Sonntag, 4. Februar 2018

420 »Wenn die Sterne an der richtigen Stelle standen«

Teil  420 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein

Foto 1: Ruinen von Tulum
Mein großes Vorbild war in jungen Jahren neben Erich von Däniken der Schriftsteller Abraham Merritt (1). Der brach früh die Schule ab. Mit 17 reiste er nach Mexico, um an Ausgrabungen in Yucatán teilzunehmen. Er dürfte einer der ersten Weißen überhaupt gewesen sein, die die Maya-Ruinen von Tulum  besuchten. Merritt gelang eine geradezu kometenhafte Karriere als Journalist. Mit 18 war er festangestellter Reporter für den »Philadelphia Inquirer«, acht Jahre später hatte er es zum Mitherausgeber des Blattes gebracht.

Vor 100 Jahren, anno 1918, erschien Abraham Merritts Novelle »The Moon-Pool«, und zwar  in Fortsetzungen im Magazin »All-Story-Weekly«. Die Leserschaft war begeistert. Merritt schob bereits 1919 »Conquest of the Moonpool« nach. Beide Novellen wiederum arbeitete Abraham Merritt in den Roman »The Moonpool« um. Vor 40 Jahren brachte der Heyne-Verlag Merritts »The Moonpool« als »Der Mondsee« in deutscher Übersetzung heraus, vor 30 Jahren folgte eine weitere deutsche Ausgabe des Romans, jetzt aber unter dem neuen Titel »Der Mondteich« (2).

Foto 2: Zyklopenhaftes Bauwerk, Nan Madol.

Merritts »Moonpool« beeinflusste eindeutig H.P. Lovecraft. Völlig korrekt weist Deutschlands führender Lovecraft-Experte Marco Frenschkowski darauf hin (3) dass Merritt und später Lovecraft die Ruinen von Nan Madol quasi als Kulisse eines fantastischen Theaters genutzt haben. Lovecaft weiß von (4) »einer scheußlichen Legende«, die von uralten Zeiten berichtet (4) »während derer andere Wesen die Welt beherrschten«, die »in großen Städten gehaust« haben sollen, (4) »deren Überreste … könne man noch als zyklopische Steine auf Inseln im Pazifik finden. Sie seien viele Zeitalter vor der Ankunft des Menschen gestorben.«

Zyklopenhafte Bauten gab es einst bei Pohnpei (Nan Madol) und auf dem Eiland Kosrae. Ihre Ruinen sind auch heute noch teilweise sehr beachtlich und unbedingt eine Reise wert. H.P. Lovecraft geht immer wieder in seinem Werk auf Nan Madol ein. Zu den wichtigsten Texten Lovecrafts gehört meiner Meinung nach »Der Ruf des Cthulhu« (5). Lovecraft notierte sich  zentrale Ideen bereits am 12. oder 13. August 1925, aber erst im Sommer des Jahres 1926 machte er daraus eine Kurzgeschichte.  Lovecraft, der eigene Träume gern als Quellen für seine Texte verwendete, lässt seine »Helden« immer wieder Entsetzliches und Fantastisches im Traum erleben. Seit meinen Besuchen in den Ruinen von Nan Madol erkenne ich bei Lovecraft da und dort Anspielungen auf die einst gewaltigen Bauten.

Foto 3: Zyklopenhafte Mauer von Nan Madol.

In »Der Ruf des Cthulhu« lesen wir (6) von einem gewissen Wilcox, den »ein noch nie geträumter Traum von zyklopisch-großen Städten aus titanischen Blöcken und vom Himmel gefallenen Monolithen« überkam. Weiter heißt es da: »Wände und Säulen seien mit Hieroglyphen bedeckt gewesen«. Blöcke von beachtlicher Größe und Säulen wurden in Nan Madol einst zu titanischen »Tempeln« aufgetürmt. Hieroglyphen oder Schriftzeichen freilich wird man vergeblich suchen. Schriftliche  Urkunden aus der Zeit der Erbauung von Nan Madol hat man bis heute nicht gefunden. Dabei muss es aber eine sorgsame Planung der gewaltigen Mauern gegeben haben, bevor man sich daran machte, die beeindruckenden Bauwerke zu realisieren.

Wer heilige Bücher, Mythen, Sagen und apokryphe Schriften nach Hinweisen auf »Astronautengötter« durchforstet, der wird auch bei Lovecraft immer wieder fündig (7): »Sie verehrten, so sagten sie, die Großen Alten, die schon lange vor den Menschen gelebt hätten und die vom Himmel auf die junge Welt gekommen seien.« Und diese Wesen stammen bei Lovecraft aus dem All. Er beschreibt sie als interestellar reisende Astronautengötter, und das in einer Zeit, als der Flug zum Mond bestenfalls fantastische Utopie einzelner »Spinner« wie Oberth und Sänger war (8):

Foto 4: Riesige Steinmonster im Mauerwerk.
»Wenn die Sterne an der richtigen Stelle standen, konnten sie durch das All von Welt zu Welt tauchen. … Und sie konnten nur wach in der Finsternis liegen und sinnen, während unzählige Jahrmillionen vorbeizogen. Sie wussten auch weiterhin, was im Weltall vor sich ging.«

In der komplexen Welt des H.P. Lovecraft kamen einst in grauer Vorzeit »Götter« aus dem All zur Erde. Sie teilten sich auserwählten Menschen mit, so wie die Elohim/ Jahwe bestimmte Menschen über ihre Absichten informierten. Häufig kontaktiere der biblische Gott einzelne Menschen im Traum, so wie der mächtige Gott der Osterinsel Make Make »seinen« Menschen Botschaften im Traum übermittelte. Der fliegende »Obergott« der Osterinsel war Make Make. Und der soll – so überliefert es die Mythologie – Priester Hau Maka im Traum gezeigt haben, wie er sein Volk von der in den Fluten versinkenden Heimat zur Osterinsel geleiten konnte. So wurde dann das Volk Hau Makas in Schiffen evakuiert, vom »Atlantis der Südsee« zur Osterinsel. Übrigens: Auch in Lovecrafts Mythologie versinken Inseln im Pazifik und tauchen wieder auf. Ganz Ähnliches wird bei den Hopi in Mythen über dasVersinken von besiedelten Gebieten im Pazifik und das Auftauchen von neuen Landmassen mitgeteilt. Auf der Osterinsel hörte ich anno 1982 einen spannenden Mythos von einem mächtigen Gott, der mit einem riesigen Hebel Land im Pazifik nach unten drücke, wodurch die Osterinsel entstanden sein soll, die im Gegenzug aus den Fluten emporstieg.

Foto 5: Kachina-Puppen....
Bei Lovecraft sind es die »Großen Alten«, die sich herabließen, mit Menschen zu kommunizieren, mit den (9) »Empfänglichen unter ihnen, indem sie ihre Träume formten; denn nur auf diese Weise konnte ihre Sprache den fleischlichen Verstand eines Säugetiers erreichen. Dann … bildeten jene ersten Menschen den Kult um kleine Götzenbilder, welche die Großen Alten ihnen gezeigt hatten, Götzenbilder, die in finstrer Zeit von den dunklen Sternen gekommen seien.«

Vor vielen Jahren hörte ich staunend im nordöstlichen Arizona, wie ein altehrwürdiger Greis das Geheimnis der kleinen »Kachina«-Puppen erklärte. NASA-Ingenieur Josef Blumrich (10) bestätigte mir im Interview: Die geheimnisvollen »Kachina« wurden einst von den »Himmlischen« in Auftrag gegeben. Sie sollten immer wieder angefertigt werden, bis zur Rückkehr der »Himmlischen«. Dann würden die Menschen auch in ferner Zukunft die kosmischen Besucher wieder erkennen. Wen wundert es da noch, dass auch die mächtigen »Götter« bei Lovecraft irgendwann wieder zu erwarten sind. Und muss man nicht an Erich von Dänikens »Erinnerungen an die Zukunft« denken, wenn Lovecraft fabuliert, einst würden die Menschen wie die Götter werden?

Nach präastronautischem Weltbild kamen einst »Astronautengötter« aus den Tiefen des Alls, so wie der Mensch einst in die Tiefen des Alls vordringen wird. Lovecraft: »Dann sei die Menschheit wie die Großen Alten geworden; frei und ungezähmt.«

Bei Lovecraft heißt Nan Madol R'lyeh. Wenn Lovecraft von den »Steinhäusern in ihrer großen Stadt
Foto 6: ... Abbilder der Himmlischen.
R'lyeh« spricht, so hatte er ohne Zweifel Nan Madol mit den steinernen »Tempeln« im Sinn. Aber woher bezog H.P. Lovecraft sein Wissen über Nan Madol? Er hat meines Wissens nach dazu nichts hinterlassen. Welche Quellen hat er nutzen können? Bekanntlich war H.P. Lovecraft geradezu detailversessen und stets bemüht, die Kulissen seiner Geschichten so realitätsnah wie nur irgendwie möglich zu beschreiben. Entstammen die alten Götter Lovecrafts nur seiner Fantasie? Oder waren ihm Mythen und Legenden bekannt? Konnte er gar archäologische Grabungsberichte auf dem Areal von Nan Madol einsehen? Mir sind keine Angaben aus der Feder von H.P. Lovecraft zu diesem wichtigen Aspekt seiner Arbeit bekannt. Mag sein, dass er bewusst die Grenze zwischen Realität und Fantasie, zwischen Fakt und Fiktion verwischen wollte. Es gab jedenfalls zu Lovecrafts Lebzeiten schon faktenreicher Literatur über Nan Madol. Unklar ist, ob sie ihm auch zugänglich war.

James G. O’Connell war vermutlich der erste Europäer, der die geheimnisvolle Welt von Nan Madol bestaunte und ausführlich beschrieb. In seinem Werk »Adventures of James G. O’Connell«, 1836 in Boston publiziert, lesen wir: »Das schönste Abenteuer dieser Exkursion war die Entdeckung einer großen unbewohnten Insel, auf der erstaunliche Ruinen waren, von einem geradezu wirklich wundersamen Umfang und Ausmaß. Im äußersten Osten befindet sich eine große flache Insel, die bei Flut in dreißig oder vierzig kleinere unterteilt zu sein scheint, nämlich vom Wasser, das dann ansteigt und über sie fließt. Dort gibt es keine Felsen, die von der Natur aus dort befinden. In manchen Teilen wachsen Früchte, reifen und verfaulen. Aus einer gewissen Entfernung scheinen die Ruinen eine fantastische Anhäufung durch Mutter Natur zu sein, als wir uns aber näherten, waren wir erstaunt ob der offensichtlichen Spuren von Menschenhand bezüglich ihrer Errichtung.«

Foto 7: Tonnenschwere Steine...
Bewundernd hielt O’Connell fest: »Die immense Größe eines Teils der Steine in den Wänden machte es unmöglich, dass sie ohne die Hilfe einer mechanischen Apparatur hätten eingebaut werden können, welche allem überlegen hätte sein müssen, was ich bei den Insulanern sah.«

Wichtige Literatur zu »Nan Madol«
Ashby, Gene (Hrsg.): »A Guide to Pohnpei/ An Island Argosy by George
Ashby«, 2. revidierte Auflage, Kolonia 1993Ballinger, Bill S.: Lost City of Stone, New York 1978
Brown, John Macmillan: »The Riddle of the Paific«, Honolulu, Hawaii, Nachdruck 1996
Hnidek, Leopold: »Das Geheimnis von Nan Madol«, Groß-Gerau 2014
Kirchner, Gottfried (Hrsg.) et al (TerraX): »Rätsel alter Weltkulturen«,
Frankfurt 1983(Ein Venedig im Stillen Ozean, S. 47 ff.)
Levy, Neil M.: »Micronesia Handbook«, 4. Auflage, Chico, Kalifornien, 1997
Morrill, Sibley (Herausg.): »Ponape«, San Francisco 1970
Rittlinger, Herbert: »Der maßlose Ozean«, München 1954 (Die versunkene Stadt, S. 104-112)


Fußnoten
1) *1884 in Beverly, New Jersey, USA, †1943 in Indian Trocks Beach, Florida, USA
2) Fischer-Verlag
3) Lovecraft, H.P.: »Chronik des Cthulu-Mythos I«, Leipzig 2011, S. 82 Mitte. Anmerkung: Marco Frenschkowskis Erläuterungen zu den Texten von Lovecraft sind für das bessere Verständnis von Lovecraft unverzichtbar. Der Fest-Verlag ist sein vielen Jahren der führende Lovecraft-Verlag.
4) ebenda, S. 105
5) Im Original: »The Call of Cthulhu«

Foto 8: Ein Teil der Bauten von Nan Madol

6) Lovecraft, H.P.: »Chronik des Cthulu-Mythos I«, Leipzig 2011, Seite 91 unten. In der eBook-Version: Seite 91, Position 1240
7) ebenda, S. 104 oben. Ebook-Version S. 104, Position 1451
8) ebenda, S. 105. eBook-Version S. 105, Position 1475 und Position 1479
9) ebenda, S. 106. eBook-Version Seite 105, Positionen 1482 und 1483
10) Blumrich, Josef F.: »Kasskara und die sieben Welten/ Weißer Bär erzählt den
Erdmythos der Hopi-Indianer«, Düsseldorf Wien 1979
11) Lovecraft, H.P.: »Chronik des Cthulu-Mythos I«, Leipzig 2011, Seite 106. eBook-Version S. 106, Poasition 1487


Zu den Fotos
Foto 9: Make-Make, der Gott der Osterinsel
Foto 1: Ruinen von Tulum. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 2: Zyklopenhaftes Bauwerk, Nan Madol. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 3: Zyklopenhafte Mauer von Nan Madol. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 4: Riesige Steinmonster im Mauerwerk. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 5: Kachina-Puppen.... Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 6: ... Abbilder der Himmlischen. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 7: Tonnenschwere Steine... Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 8: Ein Teil der Bauten von Nan Madol. Foto Walter-Jörg Langbein
Foto 9: Make-Make, der Gott der Osterinsel.
Foto Archiv Walter-Jörg Langbein 

»Aufstieg vom Himmlischen Riff«,
Teil  421 der Serie
»Monstermauern, Mumien und Mysterien«                         
von Walter-Jörg Langbein,
erscheint am 11.02.2018


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