Teil 43 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«,
von Walter-Jörg Langbein
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«,
von Walter-Jörg Langbein
Tulum - Mayafestung in der Karibik Foto: Ingeborg Diekmann, Bremen |
Am 4. März des Jahres 1517 sichteten hier Francisco Hernandez de Cordoba und seine Spießgesellen, die den übelsten Piraten der Karibik an Grausamkeit gewiss nicht nachstanden, nach langer Seefahrt Land. Am 4. März gingen die Spanier an Land... und wurden von den mexikanischen Indios kriegerisch empfangen. Ein Hagel von Pfeilen und Speeren prasselte auf die fremden Eindringlinge nieder. Die Spanier aber verfügten über Feuerwaffen. Baumwollpanzer und hölzerne Schilde taugten da nicht als Schutz. Fünfzehn mexikanische Indios wurden erschossen, zwei gefangen genommen. Die Spanier nahmen die geheimnisvolle Stadt auf den Klippen ohne weitere Probleme ein. Sie staunten über die »großen Häuser aus Stein und Kalk«. Sie nannten die alte Festung »das große Kairo«.
Stadt der Morgenröte Foto Walter-Jörg Langbein |
Ix-Chel, auch »Göttin des Werdens« genannt, wurde mit der Schlange in Verbindung gebracht. Sollten Götter wie Kukulkan die Schlange der Göttin übernommen haben? Wurde Ix-Chel nur auf dem Eiland Cozumel verehrt, oder auch in Tulum. Wir wissen es nicht. Fest steht: »Tulum« bedeutet so viel wie »Festung« oder »Verschanzung«. Der Name ist mehr als passend: Tulum war einst von einer fast sieben Hundert Meter langen, vier Meter hohen und drei Meter dicken Mauer umschlossen. Nur zum Meer hin war sie offen. Doch unmittelbar hinter dem stolzen »Kastell« fällt eine steinerne Klippe steil zum Meer ab.
Die einst stolze Stadtmauer ist nur noch zum Teil erhalten. Foto: Walter-Jörg Langbein |
Tulum, der Tempel im Paradies, wird von Experten als »postklassisch« eingestuft. Die »dekadente Architektur« (was immer das sein mag) weise, so heißt es, auf das 12. oder 13. Jahrhundert hin. Auf einer Stele wurde allerdings das Datum 564 entdeckt. Stammt also Tulum schon aus dem sechsten Jahrhundert? Kritiker wenden ein, besagte Stele sei von den Mayas aus einer älteren Siedlung nach Tulum geschafft worden. Wann auch immer die Besiedlung durch die Mayas erfolgte... wann entstand das ursprüngliche Tulum, als Pendant zur Insel der Göttin?
Dekadente Architektur? Foto: Walter-Jörg Langbein |
In der »weißen Mayastadt« Tulum finden sich keine sichtbaren Hinweise mehr auf die Göttin, wohl aber auf einen mysteriösen Gott. Wir kennen seinen Namen nicht mehr. In der Mythologie der Mayas wird er als »herabstürzender Gott« oder »herabsteigender Gott« umschrieben. War damit »Ah Mucen Cab« gemeint, der göttliche »Honigsammler«? »Ah Muzencab«, wie das mächtige himmlische Wesen auch genannt wurde, war in der Mythenwelt der Mayas ein Bienengott. Und in den heiligen Überlieferungen der Mayas war er ein »herabstürzender Gott«. Die »Chilam Balam«-Bücher preisen ihn als einen der Weltschöpfer. Einer der Tempel von Tulum war ihm geweiht... dem »herabstürzenden Gott«.
Tempel des herabsteigenden Gottes |
Mit einiger Fantasie erkennt man einen »Vogelschwanz« und »Flügel« an den Armen...
Das zentrale Gebäude von Tulum, der »Templo de los Frescos« (der »Freskentempel«) hat an zentraler Stelle die beschädigten Reste eines solchen Gottes aufzuweisen... Auch am »Castillo« wurde er in Stuck verewigt... der »herabstürzende Gott«. War es ein Gott... oder gehörten mehrere Gottheiten der geheimnisvollen Gruppe der Himmlischen an, die zur Erde herabkamen?
Einer der herabsteigenden Götter von Tulum Foto: Ingeborg Diekmann |
(1) »Knaurs Kulturführer in Farbe/ Mittelamerika/ Die Welt der Maya«, Lizenzausgabe München 1996, S. 293
»Luzifer der Südsee«,
Teil 44 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 21.11.2010
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