Mittwoch, 24. November 2010

Für Sie gelesen: »Grönland - Meine Reisen ans Ende der Welt« von Markus Lanz

Seite 30-31: Eisbär vor einem Walkadaver
Schwer zu sagen, in welchem Augenblick der Neuzeitmensch vom Teilnehmenden zum Beobachter geworden ist. Zu einem, der die Dinge der Welt zählend, messend und wertend beurteilt, statt unmittelbar mit ihnen verbunden zu sein. Der in der Bibel geschilderte Sündenfall mag es schwerlich gewesen sein, denn bis heute gibt es Menschen, die im unverfälschten Kreislauf der Natur existieren, sich als kleinen Teil eines unfassbar viel größeren Ganzen begreifen und mit voller Bewusstheit akzeptieren, dass sie im tödlichen Spiel von Fressen und Gefressenwerden schnell auch die Beute darstellen könnten, wenn sie auch nur den kleinsten Fehler begehen. Wenige tausend grönländische Ureinwohner führen auch heute noch ein Leben, welches eine tägliche Herausforderung für die menschliche Anpassungsfähigkeit darstellt. Ein Leben zwischen Steinzeit und Handy.

Seite 122-123:
Die Schlittenhunde des Jägers Paulus Simigaq
Der bekannte Fernsehmoderator Markus Lanz setzt ihnen mit dem Buch »Grönland: Meine Reisen ans Ende der Welt«, für dessen Fotos und Texte er verantwortlich zeichnet, ein atemberaubendes Denkmal. Das Buch ist weit mehr als ein qualitativ erstklassiger Bildband. Statt auf oberflächliche Sensationen und falsche Sentimentalitäten setzt Markus Lanz auf die Poesie des Tatsächlichen. Auf beklemmend-schöne Bilder, die dem Betrachter die unendliche Überlegenheit der Natur unmittelbar begreifbar machen. Auf einfühlsame Texte, in denen er die Gratwanderung zwischen romantischen Vorstellungen und harter Realität mühelos meistert.

Bemerkenswert ist der liebevolle Blick, mit dem Lanz die Welt und insbesondere Grönland betrachtet. Dass er zudem in der Lage ist, diesen auch durch die Kameralinse aufrechtzuerhalten, zeugt von einem hohen technischen Niveau dieses äußerst vielseitig begabten Moderators, Schriftstellers und Fotografen.

Seite 56-57:
Paulus Simigaq auf dem Weg zur Robbenjagd
Dabei ist »Grönland: Meine Reisen ans Ende der Welt« weit mehr als ein bloßer Bilderrausch: es ist ein Werk, das betroffen macht. Das die Schattenseiten dieser fast unwirklich schönen Eiswelt nicht verschweigt. Das die Zerrissenheit der Ureinwohner zwischen archaischer Jägergesellschaft und den Errungenschaften der modernen Welt eindringlich darstellt. Klimawandel, Fischfangquoten und territoriale Ansprüche der US-Army zerstören das in Jahrtausenden entstandene Gleichgewicht des Daseins. Dass die moderne Zivilisation, ihre Zumutungen und Verlockungen, offensichtlich weitaus gefährlicher sind als Schneestürme, monatelange Polarnächte, Eisbären und trügerisches Packeis, das ist ein beklemmender Gedanke, dem man sich beim Lesen dieses großartigen Buches nicht entziehen kann.

Seite 244-245:
Winterstimmung im Eisfjord von Ilulissat
Besonders berührt hat mich unter anderem, was Markus Lanz von seiner ersten Begegnung mit dem Inuit-Jäger Duumaji Jonathansen berichtet, der sich nur widerwilligt mit seiner erlegten Beute von ihm fotografieren lassen wollte. Später erfuhr Lanz auch den Grund dafür: Jonathansen fürchtet die Reaktionen, die solch ein Bild in unserer gutmenschlichen Empörungskultur auszulösen pflegt. Dass gerade die Menschen auf der Welt, die wohl den härtesten Daseinskampf führen, sich inzwischen ihrer Lebensweise fast zu schämen scheinen, das sollte vor allem den Berufsempörern in Gesellschaft und Politik die Schamesröte ins Gesicht treiben.

Markus Lanz zieht aus den Entwicklungen den Schluss, dass es diese einmalige Kultur womöglich schon bald nicht mehr geben wird. Dass ihr Aussterben die Welt wesentlich ärmer machen würde, daran kann nach der Betrachtung dieses wundervollen Buches niemand mehr zweifeln.

Buchcover

Fotos: Markus Lanz, © G + J /RBA GmbH Co. KG,
- mit freundlicher Genehmigung -
Buchvorstellung: ©Ursula Prem

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Grönland: Meine Reisen ans Ende der Welt

Morgen in diesem Blog:
Interview mit Markus Lanz
















 

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