Freitag, 1. März 2013

Doping in der Grundschule – die Freitagskolumne von Ursula Prem

Ursula Prem
Eine Pressemeldung des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) vom 26.02.2013 schreckt mit der Forderung auf, dem steigenden Medikamentenmissbrauch in den Grundschulen etwas entgegenzusetzen. »Für viele Kinder und Jugendliche gehört der Griff zur Tablette, die ihre Aufmerksamkeit und Leistungsfähigkeit steigert, die sie wach hält oder beruhigt, zur Normalität«, erklärt der Präsident des BLLV, Klaus Wenzel. Er berichtet von regelrechtem Doping schon in der Grundschule, um dem Leistungsdruck standzuhalten und das begehrte Übertrittszeugnis zu ergattern. Wenzel warnte eindringlich davor, dass auf diese Weise der Grundstein für ein späteres Suchtverhalten gelegt werde.

Für diese klaren Worte kann man Klaus Wenzel nicht genug danken, denn die Grundschule ist dabei, zu einem Spiegel des allgemeinen Pathologisierungswahns zu verkommen. Da es in der Grundschule nicht mehr so sehr darauf ankommt, Lesen, Schreiben und Rechnen zu lernen, sondern ab dem ersten Schultag die Jagd auf das Übertrittszeugnis eröffnet ist, ist die Nervosität dort wesentlich größer als das Lernergebnis. Dieser Schluss jedenfalls drängt sich auf, wenn man die Untersuchungsergebnisse von Dr. GerhardWolf betrachtet, der 2012 gravierende Mängel in der Sprach-, Lese- und Schreibkompetenz deutscher Studenten festgestellt hat. 


Nach dem Abitur: Lesen und Schreiben lernen!

Klar: Wer in Erwartung der Noten unter Druck wie das Kaninchen auf die Schlange starrt, hat wenig Sinn für die eigentlichen Lerninhalte, was sich spätestens am Ende der Schulzeit bitter rächt. Dr. Gerhard Wolf wirft denn auch den Vorschlag auf, an den Universitäten Vorkurse zur Erlangung der Studierfähigkeit einzurichten. Sind wir nun so weit, dass Inhaber eines deutschen Abiturzeugnisses an der Universität zuerst Lesen und Schreiben erlernen müssen, weil zwölf Jahre Schulzeit dazu nicht ausreichend waren?

Allen Kompetenzoffensiven, PISA-Studien und sonstigen bürokratischen Manipulationen zum Trotz scheint so manches im Argen zu liegen. Auch Psychomedikamente für Grundschüler werden dagegen nichts ausrichten, wenn wir es nicht schaffen, der allgemeinen Hysterie etwas entgegenzusetzen.

Das eigentlich Erstaunliche ist meiner Meinung nach die Tatsache, dass sich offenbar eine große Zahl von Eltern bereit findet, ihren Kindern die Medikamente einzuflößen. Sie sind Opfer der Diktatur des Euphemismus, die »Heilung« nennt, was eigentlich »Misshandlung« bedeutet. Andernfalls würden sie derartige Verschreibungen ebenso empört zurückweisen, wie sie jeden anderen Drogendealer hochkant hinauswerfen würden.




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3 Kommentare:

  1. Ursula, Deine Kolumne sollte Pflichtlektüre für werdende und etablierte Journalisten sein. Du greifst heiße Themen auf und sezierst die Tatsachen, öffnest uns die Augen. Wir erkennen Zusammenhänge, die unbequem sind. Aber die Wahrheit muss nun einmal "auf den Tisch", wenn Journalismus mehr als nette Unterhaltung sein soll. Falscher Journalismus hat Sandmännchen-Funktion. Wirklicher Journalismus klärt wirklich auf. Das ist der erste Schritt auf dem Weg, Probleme zu erkennen. Dann können wir nach Lösungen suchen. Und das bringt uns weiter. Leider lullt Pseudoinformation nur ein. Ursula, Du bist eine vorbildliche Journalismus! Danke! Walter

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  2. Korrektur: Ursula, Du bist eine vorbildliche Journalistin!

    Walter

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  3. Die Pseudoinformationen der großen Papiervernichtungsindustrie wachsen sich inzwischen zu einer echten Gefahr für unsere Demokratie aus. Noch immer gibt es viele Menschen, die unbesehen glauben, was sie in der Zeitung lesen. Viele Presseorgane aber haben ihren journalistischen Anspruch längst aufgegeben und sind zu käuflichen, gleichgeschalteten Machwerken geworden, die sich mit unbekanntem Ziel vor unbekannte Karren spannen lassen:
    http://www.newsandbuy.de/Mollath_Presse.htm

    Danke für Deinen Kommentar, Walter!

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