwe. Jetzt befahl Juda seinem Zweiältesten, nämlich Onan, mit Thamar Kinder zu zeugen. Nachwuchs musste her nach dem Gebot »Seid fruchtbar und mehret euch!« Da Ger als Dahingeschiedener als Erzeuger nicht mehr in Frage kam, musste dessen Bruder Onan für ihn einspringen.
Onan musste seinem Vater gehorchen, wenn er nicht gesteinigt werden wollte. Diese Strafe war nämlich nach göttlichem Gebot (8) für ungehorsame Söhne vorgesehen. Onan hatte aber wohl ein weiteres göttliches Gesetz im Sinn (9): »Wenn jemand die Frau seines Bruders nimmt, so ist das eine abscheuliche Tat. Sie sollen ohne Kinder sein, denn er hat damit seinen Bruder geschändet.«
Wie sich Onan auch verhielt, er würde gegen ein mosaisches Gebot verstoßen. Was also sollte er tun? Er bracht den Geschlechtsverkehr kurz vor dem eigentlichen Zeugungsakt abrupt ab und zog sich so den Zorn Gottes zu (10). Gott tötete auch Onan (11). Dabei hatte doch Gott selbst verboten, dass »jemand die Frau seines Bruders nimmt«.Für so manchen Theologen ist das der Beweis dafür, dass Gott Empfängnisverhütung verbietet... und mit der Todesstrafe ahndet!
Und deshalb waren bislang auch Kondome ein absolutes NoNo für den Katholiken. Dieses absolute Verbot hat Papst Benedikt XVI. nun ein kleines Stück gelockert. Und das war, das muss der Verfasser anerkennen, für ein Oberhaupt der katholischen Kirche ein Riesenschritt... für die Menschheit aber nur ein sehr kleiner. Ernsthafte AIDS-Prophylaxe ist aber nur möglich, wenn das Kondomverbot ganz fällt: ganz und gar, grundsätzlich! Ernsthaft kann der Überbevölkerung nur begegnet werden, wenn das Verbot der Empfängnisverhütung, das für Katholiken nach wie vor gilt, ganz und gar fällt.
Es bleibt zu hoffen, dass dem kleinen Schritt für die Menschheit noch der eine oder der andere sehr viel größere folgt! Mit der Lockerung des Kondomverbots hat Papst Benedikt XVI. ein kleines Licht der Hoffnung entzündet ...
Fußnoten
1: Papst Benedikt im Interview mit Peter Seewald, zitiert in »BILD«, 23.11.2010, S. 11
2: »Katechismus der katholischen Kirche«, München 1993, S.776
3: 1. Buch Mose Kapitel 1, Vers 22
4: »Katechismus der katholischen Kirche«, München 1993, S. 432
5: ebenda, Seite 599, Artikel 2370
6: ebenda, Seite 599, Artikel 2370
7: Das 1. Buch Mose Kapitel 38, Verse 6-11
8: Das 5. Buch Mose Kapitel 21, Vers 18
9: Das 3. Buch Mose Kapitel 20, Vers 21
10: Das 1. Buch Mose Kapitel 38, Vers 9
11: Ebenda, Vers 10
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Teil 1 der Serie von Walter-Jörg Langbein
- Autor des Buches Lexikon der biblischen Irrtümer -
Es war ein kleiner Schritt für die Menschheit in die richtige Richtung, aber ein Riesenschritt für den Papst. Papst Benedikt XVI. blieb aber weit davon entfernt, eine Freigabe von Kondomen zu verkünden. Tatsächlich rückte der Papst nur ein winziges Stück vom generellen Kondomverbot ab (1): »Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zur Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will.«
Es war ein kleiner Schritt für die Menschheit, die von der bösartigen Geißel AIDS gepeinigt wird und in furchteinflößendem Tempo anwächst. In einer Zeit, in der unzählige Menschen an AIDS sterben oder elendiglich verhungern muss ein Kondomverbot wie ein menschenverachtender Anachronismus wirken. Nun ist der Papst ein kleines Stück vom totalen Kondomverbot abgerückt... Das ist ein kleiner Schritt für die Menschheit in die richtige Richtung. Empfängnisverhütung hilft den Hunger, ausgelöst durch Überbevölkerung, mindern. Kondome dämmen die Ausbreitung von AIDS ein. Der Schritt war klein, aber es war ein überfälliger Schritt.
Für den Papst allerdings war es ein Riesenschritt. Insistierte doch die katholische Kirche bislang auf einem vollkommenen Verbot! Sieht doch die katholische Kirche »Fruchtbarkeit als Bestimmung des Menschen« an (2). Allerdings gilt das Gebot, sich zu paaren zwar für alle Tiere (3), aber nur für verheiratete Menschen (4): »Die eheliche Liebe wird von Gott gesegnet und dazu bestimmt, fruchtbar zu sein...›Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch‹ (1. Buch Mose Kapitel 1, Vers 28).«
Mit anderen Worten: Nach dem Verständnis der katholischen Kirche befiehlt Gott allen Tieren, sich zu vermehren... und den Eheleuten. Wenn es aber der göttliche Auftrag für Ehepaare ist, Planet Erde mit Nachkömmlingen zu überschwemmen, dann stellt Empfängnisverhütung Ungehorsamkeit Gott gegenüber dar. Nun will es auch die katholische Kirche verheirateten Paaren nicht abverlangen, ein Kind nach dem anderen in die Welt zu setzen. Pausen zwischendurch sind statthaft. Allerdings dürfen die Eheleute keine Empfängnisverhütung betreiben, etwa Kondome einsetzen. Sie müssen sich dann in Enthaltsamkeit üben und allenfalls in den »unfruchtbaren Perioden der Frau« miteinander intim werden (5).
Einsatz von Verhütungsmitteln wie Kondomen wird vom »Katechismus der katholischen Kirche« scharf verurteilt. In der Sprache eines strengen Paragraphenreiters heißt es da (6): »Hingegen ist jede Handlung verwerflich, die entweder in Voraussicht oder während des Vollzuges des ehelichen Aktes oder im Anschluss an ihn beim Ablauf seiner natürlichen Auswirkungen darauf abstellt, die Fortpflanzung zu verhindern, sei es als Ziel, sei es als Mittel zum Ziel«. Kurz und schlecht: Nach Lehre der katholischen Kirche ist Empfängnisverhütung verwerflich, also strikt verboten... weil sie das göttliche Gebot der Vermehrung aushebelt.
In der Bibel findet sich kein Hinweis auf Empfängnisverhütung. Also wird eine biblische Geschichte von katholischer Geistlichkeit gern fehlinterpretiert. Wir finden sie im Ersten Buch Mose (7):
Ein Mann namens Juda gab seinem erstgeborenen Sohn Ger die Thamar zur Frau. Zu biblischen Zeiten bestimmten die Väter, wen die Sprösslinge zu ehelichen hatten. Dieser Ger war nun kein gottgefälliger Mensch. Weil er gegen göttliches Gebot verstieß, gegen welches bleibt unklar, ließ Gott ihn sterben. Damit wurde Thamar zur Witwe. Jetzt befahl Juda seinem Zweiältesten, nämlich Onan, mit Thamar Kinder zu zeugen. Nachwuchs musste her nach dem Gebot »Seid fruchtbar und mehret euch!« Da Ger als Dahingeschiedener als Erzeuger nicht mehr in Frage kam, musste dessen Bruder Onan für ihn einspringen.
Onan musste seinem Vater gehorchen, wenn er nicht gesteinigt werden wollte. Diese Strafe war nämlich nach göttlichem Gebot (8) für ungehorsame Söhne vorgesehen. Onan hatte aber wohl ein weiteres göttliches Gesetz im Sinn (9): »Wenn jemand die Frau seines Bruders nimmt, so ist das eine abscheuliche Tat. Sie sollen ohne Kinder sein, denn er hat damit seinen Bruder geschändet.«
Wie sich Onan auch verhielt, er würde gegen ein mosaisches Gebot verstoßen. Was also sollte er tun? Er bracht den Geschlechtsverkehr kurz vor dem eigentlichen Zeugungsakt abrupt ab und zog sich so den Zorn Gottes zu (10). Gott tötete auch Onan (11). Dabei hatte doch Gott selbst verboten, dass »jemand die Frau seines Bruders nimmt«.Für so manchen Theologen ist das der Beweis dafür, dass Gott Empfängnisverhütung verbietet... und mit der Todesstrafe ahndet!
Und deshalb waren bislang auch Kondome ein absolutes NoNo für den Katholiken. Dieses absolute Verbot hat Papst Benedikt XVI. nun ein kleines Stück gelockert. Und das war, das muss der Verfasser anerkennen, für ein Oberhaupt der katholischen Kirche ein Riesenschritt... für die Menschheit aber nur ein sehr kleiner. Ernsthafte AIDS-Prophylaxe ist aber nur möglich, wenn das Kondomverbot ganz fällt: ganz und gar, grundsätzlich! Ernsthaft kann der Überbevölkerung nur begegnet werden, wenn das Verbot der Empfängnisverhütung, das für Katholiken nach wie vor gilt, ganz und gar fällt.
Es bleibt zu hoffen, dass dem kleinen Schritt für die Menschheit noch der eine oder der andere sehr viel größere folgt! Mit der Lockerung des Kondomverbots hat Papst Benedikt XVI. ein kleines Licht der Hoffnung entzündet ...
Fußnoten
1: Papst Benedikt im Interview mit Peter Seewald, zitiert in »BILD«, 23.11.2010, S. 11
2: »Katechismus der katholischen Kirche«, München 1993, S.776
3: 1. Buch Mose Kapitel 1, Vers 22
4: »Katechismus der katholischen Kirche«, München 1993, S. 432
5: ebenda, Seite 599, Artikel 2370
6: ebenda, Seite 599, Artikel 2370
7: Das 1. Buch Mose Kapitel 38, Verse 6-11
8: Das 5. Buch Mose Kapitel 21, Vers 18
9: Das 3. Buch Mose Kapitel 20, Vers 21
10: Das 1. Buch Mose Kapitel 38, Vers 9
11: Ebenda, Vers 10
Weitere Folgen der Serie »Mein Wort zum Dienstag« erscheinen sporadisch in unregelmäßigen Abständen....
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